Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (10. Kammer) - 10 Sa 395/10

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.06.2010, Az.: 4 Ca 1645/03, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin € 182.438,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.05.2003 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin, die Berufung des Beklagten zu 1) und die Berufung des Beklagten zu 2) werden zurückgewiesen.

Von den Kosten erster und zweiter Instanz hat die Klägerin 30 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 70 % zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes zweiter Instanz wird auf € 255.161,61 festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung von Schadensersatz.

2

Die Klägerin ist ein international tätiges Unternehmen. Sie vertreibt u.a. Sonnenbänke, Solarien und Zubehör. Außerdem betreibt sie selbst ein Sonnenstudio. Bis zum 30.06.2002 hatte die Klägerin auch eine eigene Produktionsabteilung für Sonnenbänke und Solarien. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin ist die niederländische Z..

3

Der Beklagte zu 1), geboren am 18.08.1960, war seit dem 01.01.1991 bei der Klägerin angestellt. Er arbeitete zuletzt als technischer Direktor und Vertriebsleiter. Zu seinem Verantwortungsbereich gehörte die Akquisition und Betreuung von Kunden sowie die Planung und Begleitung der Produktion. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine fristlose Kündigung der Klägerin vom 09.08.2002 (Az.: 4 Ca 3228/02 = 8 Sa 545/07). Der Beklagte zu 2), geboren am 29.07.1954, war seit dem 01.01.1994 bei der niederländischen Y. angestellt und auf dem deutschen Markt als leitender Marketingbeauftragter eingesetzt. Im Anstellungsvertrag ist er als „Manager Commerciële Zaken en Organisatie“ bezeichnet.

4

Ein langjähriger Kunde der Klägerin war der Einzelunternehmer X. W. aus U.-Stadt, der unter der Geschäftsbezeichnung „T.“ Solarien und Sonnenbänke nebst Zubehör vertrieb (z.B. an Sonnenstudios oder öffentliche Schwimmbäder). Daneben betrieb „T.“ mehrere eigene Sonnenstudios. Zwischen dem Beklagten zu 1) und X. W. bestand bis zum 31.12.2002 eine BGB-Gesellschaft (Bl. 752-756 d.A.), die u.a. zwei Sonnenstudios betrieb.

5

Die Klägerin wirft den Beklagten - soweit zweitinstanzlich noch von Interesse - vor, sie hätten 1998, 1999 und 2001 insgesamt 30 Sonnenbänke „schwarz“ bauen und an den Kunden „T.“ liefern lassen. „T.“ seien auf Veranlassung der Beklagten nur die Einzelteile über sog. Ersatzteilrechnungen berechnet worden. Die Schwarzgeräte seien von ihren Arbeitnehmern in deren Freizeit (nach Feierabend, am Wochenende bzw. in den Betriebsferien) in ihrem Werk produziert worden. Für diese Arbeiten seien ihre Mitarbeiter von X. W. „schwarz“ bezahlt worden. Aus dem Schwarzbau der Sonnenbänke sei ihr unter dem Gesichtspunkt entgangenen Gewinns ein Schaden in Höhe von insgesamt € 247.296,21 entstanden. Der reguläre Verkaufspreis für eine Sonnenbank des Typs 60/10 VHR habe € 11.451,60 (netto) betragen. Im Einzelnen errechne sich ihr Schaden wie folgt:

6

1998/1999

20 Geräte

entgangene Einnahmen

€ 229.032,20

gezahlt

€ 47.616,14

(Ersatzteilrechnung netto)

gezahlt

€ 14.437,30

(zehn Karkassen)

Schaden

€ 166.678,76

2001

10 Geräte

entgangene Einnahmen

€ 114.516,10

gezahlt

€ 33.898,65

(Ersatzteilrechnung netto)

Schaden

€ 80.617,45

7

Außerdem seien ihr die Beklagten zum Schadensersatz in Höhe weiterer € 7.865,40 verpflichtet, weil sie in den Monaten März bis Juni 2002 die Tageseinnahmen des von ihr betriebenen Sonnenstudios unterschlagen hätten.

8

Der Beklagte zu 1) hat in einer Aufstellung vom 17.09.2002 (Bl. 757 d.A.) folgende Berechnung angestellt:

9

„Kalkulation eines Neugerätes

10

Material

 6.293,00

Karkasse grundiert

 2.610,00

Lackierung

 700,00

Arbeit 40 Std. x 175,00

7.000,00

Transport

 750,00

Kosten

17.053,00

Verkaufspreis lt. Liste

32.900.00

Händlereinkaufspreis (38/3/5/5)

17.856,92

Kosten pro Gerät

17.053,00

Gewinn pro Gerät

 803,92

Entgangener Gewinn bei 24 Geräten

19.294,08“

11

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.06.2010 (dort S. 2-27 = Bl. 1109 - 1134 d. A.) Bezug genommen.

12

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie € 266.443,67 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen.

14

Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt,

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die Klage abzuweisen.

16

Das Arbeitsgericht hat die Beklagten mit Urteil vom 30.06.2010 als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin € 19.294,08 zu zahlen. Die weitergehende Klage hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, die Beklagten seien der Klägerin als Gesamtschuldner zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie in den Jahren 1998, 1999 und 2001 von Arbeitnehmern der Klägerin insgesamt 24 Sonnenbänke nach Dienstschluss für „T.“ hätten produzieren lassen. Damit hätten sie die Klägerin vorsätzlich und sittenwidrig i.S.d. § 826 BGB geschädigt.

17

Der Beklagte zu 1) habe jeweils vier Arbeitnehmer der Klägerin dazu veranlasst, außerhalb ihrer Arbeitszeit gegen Vergütung von „T.“ Sonnenbänke des Typs 60/10 VHR zu montieren, die die Klägerin in ihrem normalen Geschäftsbetrieb vermarktet habe. Soweit der Beklagte zu 1) hierzu vortrage, er habe lediglich eine Weisung des Beklagten zu 2) unterstützt, räume er ein, die Arbeitnehmer der Klägerin zum Bau der Sonnenbänke außerhalb ihrer Arbeitszeit veranlasst zu haben. Sein gleichsam auf einen „Befehlsnotstand“ abzielender Einwand verfange nicht, weil er sich nicht auf eine offensichtlich rechtswidrige Weisung seines Vorgesetzten stützen könne. Eine Weisung, außerhalb der Arbeitszeit auf dem Betriebsgelände der Arbeitgeberin Sonnenbänke zu produzieren, die an der Arbeitgeberin vorbei (Gewinnmarge) auf den Markt gelangen sollen, sei offensichtlich rechtswidrig und damit nicht bindend. Dass die streitgegenständlichen Sonnenbänke in den Büchern der Klägerin nicht auftauchen sollten und keine Seriennummern erhielten, spreche auch dagegen, dass es sich hierbei um ein anzuerkennendes Kompensationsgeschäft zwischen der Klägerin, vertreten durch den Beklagten zu 2), und „T.“ gehandelt habe.

18

Auch der Beklagte zu 2) habe die Produktionsmitarbeiter der Klägerin in den Jahren 1998, 1999 und 2001 veranlasst, vertragsbrüchig zu werden. Er müsse sich das Handeln des Beklagten zu 1) zurechnen lassen. Er habe es als Vorgesetzter des Beklagten zu 1) gestattet, dass dieser Arbeitnehmer der Klägerin zum Vertragsbruch verleitet. Der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liege nicht etwa auf einem Dulden durch Unterlassen, sondern auf dem stillschweigenden Erlauben der Feierabendproduktion. Er sei unstreitig vom Beklagten zu 1) um Erlaubnis gebeten worden.

19

Das Handeln beider Beklagten sei sittenwidrig, weil der Vertragsbruch zum Zwecke des Wettbewerbs geschehen sei. Schließlich seien die „schwarz“ gebauten Sonnenbänke auf dem Markt der Klägerin angeboten worden. Auch der subjektive Tatbestand des § 826 BGB sei jedenfalls in Form des bedingten Vorsatzes erfüllt. Beiden Beklagten sei bekannt gewesen, dass nach Dienstschluss Sonnenbänke des Typs 60/10 VHR montiert und auf dem Markt der Klägerin vertrieben werden sollten. Die Umstände, die sich vertragsrechtlich für die Monteure als Wettbewerbsverstoß darstellten, seien beiden Beklagten bekannt gewesen. Gleiches gelte für die damit verbundene Folge, dass „T.“ die komplett montierten Sonnenbänke ohne Gewinnmarge für die Klägerin habe erwerben können.

20

Der Einwand beider Beklagten, man habe von der Klägerin Schaden abwenden wollen, stelle sich unter Berücksichtigung der Umstände der Feierabendproduktion als bloße Schutzbehauptung dar. Der gesamte Tathergang sei auf Verdeckung und Vertuschung gerichtet gewesen. Die Sonnenbänke haben - unstreitig - keine Seriennummern erhalten. Auch sei die versehentliche Eintragung von zehn Sonnenbänken in das Serienbuch nachträglich wieder entfernt worden. Die hierzu gegebene Begründung, es habe der Anschein regulärer Veräußerung zum Preis von € 18.000,00 je Sonnenbank vermieden werden sollen, sei nur insofern nachvollziehbar, als die zugrundeliegende Absprache mit X. W. habe verdeckt werden sollen. Die bei der Klägerin üblichen Nullrechnungen für die Bereitstellung von Ersatzteilen im Gewährleistungsfall seien nicht erteilt worden. Die Arbeiten seien nach Dienstschluss und in den Betriebsferien geleistet und nicht - wie für die Abwicklung eines Gewährleistungsfalles zu erwarten - in der Arbeitszeit der Monteure. Die Produktion sei außerhalb der Buchführung der Klägerin erfolgt, sehe man einmal von den „Ersatzteilrechnungen“ ab, denen ihrerseits reine Materiallieferungen zum Zwecke der Produktion zugrunde gelegen haben. Der vermeintliche Gewährleistungsgläubiger „T.“ habe die Produktion bezahlt. Es sei nicht ersichtlich, weshalb der Gläubiger einer berechtigten Gewährleistungsforderung bereit sein sollte, eigene finanzielle Mittel zur Wiederherstellung aufzubringen. Selbst wenn man das mit der vermeintlichen Schadensabwendungsvereinbarung zwischen X. W. und den Beklagten namens der Klägerin erklären wollte, bliebe unverständlich, weshalb eine derart legitime Vereinbarung auf eine so konspirative Weise umgesetzt werden musste. Dass die Beklagten schließlich keine konkreten Mängelgewährleistungsfälle der „T.“ nach Seriennummer und Art des jeweiligen Mangels im vorliegenden Rechtsstreit vorgetragen haben, untermauere das Vorstehende. Eine Vernehmung des Zeugen X. W. zu dieser Frage wäre deshalb als Ausforschungsbeweis unzulässig gewesen.

21

Die Beklagten seien verpflichtet, der Klägerin den entgangenen Gewinn zu ersetzen. Dieser betrage je Sonnenbank unstreitig € 803,92, so dass für 24 Sonnenbänke ein Schaden in Höhe von € 19.294,08 entstanden sei. Die Klägerin habe sich mit Schriftsatz vom 30.04.2010 die vom Beklagten zu 1) angefertigte „Kontrollberechnung“ (Bl. 757 d.A.) hilfsweise zu Eigen gemacht.

22

Einen weitergehenden Schaden habe die Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt. Sie habe zwar behauptet, es seien 34 bzw. 30 Sonnenbänke produziert worden. Für diese von beiden Beklagten bestrittene Behauptung habe sie jedoch keinen Beweis angeboten. Die Klägerin habe nicht nachvollziehbar dargelegt, aus welchen konkreten Umständen sich ergeben soll, dass es ihr gelungen wäre, die 24 Sonnenbänke innerhalb der regulären Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter bzw. ohne finanziellen Mehraufwand zu produzieren (andernfalls die Lohnmehrkosten als ersparte Aufwendungen anzurechnen wären) und mit diesen 24 Sonnenbänken des (auslaufenden) Typs 60/10 VHR auch nach dem Jahr 2001 einen Umsatz in der behaupteten Höhe am Markt zu generieren (Erwerbsschaden).

23

Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 28 bis 43 des Urteils vom 30.06.2010 (= Bl. 1135-1150 d.A.) Bezug genommen.

24

Gegen dieses Urteil, das der Klägerin am 09.07.2010 zugestellt worden ist, hat sie mit am 04.08.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 11.10.2010 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 11.10.2010 eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Beklagte zu 1), dem das Urteil ebenfalls am 09.07.2010 zugestellt worden ist, hat mit am 29.07.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 08.09.2010 eingegangenem Schriftsatz begründet. Schließlich hat auch der Beklagte zu 2), dem das Urteil am 12.07.2010 zugestellt worden ist, mit am 02.08.2010 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 08.09.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

25

Die Klägerin ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe ihren entgangenen Gewinn nicht zutreffend ermittelt. Sie hätte bei einer regulären Anfrage durch „T.“ die Sonnenbänke wie gewöhnlich produziert und zu den gewöhnlichen Konditionen gewinnbringend veräußert. Dass eine Marktnachfrage für 30 Sonnenbänke bestanden habe, sei durch die unrechtmäßig durchgeführten Bauten dokumentiert. Schließlich habe „T.“ die Sonnenbänke abgenommen. Der Einwand „T.“ hätte nicht offiziell gekauft, gehe ins Leere, weil „T.“ zur damaligen Zeit eine erhebliche Anzahl von Sonnenbänken auch offiziell gekauft habe. Die 24 Schwarzbauten hätten auch in der normalen Arbeitszeit der Produktionsmitarbeiter gebaut werden können. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 11.10.2010 (Bl. 1262 - 1271 d. A.) Bezug genommen.

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Der Beklagte zu 1) trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts könne ihm eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung der Klägerin nicht vorgeworfen werden. Ein Schädigungsvorsatz habe nicht bestanden. Der Beklagte zu 2) habe als Verantwortlicher der Klägerin zu Recht dem Lösungsvorschlag des X. W., Inhaber der „T.“ zugestimmt, zum Ausgleich umfangreicher Beanstandungen (insb. wegen rostender Geräte), ohne jegliche Kostenbelastung für die Klägerin lediglich Mitarbeiter zur Montage einzusetzen, die ebenfalls von W. entlohnt werden sollten. Diese Entscheidung sei auf jeden Fall kaufmännisch richtig gewesen, weil „T.“ mit einem jährlichen Umsatz von € 1 Mio. als Kunde erhalten werden sollte. X. W. habe nämlich angekündigt, den Hersteller zu wechseln. Eine rechtliche Überprüfung der Gewährleistungsansprüche habe nicht zu seinen Aufgaben als Vertriebsleiter gehört. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass er bestritten habe, S. R. beauftragt zu haben, Sonnebänke herzustellen, die nicht über die Bücher der Klägerin laufen sollten. Er habe außerdem bestritten, ohne Weisung des Beklagten zu 2) gehandelt zu haben. Er habe erstinstanzlich vorgetragen, dass sich die holländische Kontrollinstanz in der Person Q. den Vorgang habe erklären lassen und zugestimmt habe. Die Unterrichtung der holländischen Zentrale habe allein dem Beklagten zu 2) oblegen. Ein Schaden sei der Klägerin nicht entstanden. Soweit sie Kleinteile zur Verfügung gestellt habe, seien diese mit einem Gewinnaufschlag von 10 % von „T.“ bezahlt worden. Die Klägerin habe wegen dieser Aktion nicht weniger Geräte verkauft, sondern mehr, weil „T.“ ansonsten abgesprungen wäre. Jedenfalls sei die Schadenssumme übersetzt. Bei dem von ihm errechneten Betrag von 19.294,08 handele es sich nicht um einen Euro-Betrag, wie das Arbeitsgericht angenommen habe, sondern um einen DM-Betrag. Es handele sich auch nicht um den entgangenen Gewinn, sondern um den Gewinnanteil aus der Vergangenheit. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Beklagten zu 1) vom 08.09.2010 (Bl. 1246-1251 d. A.) Bezug genommen.

27

Der Beklagte zu 2) macht geltend, die vom Arbeitsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigten nicht die Ansicht, der Tatbestand des § 826 BGB sei erfüllt. Das Arbeitsgericht habe eine erforderliche Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung nicht durchgeführt. Der Bau der 24 Sonnenbänke habe keinen Wettbewerbsverstoß dargestellt, sondern ausschließlich den Interessen der Klägerin gedient. Ihm sei es um die Abwendung eines Schadens gegangen. Die Mängelanfälligkeit der Baureihe Luxura 60 sei der Klägerin bekannt gewesen. Durch die Vereinbarung der Mängelbeseitigung habe der Kunde „T.“ erhalten werden sollen. Der Großkunde „T.“ habe über eigene Monteure verfügt, welche im Stande gewesen seien, Mängelfälle der eigenen Kunden durch den Einbau von Ersatzteilen zu bearbeiten. Der Einsatz der Mitarbeiter der Klägerin außerhalb ihrer normalen Arbeitszeit stelle daher weder einen Einsatz firmenspezifischer Fähigkeiten oder Erfahrungen mit Exklusivcharakter noch die Förderung eines Wettbewerbers dar. Im Übrigen gehe die vom Arbeitsgericht vorgenommene Schadensberechnung irrig von Euro-Beträgen aus. Rechnerisch ergebe sich ein theoretischer Schaden von DM 19.294,00, mithin von € 9.864,91. Das sei jedoch angesichts des faktisch erwirtschafteten Gewinns nicht gerechtfertigt. Das Arbeitsgericht habe den schadensmindernden Geldzufluss aus dem Verkauf der Ersatzteile, mit dem vorgetragenen 10 %-igen Aufschlag, an den Kunden „T.“ nicht berücksichtigt. Das bedeute bei 24 Geräten einen Gewinn von € 7.416,96, so dass allenfalls ein Minusbetrag von € 2.447,95 entstanden sein könnte. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Beklagten zu 2) vom 08.09.2010 (Bl. 1234 - 1241 d. A.) nebst Anlagen Bezug genommen.

28

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

29

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.06.2010, Az.: 4 Ca 1645/03, teilweise abzuändern und die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, über die erstinstanzlich ausgeurteilten € 19.294,08 hinaus, an sie weitere € 235.867,53 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen,
die Berufungen des Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2) zurückzuweisen.

30

Die Beklagten zu 1) und zu 2) beantragen,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 30.06.2010, Az.: 4 Ca 1645/03, teilweise abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

32

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. Insbesondere wird Bezug genommen auf das Urteil der 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts vom 25.01.2008, Az.: 9 Sa 604/07 (Bl. 654-669 d.A.), zur internationalen Zuständigkeit.

Entscheidungsgründe

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I. Die nach § 64 ArbGG statthaften Berufungen der Klägerin, des Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2) sind gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie sind somit zulässig.

34

II. In der Sache hat die Berufung der Klägerin teilweise Erfolg. Die Berufungen des Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2) sind unbegründet. Die Beklagten zu 1) und zu 2) sind als Gesamtschuldner verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von € 182.438,00 nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Klage ist unbegründet. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist deshalb auf die Berufung der Klägerin teilweise abzuändern.

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1. Die Berufung der Klägerin ist teilweise zurückzuweisen, soweit sie zweitinstanzlich noch Schadensersatz für 30 Sonnenbänke beansprucht, die in den Jahren 1998,1999 und 2001 an „T.“ ausgeliefert worden sein sollen. Das Arbeitsgericht hat der Klägerin Schadensersatz für 24 „schwarz“ produzierte Sonnenbänke zugesprochen. Für weitere 6 Sonnenbänke ist die Berufung unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend und von der Berufung nicht angegriffen ausgeführt, dass die Klägerin für ihre bestrittene Behauptung, es seien 30 Schwarzbauten für „T.“ produziert worden, keinen Beweis angeboten hat.

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2. Die Erwägungen mit denen das Arbeitsgericht begründet hat, dass die Klägerin von den Beklagten nach § 826 BGB dem Grunde nach Schadensersatz wegen des Schwarzbaus von 24 Sonnenbänken in den Jahren 1998, 1999 und 2001 verlangen kann, halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

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Die Berufungskammer folgt zunächst der ausführlichen und zutreffenden Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Beklagten haben der Klägerin gemeinschaftlich in sittenwidriger Weise geschadet, indem sie ihre Arbeitnehmer aufgefordert haben, Sonnenbänke nach Feierabend und ohne buchhalterische Erfassung „schwarz“ zu produzieren. An der Verleitung zum Vertragsbruch bei vorhandener Schädigungsabsicht beider Beklagten besteht auch für die Berufungskammer kein Zweifel. Die Arbeitnehmer der Klägerin trafen Loyalitätspflichten aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis. Mit dieser Pflicht ist es nicht zu vereinbaren, Konkurrenz zu ihrer Arbeitgeberin auszuüben. Das Arbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass ein Wettbewerbsverstoß nicht nur die Tätigkeit für ein anderes Unternehmen, sondern auch das heimliche, unautorisierte und rechtswidrige Produzieren und Beliefern eines Kunden des Arbeitgebers sein kann. Die gesamten Umstände der Produktion, insbesondere das Arbeiten nach Feierabend, die fehlenden Seriennummern (Typenschilder) und das bewusste Nichteintragen der Geräte in den Büchern der Klägerin, lassen den vorsätzlichen Verstoß gegen die Loyalitätspflicht evident werden. Beide Beklagten traf bei der Erledigung ihrer Aufgaben die Verpflichtung, die Interessen der Klägerin zu wahren. Die Schwarzbauaktivitäten widersprechen einfachsten und grundlegenden Regeln geschäftlichen Anstands und kaufmännischer guter Sitten.

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Das Arbeitsgericht hat das Vorbringen der Beklagten, sie hätten durch den Schwarzbau der 24 Sonnenbänke Gewährleistungsansprüche des Kunden „T.“ befriedigt, mit Recht als reine Schutzbehauptung bewertet. Die hier vorliegenden Gesamtumstände, insbesondere die bereits vom Arbeitsgericht im Einzelnen angesprochenen Gegebenheiten, lassen die Annahme, die Beklagten hätten mit den Schwarzbauaktivitäten Geschäftsinteressen der Klägerin befriedigt, als völlig fernliegend erscheinen.

39

X. W., der Inhaber von „T.“ hat in seiner Zeugenvernehmung durch Ermittlungsbeamte der Kriminaldirektion P.Stadt am 16.10.2003 (Anlage VI zum Schriftsatz des Beklagten zu 2) vom 18.10.2006; Bl. 419-422 d.A.) u.a. bekundet, er habe bereits 1995/1996 festgestellt, dass die Geräte der Klägerin sehr schlecht lackiert und rostanfällig gewesen seien. Außerdem seien die Oberteile abgeknickt. Nachdem bei 7 Geräten, die er in einem Freizeitbad (N. in M-Stadt) aufgestellt habe, sich der Rost nach Außen durchzufressen drohte, habe er nach einer „kulanten Lösung“ des Problems gefragt. Da man ihm nicht entgegenkommen wollte, habe er mit einem Wechsel der Herstellerfirma gedroht. Daraufhin sei ihm von der damaligen Geschäftsleitung - den beiden Beklagten - der Vorschlag gemacht worden, ihm 10 Geräte zum Teile-Einkaufspreis zzgl. 10 %-Marge zu liefern. Die Kostenabwicklung des Zusammenbaus - durch Mitarbeiter der Klägerin nach Feierabend - sei seine Sache gewesen und in bar erfolgt.

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Wie das Arbeitsgericht bereits ausgeführt hat, macht es betriebswirtschaftlich keinen Sinn, dass der Gläubiger einer berechtigten Gewährleistungsforderung, eigene finanzielle Mittel zur Mangelbeseitigung einsetzt. Es widerspricht auch sämtlichen Gepflogenheiten des redlichen kaufmännischen Geschäftsverkehrs, einem Käufer zum Ausgleich für 7 mangelhafte (rostende) Geräte, 10 neue Geräte „schwarz“ zusammenbauen zu lassen. Die Berufungskammer teilt die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass Gewährleistungsansprüche des Entlastungszeugen X. W. von den Beklagten frei erfunden sind. Selbst wenn er an 7 Geräten Mängel festgestellt haben sollte, rechtfertigt das nicht die Lieferung von 10 Schwarzbauten.

41

3. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin für insgesamt 24 Sonnenbänke, die in den Jahren 1998, 1999 und 2001 für „T.“ gebaut worden sind, ist in Höhe von € 182.438,00 gerechtfertigt. Die Berufung der Klägerin beanstandet mit Recht, dass ihr das Arbeitsgericht lediglich € 19.294,08 zuerkannt hat. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht einen näher substantiierten Vortrag der Klägerin vermisst. Ihr kommt die Beweiserleichterung des § 252 BGB zu Gute, die auch ihre Darlegungslast mindert.

42

Die Klägerin macht mit ihrem Schadensersatzanspruch entgangenen Gewinn geltend. Nach § 252 Satz 2 BGB gilt als entgangen der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Danach bietet die Vorschrift dem Geschädigten zwei Möglichkeiten der Schadensberechnung, nämlich zum einen die abstrakte Methode, die von dem regelmäßigen Verlauf im Handelsverkehr ausgeht, dass der Kaufmann gewisse Geschäfte im Rahmen seines Gewerbes tätigt und daraus Gewinn erzielt, und zum anderen die konkrete Methode, bei der der Geschädigte nachweist, dass er durch die schädigende Handlung an der Durchführung bestimmter Geschäfte gehindert worden ist und dass ihm wegen der Nichtdurchführbarkeit dieser Geschäfte Gewinn entgangen ist. Im Fall der abstrakten Schadensberechnung ist die volle Gewissheit, dass der Gewinn gezogen worden wäre, nicht erforderlich; vielmehr genügt der Nachweis einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Ist ersichtlich, dass der Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, wird vermutet, dass er erzielt worden wäre; dem Ersatzpflichtigen obliegt dann der Beweis, dass er nach dem späteren Verlauf oder aus irgendwelchen anderen Gründen dennoch nicht erzielt worden wäre. Ist der Geschädigte Kaufmann, so entspricht es dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, dass er marktgängige Waren jederzeit zum Marktpreis absetzen kann (BGH Urteil vom 19.10.2005 - VIII ZR 392/03 - NJW-RR 2006, 243, BGH Urteil vom 30.05.2001 - VIII ZR 70/00 - WM 2001, 2010; jeweils m.w.N.).

43

Im gegebenen Fall greift die gesetzliche Vermutung des § 252 Satz 2 BGB ein. Der Klägerin, die gewerbsmäßig mit Sonnenbänken handelt, wäre es im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs gelungen, die 24 Sonnenbänke, die die Beklagten 1998/1999 und 2001 an „T.“ geliefert haben, jederzeit zum Marktpreis abzusetzen.

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Die Berufungskammer ermittelt den Schaden gemäß § 287 Abs. 1 BGB im Wege der Schätzung. Dabei legt die Kammer der Schadensberechnung einen Nettopreis von € 10.800,00 pro Sonnenbank zu Grunde. Dieser rabattierte Verkaufspreis für eine Sonnenbank des Typs 60/10 VHR - nach den mit „T.“ bestehenden Jahreskonditionen - ergibt sich aus dem mit der Klageschrift vorgelegten Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. L., Dr. K. & Dr. J. vom 25.09.2002 (dort Seite 17; Bl. 45 d. A.).

45

Die Beklagten können der Klägerin nicht entgegen halten, dass „T.“ nicht bereit gewesen wäre, die 24 Sonnenbänke zum regulären Marktpreis zu kaufen. Die Beklagten haben Facharbeiter der Klägerin dazu veranlasst, ihre firmenspezifischen Kenntnisse und Erfahrungen einzusetzen, um in der Werkshalle der Klägerin mit deren Werkzeug und unter Verwendung der klägerischen Konstruktionspläne Sonnenbänke „schwarz“ herzustellen. Diese Schwarzbauten führten zu einer echten Substitution bzw. Verdrängung der Original-Sonnenbänke. Dazu waren die Schwarzbauten auch bestimmt und geeignet, wenn die Beklagten ausführen lassen, „T.“ hätte die Sonnenbänke nicht zum regulären Preis gekauft. Die Beklagten können der Klägerin nicht den niedrigeren Preis der Schwarzbauten im Vergleich zu den Original-Sonnenbänken entgegenhalten. Bei wertender Betrachtung, die im Rahmen der Schadensberechnung vorzunehmen ist, kann dem Schädiger nicht zu Gute kommen, dass das Originalerzeugnis teurer ist als der Schwarzbau. Die Klägerin weist zutreffend darauf hin, dass die Marktnachfrage nach den Sonnenbänken schon durch die unrechtmäßig durchgeführten Schwarzbauten dokumentiert wird. Die Schwarzbauten waren auch marktfähig. X. W., der Inhaber von „T.“ hat in seiner Zeugenvernehmung durch Ermittlungsbeamte der Kriminaldirektion P.Stadt am 16.10.2003 (Anlage VI zum Schriftsatz des Beklagten zu 2) vom 18.10.2006, Bl. 419-422 d.A.) bekundet, er habe insgesamt 20 Geräte „in Form von Ersatzteilen“ erworben. An diesen Geräten seien seines Wissens keine Typenschilder angebracht gewesen, weil sie nicht „offiziell“ hergestellt worden seien. Diese Geräte müssten in seinen insgesamt sechs Filialen (Sonnenstudios) stehen. Es sei aber auch möglich, dass er das eine oder andere Gerät eventuell weiterverkauft habe. Für die Schwarzbauten bestand daher eine konkrete und gesicherte Verwertungsfähigkeit. Sie sind von „T.“ sowohl in den Sonnenstudios eingesetzt als auch weiter veräußert worden.

46

Von dem Gesamtschaden in Höhe von € 259.200,00 (24 Geräte x € 10.800,00) sind die ersparten Kosten abzuziehen. Hier hat die Klägerin für 30 Geräte insgesamt einen Betrag von € 95.952,09 in Abzug gebracht, den X. W. für Einzelteile (Ersatzteilrechnungen über € 47.616,14 und € 33.898,65) und Karkassen (€ 14.437,30) bezahlt hat. Da die Klägerin Schadensersatz für 24 Sonnenbänke beanspruchen kann, sind die ersparten Kosten zu einem Bruchteil von 24/30 abzuziehen. Dies entspricht einem Betrag von gerundet € 76.762,00, so dass der Klägerin Schadensersatz in Höhe von insgesamt € 182.438,00 zuzusprechen ist.

47

Die Beklagten machen vergeblich geltend, dass X. W. einen 10 %-igen Aufschlag auf die benötigten Einzelteile gezahlt habe. Die Zahlungen, die X. W. für die zum Zusammenbau der Sonnenbänke benötigten Teile geleistet hat, hat die Klägerin von ihrer Klageforderung in Abzug gebracht. Der schadensmindernde Geldzufluss aus dem Verkauf der Teile ist damit berücksichtigt.

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Die Klägerin muss sich keine ersparten Lohnkosten für den Bau der 24 Sonnenbänke anrechnen lassen. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge hätten die Mitarbeiter der Produktion die Sonnenbänke in ihrer regulären Arbeitszeit montieren können. Die Lohnkosten in der regelmäßigen Arbeitszeit der Monteure sind der Klägerin ohnehin entstanden. Die Löhne der Produktionsmitarbeiter waren nicht stückgebunden, sondern fielen - unabhängig von der Auftragslage - für die geschuldete Arbeitszeit an.

49

Der Einwand der Beklagten, die Klägerin hätte wegen dieser Aktion nicht weniger Geräte verkauft, sondern mehr (so der Beklagte zu 1) bzw. der Klägerin sei so ein Großkunde erhalten worden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Angesprochen ist damit wohl der Aspekt der Vorteilsausgleichung. Hat das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis (hier: Schwarzbau von 24 Sonnenbänken) dem Geschädigten neben Nachteilen auch Vorteile (Erhalt des Kunden) gebracht, ergibt sich die Frage, ob diese auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die Berufungskammer folgt, sind nur diejenigen Vorteile als anrechenbar in Betracht zu ziehen, die mit dem Nachteil in einem Zusammenhang stehen, der beide, Vorteil und Nachteil, gewissermaßen zu einer Rechnungseinheit verbindet (BGH Urteil vom 14.09.2004 - VI ZR 97/04 - NJW 2004, 3557). An einem solchen qualifizierten inneren Zusammenhang fehlt es vorliegend.

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4. Die geltend gemachten Prozesszinsen sind gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB gerechtfertigt. Die Klageschrift vom 25.04.2003 ist dem Beklagten zu 1) am 06.05.2003 und dem Beklagten zu 2) am 07.05.2003 zugestellt worden. Der Klägerin stehen die Zinsen aus € 182.438,00 deshalb mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit zu.

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5. Soweit die Klägerin von den Beklagten Schadensersatz in Höhe weiterer € 7.865,40 verlangt, weil sie in den Monaten März bis Juni 2002 die Tageseinnahmen des von ihr betriebenen Sonnenstudios unterschlagen haben sollen, ist die Berufung unbegründet.

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Das Arbeitsgericht hat zu diesem Streitgegenstand ausgeführt, die Klägerin habe keine konkreten pflichtwidrigen Handlungen der beiden Beklagten dargelegt und unter Beweis gestellt. Beide Beklagten haben die Wegnahme von Bareinnahmen aus dem Sonnenstudio bestritten. Der Beklagte zu 2) habe zusätzlich behauptet, dass die Geldumschläge tagsüber in einem unverschlossenen Tresor aufbewahrt worden seien, so dass auch dritte Personen Zugriff auf die Tageseinnahmen gehabt hätten. Er habe auch die inhaltliche Richtigkeit der von der Mitarbeiterin I. zu den Tageseinnahmen geführten Kontrollliste bestritten. Die Klägerin habe keinen unmittelbaren Tatnachweis, insbesondere keine Tatzeugen angeboten. Sie stütze ihren Anspruch lediglich auf den Umstand, dass vermeintliche Geldbeträge fehlten. Dass diese Geldbeträge in der behaupteten Höhe und gerade von den Beklagten entwendet worden seien, sei ein bloßer Tatverdacht.

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Die Berufung führt hierzu aus, der Beklagte zu 2) habe das Geld entweder selbst an sich genommen oder er hafte, weil er es unterlassen habe, die Geldentnahme nicht verboten oder als Verantwortlicher unmöglich gemacht zu haben. Er hätte als faktischer Geschäftsführer für die notwendigen Sicherungsmaßnahmen, nämlich Verwahrung der Bargeldbestände im Tresor, Sorge treffen müssen. Dies habe der Beklagte zu 2) unterlassen.

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Anhaltspunkte für eine gesamtschuldnerische Haftung des Beklagten zu 1) hat die Berufung nicht aufgezeigt. Die Haftung des Beklagten zu 2) kann nicht auf wahlweise für möglich gehaltene Geschehensabläufe gestützt werden. Nach dem einen soll der Beklagte zu 2) das Geld unterschlagen haben. Nach dem anderen für möglich gehaltenen Geschehensablauf soll ein Dritter das Bargeld gestohlen haben, was der Beklagte zu 2) durch das Unterlassen adäquater Sicherungsmaßnahmen verschuldet haben soll. Letztlich fehlt es am Nachweis des als schädigend vermuteten Ereignisses. Dies hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend festgestellt. Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt es nicht, diesen streitgegenständlichen Anspruch anders zu würdigen, als dies im Urteil des Arbeitsgerichts geschehen ist.

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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 97 Abs. 1 ZPO.

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Der Streitwert des Berufungsverfahrens wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.

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Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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