Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (7. Kammer) - 7 Ta 141/10
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.06.2010, Az: 10 Ca 678/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
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Der Kläger war bei der Beklagten vom 12.04.2007 bis 07.08.2009 als Fahrer gegen Zahlung eines monatlichen Arbeitsentgeltes in Höhe von 1.970,00 EUR brutto beschäftigt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 12.04.2007 ist unter anderem Folgendes geregelt:
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"18. Freistellung
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Der Arbeitgeber ist berechtigt, den Mitarbeiter nach Ausspruch einer Kündigung unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung restlicher Urlaubs-, Freizeitausgleichs- und Mehrarbeitausgleichsansprüche von der Arbeitsleistung freizustellen. Die Anrechnung des Resturlaubs sowie der in Satz 1 genannten Ausgleichsansprüche erfolgt auch dann, wenn dies nicht ausdrücklich mit der Anordnung der Freistellung erklärt wird. ….."
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Mit Schreiben vom 09.07.2009 kündigte die Beklagte das bestehende Arbeitsverhältnis zum 07.08.2009 und führte in dem Kündigungsschreiben unter anderem des Weiteren aus:
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"…..Sie werden mit sofortiger Wirkung freigestellt. Alle Urlaubsansprüche sind mit der Freistellung abgegolten…."
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Der Kläger war bis zum 17.07.2009 arbeitsunfähig erkrankt.
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In seiner beim Arbeitsgericht Mainz eingereichten Leistungsklage hat der Kläger unter anderem Zahlung von Urlaubsabgeltung für 15 Urlaubstage aus dem Jahr 2009 geltend gemacht; des Weiteren hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des ihn bereits vertretenden Prozessbevollmächtigten beantragt.
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Das Arbeitsgericht Mainz hat daraufhin mit Beschluss vom 15.06.2010 dem Kläger teilweise Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin A. bewilligt; im Übrigen den Bewilligungsantrag jedoch zurückgewiesen. Diese Zurückweisung betrifft die Geltendmachung von Urlaubsabgeltung durch den Kläger für das Jahr 2009. Das Arbeitsgericht hat insoweit ausgeführt, der Urlaubsanspruch in Höhe von 15 Urlaubstagen für das Jahr 2009 sei durch die im Kündigungsschreiben erklärte Freistellung erloschen. Die Beklagte habe den Kläger mit Ausspruch der Kündigung nämlich erkennbar unwiderruflich zum Zwecke der Urlaubsgewährung freigestellt. Infolgedessen sei die Klage, soweit sie jenen Teil des Urlaubsabgeltungsanspruches betreffe, der für das Jahr 2009 geltend gemacht werde, in Höhe von 1.363,80 EUR brutto ohne Aussicht auf Erfolg. Auch die Beiordnung eines Rechtsanwaltes habe unterbleiben müssen, da die Geltendmachung der genannten Urlaubsansprüche mutwillig sei.
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Der Kläger hat gegen diese Entscheidung des Arbeitsgerichts mit Schriftsatz vom 30.06.2010 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
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Nachdem der Kläger von der Beschwerdekammer aufgefordert worden war, die sofortige Beschwerde zu begründen, hat er ausgeführt, die Beschwerdegründe würden sich aus seinem Schriftsatz im Hauptsacheverfahren vom 01.07.2010 ergeben. Dort hat der Kläger im Wesentlichen dargelegt, eine Urlaubsgewährung bedeute immer, dass in der Zeit der Urlaubsgewährung die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers zur Erbringung der Arbeitsleistung eindeutig und zweifelsfrei suspendiert sei. Dies könne im Falle einer Freistellung nur dadurch erreicht werden, dass der Arbeitgeber unmissverständlich eine unwiderrufliche Freistellung erkläre bzw. den Zeitraum der Urlaubsgewährung zweifelsfrei definiere und festlege. Gerade dies sei nicht geschehen. Die Freistellungserklärung der Gegenseite in dem Kündigungsschreiben lasse Spielraum für Interpretationen zu und sei ihrem Inhalt nach gerade nicht frei von Zweifeln. Dies gehe zu Lasten des Erklärenden und nicht des Erklärungsempfängers. Somit bestehe der Urlaubsanspruch für das Jahr 2009 in dem geltend gemachten Umfange fort.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
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Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
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Dem Kläger steht, soweit er einen Urlaubsabgeltungsanspruch für 15 Arbeitstage aus dem Jahr 2009 in Höhe von 1.363,80 EUR brutto geltend macht, Prozesskostenhilfe nicht zu, da eine Bewilligungsvoraussetzung aus § 114 Satz 1 ZPO nicht erfüllt ist; diesem Teil seiner Klage fehlt es nämlich an der hinreichenden Aussicht auf Erfolg.
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Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG auf Urlaubsabgeltung für Urlaub in Höhe von 15 Arbeitstage aus dem Kalenderjahr 2009. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Dies setzt voraus, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch ein Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers bestanden hat. Vorliegend war zu diesem Zeitpunkt der Urlaubsanspruch des Klägers für das Jahr 2009 in Höhe von 15 Arbeitstagen bereits erfüllt, so dass der entsprechende Urlaubsanspruch gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen ist. Die Beklagte hat dem Kläger den geltend gemachten Erholungsurlaub während der Zeit von Montag, dem 20.07.2009, bis Freitag, dem 07.08.2009, gewährt. Sie stellte nämlich den Kläger - wie in dem Kündigungsschreiben vom 09.07.2009 mitgeteilt und darüber hinaus entsprechend der arbeitsvertraglichen Vereinbarung - für die Zeit nach Zugang des Kündigungsschreibens mit sofortiger Wirkung von der Arbeit frei und verwies ausdrücklich darauf, dass alle Urlaubsansprüche mit dieser Freistellung abgegolten seien.
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Durch diese Mitteilung in dem Kündigungsschreiben hat die Beklagte dem Kläger unmissverständlich Erholungsurlaub gewährt. Durch die Verknüpfung der Freistellung mit der Urlaubsgewährung bewirkte die Beklagte, dass für die Dauer der Freistellung die urlaubsrechtlichen Folgen eintreten. An den Inhalt dieser Erklärung war die Beklagte gebunden. Diese Bindung musste sie nicht noch ausdrücklich durch eine gesonderte Erklärung unwiderruflich deklaratorisch wiederholen. Sie ist vielmehr Voraussetzung einer wirksamen Urlaubserteilung (vgl. BAG, Urteil vom 14.03.2006 - 9 AZR 11/05 - = AP Nr. 32 zu § 7 BUrlG).
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Im vorliegenden Fall gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte den Widerruf der Urlaubsgewährung vorbehalten hat. Inwiefern die im Kündigungsschreiben enthaltene Mitteilung der Freistellung und Urlaubsgewährung - wie vom Kläger in der Beschwerdebegründung ausgeführt - ihrem Inhalt nach nicht zweifelsfrei sein soll und Spielraum für Interpretation bietet, ist für die Beschwerdekammer nicht nachvollziehbar und wurde im Übrigen von dem Beschwerdeführer nicht konkret dargelegt. Mithin wurde für den Kläger klar, dass er von der Beklagten zum Zwecke der Urlaubsgewährung unwiderruflich von seiner Arbeitspflicht, soweit diese nach Zugang des Kündigungsschreibens bestand, befreit wurde.
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Da der Kläger bis zum 17.07.2009 arbeitsunfähig erkrankt war, konnte er den gewährten Erholungsurlaub erst ab dem 20.07.2009 antreten. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 07.08.2009 hatte er insgesamt 15 Arbeitstage als Urlaub genommen. Mithin kann er hierfür keine Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.363,80 EUR brutto mehr mit Erfolg klageweise geltend machen.
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Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes in dem angefochtenen Beschluss verwiesen.
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Nach alledem war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Beachtung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.
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Referenzen
- §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- 9 AZR 11/05 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 362 Erlöschen durch Leistung 1x
- § 7 Abs. 4 BUrlG 2x (nicht zugeordnet)
- § 7 BUrlG 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 78 Beschwerdeverfahren 1x
- ZPO § 127 Entscheidungen 1x
- ZPO § 78 Anwaltsprozess 1x
- ZPO § 114 Voraussetzungen 1x
- 10 Ca 678/10 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x