Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (10. Kammer) - 10 Sa 67/10

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 09.12.2009, 10 Ca 987/09, abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe des Beihilfebemessungssatzes, den die Beklagte dem Kläger im Vorruhestand und später im Ruhestand zu gewähren hat.

2

Der Kläger (geb. am … 1947), der privat krankenversichert ist, war seit dem 01.10.1985 bei der XY Bank als tariflicher Angestellter zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt € 4.822,00 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis ist zum 01.07.2008 auf die Beklagte übergegangen. Der Kläger trat am 01.08.2008 in den Vorruhestand.

3

In einer Dienstvereinbarung vom 05.05.2008 über personelle Maßnahmen anlässlich der Integration der D in die L (Integrations-Dienstvereinbarung) ist unter Ziffer 8.4. auszugsweise folgendes geregelt:

4

„8.4. Vorruhestand

5

Beschäftigte mit einer mindestens 10-jährigen Betriebszugehörigkeit, die unmittelbar von einer Maßnahmen gemäß Ziffer 1 betroffen sind, können mit Zustimmung der Bank für maximal fünf Jahre vor der Möglichkeit des gesetzlichen Rentenbezugs Leistungen aufgrund des betrieblichen Vorruhestands erhalten. …

...

6

Das Vorruhestandsgeld beträgt 70 % der Bruttomonatsvergütung …

...

7

Sofern der Beschäftigte Ansprüche auf Leistungen nach der Beihilfeverordnung des Landes hat, stehen ihm mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses die für den Ruhestand geltenden Beihilfesätze entsprechend seines Versorgungswerkes zu.

8

Am 26.06.2008 schloss der Kläger mit der D eine vorformulierte Vorruhestandsvereinbarung (Bl. 7-9 d.A.). Diese hat u.a. folgenden Wortlaut:

9

„§ 1

10

Beendigung des Anstellungsverhältnisses

11

Das Arbeitsverhältnis endet im gegenseitigen Einvernehmen mit Ablauf des 31.07.2008.

12

§ 2

13

Vorruhestandsgeld

14

Die XY Bank zahlt ab 01.08.2008 ein Vorruhestandsgeld ….

15

Das Vorruhestandsgeld beträgt … € 3.610,00.

§ 3

16

Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung

17

Der Angestellte ist verpflichtet, die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beantragen. Nach den vorliegenden Daten kann der Angestellte die Altersrente ohne Abzüge frühestens ab 01.10.2012 beanspruchen.

§ 6

18

Sonstige Bestimmungen

19

20

3. Sofern der Angestellte zum Zeitpunkt des Eintritts in den Vorruhestand Anspruch auf Beihilfe gemäß Beihilfeverordnung Rheinland-Pfalz hat, bleibt dieser Anspruch auch für die Zeit des Vorruhestands erhalten. Der Beihilfesatz entspricht dem Beihilfesatz für pensionierte Mitarbeiterinnen.

21

…“

22

Der Kläger hatte zum Zeitpunkt des Eintritts in den Vorruhestand Anspruch auf Beihilfe aufgrund der Richtlinien über die Gewährung von freiwilligen Leistungen aus der Unterstützungskasse der D. Diese Richtlinien lauten - soweit vorliegend von Interesse - wie folgt:

23

„I. Einmalige Unterstützung in Krankheits-, Geburts- und Sterbefällen

24

(gilt nur für Mitarbeiter/innen mit Eintritt bis 31.12.1991)

25

Die Gewährung dieser Unterstützungsleistungen richtet sich nach den Beihilferichtlinien des Landes Rheinland-Pfalz.

26

Der Beihilfeanspruch besteht für Rentenempfänger ab dem Eintritt in den Ruhestand nur noch dann weiter, wenn die Mitarbeiter/innen beim Ausscheiden mindestens 20 Jahre ununterbrochen bei der D. oder deren Rechtsvorgänger beschäftigt waren.“

27

Die Beklagte gewährte dem Kläger bis zu seinem Ausscheiden am 31.07.2008 für beihilfefähige Aufwendungen, die ihm selbst entstanden sind, einen Beihilfebemessungssatz von 30 %, für seine Ehefrau von 50 % und für seinen Sohn von 60 %. Diese Bemessungssätze will sie sowohl im Vorruhestand als auch nach Eintritt in den Ruhestand (voraussichtlich am 01.10.2012) weiterzahlen.

28

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei im Vorruhestand verpflichtet, ihm selbst einen Beihilfebemessungssatz von 50 %, seiner Ehefrau von 50 % und seinem Sohn von 60 % zu gewähren. Der Bemessungssatz sei nach Eintritt in den Ruhestand auf 70 % für ihn selbst, 70 % für seine Ehefrau und 80 % für seinen Sohn (sofern noch berücksichtigungsfähig) zu erhöhen.

29

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

30

festzustellen, dass die Beklagte in der Vorruhestandsphase verpflichtet ist, an ihn seit dem 01.08.2008 Beihilfe zur Krankenversicherung für ihn selbst in Höhe von 50 %, für seine Ehefrau in Höhe von 50 % und für ein Kind im Sinne des § 2 Abs. 2 BVO RLP in Höhe von 60 % zu gewähren,

31

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung Beihilfe für ihn selbst in Höhe von 70 %, für seine Ehefrau ebenfalls in Höhe von 70 % und für ein Kind im Sinne des § 2 Abs. 2 BVO RLP in Höhe von 80 % zu gewähren.

32

Die Beklagte hat beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 09.12.2009 (dort Seite 2-8= Bl. 65-71 d.A.).

35

Das Arbeitsgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben und zur Begründung der Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne im Vorruhestandszeitraum die unter Ziffer 1 beantragten Beihilfebemessungssätze aus den Richtlinien der Unterstützungskasse in Verbindung mit § 6 Ziffer 3 des Vorruhestandsvertrages beanspruchen. Er habe Anspruch auf die Bemessungssätze, die pensionierten Beamten nach § 12 der Beihilfeverordnung Rheinland-Pfalz (BVO RLP) zustünden. In § 6 Ziffer 3 des Vorruhestandsvertrages sei keine statische bestandserhaltende Regelung des Bemessungssatzes vereinbart worden. Dies folge aus Satz 2 dieser Ziffer. Hier werde der Begriff „pensioniert“ verwendet. Satz 1, der den Begriff „Angestellter“ enthalte, bestimme nur, dass die Beihilfe dem Grunde nach weiterhin gezahlt werde, während sich Satz 2 ausdrücklich und ausschließlich mit der Höhe des Beihilfesatzes beschäftige.

36

Der Kläger könne auch nach Eintritt in die gesetzliche Rente für sich und seine Angehörigen die unter Ziffer 2 beantragten erhöhten Beihilfesätze beanspruchen. Dies folge aus den Richtlinien der Unterstützungskasse der D. in Verbindung mit Ziffer 8.4.6 der Integrations-Dienstvereinbarung. Es sei unerheblich, dass sich diese Ziffer unter der Überschrift "Vorruhestand" befinde, denn in Ziffer 8.4.6 sei ein Anspruch nach Ablauf der Vorruhestandsphase geregelt. Das für den Kläger anwendbare Versorgungswerk sei die Unterstützungskasse der D. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen des Absatzes 2 der Ziffer I der Richtlinien, weil er seit 1985 und damit länger als 20 Jahre bei der XY Bank beschäftigt gewesen sei. Soweit Absatz 2 der Richtlinien von einem Weiterbestehen des Anspruches im Rentenbezugszeitraum spreche, werde auf Absatz 1 Bezug genommen. Dieser regele jedoch nur, dass sich die Unterstützungsleistungen nach den Beihilferichtlinien des Landes Rheinland-Pfalz richteten. Weder in Absatz 1 noch in Absatz 2 der Richtlinien sei geregelt, dass die Beihilfesätze im Rentenzeitraum auf die Höhe während des Bestandszeitraums konserviert würden. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 8 bis 13 des Urteils (= Bl. 72-76 d.A.) Bezug genommen.

37

Gegen dieses Urteil, das ihr am 11.01.2010 zugestellt worden ist, hat die Beklagte mit am 11.02.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 12.04.2010 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 12.04.2010 begründet.

38

Sie ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe den Vorruhestandsvertrag fehlerhaft ausgelegt. In § 6 Ziffer 3 des Vertrags sei geregelt, dass der Anspruch auf Beihilfe im Vorruhestand „erhalten“ bleibe. „Erhalten bleibt“ sei entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts aber so zu verstehen, dass die Bemessungssätze der aktiven Phase (30 % für den Kläger, 50 % für die Ehefrau, 60 % für den Sohn) auch in der Vorruhestandsphase gelten sollen. Eine Besserstellung sei § 6 Ziffer 3 des Vertrages nicht zu entnehmen. Diese ergebe sich auch nicht aus Satz 2 der Ziffer 3. Hiernach entspreche der Beihilfesatz dem für „pensionierte Mitarbeiterinnen“. Die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts, das diese Regelung den Kläger einem Beamten gleichstelle, gehe fehl. Unter „pensionierten Mitarbeiterinnen“ seien „in Ruhestand getretene Mitarbeiter/innen“ zu verstehen. Eine Gleichstellung der Angestellten mit Beamten sei nicht beabsichtigt worden. Vielmehr sei der Begriff „Pension“ untechnisch für „Ruhestand“ verwandt worden. Der zweite Satz des § 6 Ziffer 3 des Vorruhestandsvertrags diene lediglich der Klarstellung, dass bereits während des Vorruhestands die Beihilfebedingungen des Ruhestands gelten sollen.

39

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts stehe dem Kläger auch nach Eintritt in die gesetzliche Rente kein erhöhter Beihilfesatz zu. Ziffer 8.4. 6 der Integrations-Dienstvereinbarung stehe systematisch unter dem klaren Wortlaut der Überschrift „8.4 Vorruhestand“. Nach Renteneintritt gelte die Vorschrift folglich nicht mehr. Der Beihilfeanspruch des Klägers nach Renteneintritt ergebe sich aus Ziffer I. Abs. 2 der Richtlinien der Unterstützungskasse der D.. Danach bestehe der Beihilfeanspruch für Rentenempfänger nach 20-jähriger Betriebszugehörigkeit weiter. „Weiter bestehen“ sei auch hier im Sinne einer unveränderten Fortführung zu verstehen. Für eine Erhöhung der Bemessungssätze sei nichts ersichtlich.

40

Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 12.04.2010 (Bl. 101-105 d. A.) und vom 18.06.2010 (Bl. 117- 119 d.A.) Bezug genommen.

41

Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

42

das Urteil des Arbeitgerichts Mainz vom 09.12.2009, Az.: 10 Ca 978/09, abzuändern und die Klage abzuweisen.

43

Der Kläger beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung im Schriftsatz vom 29.04.2010, auf den Bezug genommen wird (Bl. 110-113 d. A.).

46

§ 6 Ziffer 3 Satz 1 der Vorruhestandsvereinbarung regele den Beihilfeanspruch während der Vorruhestandszeit dem Grunde nach, während in Satz 2 der Höhe nach regele. Dafür spreche auch, dass in Satz 2 ausdrücklich das Wort „Beihilfesatz“ erwähnt sei. Zumindest sei die von der Beklagten verwendete Vertragsklausel unklar im Sinne des § 305 c BGB, so dass die Auslegung zu ihren Lasten zu erfolgen habe. Die Höhe des Beihilfesatzes während der Rentenzeit ergebe sich unmittelbar aus Ziffer I. der Richtlinie der Unterstützungskasse D. und der Verweisung auf die Beihilfeverordnung.

47

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

48

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

49

In der Sache hat die Berufung der Beklagten auch Erfolg. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist deshalb abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beihilfebemessungssätze für beihilfefähige Aufwendungen des Klägers von 30 %, seiner Ehefrau von 50 % und seines Sohnes von 60 % im Vorruhestand (ab 01.08.2008) auf Sätze von 50/ 50/ 60 % und im Ruhestand (voraussichtlich ab 01.10.2012) auf Sätze von 70/ 70/ 80 % erhöht.

50

1. Ein Anspruch des Klägers auf Erhöhung der Beihilfebemessungssätze für die Zeit des Vorruhestandes (ab 01.08.2008) lässt sich nicht aus § 6 Ziffer 3 des Vorruhestandsvertrages vom 26.06.2008 herleiten. Dies ergibt die Auslegung des Vertrages.

51

Bei dem Vorruhestandsvertrag handelt es sich nach seinem äußeren Erscheinungsbild um einen von der Beklagten vorformulierten Vertrag, der zur mehrfachen Verwendung bestimmt ist. Abgesehen von den persönlichen Daten des Klägers, den konkreten Beträgen des Vorruhestandsgeldes und den Daten zum Beginn und Ende des Vorruhestandes enthält er keine individuellen Besonderheiten.

52

Verträge sind nach § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Dabei ist nach § 133 BGB ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsächlichen Begleitumstände der Erklärung zu berücksichtigen, die für die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der Erklärende bei seiner Erklärung gehabt hat und wie die Erklärung von ihrem Empfänger zu verstehen war (st. Rspr., z.B. BAG Urteil vom 15.12.2009 - 9 AZR 46/09 - NZA 2010, 452, m.w.N.).

53

Die Parteien wollten gemessen an diesen Grundsätzen mit § 6 Ziffer 3 der Vorruhestandsvereinbarung den Beihilfebemessungssatz nicht erhöhen. Vielmehr sollte der Anspruch auf Beihilfe für die Zeit des Vorruhestandes nach Satz 1 „erhalten bleiben“, „sofern“ der Angestellte überhaupt einen Anspruch hat. Der Begriff „erhalten bleiben“ ist nach Wortlaut und Vertragszweck dahin auszulegen, dass im Vorruhestand die Beihilfebemessungssätze fortgezahlt werden sollen, die dem Vorruheständler in seinem aktiven Arbeitsleben gewährt worden sind. „Erhalten bleiben“ ist im Sinne von „Bestand haben“, „nicht ändern“, „nachwirken“ zu verstehen. Dem Vorruheständler soll der status quo unter dem Gesichtspunkt einer Bestandssicherung im Sinne einer Fortschreibung der bisherigen Beihilferegelungen „erhalten bleiben“.

54

Eine Regelung, nach der die bisherigen Beihilfebemessungssätze im Vorruhestand erhöht werden sollen, enthält der Vorruhestandsvertrag vom 26.06.2008 nicht. Weder die Interessenlage noch die Begleitumstände des Vorruhestandsvertrages legen ein solches Verständnis nahe. Die in § 6 des Vertrages niedergelegten „Sonstigen Bestimmungen“ enthalten keine individuellen Vereinbarungen. Auch die Ziffer 3 des § 6 ist nicht individuell auf den Kläger zugeschnitten. Die Ziffer stellt lediglich klar, dass der Anspruch des Angestellten erhalten bleibt, „sofern“ er bestand. Ein Anspruch auf Beihilfe wird durch § 6 Ziffer 3 nicht begründet, sondern vorausgesetzt. Die objektive Interessenlage der Parteien ist nicht so gestaltet, dass ein verständiger Arbeitnehmer hätte annehmen dürfen, die Beklagte habe sich verpflichten wollen, die Beihilfemessungssätze im Vorruhestand und im anschließenden Ruhestand zu erhöhen.

55

Etwas anderes ergibt sich nicht aus Satz 2 des § 6 Ziffer 3 des Vorruhestandsvertrages. Danach entspricht der Beihilfesatz dem für „pensionierte Mitarbeiterinnen“. Der Formulierung „pensionierte Mitarbeiterinnen“ ist nicht dahin auszulegen, dass der Kläger beihilferechtlich einem pensionierten Beamten, der Versorgungsbezüge empfängt, gleichgestellt werden soll. Der Begriff „pensioniert“ ist hier ersichtlich nicht im beamtenrechtlichen Sinne verwendet worden. Die Beklagte verwendet die Begriffe „Rentner“ und „Pensionär“ synonym, wie sich beispielsweise daraus ergibt, dass sie ihre Betriebsrentner (u.a. den Kläger im Schreiben vom 12.12.2008) mit „Sehr geehrte Pensionärin, sehr geehrter Pensionär“ anredete. Im Schreiben an den Kläger über Beihilfeansprüche im Ruhestand vom 31.05.2000 heißt es: „… auch wenn bis zu Ihrer Pensionierung noch einige Zeit vergeht, so möchten wir Ihnen diese Information bereits heute erteilen …“. Auch dadurch wird offensichtlich, dass die Beklagte ihre Angestellten im Ruhestand nicht als „Rentner“, sondern als „Pensionäre“ bezeichnet, was auch in anderen Betrieben durchaus geläufig ist. Der Kläger kann aus der Verwendung des Begriffs „pensioniert“ deshalb nicht schließen, dass ihn die Beklagte mit Beamten im Ruhestand, die eine Pension beziehen, gleichstellen und damit im Vorruhestand besser stellen wollte, als er während seiner aktiven Berufstätigkeit bis zum 31.07.2008 stand. Der zweite Satz des § 6 Ziffer 3 des Vorruhestandsvertrags dient lediglich der Klarstellung, dass bereits während des Vorruhestands die Beihilfebedingungen des Ruhestands gelten sollen.

56

Dieses Auslegungsergebnis wird durch die Regelungen in der Integrations-Dienstvereinbarung vom 05.05.2008 bestärkt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte dem Kläger im Vorruhestandsvertrag individuell höhere Beihilfeansprüche einräumen wollte, als auf kollektivrechtlicher Grundlage in der Dienstvereinbarung geregelt worden sind. Die Dienstvereinbarung nimmt unter Ziffer 8.4.6 ,„sofern“ der Beschäftigte Ansprüche auf Beihilfeleistungen hat, auf die für den Ruhestand geltenden Beihilfesätze „entsprechend seines Versorgungswerkes“ Bezug. Auch die Dienstvereinbarung regelt keine Erhöhung der Beihilfebemessungssätze, sondern verweist auf das entsprechende Versorgungswerk. Das sind vorliegend die Richtlinien der Unterstützungskasse der D., die in Ziffer I. Abs. 2 regeln, dass der Beihilfeanspruch „weiter besteht“. Von einer Erhöhung des Bemessungssatzes ist nicht die Rede.

57

Schließlich steht auch die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Sie kommt nur zum Zuge, wenn nach Ausschöpfen der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel am Inhalt des Geregelten bestehen bleibt. Derartige Zweifel bestehen hier aus den genannten Gründen nicht.

58

2. Der Kläger hat auch nach Eintritt in die gesetzliche Rente (voraussichtlich ab 01.10.2012) keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung eines erhöhten Beihilfebemessungssatzes für sich und seine Angehörigen.

59

Ein Anspruch folgt nicht aus Ziffer 8.4.6 der Integrations-Dienstvereinbarung vom 05.05.2008. Ziffer 8.4.6 steht systematisch unter dem klaren Wortlaut der Überschrift „8.4 Vorruhestand“. Nach Renteneintritt gilt die Vorschrift folglich nicht mehr. Ein Anspruch des Klägers auf Erhöhung des Bemessungssatzes nach Renteneintritt ergibt sich auch nicht aus Ziffer I. Abs. 2 der Richtlinien der Unterstützungskasse der D.. Danach „besteht“ der Beihilfeanspruch für Rentenempfänger nach 20-jähriger Betriebszugehörigkeit, die der Kläger seit 1985 zurückgelegt hat „weiter“. „Weiter bestehen“ ist auch hier im Sinne einer unveränderten Fortführung zu verstehen. Für eine Besserstellung des Klägers im Ruhestand durch Erhöhung des Beihilfesatzes ist nichts ersichtlich. Dass der Kläger im Ruhestand bezüglich der Beihilfeansprüche eine beamtenähnliche Stellung erhalten soll, kann den Richtlinien der Unterstützungskasse nicht entnommen werden.

III.

60

Nach alledem war die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils abzuweisen. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil er in vollem Umfang unterlegen ist.

61

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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