Urteil vom Landesarbeitsgericht Hamburg (6. Kammer) - 6 Sa 106/13

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 3. September 2013 – 9 Ca 77/13 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.08.2013 einen Nachtschichtzuschlag für die Nachtarbeit von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr in Höhe von 25 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtstunden von zwei Arbeitstagen zu gewähren.

Im Übrigen wird der Klagantrag zu 2) abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte und der Kläger haben jeweils 50% der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits bleibt dem Schlussurteil des Arbeitsgerichts vorbehalten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe von Nachtarbeitszuschlägen.

2

Die Beklagte ist Teil der U.-Gruppe, die weltweit im Paketdienst tätig ist. Bei der Beklagten ist ein Betriebsrat gebildet. Eine Tarifbindung besteht nicht. Die Beklagte beschäftigt ca. 500 Kraftfahrer.

3

Der Kläger ist seit dem 22. März 1993 als Lkw-Fahrer im Linientransport für die Beklagte tätig. Derzeit ist der Kläger im Regionalbetrieb Nord-Ost mit Dienstsitz Hamburg-Ost eingesetzt. Bis zum 30. September 2013 erhielt der Kläger einen Bruttostundenlohn von 15,63 €. Seit dem 1. Oktober 2013 beträgt sein Bruttostundenlohn 15,90 €.

4

Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 22./30. März 1993 zugrunde. Dieser Arbeitsvertrag enthält unter § 7 Abs. 4 folgende Regelung:

5

„Alle Ansprüche aus dem Beschäftigungsverhältnis müssen spätestens drei Monate nach Fälligkeit, bei Ausscheiden spätestens drei Monate nach dem Ausscheiden schriftlich bei der Firma geltend gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist sind die Ansprüche verfallen.“

6

Für die Regelungen des Arbeitsvertrages im Übrigen wird auf die Anlage K 1 zur Klageschrift verwiesen.

7

Für die im Zeitraum von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden zahlt die Beklagte einen Nachtarbeitszuschlag. Dieser Zuschlag ist in der Vergangenheit regelmäßig erhöht worden. So betrug der Zuschlag im Jahr 2010 bis einschließlich des Monats September 1,65 € brutto/Stunde, zwischen Oktober 2010 und September 2011 1,75 € brutto/Stunde, zwischen Oktober 2011 und September 2012 1,90 € brutto/Stunde und zwischen Oktober 2012 und September 2013 2,92 € brutto/Stunde. Seit Oktober 2013 gewährt die Beklagte Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 3,18 € brutto/Stunde. Bei einer prozentualen Betrachtung belief sich der Nachtarbeitszuschlag bezogen auf die Bruttostundenvergütung des Klägers im Zeitraum Oktober 2012 bis September 2013 auf 18,68 % und beträgt aktuell 20,00 %.

8

Nach der „U. Tariftabelle und Serviceleistungen 2013“ (Stand: 8. Juli 2013) bietet die Beklagte verschiedene Zustelltarife für Sendungen an. Neben Express-Zustellungen, bei denen die Zustellung zu bestimmten Zeiten zugesichert ist, gibt es für weniger dringliche Sendungen den „U. Standardtarif“. Die Laufzeit hängt bei diesem Tarif vom Herkunfts- und Bestimmungsort ab und lässt sich mit einem Tool „Laufzeit und Kosten berechnen“ auf dem Internetauftritt der Beklagen unter www...com berechnen. Für die verschiedenen Zustelltarife wird auf die Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 26. August 2013 verwiesen (Bl. 60 f. d. A.).

9

Die Paketzustellung vollzieht sich in folgenden Schritten: Zunächst wird die Paketsendung von einem Zustellfahrzeug beim Kunden abgeholt und in die Abholniederlassung vor Ort gebracht. Dort werden die abgeholten Sendungen entladen und je nach Zieldestination in Container verladen. Dies erfolgt bis ca. 20:00 Uhr.

10

Die Container werden anschließend zu Hauptumschlagsbasen (so genannte "HUBs") transportiert. Im jeweiligen HUB erfolgt eine Sortierung aller von verschiedenen Abholniederlassungen oder von anderen HUBs in Containern eingehenden Sendungen. Diese werden dann sortiert nach Zielniederlassungen wieder in Container verladen und zur Zielniederlassung gebracht. Dort angekommen werden die Container entladen, nach Zustellgebieten sortiert und in die jeweiligen Zustellfahrzeuge verladen. Anschließend werden die Pakete vom jeweiligen Paketzusteller beim Kunden zugestellt.

11

Der Transport von einer Abholniederlassung zur HUB sowie von einer HUB-Sortierung zur Zielniederlassung erfolgt in großen Lastkraftwagen (so genannten "Feedern"). Diese Transporte sind Aufgabe der Beklagten innerhalb der U.-Gruppe.

12

Der Kläger wird regelmäßig für Nachtfahrten eingesetzt. Derzeit fährt der Kläger zumeist die Nachtroute zwischen der Niederlassung in Hamburg-Ost und der HUB in N. Seine Arbeitszeit beginnt dann um 20:15 Uhr in der Niederlassung Hamburg. Nach der Ankunft in der HUB in N. macht der Kläger in der Zeit zwischen 1:10 Uhr und 2:10 Uhr Pause. Anschließend übernimmt der Kläger die in der HUB in Container verpackten Transportgüter und bringt diese nach Hamburg.

13

Der Kläger arbeitete wie folgt:

14

- 2009: 1056,16 Stunden in der Zeit von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr

- 2010: 1309,32 Stunden in der Zeit von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr

- 2011: 1591,95 Stunden in der Zeit von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr

- 2012: 1614,67 Stunden in der Zeit von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr

- 01/13 bis 07/13: 1041,98 Stunden in der Zeit von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr

15

Mit Schreiben des Klägers vom 27. Juli 2012, der Beklagten am 1. August 2012 zugegangen, wurde die Beklagte aufgefordert, Nachtschichtzuschläge auf der Grundlage von 30 % des Bruttostundenentgelts in Höhe von insgesamt 10.593,31 € brutto für den Zeitraum Januar 2010 bis Juni 2012 zu zahlen. Für die Aufstellung der Forderungen im Einzelnen wird auf die Anlage K 2 zur Klagschrift (Bl. 11 f. d. A.) verwiesen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12. September 2012 wies die Beklagte die Forderung zurück. Insoweit wird auf die Anlagen K 3 zur Klageschrift (Bl. 14 f. d. A.) verwiesen.

16

Mit seiner am 8. Februar 2013 erhobenen Klage sowie mit Klagerweiterungen unter dem 27. Juni 2013 und 3. September 2013 Klage macht der Kläger Nachtarbeitszuschläge für den Zeitraum ab dem 1. Februar 2009 bis zum 31.07.2013, ersatzweise Freizeitausgleich geltend. Weiterhin hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagte für die Zeit ab dem 1. August 2013 verpflichtet ist, einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30% vom Bruttostundenlohn, ersatzweise Freizeitausgleich von 2 Arbeitstagen für 90 geleistete Nachtstunden, zu gewähren.

17

Im Hinblick auf geltend gemachte Ansprüche für das Jahr 2009 hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

18

Der Kläger hat vorgetragen, da die Zahlung der steuerfreien Zuschläge regelmäßig und ohne jegliche Ausnahme seit 1993 für die Zeit von 21:00 Uhr bis 6:00 Uhr erfolgt sei, sei von einer entsprechenden betrieblichen Übung der Zahlung von steuerfreien Nachtarbeitszuschlägen auszugehen. Die Beklagte könne sich nicht auf die Position zurückziehen, Nachtarbeit liege nach § 2 Abs. 3 ArbZG nur von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr vor.

19

Der grundsätzlich zu gewährende Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25 % des Bruttostundenlohns sei zu erhöhen, wenn die Arbeit – wie beim Kläger - dauerhaft in der Nacht geleistet werde. Die Nachtarbeit des Klägers sei mit erheblichen Anstrengungen und gesundheitlichen Belastungen verbunden. Nachtfahrten mit dem Lkw würden eine besonders hohe Konzentration auf das Verkehrsgeschehen erfordern. Ferner seien die gesundheitlichen Belastungen bei Nachtfahrten besonders hoch, da der natürliche körperliche Biorhythmus gestört sei. Insoweit sei ein Nachtarbeitszuschlag von 30 % des Bruttostundenlohns angemessen.

20

Der Zweck der Regelung in § 6 Abs. 5 ArbZG, Nachtarbeit durch Verteuerung unattraktiv zu machen, sei auch bei der Beklagten zu erreichen. Die Nachtarbeit des Klägers sei vermeidbar. Die Transportgüter seien nach dem Standardtarif der Beklagten innerhalb von 48 Stunden zuzustellen. Die Transportzeit von der Abholung der Paketsendungen in der Niederlassung vor Ort bis zur Zustellung an die Kunden dauere maximal 14 Stunden. Bis zur Ausschöpfung der Zustellzeit von 48 Stunden bleibe eine Reserve von 30 Stunden. Somit sei es möglich, dass der Kläger mit seiner Arbeit erst um 6:00 Uhr beginne. Mit einer Zeitverschiebung von 9 Stunden und 45 Minuten wäre die Zustellzeit von 48 Stunden einhaltbar.

21

Der Kläger habe zwischen 20:00 Uhr und 21:00 Uhr wie folgt gearbeitet:

22

- 2009: 134 Stunden in der Zeit von 20:00 Uhr bis 21:00 Uhr

- 2010: 169 Stunden in der Zeit von 20:00 Uhr bis 21:00 Uhr

- 2011: 202 Stunden in der Zeit von 20:00 Uhr bis 21:00 Uhr

- 2012: 132,35 Stunden in der Zeit von 20:00 Uhr bis 21:00 Uhr

- 01/13 bis 07/13: 69,1 Stunden in der Zeit von 20:00 Uhr bis 21:00 Uhr

23

Die Ansprüche seien nicht verfallen. Die arbeitsvertragliche Verfallfrist sei gewahrt. Der Kläger habe die Ansprüche innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit geltend gemacht. Die Fälligkeit werde an den Umstand geknüpft, dass der Arbeitnehmer in der Lage sei, seine Forderung annähernd zu beziffern. Der Kläger sei zunächst davon ausgegangen, dass die von der Beklagten gezahlten Nachtschichtzuschläge angemessen seien. Erst anlässlich eines Gesprächs mit dem Betriebsratsvorsitzenden im Juli 2012 habe dieser dem Kläger mitgeteilt, dass die gezahlten Nachtarbeitszuschläge unangemessen seien. Erst ab diesem Zeitpunkt sei der Kläger in der Lage gewesen, den eingetretenen Anspruchsverlust zu verhindern.

24

Die Verfallsklausel sei im Übrigen unwirksam. Diese Klausel sei so zu verstehen, dass sie lediglich einseitig für den Arbeitnehmer anwendbar sei.

25

Der Kläger hat beantragt,

26

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 18.159,48 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz

27

auf € 57,98 seit dem 1.3.2009,

auf € 45,60 seit dem 1.4.2009,

auf € 413,48 seit dem 1.5.2009,

auf € 196,96 seit dem 1.6.2009,

auf € 448,53 seit dem 1.7.2009,

auf € 291,26 seit dem 1.8.2009,

auf € 21,41 seit dem 1.9.2009,

auf € 399,91 seit dem 1.10.2009,

auf € 331,44 seit dem 1.11.2009,

auf € 477,66 seit dem 1.12.2009,

auf € 312,20 seit dem 1.1.2010,

auf € 603,00 seit dem 1.1.2010,

auf € 485,52 seit dem 1.2.2010,

auf € 426,51 seit dem 1.3.2010,

auf € 493,12 seit dem 1.4.2010,

auf € 325,86 seit dem 1.5.2010,

auf € 279,42 seit dem 1.6.2010,

auf € 454,49 seit dem 1.7.2010,

auf € 104,82 seit dem 1.8.2010,

auf € 411,53 seit dem 1.9.2010,

auf € 89,34 seit dem 1.10.2010,

auf € 22,80 seit dem 1.11.2010,

auf € 256,79 seit dem 1.12.2010,

auf € 381,66 seit dem 1.1.2011,

auf € 763,50 seit dem 1.1.2011,

auf € 424,84 seit dem 1.2.2011,

auf € 431,94 seit dem 1.3.2011,

auf € 465,48 seit dem 1.4.2011,

auf € 297,81 seit dem 1.5.2011,

auf € 431,53 seit dem 1.6.2011,

auf € 333,63 seit dem 1.7.2011,

auf € 450,53 seit dem 1.8.2011,

auf € 228,00 seit dem 1.9.2011,

auf € 385,83 seit dem 1.10.2011,

auf € 336,00 seit dem 1.11.2011,

auf € 353,57 seit dem 1.12.2011,

auf € 380,66 seit dem 1.1.2012,

auf € 929,20 seit dem 1.1.2012,

auf € 380,09 seit dem 1.2.2012,

auf € 447,49 seit dem 1.3.2012,

auf € 467,82 seit dem 1.4.2012,

auf € 274,53 seit dem 1.5.2012,

auf € 428,34 seit dem 1.6.2012,

auf € 243,54 seit dem 1.7.2012,

auf € 470,20 seit dem 1.8.2012,

auf € 178,73 seit dem 1.9.2012,

auf € 326,26 seit dem 1.10.2012,

auf € 239,46 seit dem 1.11.2012,

auf € 284,80 seit dem 1.12.2012,

auf € 240,91 seit dem 1.1.2013 und

auf € 622,05 seit dem 1.1.2013

28

zu zahlen oder Freizeitausgleich von 88 Arbeitstagen zu gewähren.

29

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. August 2013 eine Nachtschichtzuschlag in Höhe von 30 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen und im Falle des Verzugs den geschuldeten Betrag mit Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz ab dem jeweiligen Abrechnungsmonat folgenden Monatsersten zu verzinsen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtstunden von zwei Arbeitstagen zu gewähren;

30

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 1461,74 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz auf

31

€ 323,00 seit dem 1.2.2013,

€ 315,03 seit dem 1.3.2013,

€ 317,81 seit dem 1.4.2013,

€ 342,62 seit dem 1.5.2013 und

€ 86,05 seit dem 1.6.2013

32

zu zahlen oder Freizeitausgleich von 3,45 Arbeitstagen zu gewähren;

33

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 717,79 brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz auf

34

€ 336,50 seit dem 1.7.2013 und auf

€ 381,29 seit dem 1.8.2013

35

zu zahlen oder Freizeitausgleich von 3,39 Arbeitstagen zu gewähren.

36

Die Beklagte hat beantragt,

37

die Klage abzuweisen.

38

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe stets einen angemessenen Zuschlag für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden gewährt. Bei der Bewertung der Angemessenheit sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte für den Zeitraum zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr freiwillige Zuschläge leiste, dass zur Durchführung des Geschäfts der Beklagten der nächtliche Warentransport zwingend erforderlich und Nachtarbeit üblich sei und dass die Beklagte an den Kläger bereits einen deutlich übertariflichen Grundlohn (15,63 € statt 11,35 € nach dem Lohntarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer des Verkehrsgewerbes für das Land Hamburg, gültig ab dem 1. Januar 2013, vgl. Anlage B 1, Bl. 32 ff. d. A.) zahle.

39

Bei der Beklagten werde die Nachtarbeit nicht geleistet, um die Produktion zu steigern, sondern um eine wettbewerbsfähige Warenzustellung überhaupt erst zu ermöglichen. Es sei zu bestreiten, dass die vom Kläger durchgeführten Feeder-Transporte auch am Tage durchgeführt werden könnten. Um eine zeitnahe Zustellung zu realisieren, sei es entscheidend und unerlässlich, dass die zuzustellenden Paketsendungen über Nacht von der Beklagten zum jeweiligen HUB bzw. zur jeweiligen Zielniederlassung transportiert würden. Anders ließe sich eine konkurrenzfähige und vom Markt erwartete zeitnahe Zustellung der Pakete nicht realisieren. Dies gelte natürlich erst recht für die verschiedenen Express-Produkte, die von U. angeboten würden. Der Kläger verkenne, dass das Marktumfeld in Deutschland durch einen sehr intensiven Wettbewerb in der Branche geprägt sei. Die Beklagte arbeite hierbei vorwiegend für Geschäftskunden. Für diese Kunden spiele neben der Preisgestaltung insbesondere die Servicequalität der Anbieter eine überragende Rolle. Zu der von den Kunden erwünschten Servicequalität gehöre naturgemäß insbesondere die möglichst zeitnahe, unbeschädigte und verlässliche Zustellung versandter Pakete. Dementsprechend biete die Beklagte in Deutschland ein umfassendes Portfolio an Servicearten an.

40

Bei Berücksichtigung der für die Arbeitszeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr gewährten Nachtarbeitszuschläge betrage der von der Beklagten gewährte Nachtarbeitszuschlag derzeit faktisch 25 % der Arbeitsvergütung für die Nachtstunden von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr. Der für die Zeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr gewährte Zuschlag sei auf die Nachtarbeitszeit nach 23:00 Uhr umzulegen. Zu berücksichtigen sei bei der Berechnung, dass der Kläger seine einstündige Pause in der Zeit nach 23:00 Uhr nehme. Für die Zeit der Pausen sei kein Zuschlag zu zahlen, da sie keine Arbeitszeit sei. Daher würde dem Kläger insgesamt für den siebenstündigen Zeitraum zwischen 23:00 Uhr und 6:00 Uhr lediglich für 6 Stunden ein Nachtarbeitszuschlag zustehen.

41

Ein Rückgriff auf die im Wirtschaftszweig der Beklagten bestehenden Tarifverträge führe nicht zu dem Ergebnis, dass die von der Beklagten gewährten Nachtarbeitszuschläge unangemessen seien. Die Tariflandschaft im Bundesgebiet sei insoweit außerordentlich „bunt“. Dies sei vor dem Hintergrund, dass die Beklagte bundesweit tätig sei, zu berücksichtigen. Zudem verbiete sich ein direkter Rückgriff auf tarifvertragliche Regelungen schon deshalb, weil die Beklagte nicht tarifgebunden sei.

42

Etwaige Ansprüche des Klägers für den Zeitraum vor dem 1. Mai 2012 seien verfallen.

43

Die Berechnungen des Klägers seien mit Rechenfehlern behaftet. Die Klage sei schon deshalb abzuweisen, weil sie unschlüssig sei.

44

Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil vom 3. September 2013 über den Feststellungantrag zu 2) entschieden und diesem Antrag teilweise stattgegeben. Mit seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 1. August 2013 einen Nachtschichtzuschlag für die Nachtarbeit von 23:00 Uhr bis vor 6:00 Uhr in Höhe von 30 % vom Bruttostundenlohn zu zahlen oder einen Freizeitausgleich für 90 geleistete Nachtstunden von 2 Arbeitstagen zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag zu 2) zurückgewiesen.

45

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, im Hinblick auf den geltend gemachten Zinsanspruch und bestehe kein Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO, sodass der Antrag insoweit als unzulässig abzuweisen sei. Die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des ausgeurteilten Nachzuschlages ergebe sich aus § 6 Abs. 5 ArbZG. Der Kläger sei Nachtarbeitnehmer im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Ihm stehe daher entweder ein angemessener Vergütungszuschlag oder eine angemessene Zahl freier Tage zu. Bei dem Merkmal „angemessen“ handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Falles, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger Nachtarbeit im Dauereinsatz ausübe, seien ein Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30 % bzw. der beantragte Freizeitausgleich von zwei freien Arbeitstagen für 90 geleistete Nachtstunden als angemessen anzusehen. Der Nachtarbeitszuschlag sei dem Kläger lediglich für die gesetzlich definierte Nachtzeit von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr zuzusprechen (§ 2 Abs. 3 ArbZG). Für die Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des Teilurteils vom 3. September 2013 verwiesen.

46

Die Beklagte hat das ihrem Prozessbevollmächtigten am 16. September 2013 zugestellte Urteil am 9. Oktober 2013 mit der Berufung angegriffen. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. Dezember 2013 ist die Berufungsbegründung der Beklagten am 16. Dezember 2013 bei Gericht eingegangen.

47

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, das Arbeitsgericht Hamburg habe bei der Überprüfung des von der Beklagten gezahlten Zuschlags am Merkmal "angemessen" i. S. des § 6 Abs. 5 ArbZG seinen Beurteilungsspielraum überschritten und wesentliche Umstände des Einzelfalls nicht beachtet.

48

Die U.- Gruppe arbeite überwiegend für Geschäftskunden. Für diese spiele neben der Preisgestaltung insbesondere die Servicequalität eine überragende Rolle. Hierzu gehören insbesondere, dass U. eine fristgerechte Zustellung von Express-Produkt garantiere und sogar eine Geld-Zurück-Garantie für den Fall einer nicht rechtzeitigen Zustellung gewähre. Die Darstellung des Klägers, dass Paketsendungen im Standardtarif ohne Qualitätsverlust auch während der Tag Zeit transportiert werden könnten, sei falsch und realitätsfremd. Auch bei diesem Tarif erwarte der Kunde gerade in Ballungszentren eine Zustellung am folgenden Werktag. Um die Zustellung der Express-und Standardprodukte entsprechend dem Serviceversprechen zu ermöglichen, müssten die Paketsendungen über Nacht zum jeweiligen HUB und zur jeweiligen Zielniederlassung transportiert werden.

49

Hieraus ergebe sich, dass bei der Beklagten – dem Zweck entsprechend – zwingend Nachtarbeit geleistet werden müsse. Dies sei bei der Höhe des zu leistenden Nachtarbeitszuschlags deutlich mindernd zu berücksichtigen.

50

Auch habe das Arbeitsgericht die wirtschaftlichen Interessen der Beklagten nicht ausreichend berücksichtigt. Insbesondere hätte das Arbeitsgericht den sehr hohen Grundlohn, den die Beklagte zahle, bei der Überprüfung der Angemessenheit der gezahlten Zuschläge berücksichtigen müssen. Bei einem hohen Stundenlohn würden die Nachtarbeitszuschläge auch bei einem geringeren Prozentsatz sehr teuer. Es sei darauf hinzuweisen, dass das Gesetz eine prozentuale Koppelung des Zuschlags an den Grundlohn überhaupt nicht vorsehe. Durch den Ansatz des Arbeitsgerichts würde die Beklagte letztlich dafür "bestraft", dass sie ihren Arbeitnehmern einen hohen, deutlich übertariflichen Stundenlohn zahle.

51

Das Arbeitsgericht sei zudem fehlerhaft davon ausgegangen, dass der von der Beklagten gezahlte Grundlohn nicht bereits Erschwernisse der Nachtarbeit berücksichtige. Insoweit liege eine stillschweigende Ausgleichsregelung vor. Bei der Beklagten seien ca. 90 % der Kraftfahrer in Nachtarbeit tätig. In einem solchen Fall sei nicht zwingend erforderlich, dass zwischen dem Grundlohn und einer Nachtarbeitspauschale unterschieden werde.

52

Der Umstand, dass der Manteltarifvertrag für Lohnempfänger im Güterverkehrs- und Speditionsgewerbe Hamburg nach § 5 Abs. 2 Ziffer 1 während der Nachtarbeit einen Zuschlag von 25 % vorsehe, könne bei einer vollständigen Würdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls keine maßgebliche Rolle spielen. Die Beklagte sei bundesweit tätig. Beispielsweise betrügen die Nachtarbeitszuschläge gemäß § 3 Nr. 2 b) des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Speditions-, Logistik-und Transportwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen vom 21. April 2009 für Kraftfahrer, die Fahrten in einem Umkreis von mehr als 100 km Luftlinie vom regelmäßigen Standort ausführten, 5,00 € je Nachtschicht (vgl. Anlage B 4, Bl. 224 d. A.).

53

Der Leistung von Dauernachtarbeit könne nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass der Prozentsatz für einen „angemessenen“ Ausgleich hier generell gegenüber einem Einsatz in Wechselschicht zu erhöhen wäre. Vielmehr sei dem Umstand einer stärkeren Belastung im Falle der Dauernachtarbeit bereits dadurch Rechnung getragen, dass hier naturgemäß ein größerer Anteil der Arbeitszeit in die zuschlagspflichtigen Zeiträume falle.

54

Die Beklagte meint, das Arbeitsgericht hätte richtigerweise zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die seitens der Beklagten gezahlten Nachtarbeitszuschläge bereits "angemessen" seien und damit kein Raum für eine darüber hinausgehende Verurteilung zur Zahlung von Nachtarbeitszuschlägen oder Gewährung von Freizeitausgleich bestehe.

55

Die Beklagte verweist ergänzend auf ein Rechtsgutachten des Herrn R./Universität T. zur Frage der Bestimmung des Vergütungszuschlags für Nachtarbeitnehmer, das dieser im Auftrag der Beklagten erstellt hat, und macht sich dessen Rechtsausführungen zu eigen. Für den Inhalt des Rechtsgutachtens wird auf die Anlage B 7, Bl. 352 ff. d. A. verwiesen.

56

Die Beklagte beantragt,

57

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 3. September 2013, Az. 9 Ca 77/13, abzuändern und die Klage abzuweisen.

58

Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen

60

Der Kläger verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts und trägt ergänzend vor, es werde bestritten, dass 90 % der bei der Beklagten beschäftigten Kraftfahrer auf Nachttouren eingesetzt wurden. Wie sich aus einer beispielhaften Betrachtung der Woche 13. bis 18. Januar 2014 für den Regionalbetrieb H. ergebe, dem der Kläger zugeordnet sei, seien etwa die Hälfte der Nachttouren von Fremdspeditionen oder Leiharbeitern durchgeführt worden. Abzüglich dieser Touren sowie der Tagestouren verbliebe ein Nachttourenanteil für die Mitarbeiter der Beklagten von rund 50 %.

61

Es sei nicht korrekt, wenn die Beklagte vortrage, sie zahle allen Kraftfahrern einen Nachtarbeitszuschlag von 20 %. Die Beklagte zahle keinen prozentualen Anteil vom Bruttogrundlohn, sondern einen Betrag von 3,18 € pro Stunde. Bei einer künftigen Erhöhung des Bruttogrundlohns würde sich der Zuschlag nicht entsprechend erhöhen.

62

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

63

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

I.

64

Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 lit. b) ArbGG statthaft. Sie ist, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG), auch im Übrigen zulässig.

II.

65

Die Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Dem Feststellungsantrag zu 2) ist in geringerem Umfang stattzugeben, als dies durch das Arbeitsgericht erfolgt ist.

66

1. Der dem Teilurteil des Arbeitsgerichts zugrundeliegende Feststellungsantrag zu 2) des Klägers ist zulässig.

67

Ein Feststellungsinteresse für den Antrag ist gegeben, soweit er in der Berufungsinstanz zur Entscheidung anfällt (§ 256 Abs. 1 ZPO). Dies gilt, obwohl er sich nicht auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses der Parteien insgesamt, sondern lediglich auf die Höhe der Nachtarbeitszuschläge bzw. den zum Ausgleich für Nachtarbeit zu gewährenden Freizeitausgleich bezieht. Auch streitige Teilrechtsverhältnisse können Gegenstand von Feststellungsklagen sein, wenn die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, eine Klärung herbeizuführen (vgl. etwa BAG 23.09.2009 – 5 AZR 628/08 - AP Nr. 36 zu § 157 BGB).

68

Hier sind die Höhe der Nachtarbeitszuschläge zwischen den Parteien nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die Zukunft im Streit. Die Entscheidung über den zukunftsgerichteten Feststellungsantrag ist zur Klärung dieses Teilrechtsverhältnisses geeignet.

69

2. Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für den zur Entscheidung gestellten Zeitraum ab dem 1. August 2013 für Arbeitszeiten zwischen 23:00 Uhr und 6:00 Uhr einen höheren Nachtarbeitszuschlag als den aktuell gewährten Zuschlag zu zahlen oder einen Freizeitausgleich von 2 Arbeitstagen für 90 geleistete Nachtstunden zu gewähren.

70

Soweit das Arbeitsgericht festgestellt hat, dass der zu zahlende Nachtarbeitszuschlag 30 % vom Bruttostundenlohn des Klägers zu betragen habe, ist der angesetzte Prozentsatz allerdings zu hoch. Angemessen ist ein Nachtarbeitszuschlag von 25 % der Bruttovergütung des Klägers.

71

a) Gemäß § 6 Abs. 5 ArbZG hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Die gesetzliche Regelung ist subsidiär und tritt nur ein, wenn eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht (vgl. BAG 18.05.2011 – 10 AZR 369/10 – AP Nr. 11 zu § 6 ArbZG).

72

Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 6 Abs. 5 ArbZG erfüllt. Der Kläger ist Nachtarbeitnehmer im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Er leistet an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit (§ 2 Abs. 5 Nr. 2 ArbZG i.V. mit § 2 Abs. 3 und 4 ArbZG). Eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung kommt nicht zum Tragen. Tarifvertragliche Regelungen finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

73

Entsprechend dem Antrag des Klägers war sowohl über die Höhe des Nachtzuschlags zu entscheiden als auch der Umfang des Freizeitausgleichs festzusetzen, den der Arbeitgeber alternativ zum Nachtarbeitszuschlag gewähren kann.

74

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist noch nicht beendet. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Beklagte deshalb ein Wahlrecht, ob sie den Anspruch des Klägers durch Zahlung von Geld, durch bezahlte Freistellung oder auch durch eine Kombination von beidem erfüllt (vgl. zum Wahlrecht des Arbeitgebers etwa BAG 26.08.1997 – 1 ABR 16/97 – BAGE 86, 249; BAG 24.02.1999 – 4 AZR 62/98 – BAGE 91, 63; BAG 05.02.2002 – 9 AZR 202/01 – AP Nr. 4 zu § 6 ArbZG). Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte sich in der Vergangenheit entschieden hat, für Nachtarbeitsstunden Zuschläge und keinen Freizeitausgleich zu gewähren. Die gesetzlich begründete Wahlschuld (§ 263 BGB) hat sich hierdurch für die Zukunft nicht auf eine der wahlweise geschuldeten Leistungen konkretisiert. Denn der Leistung von Nachtarbeitszuschlägen lag keine vertragliche Vereinbarung der Parteien, sondern eine einseitige Entscheidung der Beklagten zugrunde. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte ihr Wahlrecht (unter Berücksichtigung des insoweit bestehenden Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats, vgl. hierzu BAG 26.08.1997 – 1 ABR 16/97 – BAGE 86, 249; BAG 26.04.2005 – 1 ABR 1/04 – AP Nr. 118 zu § 87 BetrVG Arbeitszeit) im fortbestehenden Arbeitsverhältnis in anderer Weise ausübt und sich entscheidet, statt der Nachtarbeitszuschläge Freizeit im ausgeurteilten Umfang zu gewähren.

75

b) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Rechtsanwendung dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zukommt (vgl. etwa BAG 18.05.2011 – 10 AZR 369/10 – AP Nr. 11 zu § 6 ArbZG; LAG Köln, 02.06.2005 – 6 (8) Sa 206/05 – AFP 2006, 85 f.).

76

aa) Im Regelfall ist ein Prozentsatz von 25 % der Bruttovergütung als angemessen anzusehen (BAG 11.02.2009 – 5 AZR 148/08 – AP Nr. 9 zu § 6 ArbZG; BAG 01.02.2006 – 5 AZR 422/04 – NZA 2006, 494; BAG 27.05.2003 – 9 AZR 180/02 – AP Nr. 5 zu § 6 ArbZG). Ob dieser Wert auch im Einzelfall angemessen ist oder ob von diesem Prozentsatz nach oben oder unten abgewichen werden muss, ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls nach der Art der Arbeitsleistung zu beurteilen (BAG 18.05.2011 – 10 AZR 369/10 – AP Nr. 11 zu § 6 ArbZG; BAG 05.02.2002 – 9 AZR 202/01 – AP Nr. 4 zu § 6 ArbZG). Eine (prozentuale) Verknüpfung zwischen Grundvergütung und Nachtarbeitszuschlag ist hierbei nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG schon deshalb geboten, weil der Zuschlag „auf“ das dem Arbeitnehmer zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren ist (vgl. BAG 05.02.2002 – 9 AZR 202/01 – AP Nr. 4 zu § 6 ArbZG).

77

Soweit die Beklagte unter Berufung auf das Gutachten des Herrn R. (Anlage B 7, Bl. 352 ff. d.A., Seite 41 f. Bl. 396 d. A.) einen Vergütungszuschlag von 10 v.H. als Ausgangspunkt für die Bestimmung der Angemessenheit wählen will, kann ihr nicht gefolgt werden. Zur Begründung des Ausgangswertes von 10 % nimmt Herr R. in seinem Gutachten Bezug auf Vorschläge zu Freistellungsansprüchen, die im Gesetzgebungsverfahren zu § 6 Abs. 5 ArbZG diskutiert worden sind. Die entsprechenden Gesetzentwürfe sahen eine zwingende Freizeitgewährung (im Umfang von weniger als 10 %) für geleistete Nachtarbeit vor (s. hierzu. S. 25 f. des Gutachtens, Anlage B 7, Bl. 352 ff., Bl. 380 f. d.A., sowie S. 38 f. des Gutachtens, Anlage B 7, Bl. 393 f. d.A.; siehe auch die Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf, Anlage 2 zum RegE, BT-Drucks. 12/5888, S. 41; vgl. zu einer mit dem Gesetzgebungsverfahren begründeten Zulagenhöhe von etwa 10 % als „untere Grenze der Angemessenheit“ auch BAG, 31.08.2005 – 5 AZR 545/04 – AP Nr. 8 zu § 6 ArbZG).

78

Die Argumentation des Herrn R. überzeugt schon deshalb nicht, weil die von ihm angeführten Entwürfe nicht Gesetz geworden sind.

79

Der Gesetzgeber hat sich gegen eine gesetzlich zwingende Regelung zum Freizeitausgleich für geleistete Nachtarbeitsstunden entschieden und den Arbeitgebern die Wahl ermöglicht, stattdessen Nachtarbeitszuschläge an die Nachtarbeitnehmer zu zahlen. Dies muss bei der Anwendung des § 6 Abs. 5 ArbZG berücksichtigt werden (vgl. auch BAG, 05.09.2002 – 9 AZR 202/01 - AP Nr. 4 zu § 6 ArbZG).

80

Die Regelung in § 6 Abs. 5 ArbZG soll dem Gesundheitsschutz dienen (vgl. die Begründung zum RegE BT-Drucks.12/5888, S. 21). Hinter der Regelung steht das Ziel, Nachtarbeit wegen der mit ihr verbundenen sozialen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen möglichst einzuschränken (vgl. etwa BAG 27.05.2003 – 9 AZR 180/02 – AP Nr. 5 zu § 6 ArbZG).

81

Die gesundheitsschützende Wirkung einer Regelung, die einen zwingenden Freizeitausgleich für eine bestimmte Zahl von Nachtarbeitsstunden vorsieht, unterscheidet sich von der Wirkung einer Regelung, die einen finanziellen Ausgleich für die Arbeit in den Nachtstunden ermöglicht:

82

Eine Freizeitausgleichsregelung kommt der Gesundheit und der sozialen Einbindung der betroffenen Nachtarbeitnehmer unmittelbar zugute. Die Nachtarbeitnehmer können die zusätzliche Freizeit zur Erholung und zur Teilhabe am sozialen Leben zu nutzen.

83

Demgegenüber hat ein finanzieller Ausgleich durch Nachtarbeitszuschläge keine Auswirkung auf die gesundheitlichen und sozialen Belastungen der Nachtarbeit. Die Nachtarbeitszuschläge schützen die Gesundheit und die sozialen Belange der Betroffenen nicht, sondern gewähren den Nachtarbeitnehmern einen finanziellen Ausgleich - eine Kompensation - für die erlittenen Belastungen (so auch das Rechtsgutachten des Herrn R., S. 25, Anlage B 7, Bl. 352 ff., Bl. 380 d. A.). Nachtarbeitszuschläge sind für den Arbeitgeber die organisatorisch einfacher umsetzbare Ausgleichsmaßnahme, weil sich die Zahlung von Zuschlägen – anders als die Gewährung zusätzlicher Freizeit – auf den Betriebsablauf nicht auswirkt.

84

Die vom Gesetzgeber eröffnete Möglichkeit, den Ausgleich für Nachtarbeit durch Zuschläge zu leisten, entspricht dem gesetzgeberischen Ziel des Gesundheitsschutzes nur dann, wenn die Zahlungen über die Kompensation der Belastungen für die einzelnen Betroffenen hinaus eine gesundheitsschützende „Fernwirkung“ erzeugen. Eine solche mittelbar gesundheitsschützende Wirkung der Regelung des § 6 Abs. 5 ArbZG tritt ein, wenn die Nachtarbeit durch die zu leistenden Zuschläge so verteuert wird, dass sie wegen der mit ihr verbundenen betriebswirtschaftlichen Kosten auf die wirklich notwendigen Fälle beschränkt wird. Die mittelbare nachtarbeitsvermeidende Wirkung von Nachtarbeitszuschlägen verlangt, dass die Zuschläge nicht nur die Belastungen der Nachtarbeitnehmer kompensieren, sondern die Nachtarbeit darüber hinaus spürbar verteuern. Dies ist bei einem Zuschlag von 25 % auf die Bruttovergütung, nicht aber bei geringeren Zuschlägen der Fall (BAG 27.05.2003 – 9 AZR 180/02 – AP Nr. 5 zu § 6 ArbZG).

85

Dass ein Zuschlag von 25 % der Bruttovergütung als „Regelnachtzuschlag“ angemessen ist, wird durch die gesetzlichen Bestimmungen zur steuerlichen Behandlung von Nachtarbeitszuschlägen bestätigt (§ 3b Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 EStG). Indem Nachtarbeitszuschläge von 25 % für die Zeit zwischen 20:00 Uhr und 24:00 Uhr sowie 4:00 Uhr bis 6:00 Uhr und von 40 % für die Zeit von 0:00 Uhr bis 4:00 Uhr von der Einkommenssteuer befreit sind, hat der Gesetzgeber einen Anhaltspunkt dafür geliefert, welchen Wert er der Nachtarbeit beimisst (so auch BAG 05.09.2002 -– 9 AZR 202/01 – AP Nr. 4 zu § 6 ArbZG). Zwar verfolgt die steuerrechtliche Regelung keine Ziele des Gesundheitsschutzes. Doch macht sie deutlich, bis zu welcher Grenze Ausgleichszahlungen für die Belastungen der Nachtarbeit als angemessen angesehen werden.

86

cc) Aus den Zwecken, denen die Nachtarbeitszuschläge dienen, ergeben sich zugleich die Kriterien, nach denen in Ansehung der Gegenleistung von der regelmäßig zu zahlenden Zulage von 25 % nach oben oder unten abgewichen werden kann:

87

Eine geringere Zuschlagshöhe ist angemessen, wenn die Arbeitszeit während der Nachtzeit auch Bereitschaftszeiten oder Phasen der Entspannung umfasst (BAG 11.02.2009 – 5 AZR 148/08 – AP Nr. 9 zu § 6 ArbZG). Denn wenn die Belastungen durch die Nachtarbeit geringer sind, ist hierfür auch ein geringerer finanzieller Ausgleich zu zahlen.

88

Ein geringerer Zuschlag ist auch dann festzusetzen, wenn das Ziel des Gesetzgebers, Nachtarbeit zu vermeiden, wegen der Art der Tätigkeit nicht erreichbar ist (BAG 11.02.2009 – 5 AZR 148/08 – AP Nr. 9 zu § 6 ArbZG). Wenn die von den Nachtarbeitnehmern geschuldeten Tätigkeiten zwingend auch nachts anfallen, kann die Nachtarbeit durch eine Verteuerung der Arbeitsleistungen nicht vermieden werden (z.B. Bewachungsgewerbe, BAG 31.08.2005 – 5 AZR 545/04 – AP Nr. 8 zu § 6 ArbZG; Rettungssanitäter BAG 11.02.2009 – 5 AZR 148/08 – AP Nr. 9 zu § 6 ArbZG).

89

Demgegenüber ist grundsätzlich ein höherer Prozentsatz gerechtfertigt, wenn der Einsatz der Arbeitnehmer in Dauernachtschicht erfolgt. Grund hierfür sind die besonderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die mit der Dauernachtarbeit einhergehen, sowie die besonderen Einschränkungen bei der Teilhabe am sozialen Leben, die Arbeitnehmer mit Dauernachtarbeit hinzunehmen haben (BAG 27.05.2003 – 9 AZR 180/02 – AP Nr. 5 zu § 6 ArbZG; BAG 05.09.2002 – 9 AZR 202/01 – AP Nr. 4 zu § 6 ArbZG). Diese Belastungen werden entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon dadurch ausgeglichen, dass Arbeitnehmer in Dauernachtschicht für alle gearbeiteten Nachtstunden Zulagen erhalten. Denn der dauerhafte Verzicht auf nächtlichen Schlaf und auf das soziale Leben, das sich nach dem Arbeitsende des überwiegenden Teils der erwerbstätigen Bevölkerung abspielt, hat ein gesteigertes Maß an gesundheitlicher und sozialer Belastung zur Folge. Diese Belastungen verlangen einen höheren finanziellen Ausgleich für die einzelne geleistete Nachtarbeitsstunde.

90

Anhaltspunkte bei der Bestimmung der angemessenen Zuschlagshöhe können auch die branchenüblichen Tarifverträge bieten. Zwingend ist dies allerdings nicht (BAG 18.05.2011 – 10 AZR 369/10 – AP Nr. 11 zu § 6 ArbZG; BAG – 9 AZR 180/02 – juris). Zudem können bei der Bemessung des Nachtzuschlags die wirtschaftlichen Bedingungen in der jeweiligen Branche und die Konditionen der Erwerbstätigkeit im Übrigen eine Rolle spielen (vgl. BAG 11.02.2009 – 5 AZR 148/08 – AP Nr. 9 zu § 6 ArbZG). Es ist jeweils eine Betrachtung des Einzelfalls geboten (vgl. BAG 26.08.1997 – 1 ABR 16/97 – BAGE 86, 249).

91

c) Eine Beurteilung der Umstände im vorliegenden Fall führt zum Ergebnis, dass ein Nachtarbeitszuschlag in der „regelmäßigen Höhe“ von 25 % angemessen ist.

92

Für einen hohen Nachtarbeitszuschlag spricht, dass der Kläger Dauernachtarbeit leistet und den mit dieser Art der Beschäftigung einhergehenden besonderen gesundheitlichen und sozialen Belastungen ausgesetzt ist.

93

Für einen hohen Nachtzuschlag spricht weiter, dass der Einsatz des Klägers als LKW-Fahrer keine Bereitschafts- oder Entspannungszeiten umfasst, sondern konzentriertes Arbeiten während der gesamten Nachtzeit erfordert.

94

Zudem ist zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers als LKW-Fahrer im Pakettransport um eine Arbeit handelt, die nicht zwingend in der Nacht anfällt: Faktisch besteht die Möglichkeit, Paketsendungen ohne den Einsatz von Nachtarbeit zu ihrem Bestimmungsort zu bringen. Bei einer Betrachtung der Tätigkeit an sich ist die Verteuerung der Nachtarbeit deshalb grundsätzlich geeignet, den Umfang der Nachtarbeit im Pakettransport zu verringern.

95

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts kann aus diesen Umständen jedoch nicht geschlossen werden, dass ein Nachtarbeitszuschlag für den Kläger in einer die „übliche“ Höhe von 25 % übersteigenden Höhe von 30% der Bruttovergütung angemessen ist. Der Nachtarbeitszuschlag ist vielmehr auf 25 % zu begrenzen, da auf der anderen Seite Umstände zu berücksichtigen sind, die einer Bemessung des Zuschlags in einer das übliche Maß übersteigenden Höhe entgegenstehen:

96

Zum einen muss Berücksichtigung finden, dass die Nachtarbeit für das unternehmerische Konzept der Beklagten essenziell ist: Die Beklagte besteht im Wettbewerb dadurch, dass sie verlässliche, kurze Transportzeiten für Paketsendungen gewährleistet. Dies gilt insbesondere für die Spezialtarife. Aber auch im Standardtarif bedeuten die Geschwindigkeit und die Zuverlässigkeit einen Wettbewerbsvorteil. Die Beklagte hat schlüssig dargelegt, dass sie die für ihr Geschäftsmodell erforderliche Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit nur durch regelmäßige Nachttouren realisieren kann. Kommt das unternehmerische Konzept der Beklagten aber nicht ohne Nachtarbeit im bisherigen Umfang aus, so kann – bezogen auf dieses unternehmerische Konzept – das Ziel der Vermeidung von Nachtarbeit durch Verteuerung nicht erreicht werden.

97

Ein Begrenzung des Zuschlags auf 25 % für die Tätigkeit des Klägers in Dauernachtarbeit ist auch deshalb angemessen, weil die Beklagte ihren Arbeitnehmern für Tätigkeiten zwischen 21:00 Uhr und 23:00 eine Zulage von 3,18 € brutto/Stunde gewährt. Zwar kann diese Zulage nicht - wie es die Beklagte praktizieren will - rechnerisch auf die Nachtarbeitsstunden von 23:00 Uhr bis 6:00 Uhr „umgelegt“ werden. Eine Umrechnung ist schon wegen der Zielrichtung der Leistung nicht möglich: Die Zulage wird gerade nicht als Ausgleich für die Belastungen der Arbeit zwischen 23:00 Uhr und 6:00 Uhr, sondern als Ausgleich für die Belastungen der Arbeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr gezahlt. Zudem hätte eine Umrechnung die der Intention der Beklagten nicht entsprechende Folge, dass die Nachtarbeitnehmer der Beklagten unterschiedlich hohe und damit ungleiche Nachtarbeitszuschläge für die Arbeitszeit zwischen 23:00 Uhr und 6:00 Uhr erhielten. Denn der Arbeitsbeginn der Nachtarbeitnehmer unterscheidet sich je nach der Tour, die diese fahren. Bei einer Umrechnung würde die Höhe des Nachtzuschlags davon abhängen, wann der Arbeitnehmer seine Tätigkeit aufgenommen hat: Je mehr Arbeitszeit er in der Zeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr absolvierte, desto höher wäre der rechnerische Nachtarbeitszuschlag.

98

Wenn auch eine Umrechnung nicht möglich ist, so ist die „Spätarbeitszulage“ für die Arbeitszeit von 21:00 Uhr bis 23:00 Uhr bei der Bestimmung der angemessenen Höhe des Nachtarbeitszuschlags dennoch zu berücksichtigen und steht einer Bemessung des Nachtarbeitszuschlags in einer 25 % übersteigenden Höhe entgegen. Denn die „Spätarbeitszulage“ betrifft die Tageszeit, die für die Teilhabe am sozialen Leben besonders wichtig ist. Sie kompensiert die Einbußen im sozialen Bereich, die die Arbeitnehmer der Beklagten wegen ihrer Arbeitstätigkeit zwischen 21:00 Uhr und 23:00 Uhr hinzunehmen haben. Der Zweck der „Spätarbeitszulage“ entspricht damit einem der Zwecke der gesetzlichen Nachtarbeitszuschläge nach § 6 Abs. 5 ArbZG. Dies rechtfertigt es, die freiwillige Spätzulage bei der Beurteilung, welche Nachtzulagenhöhe angemessen ist, zulagenmindernd einzubeziehen.

99

Keine Rolle bei der Festsetzung der angemessenen Zuschlagshöhe kann demgegenüber der Umstand spielen, dass die Beklagte eine im Branchenvergleich hohe Grundvergütung zahlt. Zwar ist es grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass die Arbeitsvertragsparteien auf eine gesonderte Zuschlagsregelung verzichten und stattdessen den Grundlohn wegen der vereinbarten Nachtarbeit entsprechend erhöhen (BAG 05.09.2002 – 9 AZR 202/01 – AP Nr. 4 zu § 6 ArbZG). Von einer derartigen pauschalen Abgeltung des Nachtarbeitszuschlags kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn der Arbeitsvertrag konkrete Inhalte für eine Pauschalierung enthält. Hierfür muss ein Bezug zwischen der zu leistenden Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt sein. Diese Anforderung ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 5 ArbZG. Der für die geleistete Nachtarbeit geschuldete angemessene Zuschlag ist danach „auf“ dass dem Arbeitnehmer hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren (BAG 05.09.2002 – 9 AZR 202/01 – AP Nr. 4 zu § 6 ArbZG; BAG 26.08.1997 – 1 ABR 16/97 – BAGE 86,249). Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlen im vorliegenden Fall Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte dem Kläger mit einem Teil der Grundvergütung einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag gewähren will. Der von der Beklagten angeführte Umstand, dass ein Großteil der Arbeitnehmer der Beklagten Nachtarbeit leistet, kann insoweit nicht ausreichen.

100

Auch die tarifvertraglichen Regelungen zu Nachtarbeitszuschlägen im Transportgewerbe führen im vorliegenden Fall bei der Ermittlung des angemessenen Nachtzuschlags nicht weiter. Dies ergibt sich schon daraus, dass die tariflichen Regelungen im Bundesgebiet sehr unterschiedlich sind. Der Umstand, dass der Manteltarifvertrag für Lohnempfänger im Güterverkehrs- und Speditionsgewerbe Hamburg nach § 5 Abs. 2 Ziffer 1 während der Nachtarbeit (zwischen 21:00 Uhr und 06:00 Uhr) einen Zuschlag von 25 % vorsieht, lässt lediglich die Aussage zu, dass der hier festgesetzte angemessene Nachtarbeitszuschlag von 25% nicht branchenunüblich ist.

101

d) Das Arbeitsgericht hat den alternativ zu gewährenden Freizeitausgleich zutreffend antragsgemäß auf zwei Arbeitstage für 90 geleistete Nachtschichtstunden festgesetzt.

102

Zwar gilt grundsätzlich, dass sich der Freizeitausgleich und der Vergütungszuschlag nach ihrem Wert entsprechen sollen (BAG 01.02. 2006 – 5 AZR 422/04 – NZA 2006,494). Hier hat der Kläger jedoch in seinem Klagantrag zu 2) einen Freistellungsumfang formuliert, der in seinem Wert hinter der mit dem Antrag begehrten Zuschlagshöhe von 30 % und auch hinter der vom Berufungsgericht als angemessen festgestellten Zuschlagshöhe von 25 % zurückbleibt. Nach den Ausführungen des Klägers liegt weder in Bezug auf die Zuschlagshöhe noch in Bezug auf den Freistellungsumfang ein Berechnungsfehler vor.

103

Dem Kläger kann durch Urteil nicht mehr zugesprochen werden, als er beantragt hat. Da der Kläger keinen dem Wert des angemessenen Nachtarbeitszuschlags von 25 % entsprechenden, sondern einen geringeren Freistellungsumfang beantragt hat, war die stattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts in Bezug auf den Freistellungsumfang aufrechtzuerhalten. Für die Beklagte resultiert aus der insoweit antragsgemäßen Tenorierung die Möglichkeit, ihr Wahlrecht aus § 6 Abs. 5 ArbZG zu Gunsten der wertmäßig niedrigeren Freistellung auszuüben.

III.

104

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.

IV.

105

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen vor (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

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