Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (6. Kammer) - 6 Sa 460/11

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.7.2011 - 12 Ca 917/10 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zuletzt in der Berufungsinstanz um Nachzahlungsansprüche im Zusammenhang mit einer strittigen Gehaltsreduzierung, sowie um die Berechtigung einer Aufrechnung mit einer Vertragsstrafe.

2

Der Kläger, der die Nationalität B-H besitzt, war seit 01.02.2009 bei der Beklagten als Lizenzfußballspieler beschäftigt.

3

Nach dem unter dem 02.02.2009 geschlossenen Vertrag wurden u. a. folgende Regelungen getroffen:

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§ 2 des Vertrages [Bl. 5 und 6 d. A.)

5

Der Spieler verpflichtet sich, seine ganze Kraft und seine sportliche Leistungsfähigkeit uneingeschränkt für den Club einzusetzen, alles zu tun, um zu erhalten und zu steigern und alles zu unterlassen, was ihr vor und bei Veranstaltungen des Clubs abträglich sein könnte. Gemäß diesen Grundsätzen ist der Spieler insbesondere verpflichtet

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a) an allen Spielen und Lehrgängen des Clubs, an jedem Training - gleich ob allgemein vorgesehen oder besonders angeordnet -, an allen Spielerbesprechungen und an allen sonstigen der Spiel- und Wettkampfsvorbereitung dienenden Veranstaltungen teilzunehmen. Dies gilt auch, wenn ein Mitwirken als Spieler oder Ersatzspieler nicht in Betracht kommt. Der Spieler ist bei entsprechender Anweisung auch verpflichtet, an Spielen oder am Training der zweiten Mannschaft des Clubs teilzunehmen, falls diese in der Oberliga oder einer höheren Spielklasse spielt;

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b) sich im Falle einer beruflich relevanten Verletzung oder Erkrankung im Rahmen seiner Tätigkeit als Lizenzspieler bei dem vom Club benannten Arzt unverzüglich vorzustellen;

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c) sich den sportmedizinisch oder sporttherapeutisch indizierten Maßnahmen, die durch vom Club beauftragten Personen angeordnet werden, umfassend zu unterziehen. Zu diesem Zweck entbindet der Spieler den jeweils behandelnden Arzt gegenüber dem geschäftsführenden Organ des Clubs ausdrücklich von seiner ärztlichen Schweigepflicht, soweit es sich um Informationen handelt, die für das Arbeitsverhältnis von Relevanz sind;

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d) an Reisen im In-und Ausland, unter Nutzung der vom Club bestimmten Verkehrsmittel teilzunehmen, sofern dem nicht ausnahmsweise wichtige gesundheitliche Gründe entgegenstehen;

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e) an allen Darstelllungen und Publikationen des Clubs oder der Spieler zum Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit für den Club, insbesondere in Fernsehen, Hörfunk und Presse, sowie bei öffentlichen Anlässen, Ehrungen, Veranstaltungen, Autogrammstunden etc. teilzunehmen bzw. mitzuwirken. Bei diesen und bei den unter a) genannten Veranstaltungen ist die vom Club gestellte Sportkleidung (Clubanzüge, Reisekleidung, Spielkleidung, Trainings- und Spielschuhe sowie alle sonstigen Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände) entsprechend der jeweiligen Weisung des Clubs zu tragen. Der Club behält sich vor, die von ihm gestellte Sportkleidung mit Werbung zu versehen;

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f) von Sponsoren des Clubs zur Verfügung gestellte Gebrauchsgüter (z. B. Kraftfahrzeuge) bei dienstlichen Anlässen ausnahmslos und bei privaten Unternehmungen regelmäßig zu nutzen;

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g) Werbung für andere Partner als die des Clubs, auch durch oder auf der Bekleidung, nur mit vorheriger Zustimmung des Clubs zu betreiben. Der Club kann diese Zustimmung insbesondere dann verweigern, wenn durch Werbemaßnahmen des Spielers berechtigte Interessen des Clubs beeinträchtigt würden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Spieler beabsichtigt, Werbung für Unternehmen zu betreiben, die in Konkurrenz zu den Partnern des Clubs stehen. Eine einmal gegebene Zustimmung kann widerrufen werden, sofern sachliche Gründe hierfür vorliegen;

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h) alle für die Dauer des Vertrages vom Club oder dessen Ausrüstern bzw. Sponsoren zur Verfügung gestellten einheitlichen Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände pfleglich zu behandeln und bei Beendigung des Vertragsverhältnisses dem Club zurückzugeben;

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i) sich in der Öffentlichkeit und privat so zu verhalten, dass das Ansehen des Clubs, der Verbände und des Fußballsports allgemein nicht beeinträchtigt wird. Stellungnahmen in der Öffentlichkeit, insbesondere Interviews für Fernsehen, Hörfunk und Presse, bedürfen, sowie sie im Zusammenhang mit dem Spielbetrieb, dem Club oder dem Arbeitsverhältnis stehen, der vorherigen Zustimmung des Clubs jedenfalls dann, wenn der Spieler Gelegenheit hatte, diese zuvor einzuholen. Gegenüber außenstehenden Personen ist jegliche Äußerung über in innere Clubangelegenheiten, insbesondere über den Spiel- und Trainingsbetrieb, zu unterlassen; dies gilt auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses;

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j) sich auf alle sportlichen Veranstaltungen des Clubs gewissenhaft vorzubereiten. Dazu gehört insbesondere, den Anweisungen des Trainers bezüglich der Lebensführung Folge zu leisten, sofern sie sich auf die sportliche Leistungsfähigkeit des Spielers beziehen;

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k) die sportliche Fairness gegenüber allen am Spiel- oder Trainingsbetrieb beteiligten Personen einzuhalten, insbesondere die durch die Schiedsrichter und Schiedsrichterassistenten eines Spielers getroffenen Entscheidungen unwidersprochen hinzunehmen;

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l) sich im Falle einer Vermittlung nur der Dienste eines Rechtsanwalts oder einer Person, die sich im Besitz einer von einem Mitgliedsverband der F ausgestellten Spielervermittlerlizenz befindet, zu bedienen;

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m) es zu unterlassen, auf Spiele (auch einzelne Spielaktionen), Ergebnisse oder Tabellenplatzierungen der Liga, für die der Club zum jeweiligen Zeitpunkt lizenziert ist, Wetteinsätze zu platzieren oder dies über Dritte zu tun;

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n) es zu unterlassen, Siegprämien von clubfremden Personen anzunehmen.

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§ 6 Einsatz und Tätigkeit

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Bei Verstößen des Spielers gegen seine Pflichten gem. § 2 lit. a) bis g), i) bis k), m) n) § 2 a, § 7 und § 8 dieses Vertrages ist der Club - unbeschadet seines Rechts zur Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund - im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen in jedem Einzelfall berechtigt, Vertragsstrafen gegen den Spieler festzusetzen. Als Vertragsstrafen werden vorgesehen Verweis, Ausschluss von Clubveranstaltungen sowie Geldbußen bis zu Höhe von Euro 10.000,00 (maximal ein monatliches Brutto-Grundgehalt).

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Diese Vertragsstrafen können auch nebeneinander verhängt werden.

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Weitergehende Schadensersatzansprüche bleiben unberührt.

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Auf die Bestimmung des § 14 dieses Vertrages wird ausdrücklich verwiesen.

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§ 13 Datenschutz und weitere Bestimmungen

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Änderungen, Ergänzungen oder Aufhebungen dieses Vertrages werden erst mit ihrer schriftlichen Festlegung wirksam. Mündliche Nebenabreden haben keine Gültigkeit. Abweichungen hiervon können nur schriftlich getroffen werden; auch das Schriftformerfordernis selbst ist nur schriftlich abdingbar. Eine Offenlegung des Vertrages gegenüber Dritten ist nicht zulässig mit Ausnahme gegenüber dem Ligaverband, der D Dl L GmbH und dem D.

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§ 14 Ausschlussfrist

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Im Interesse der Planungs- und Rechtssicherheit für Spieler und Club sind die beiderseitigen Ansprüche aus diesem Vertrag, insbesondere aus §§ 4 Ziffer 1 und 6, von den Vertragsparteien innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedoch innerhalb von drei Monaten nach der Beendigung schriftlich geltend zu machen, anderenfalls sind sie erloschen, sofern ein solcher Verfall nicht durch zwingende gesetzliche Bestimmung ausgeschlossen ist. Ansprüche nach § 3 sind hiervon ausdrücklich ausgenommen.

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Das Grundgehalt des Klägers belief sich ausweislich der Anlage 1 zum Arbeitsvertrag auf monatlich 15.000,00 EUR brutto für die Zeit vom 01.07.2009 bis 30.06.2010. Das entsprechende Grundgehalt wurde dem Kläger für die Monate Juli bis September 2009 bezahlt und danach ein Grundgehalt in Höhe von 10.000,00 EUR.

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Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 29.03.2010 (Bl. 22 bis 25. d. A.) machte der Kläger u. a. erstmals die Gehaltsdifferenzen für die zurückliegenden Monate Oktober 2009 bis Februar 2010 geltend.

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Bezüglich der geltend gemachten Gehaltsdifferenz von monatlich 5.000,00 EUR bestreitet der Kläger, sich mündlich hierauf mit dem ehemaligen Geschäftsführer bzw. mit dem Cheftrainer der Beklagten geeinigt zu haben. Er ist ferner der Auffassung, dass eine solche Vereinbarung schriftlich hätte festgehalten werden müssen entsprechend der arbeitsvertraglichen Regelung in § 13. Dies sei nicht geschehen. Sein Berater, Herr I B, habe im November/Dezember 2009 das rückständige Gehalt des Klägers angemahnt.

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Der Kläger hat - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - erstinstanzlich beantragt,

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die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 65.000,00 EUR zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz aus

36

5.000,00

EUR seit dem 16.11.2009

5.000,00

EUR seit dem 16.12.2009,

5.000,00

EUR seit dem 16.01.2010,

5.000,00

EUR seit dem 16.02.2010,

5.000,00

EUR seit dem 16.03.2010,

5.000,00

EUR seit dem 16.04.2010,

5.000,00

EUR seit dem 16.05.2010,

15.000,00

EUR seit dem 16.06.2010,

15.000,00

EUR seit dem 16.07.2010

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zu zahlen.

38

Die Beklagte hat erstinstanzlich

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Klageabweisung

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beantragt und hinsichtlich der Gehaltsreduzierung behauptet, der Kläger habe sich zusammen mit dem damaligen Cheftrainer der Beklagten Ende August/Anfang September 2009 in der Trainerkabine im Stadion auf eine entsprechende Gehaltsreduzierung geeinigt. Diese Einigung habe der Kläger dann anschließend nochmals ausdrücklich gegenüber dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten be-stätigt. Das soll auch in einem weiteren Gespräch zwischen diesem und dem damaligen Berater des Klägers geschehen. Der Kläger habe zu keiner Zeit den Differenzbetrag angemahnt bzw. geltend gemacht.

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Die gegen die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 27.05.2010 gerichtete Klage hat das Arbeitsgericht mit dem angegriffenen Urteil vom 15.07.2011 - 12 Ca 917/10 - abgewiesen. Der diesbezügliche Streitgegenstand war von der im Kammertermin vom 18.11.2011 ohnehin zurückgenommenen Anschlussberufung nicht erfasst.

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Das Arbeitsgericht hat einen Zahlungsanspruch in Höhe von 44.782,61 EUR brutto zuerkannt. Zur Begründung des in diesem Betrag enthaltenen Grundgehaltes bezogen auf die Monate Oktober 2009 bis April 2010 in Höhe von 35.000,00 EUR wurde ausgeführt, die Beklagte habe eine Gehaltsreduzierung von 15.000,00 EUR auf 10.000,00 EUR nicht beweisen können. Aus der Aussage des Zeugen R sei keine wirksame mündliche Vereinbarung abzuleiten. Nach dem Gesprächsverlauf mit dem Kläger habe die Einigung hierüber erst noch mit dem Geschäftsführer der Beklagten erfolgen sollen. Die Aussage des Zeugen W sei unergiebig gewesen, da er bei den Gesprächen mit dem Kläger und dessen Berater nicht selbst anwesend gewesen sei. Der Zeuge habe ebenfalls erklärt, dass die Vereinbarung auf Wunsch des Klägers noch einmal hätte schriftlich festgehalten werden sollen. Der damalige Geschäftsführer habe bekundet, dass der Kläger mit einem Grundgehalt von 10.000,00 EUR einverstanden gewesen sei und auch, dass der Berater des Klägers hiervon gewusst, man sich auf eine schriftliche Zusammenfassung geeinigt, diese an den Berater übersandt und von diesem einen Gegenvorschlag erhalten habe, der dann nicht akzeptiert worden sei. Alle Zeugen hätten bekundet, dass das mündlich Vereinbarte noch der schriftlichen Niederlegung bedurft hätte. Es sei von einer konstitutiven Bedeutung der Schriftformklausel auszugehen. Ein Verfall des Anspruchs nach § 14 des Arbeitsvertrages läge nicht vor. Zu einem Erlöschen durch die hilfsweise Aufrechnung mit Forderungen aus der Vertragsstrafe sei es nicht gekommen, da die entsprechende Vereinbarung unwirksam sei; es läge eine unangemessene Übersicherung vor. Ferner stünde dem Kläger ein anteiliges Gehalt in Höhe von 9.782,61 EUR brutto für die Zeit vom 01. bis 20.05.2010 zu.

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Zu den weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das oben bezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz (Seite 7 bis 21 = Bl. 286 bis 300 d. A.) Bezug genommen.

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Gegen das der Beklagten am 18.07.2011 zugestellte Urteil richtete sich deren am 03.08.2011 eingelegte und am 16.09.2011 begründete Berufung.

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Zu deren Begründung bringt die Beklagte im Wesentlichen vor:

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Die Beklagte sei berechtigt gewesen, das Grundgehalt ab Oktober 2009 auf 10.000,00 EUR festzulegen. Die Zeugen R, L und W hätten die Zustimmung des Klägers einheitlich bestätigt. Der Kläger sei aufgrund seiner Leistungen als "unbrauchbar" eingeordnet worden; es habe die Absicht bestanden, ihn aufs Abstellgleis zu schieben und in der zweiten Mannschaft trainieren zu lassen. Dem Kläger sei durch den Cheftrainer die Möglichkeit des Mittrainierens in der Bundesligamannschaft mit der Prämienperspektive die Reduzierung des Grundgehalt "schmackhaft" gemacht und entsprechend umgesetzt worden. Der Kläger habe ab Oktober 2009 das reduzierte Grundgehalt akzeptiert. Die schriftliche Fixierung habe lediglich der Dokumentation gedient. Der Kläger habe die ausgekehrten Prämien entgegen genommen. Im Übrigen sei die Geltendmachung einer höheren Forderung verwirkt, da über Monate hinweg die Gehaltsabrechnung akzeptiert worden sei und der Kläger die getroffene Vereinbarung gegenüber dem Zeugen und dem eigenen Berater gegenüber bestätigt habe. Die Vertragsstrafenregelung sei wirksam und könne zur Aufrechnung gestellt werden. Die arbeitsvertragliche Regelung sei gerade die Reaktion des D D GmbH auf die vom Arbeitsgericht angeführte Entscheidung des Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 01.03.2006 und von der dortigen Regelung inhaltlich zu unterscheiden. Im Übrigen seien die Interessen und Gepflogenheiten der beteiligten Verfahrenskreise zu berücksichtigen, da sich das Arbeitsverhältnis in der Öffentlichkeit abspiele.

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Die Beklagte hat zweitinstanzlich beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz, Az: 12 Ca 917/10, wird aufgehoben,
die Klage wird insgesamt abgewiesen.

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Der Kläger hat

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Zurückweisung der Berufung

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beantragt und erwidert, er habe davon ausgehen dürfen, dass alle Absprachen noch einer schriftlichen Fixierung bedurft hätten, um Rechtswirksamkeit zu entfalten. Es bleibe zudem unberücksichtigt, dass er wegen seiner mangelhaften Sprachkenntnisse das "Angebot" der Beklagten nicht richtig verstanden habe. Eine Leistungsschwäche hätte nicht vorgelegen. Die Zeugen R und W hätten keine Vertretungsbefugnis für die Beklagten gehabt. Die Beklagte lege auch den Gegenvorschlag seines Beraters nicht vor. Vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Ausschlussfristen könne keine Verwirkung eintreten. Das Vertragsstrafenversprechen sei vor dem Hintergrund der Befristung und außerordentlichen Kündigung unangemessen hoch. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf habe in der Entscheidung vom 01.03.2006 die dort getroffene Regelung als für nicht den Bestimmtheitsgebot genügende Regelung angesehen, weil sie der "bloßen Schöpfung neuer vom Sachinteresse des Arbeitgebers losgelöster Geldforderungen eingesetzt" wurde. Es bliebe offen, welche der in der Regelung getroffenen Rechtsfolgen bei Verstößen einschlägig sein sollten.

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Zur Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 16.09.2011 (Bl. 421 bis 432 d. A.), bezüglich der Berufungsbeantwortung auf den Schriftsatz des Klägers vom 24.10.2011 (Bl. 439 bis 447 d. A.) Bezug genommen.

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Auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 18.11.2011 (Bl. 473 bis 476 d. A.) wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

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Das Rechtsmittel der Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Es ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt, sowie begründet worden und damit auch zulässig.

II.

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Das Rechtsmittel ist jedoch n i c h t begründet.

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Das Arbeitsgericht hat nach durchgeführter Zeugeneinvernahme in dem angefochtenen Judikat vom 15.07.2011 - 12 Ca 917/10 - die Beklagte zu Recht zur Zahlung von 44.782,61 EUR brutto bestehend aus Gehaltsdifferenzen für die Zeit von Oktober 2009 bis April 2010 in Höhe von 35.000,00 EUR und anteiliger Vergütung vom 01. bis 20.05.2010 in Höhe von 9.782,61 EUR nebst Zinsen verurteilt. Ein teilweises Erlöschen des Zahlungsanspruchs durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einer Forderung aus der arbeitsvertraglich vereinbarten Vertragsstrafe wurde zu Recht abgelehnt.

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Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den diesbezüglich begründeten Teil des angefochtenen Urteils Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht hier unter Übernahme der Entscheidungsgründe von einer nochmaligen Darstellung ab.

III.

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Die Angriffe der ausführlichen Berufung geben Veranlassung zu folgenden Ergänzungen:

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1. Soweit die Berufung meint, aus den Zeugenaussagen der Zeugen R, L und W sowie den sonstigen Umständen sei die Akzeptanz eines reduzierten Grundgehalts ab Oktober 2009 durch den Kläger gegeben gewesen, vermag dies nicht zu einer vom Arbeitsgericht abweichenden Beurteilung führen. Das Arbeitsgericht hat unter Darstellung der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 20.06.1962 = NJW 1962, 1908 und vom 26.11.1964 = NJW 1965, 293 sowie vom 02.06.1976 = BGHZ 66, 378, 382 und BAG Urteil vom 10.01.1989 = NJW 1989, 2149) zutreffend ausgeführt, dass für die konkludente Aufhebung eines vereinbarten Formerfordernisses zwar nicht ein entsprechendes Bewusstsein der Parteien hinsichtlich des Formzwanges erforderlich sei, jedoch dass die Parteien die Maßgeblichkeit der mündlichen Abrede übereinstimmend gewollt haben müssten. Das Ergebnis der Beweisaufnahme und die Tatsachenlage sprechen durchaus gegen das Vorliegen dieser Voraussetzungen. Im Streitfall blieb zunächst unwidersprochen, dass der Kläger wegen seiner mangelnden Sprachkenntnisse das "Angebot" der Beklagten - Gehaltsreduzierung gegen Prämienoptionen sowie Trainings- und Einsatzchancen - richtig verstanden habe. Der Verzicht von monatlich 5.000,00 EUR - ein Drittel der Grundvergütung - stellt nach Meinung der Berufungskammer eine so erhebliche Größe dar, dass der arbeitsvertraglich vorgesehen Regelungstatbestand, wonach u. a. Änderungen des Vertrages der schriftlichen Festlegung bedürfen und mündliche Nebenabreden keine Gültigkeit haben und Abweichungen hiervon nur schriftlich getroffen werde können (doppelte Schriftformklausel) eingreift. Nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts zum Beweisergebnis war eine schriftliche Fixierung der Abänderung der Grundvergütung durchaus vorgesehen. Dies wird auch daraus deutlich, dass vom Spielervermittler des Klägers ein - von der Beklagten übrigen nicht vorgelegter - Gegenvorschlag kam, der nicht akzeptiert wurde.

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2. Das von der Beklagten in diesem Zusammenhang angeführte Verwirkungsargument greift aus Rechtsgründen nicht. Zwar kommt das in § 242 BGB angesiedelte Rechtsinstitut durchaus für elementare Rechte des Arbeitnehmers aus einem Arbeitsverhältnis damit auch für den Lohnanspruch in Betracht (vgl. BAG - vom 5.2.1970 - 5 AZR 223/69 = DB 1970, 787, 788). Dieses Institut darf jedoch nicht zu einer Aushöhlung der Ausschlussfristen führen und muss auf Ausnahmefälle beschränkt sein (BGH 26.5.1992 - VI ZR 230/91 - NJW-RR 1992, 1240, 1241). Die Auffassung des Klägers, wonach vor Ablauf einer möglichen Ausschlussfrist von keiner Verwirkung ausgegangen werden kann, wird für zutreffend gehalten. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat bereits mit Schreiben vom 29.03.2010 (Bl. 22 bis 25 d. A.) die Gehaltsdifferenzen für die zurückliegenden Monate Oktober 2009 bis Februar 2010 geltend gemacht. Von daher kann offen bleiben, ob die eigentlichen Voraussetzungen des Verwirkungstatbestandes, nämlich das Gegebensein des Zeit- und Umstandsmomentes - überhaupt anzunehmen wären (vgl. hierzu Prütting/Wegen/Weinreich, Bürgerliches Gesetzlich, 2. Auflage, § 424 BGB, Rz. 50, m. w. u. a. auf BAG AP Nr. 6 zu § 106 InsO, Rz. 40). Die bloße Entgegennahme einer veränderten Gehaltsabrechnung führt für sich gesehen noch nicht zum Verlust der verfolgten Rechtsposition. Die doppelte Schriftformklausel in § 13 des Arbeitsvertrages spricht deutlich für deren konstitutive Wirkung (vgl. hierzu BAG vom 20.05.2008 - 9 AZR 382/07). Gerade in der "Branche", in welcher - wie der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu Recht verdeutlichte - "Geld" eine entscheidende Rolle spielt, bedurfte es einer entsprechenden klaren Fixierung der erheblichen Veränderung des diesbezüglichen Forderungsrechts.

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3. Auch bezüglich der Vertragsstrafenregelung führen die Angriffe der Berufung zu keiner Veränderung der vom Arbeitsgericht eingenommenen Rechtsposition. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang behauptet, die arbeitsvertragliche Regelung sei gerade die Reaktion des D D GmbH auf die zitierte Entscheidung des Landesarbeitsgericht Düsseldorf und von der dortigen zu unterscheiden, ist lediglich richtig, dass die Düsseldorfer Entscheidung eine Vertragsstrafenregelung zum Gegenstand hatte, die allgemein "Verstöße des Spielers gegen Vertragspflichten" vorsah, während vorliegend ein Bezug zu einzelnen Pflichten gemäß § 2 "lit. a) bis g), i) bis k), m), n)" hergestellt wird. Dennoch verbleibt es bei der zur Unwirksamkeit der Klausel führenden fehlenden Bestimmtheit. Auch das Aufsplitten von eine Vertragsstrafe begründenden Pflichtverstößen in § 6 des Arbeitsvertrages macht nicht erkennbar, welche der vorgesehenen Vertragsstrafen "Verweis, Ausschluss von Clubveranstaltungen sowie Geldbußen bis zur Höhe von 10.000,00 EUR" bei welcher Pflichtverletzung ausgelöst werden. Der Kläger kann sich in seinem Verhalten nicht sicher auf eine der angeführten Sanktionen einstellen. Dies führt zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und damit zur Unwirksamkeit der diesbezüglichen Regelung.

IV.

62

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.

V.

63

Von der Zulassung der Revision wurde mangels grundsätzlicher Bedeutung abgesehen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

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