Urteil vom Landesarbeitsgericht Köln - 3 Sa 524/13
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 02.05.2013 – 12 Ca 7315/12 – teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 85,35 € brutto nebst Zinsen in Höhe von5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2012 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 94 % und die Beklagte zu 6 % zu tragen.
4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über weitere Vergütungsansprüche des Klägers für den Zeitraum von Juli bis September 2012 sowie um Feiertagsvergütung für den 07.06.2012 (Fronleichnam).
3Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 02.04.2001 als Produktionsmitarbeiter beschäftigt. Die Beschäftigung erfolgte zunächst auf der Grundlage des bis zum 30.09.2002 befristeten schriftlichen Arbeitsvertrages vom 27.03.2001 (Bl. 26 ff. d. A.) Der Kläger ist in Entgeltgruppe 2 eingruppiert. In Ziffer 10 dieses Arbeitsvertrages heißt es:
4„Im Übrigen sind für das Arbeitsverhältnis und für die sonstigen Arbeitsbedingungen die am Sitz der Firma geltenden Tarifverträge der Chemischen Industrie Nordrhein-Westfalen und die Betriebsvereinbarungen in ihrer jeweils gültigen Fassung maßgebend.“
5Mit Schreiben vom 05.09.2002 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:
6„Sehr geehrter Herr J ,
7der guten Ordnung halber teilen wir Ihnen mit, dass wir Ihren befristeten Arbeitsvertrag ab 01.10.2002 in einen unbefristeten Arbeitsvertrag umwandeln werden.
8Wir hoffen auf eine weiterhin angenehme Zusammenarbeit und verbleiben ….“
9Die Beklagte war Mitglied des Arbeitgeberverbandes Chemie Rheinland. Die Mitgliedschaft endete durch Austritt zum 31.12.2007.
10Nach dem Entgelttarifvertrag der Chemischen Industrie Nordrhein, gültig ab 01.02.2007, betrug der Stundenlohn des Klägers 12,64 € brutto. Auf dieser Basis rechnete die Beklagte das Arbeitsverhältnis auch nach ihrem Austritt aus dem Arbeitgeberverband weiterhin ab. Mittlerweile enthält dieser Entgelttarifvertrag, Stand 01.07.2012, einen Stundenlohn von 14,83 € brutto.
11Für die Tätigkeit am 07.06.2012 (Fronleichnam) zahlte die Beklagte an den Kläger einen 60%igen Zuschlag in Höhe von 56,85 € brutto.
12Mit Klageschrift vom 18.09.2012, der Beklagten zugestellt am 28.09.2012, begehrt der Kläger einen weiteren Feiertagszuschlag für den 07.06.2012 in Höhe von 85,35 € brutto. Hierbei handelt es sich um den Differenzbetrag zwischen dem gezahlten Zuschlag und dem vom Kläger begehrten 150%igen Zuschlag in Höhe von 142,20 € brutto, den er mit Schreiben vom 28.08.2012 gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat. Mit weiterer Klage vom 07.01.2013 begehrt der Kläger den Differenzlohn in Höhe von insgesamt 1.286,79 € brutto für die Monate Juli bis September 2012 gemäß dem erhöhten Stundenlohn nach dem aktuellen Entgelttarifvertrag. Diese Ansprüche hat er mit Schreiben vom 28.09.2012 gegenüber der Beklagten geltend gemacht.
13Wegen des Weiteren erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Mit diesem Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesarbeitsgerichts Bezug genommen und ausgeführt, dass Ziffer 10 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien im vorliegenden Fall als sogenannte Gleichstellungsabrede auszulegen sei. Aufgrund des Vertragsschlusses vor dem Stichtag 01.01.2002 sei der Arbeitsvertrag als sogenannter Altvertrag im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anzusehen, so dass die Dynamik der tariflichen Bezugnahmeklausel mit Austritt der Beklagten aus dem Arbeitgeberverband geendet habe. Die spätere Entfristung des zunächst befristet abgeschlossenen Arbeitsvertrages sei insofern rechtlich ohne Relevanz. Hinsichtlich der Feiertagsvergütung ist das Arbeitsgericht von einer Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 Nr. 4 Manteltarifvertrages der Chemischen Industrie Nordrhein (MTV) ausgegangen und hat das Eingreifen der Ausnahmeregelung in § 4 Abs. 1 Nr. 6 MTV aus systematischen Gründen verneint. Wegen der weitergehenden Begründung im Einzelnen wird auf das erstinstanzliche Urteil (Bl. 66 ff. d. A.) Bezug genommen.
14Gegen das ihm am 19.06.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.07.2013 Berufung eingelegt und hat diese am 16.08.2013 begründet.
15Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, es handele sich bei Ziffer 10 des Arbeitsvertrages nicht um eine sogenannte Gleichstellungsabrede, sondern vielmehr um eine dynamische Verweisung mit der Folge, dass dem Kläger der aktuelle Tariflohn zustehe. Die Auslegungsregel des Bundesarbeitsgerichts für derartige, vor dem 01.01.2002 vereinbarte Regelungen knüpfe an einem Umstand an, der in dem an sich eindeutigen Wortlaut der dynamischen einzelvertraglichen Inbezugnahme von Tarifverträgen keinen Anhalt finde. Es sei nicht vertretbar, dem Arbeitnehmer die Aufgabe zuzuweisen, sich gegenüber dem Arbeitgeber, der eine an sich eindeutige Vertragsklausel vorgebe, zu vergewissern, ob er die Klausel im Hinblick auf seine mögliche Tarifgebundenheit oder unabhängig davon vereinbaren wolle.
16Unabhängig davon sei mindestens durch das Schreiben vom 05.09.2002 und insbesondere durch die tatsächliche Änderung des befristeten Arbeitsvertrages zum 01.10.2002 in einen unbefristeten Arbeitsvertrag ab dem 01.10.2002 eine neue vertragliche Regelung zwischen den Parteien erfolgt. Der Arbeitsvertrag sei zu diesem Stichtag auf eine andere Grundlage gestellt worden und der Status des Klägers habe sich ab dem 01.10.2002 maßgeblich verändert. Für diesen neuen Vertrag gelte die Auslegungsregel des Bundesarbeitsgerichts für Neuverträge nach dem 01.01.2002, so dass die Bezugnahmeklausel nicht mehr als bloße Gleichstellungsabrede ausgelegt werden könne.
17Hinsichtlich der Feiertagsvergütung trägt der Kläger vor, alle Arbeitnehmer hätten bis 2011 immer eine Feiertagszuschlag von 150% für Arbeiten an Wochenfeiertragen, insbesondere auch für Fronleichnam) erhalten. Diese Leistung sei seit mindestens 25 Jahren durchgängig gezahlt worden. Dementsprechend habe nach 2007 eine entsprechende betriebliche Übung bestanden, auf die sich der Kläger habe verlassen können. Unabhängig davon sei ergebe aber auch bereits die Auslegung der tariflichen Regelung, dass für Arbeiten an Fronleichnam ein 150%iger Zuschlag zu zahlen sei. Der Tarifwortlaut sei insoweit eindeutig und auch Sinn und Zweck des § 4 MTV sprächen für eine solche Auslegung. Im Übrigen behauptet der Kläger, die Tarifparteien hätten sich bereits im Jahr 1983 auf einen 150%ige Zuschlag für Fronleichnam geeinigt. Hierzu verweist auf eine Übersicht über die Feiertagsvergütung nach § 2 EFZG und § 4 MTV-Chemie, die Gegenstand des Manteltarifvertrages von 1983 gewesen sei (Bl. 59 d. A.).
18Der Kläger beantragt,
19unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 02.05.2013 – 12 Ca 7315/12 – die Beklagte zu verurteilen,
20an den Kläger 85,35 € brutto nebst Zinsen in Höhe von5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2012 zu zahlen;
21an den Kläger 1.286,79 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
22Die Beklagte beantragt,
23die Berufung zurückzuweisen.
24Die Beklagte tritt der angefochtenen Entscheidung bei und wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie meint die Entscheidung stehe im Einklang mit der zutreffenden ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Auch die Entfristung des zunächst befristet abgeschlossenen Arbeitsvertrages führe nicht zu einer dynamischen Inbezugnahme. Durch die schriftliche Mitteilung vom 05.09.2002 sei kein neuer Arbeitsvertrag mit dem Kläger abgeschlossen worden. Das Schreiben habe lediglich eine Information an den Kläger dargestellt, damit dieser sich nicht wie gesetzlich vorgeschrieben bereits vor Ablauf der Befristung um einen neuen Arbeitsplatz habe bemühen müssen.
25Hinsichtlich der Feiertagsvergütung bestreitet die Beklagte, seit über 20 Jahren für den gesetzlichen Feiertag Fronleichnam eine Zulage in Höhe von 150% berechnet zu haben und hält im Übrigen den diesbezüglichen neuen Vortrag des Klägers in der Berufungsinstanz für verspätet. Sie tritt der vom Arbeitsgericht vorgenommenen Tarifauslegung bei und meint § 4 Abs. 1 Nr. 4 MTV wäre überflüssig, wenn ohnehin für alle gesetzlichen Wochenfeiertage der weitergehende Zuschlag nach § 4 Abs. 1 Nr. 6 MTV zu zahlen wäre.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
27E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
28I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie insgesamt statthaft(§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
29II. Das Rechtsmittel hat in der Sache nur teilweise Erfolg soweit der Feiertagszuschlag betroffen ist. Dem Kläger steht der höhere Zuschlag für die Arbeit am 07.06.2012 zu. Hinsichtlich der tariflichen Differenzvergütung für die Monate Juli bis September 2012 hat das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
301. Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß § 611 Abs. 1 BGB i.V.m.§ 4 Abs. 1 Nr. 6 MTV einen Anspruch auf Zahlung von 85,35 € brutto. Hierbei handelt es sich um den tariflichen Feiertagszuschlag für den 07.06.2012 (Fronleichnam) in rechnerisch unstreitiger Höhe (Differenz zwischen gezahlten 60% und begehrten 150%). Der Anspruch folgt aus der Auslegung der tariflichen Regelung.
31a) § 4 MTV ist unstreitig aufgrund der arbeitsvertraglichen Inbezugnahme in Ziffer 10 des Arbeitsvertrages anwendbar.
32b) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben der Tarifnorm zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist dabei stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen - ohne Bindung an eine Reihenfolge - weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags oder die praktische Tarifübung, ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG, Beschluss vom 21.09.2011 – 7 ABR 54/10 -; BAG, Urteil vom 24.02.2011 – 2 AZR 830/09 -, NZA 2011, 708; BAG, Urteil vom 15.10.2003 – 4 AZR 594/02 -, EzA TVG § 4 Stahlindustrie).
33c) Die Anwendung dieser Grundsätze auf § 4 MTV führt insoweit zur Begründetheit der Klage.
34Das folgt bereits aus dem eindeutigen Tarifwortlaut. § 4 Abs. 1 Nr. 6 MTV bestimmt in seinem ersten Halbsatz, dass „für Arbeiten an den Wochenfeiertagen, an denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen der Arbeitsausfall zu vergüten ist“, ein Zuschlag von 150% zu zahlen ist. Fronleichnam zählt gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 FeiertagsG NW zu den gesetzlichen Feiertagen. Als Donnerstag nach dem Sonntag Trinitatis ist Fronleichnam auch ein Wochenfeiertag. Damit sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des§ 4 Abs. 1 Nr. 6 MTV für die Arbeit am 07.06.2012 erfüllt.
35Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten steht dieser eindeutige Normwortlaut auch im Einklang mit der Tarifsystematik. Die Beklagte meint,§ 4 Abs. 1 Nr. 4 MTV sei überflüssig, wenn Fronleichnam unter die Regelung in Nr. 6 falle. Das ist jedoch zweifelsfrei nicht der Fall. Dieser behält in jedem Fall einen eigenen Regelungsbereich. Denn es existieren mit dem 03. Oktober und Allerheiligen zwei gesetzliche Feiertage, die nicht an einen bestimmten Wochentag gebunden sind und daher, wenn sie auf einen Sonntag fallen, als gesetzlicher Feiertag nur mit 60%iger Zulage nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 MTV zu vergüten sind. Auch erscheint es sinnvoll und sachgerecht, Wochenfeiertage mit einem höheren Zuschlag zu versehen als Feiertage, die auf einen Sonntag fallen. Die Arbeit an einem solchen, seltenen Wochenfeiertag bedeutet regelmäßig eine stärkere Belastung für den Arbeitnehmer als bloße Sonntagsarbeit.
362. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
373. Die weitergehende Berufung des Klägers ist unbegründet.
38a) Das Arbeitsgericht hat zutreffend auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit der Grundsatzentscheidung des 4. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2005 (4 AZR 536/04, NZA 2006, 607) abgestellt. Danach handelt es sich vorliegend um einen vor dem maßgeblichen Stichtag 01.01.2002, nämlich am 30.05.2001 abgeschlossenen Arbeitsvertrag, auf den nach den Grundsätzen der vorgenannten Rechtsprechung unter Vertrauensschutzgesichtspunkten die frühere Rechtsprechung des 4. Senats des Bundesarbeitsgerichts anzuwenden ist. Das hat zur Folge, dass die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die tariflichen Vorschriften mit dem Austritt der Beklagten aus dem Arbeitgeberverband ihre dynamische Wirkung verloren hat und seither nur noch statisch gilt.
39An dieser Rechtsprechung hält das Bundesarbeitsgericht seit dem 14.12.2005 unverändert fest (vgl. zuletzt BAG, Urteil vom 14.12.2011– 4 AZR 79/10 -, AP Nr. 104 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; BAG, Urteil vom 05.09.2012 – 4 AZR 749/10 -, NZA-RR 2013, 285). Die erkennende Berufungskammer sieht keine Veranlassung von dieser gefestigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts abzuweichen. Insbesondere bietet auch die Argumentation des Klägers in der Berufungsbegründung hierzu keinen Anlass. Soweit der Kläger auf den seiner Meinung nach eindeutigen Wortlaut der Bezugnahmeklausel abstellt, ändert dies nichts an dem nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu gewährenden Vertrauensschutz im Hinblick auf dessen frühere Rechtsprechung vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes.
40b) Hieran ändert auch die mit Schreiben der Beklagten vom 05.09.2002 angekündigte und zum 01.10.2002 vorgenommene Entfristung des zunächst auf rund sechs Monate befristet abgeschlossenen Arbeitsvertrages nichts. Diese wäre nur dann rechtlich erheblich, wenn die Bezugnahmeklausel bei der Neugestaltung des Arbeitsvertrages zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der Vertragsparteien gemacht worden wäre (vgl. BAG, Urteil vom 18.11.2009 – 4 AZR 514/08 -, NZA 2010, 170; BAG, Urteil vom 24.02.2010 – 4 AZR 691/08 -, NZA-RR 2010, 530).
41Das ist vorliegend nicht der Fall. Der Arbeitsvertrag des Klägers ist mit Ablauf der ursprünglich vereinbarten Befristung lediglich als unbefristeter Arbeitsvertrag weitergeführt worden. An den materiellen Arbeitsbedingungen hat sich nichts geändert. Diese sind auch nicht zwischen den Parteien neu verhandelt worden. Insbesondere die arbeitsvertragliche Bezugnahme in Ziffer 10 des schriftlichen Arbeitsvertrages war unstreitig nicht Gegenstand neuer Vertragsverhandlungen. Anders als im Fall des Bundesarbeitsgerichts in der Entscheidung vom 18.11.2009, bei dem der neue Arbeitsvertrag die Abrede enthielt, dass „alle anderen Vereinbarungen aus dem Anstellungsvertrag unberührt bleiben“, existieren vergleichbare neue Vereinbarungen hier nicht. Vielmehr fehlt es bereits am Abschluss eines „neuen“ Arbeitsvertrages, da der Kläger im Einverständnis mit der Beklagten lediglich über den Ablauf des Befristungsendes hinaus weiter gearbeitet hat.
42III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 92 Abs. 1 ZPO. Die Kammer hat die Revision für die Beklagte gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG im Hinblick auf die Vielzahl der von der Tarifauslegung betroffenen Arbeitsverhältnisse zugelassen. Veranlassung für eine Revisionszulassung für den Kläger bestand nicht.
43RECHTSMITTELBELEHRUNG
44Gegen dieses Urteil kann vonder beklagten Partei
45R E V I S I O N
46eingelegt werden.
47Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
48Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
49Bundesarbeitsgericht
50Hugo-Preuß-Platz 1
5199084 Erfurt
52Fax: 0361-2636 2000
53eingelegt werden.
54Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
55Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
56- 57
1. Rechtsanwälte,
- 58
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 59
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
61Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
62Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
63* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
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