Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (10. Kammer) - 10 Sa 180/12

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 13. März 2012, Az.: 6 Ca 672/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug noch darüber, ob Ansprüche des Klägers auf Karenzentschädigung für die Zeit vom 01.06. bis 14.08.2011 sowie auf Zahlung des Aprilgehalts 2011 aufgrund einer Ausschlussklausel verfallen sind, die Rückzahlung eines Eigenanteils zu den Anschaffungskosten des Firmenwagens sowie Urlaubsabgeltung.

2

Der 1972 geborene Kläger war seit 04.10.1999 im Baubetrieb der Beklagten als technischer Angestellter zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 5.199,00 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch eine Eigenkündigung des Klägers vom 13.04. zum 15.05.2011. Vom 05.04. bis 14.05.2011 war der Kläger arbeitsunfähig krankgeschrieben. Am 15.08.2011 nahm er eine neue Tätigkeit in einem anderen Baubetrieb auf.

3

Die Beklagte ist tarifgebunden. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 27.09.1999 (Bl. 11/12 d.A.) haben die Parteien u.a. folgendes vereinbart:

4

„…
3. Das Gehalt beträgt DM 5.400,--/mtl. einschließlich notwendiger Überstunden. Die tarifliche Arbeitszeit beträgt 39 Stunden/Woche.

5

6. Der Urlaubsanspruch regelt sich nach den tarifvertraglichen bzw. gesetzlichen Bestimmungen.

6

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zur Dauer von einem Jahr nicht für ein Unternehmen tätig zu werden, das im Wettbewerb mit der Firma steht. ...

7

Während des Wettbewerbsverbotes erhält der Arbeitnehmer eine Karenzentschädigung in Höhe von 50 % des zuletzt gewährten Lohnes. ...

8

20. Soweit nichts anderes vereinbart, liegt dem Arbeitsvertrag der Bundesrahmentarifvertrag für die technischen und kaufmännischen Angestellten im Baugewerbe zugrunde."

9

Der Rahmentarifvertrag für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes (RTV) vom 04.07.2002 hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

10

§13
Ausschlussfristen

11

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden; [...].

12

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird. [...]“

13

Die Beklagte stellte dem Kläger einen Firmenwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Am 28.04.2008 trafen die Parteien folgende schriftliche Vereinbarung zur Anschaffung von Firmenwagen (Bl. 84/85 d.A):

14

„In Ergänzung zu den bisherigen Vereinbarungen zur Nutzung von Dienstwagen wird vereinbart, dass Herr A. einen Dienstwagen beanspruchen kann bzw. Ersatz eines Dienstwagens verlangen kann. Hierfür werden gesondert Mittel durch das Unternehmen zur Verfügung gestellt.

15

Im Jahr 2008 stehen hier netto 25.000 Euro Listenpreis zur Verfügung.

16

Die Wahl des Wagens steht im Rahmen dieser Regelungen dem Mitarbeiter frei.

17

Sollte der Mitarbeiter ein Fahrzeug wünschen das teurer ist als der Listenpreis, so trägt er auch die tatsächlichen entsprechenden Mehrkosten der Anschaffung. Ein später höherer Verkaufserlös wird dem Mitarbeiter dann auch anteilig gut gebracht, soweit das Arbeitsverhältnis dann noch besteht.
…“

18

Die Beklagte weigerte sich mit Schreiben vom 11.05.2011 dem Kläger das Gehalt für April 2011 zu zahlen. Sie erklärte die Aufrechnung mit vermeintlichen Schadensersatzansprüchen, außerdem bezweifelte sie das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit in der Zeit ab 05.04.2011. Daraufhin verlangte der Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 13.05.2011 (Bl. 88 d.A.) das Gehalt für April 2011 außergerichtlich vergeblich. Mit Klageschrift vom 02.08.2011, die am gleichen Tag per Telefax beim Arbeitsgericht eingegangen ist, machte er den Anspruch in Höhe von € 5.199,00 brutto gerichtlich geltend.

19

Mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 04.11.2011 (Bl. 58 ff. d.A.), der am 07.11.2011 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 10.11.2011 zugestellt worden ist, machte der Kläger die Karenzentschädigung für die Zeit vom 01.06. bis 14.08.2011 in Höhe von € 9.390,75 brutto geltend.

20

Am 01.08.2008 hatte die Beklagte dem Kläger ein Firmenfahrzeug auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Der Kläger leistete zum Listenpreis von netto € 25.000,00 eine Zuzahlung von € 2.400,00. Er verlangt nunmehr von der Beklagten die Rückzahlung eines Teilbetrages von € 1.300,00. Zur Begründung macht er geltend, bei einem sechsjährigen Abschreibungszeitraum der Anschaffungskosten des Fahrzeugs, sei die Beklagte verpflichtet, ihm wegen seines vorzeitigen Ausscheidens 39/72 seiner Zuzahlung zurückzuzahlen.

21

Außerdem verlangte der Kläger erstinstanzlich Urlaubsabgeltung und Urlaubsgeld in einer Gesamthöhe von € 5.279,08 brutto. Aus dem Jahr 2010 stünden ihm noch 13 Resturlaubstage zu, in 2011 seien 11 Urlaubstage hinzugekommen. Im Jahr 2011 habe er 4 Tage genommen, so dass 20 Tage mit € 4.799,08 abzugelten seien. Hinzu komme ein Urlaubsgeld von € 480,00 (20 Tage x € 24,00).

22

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes, des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der erstinstanzlichen Sachanträge wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Teilurteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 13.03.2012 (dort S. 2-10 = Bl. 248-256 d.A.) Bezug genommen.

23

Das Arbeitsgericht hat - soweit zweitinstanzlich noch von Interesse - die Klage auf Zahlung des Gehaltes für April 2011 und der Karenzentschädigung mit der Begründung abgewiesen, die Ansprüche seien nach § 13 RTV verfallen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, dem Kläger wegen seines vorzeitigen Ausscheidens seine Zuzahlung zum Firmenwagen anteilig zu erstatten. Die Vereinbarung vom 28.04.2008 sehe eine anteilige Erlösverteilung an den Kläger nur für den Fall eines entsprechenden Übererlöses sowie des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt der Veräußerung des Fahrzeugs vor. Beide Voraussetzungen seien unstreitig nicht erfüllt, weil die Beklagte den Firmenwagen weiterhin nutze; sie habe keinen Übererlös erzielt.

24

Den Antrag auf Urlaubsabgeltung hat das Arbeitsgericht im Tenor des Teilurteils abgewiesen, soweit er über € 2.639,54 brutto hinausgeht (Ziff. 1e) und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Ur-laubsabgeltung für 2010. Die Beklagte habe bestritten, dass ihm bei seinem Aus-scheiden noch Resturlaub aus 2010 zugestanden habe. Hierauf habe der Kläger nicht erwidert. Deshalb sei davon auszugehen, dass er seinen Urlaub 2010 rest-los genommen habe.

25

Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 10 bis 16 des erstinstanzlichen Teilurteils vom 13.03.2012 (Bl. 256-262 d.A.) Bezug genommen. Das genannte Teilurteil ist dem Kläger am 16.03.2012 zugestellt worden. Er hat mit am 13.04.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 16.05.2012 begründet.

26

Er macht geltend, sein Anspruch auf Zahlung der Karenzentschädigung sei nicht verfallen. Der Formulararbeitsvertrag sei einer AGB-Kontrolle zu unterziehen. Durch die partielle Abweichung vom Tarifvertrag werde die in § 310 Abs. 4 S. 1 BGB vorgesehene Privilegierung nicht mehr getragen. Die jeweils zweimonatige, zweistufige Ausschlussklausel sei wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam. Selbst wenn eine AGB-Kontrolle nicht durchzuführen sei, finde die tarifliche Ausschlussklausel auf die abweichende individualvertragliche Regelung keine Anwendung. Der Arbeitsvertrag regle zahlreiche Details individuell, insb. in Ziff. 17, 18 das Wettbewerbsverbot und die Karenzentschädigung. Erst in Ziff. 20 sei geregelt, dass „soweit nichts anderes vereinbart“ sei, der RTV gelte. Bezüglich der Karenzentschädigung sei im Sinne der Ziff. 20 aber etwas anderes vereinbart worden. Die Ausschlussfrist sei eine überraschende Klausel. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass weitere Besonderheiten als in Ziff. 17 bis 19 zur Karenzentschädigung geregelt seien. Der Tarifvertrag habe dem Arbeitsvertrag nicht bei-gelegen, so dass für ihn auch nicht erkennbar gewesen sei, dass die Karenzentschädigung von einer Ausschlussfrist erfasst sein sollte.

27

Sein Anspruch auf Zahlung des Gehaltes für den Monat April 2011 sei aus den-selben Gründen nicht verfallen. Auch das Arbeitsentgelt sei individualvertraglich vereinbart worden. Ziff. 20 sollte nur gelten, wenn nichts anders vereinbart worden sei.

28

Die Beklagte sei verpflichtet, ihm einen Teilbetrag von € 1.300,00 der geleisteten Zuzahlung zum Firmenwagen zurückzuzahlen. Die Vereinbarung vom 28.04.2008 sehe einen Ausgleich für den Fall des Übererlöses vor. Dieser Übererlös sei zu erzielen, wenn die Beklagte den Gebrauchtwagen verkaufe, weil dessen Wert durch die bessere Ausstattung gestiegen sei. Für den Fall seines früheren Ausscheidens sei keine Vereinbarung getroffen worden. Dies sei damals schlicht übersehen worden. Es stelle eine unangemessene Benachteiligung dar und verstoße gegen Treu und Glauben, wenn er aus eigenen Mitteln eine Wertsteigerung des Firmenwagens bewirkt habe, seine Investition bei seinem Ausscheiden jedoch nicht zurückerhielte.

29

Auch der Urlaubsabgeltungsanspruch für 2010 sei begründet. Das Arbeitsgericht habe nicht annehmen dürfen, er habe den Urlaub 2010 restlos genommen. Das pauschale Bestreiten der Beklagten sei nicht ausreichend. Er habe mit der Klage-schrift sein Urlaubskonto 2010 (Bl. 16 d.A.) vorgelegt, aus dem detailliert hervor-gehe, wann er Urlaub genommen habe. Er habe damit Beweis dafür angetreten, dass ihm noch Resturlaub zustehe. Er habe mit seiner Klage die Abgeltung von 20 Urlaubstagen aus 2010 und 2011 einschließlich Urlaubsgeld in einer Gesamthöhe von € 5.279,08 brutto begehrt. Das Arbeitsgericht habe ihm im Schlussurteil vom 24.05.2012 (Bl. 314-319 d.A.) 6 Tage vom Urlaub 2010 und 4 Tage vom Urlaub 2011 zugesprochen. Es bestehe daher noch ein Anspruch von 14 Tagen.

30

Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 16.05.2012 (BL 296-301 d.A.) und vom 03.08.2012 (Bl. 360-363 d.A.) Bezug genommen.

31

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

32

das Teilurteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 13.03.2012, Az.: 6 Ca 672/11, unter Aufrechterhaltung im Übrigen wie folgt abzuändern:

33

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 9.390,75 brutto (Karenzentschädigung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.08.2011 zu zahlen,

34

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 5.199,00 brutto (Gehalt April 2011) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

35

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.300,00 netto. (Zuzahlung zum Firmenwagen) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

36

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 2.639,54 brutto (Urlaubsabgeltung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

37

Die Beklagte beantragt,

38

die Berufung zurückzuweisen

39

Sie verteidigt das angefochtene Teilurteil nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 19.06.2012 (Bl. 348-359 d.A.) und vom 07.09.2012 (Bl. 365-367 d.A.) auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Zu den Urlaubsabgeltungsansprüchen für 2010 habe das Arbeitsgericht dem Schlussurteil zugrunde gelegt, dass dem Kläger 6 Urlaubstage aus 2010 im Jahr 2011 in Natur gewährt worden seien. Die Abgeltung dieser 6 Tage könne der Kläger nicht verlangen.

40

In der Sitzungsniederschrift des Arbeitsgerichts vom 24.05.2012 (Bl. 307 ff d.A.) ist folgendes protokolliert worden:

41

„Im Rahmen der weiteren Erörterung wird klägerseits nochmals klargestellt, dass der geltend gemachte Urlaubsanspruch auch unter Berücksichtigung der Ausführungen im Teilurteil richtigerweise so zu verstehen sei, dass der geltend gemachte Urlaub 13 Tage aus 2010 sowie 11 Tage aus 2011 umfasst habe, wobei 4 Tage aus 2010 unstreitig schon gewährt gewesen seien. So sei man rechnerisch auf die 20 Tage gekommen. Mithin seien tatsächlich noch offen 11 Tage aus 2011.“

42

Mit - rechtskräftigem - Schlussurteil vom 24.05.2012 (Bl. 314-319 d.A.) hat das Arbeitsgericht nach Beweisaufnahme die Beklagte verurteilt, an den Kläger € 2.639,54 brutto Urlaubsabgeltung und Urlaubsgeld für 10 Urlaubstage aus 2011 zu zahlen.

43

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

44

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

45

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die zweitinstanzlich noch streitgegenständlichen Zahlungsanträge des Klägers zu Recht als unbegründet abgewiesen.

46

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Karenzentschädigung für die Zeit vom 01.06. bis 14.08.2011 in Höhe von € 9.390,75 brutto. Die Ansprüche sind gemäß § 13 Abs. 1 RTV verfallen.

47

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die in § 13 des Rahmentarifvertrages für die Angestellten und Poliere des Baugewerbes vom 04.07.2002 (RTV) geregelte zweistufige Ausschlussfrist aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme in Ziff. 20 des Arbeitsvertrages vom 27.09.1999 auf die geltend gemachten Karenzentschädigungsansprüche des Klägers Anwendung findet.

48

1.1. Nach § 13 Abs. 1 RTV verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Der Anspruch auf Karenzentschädigung ist eine Forderung, die mit dem Arbeitsvertrag in rechtlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang steht (BAG 22.06.2005 - 10 AZR 459/04 - AP Nr. 183 zu § 4 TVG Ausschlussfrist, m.w.N.).

49

Der Kläger hat die streitigen Ansprüche auf Karenzentschädigung erstmals mit Klageerweiterungsschriftsatz vom 04.11.2011, der am 07.11.2011 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 10.11.2011 zugestellt worden ist, schriftlich geltend gemacht. Die Ansprüche des Klägers auf Karenzentschädigung für die Monate Juni bis August 2011 waren nach § 74 b Abs. 1 HGB am Schluss eines jeden Monats fällig. Der Kläger hätte die Ansprüche in der ersten Stufe der Ausschlussfrist innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der Beklagten schriftlich erheben müssen. Den Anspruch aus Juni 2011 hätte er spätestens am 31.08.2011, aus Juli 2011 am 04.10.2011 und aus August 2011 (bis 14.08.) am 31.10.2011 schriftlich geltend machen müssen. Die mit der Zustellung der Klage am 10.11.2011 erstmals vorgenommene Geltendmachung der Ansprüche gegenüber der Beklagten ist nach Ablauf der zweimonatigen Frist erfolgt und konnte sie somit nicht wahren.

50

1.2. Entgegen der Auffassung der Berufung scheitert die Anwendbarkeit der tariflichen Ausschlussfrist nicht daran, dass die Beklagte ihre Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 Nr. 10 NachwG verletzt hätte. Denn nach dieser Vorschrift genügt ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind. Dazu ist es nicht erforderlich, die einzelnen Ausschlussfristen konkret nachzuweisen (BAG 05.11.2003 - 5 AZR 676/02 - NZA 2005, 64 für die wortgleichen Vorschriften des §16 BRTV-Bau). Das gilt auch dann, wenn der nachzuweisende Tarifvertrag nicht normativ, sondern nur auf Grund einzelvertraglicher Inbezugnahme gilt (BAG 23.01.2002 - 4 AZR 56/01 - NZA 2002, 800; BAG 17.04.2002 - 5AZR 89/01 - NZA 2002, 1096). Der entsprechende Hinweis auf den Rahmentarifvertrag für die technischen und kaufmännischen Angestellten im Baugewerbe ist in Ziff. 20 des Arbeitsvertrages enthalten. Eine Nachweispflichtverletzung der Beklagten liegt nicht vor.

51

1.3. Entgegen der Ansicht der Berufung hält die Bezugnahmeklausel in Ziff. 20 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 27.09.1999 der Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB stand. § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB, der ua. Tarifverträge von der AGB-Kontrolle ausnimmt, erfasst nicht arbeitsvertragliche Bezugnahmeklauseln, durch die auf Tarifverträge verwiesen wird (BAG 09.05.2007 - 4 AZR 319/06 - AP Nr. 8 zu § 305c BGB).

52

Die Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag der Parteien verletzt das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht. Verweisungen auf Tarifverträge sind nicht unklar. Bezugnahmeklauseln sind im Arbeitsrecht weit verbreitet. Arbeitsvertragliche Verweisungen auf nicht immer einfach zugängliche Tarifverträge werden im tarifdispositiven Gesetzesrecht als allgemein zulässiges Instrument zur Regelung der Arbeitsbedingungen vorausgesetzt (vgl. § 622 Abs. 4 Satz 2 BGB, § 13 Abs. 1 Satz 2 BUrlG, § 7 Abs. 3 ArbZG, § 4 Abs. 4 Satz 2 EFZG, § 14 Abs. 2 Satz 4 TzBfG, § 9 Nr. 2 AÜG, § 2 Abs. 2 Satz 2 ATZG). Auch nach dem Nachweisgesetz genügt der bloße allgemeine Hinweis auf Tarifverträge (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 NachwG). Dynamische Verweisungen auf einschlägige Tarifverträge sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument verbreitet, ihre Aufnahme in Formularverträge ist nicht iSv. § 305 c Abs. 1 BGB überraschend (BAG 23.03.2011 - 10 AZR 831/09 - NZA 2012, 396, mwN).

53

Auch die Bezugnahmeklausel in Ziff. 20 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 27.09.1999 begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Ziff. 20 enthält weder der äußeren Form nach noch wegen der inhaltlichen Gestaltung eine überraschende Klausel iSv, § 305 c Abs. 1 BGB. „Soweit nichts anderes vereinbart“, gelten die tariflichen Regelungen des RTV. Welche konkreten tariflichen Regelungen jeweils das Arbeitsverhältnis ausfüllen sollen, ist für den Kläger feststellbar.

54

Weil die Klausel nicht intransparent ist, kann dahinstehen, ob eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gesondert geprüft werden müsste oder ob bereits die Unklarheit selbst zur unangemessenen Benachteiligung führen würde.

55

1.4. Entgegen der Ansicht der Berufung unterliegt die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 13 RTV nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Nach dem Wortlaut des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB finden die §§ 305 bis 310 BGB keine Anwendung auf Tarifverträge (BAG vom 13.12.2007 - 6 AZR 222/07 - NZA 2008, 478, m.w.N.).

56

Ob dies auch bei einer nur teilweisen Inbezugnahme tariflicher Regelungen oder bei Vereinbarung der Anwendbarkeit eines nicht einschlägigen Tarifvertrages gilt, bedarf vorliegend keiner Erörterung, weil der RTV uneingeschränkt auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet und die Beklagte als Mitglied des Arbeitgeberverbandes tarifgebunden ist.

57

Die in § 13 RTV enthaltene Ausschlussfrist unterliegt nicht der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB gebietet jedenfalls dann keine Transparenzkontrolle, wenn der Arbeitgeber - wie hier - tarifgebunden ist und mittels arbeitsvertraglicher Verweisung der Tarifvertrag Anwendung findet, der für den Arbeitgeber im Übrigen kraft Tarifbin-dung gilt. Andernfalls bestünde die Gefahr einer mittelbaren Tarifzensur (vgl. zu allem BAG 28.06.2007 - 6 AZR 750/06 - EzA BGB 2002 § 310 Nr. 5).

58

Entgegen der Ansicht der Berufung begegnet die zweistufige tarifliche Ausschlussfrist von jeweils zwei Monaten in § 13 RTV auch ansonsten keinen rechtlichen Bedenken. Die Bemessung der Dauer von Ausschlussfristen obliegt der Entscheidung der Tarifvertragsparteien und ist von den Gerichten grundsätzlich zu respektieren. Allenfalls extrem kurze Fristen können im Einzelfall Anlass zur näheren Überprüfung sein (BAG 19.04.2005 - 9 AZR 160/04 - AP Nr. 12 zu § 1 TVG Tarifverträge Bewachungsgewerbe, m.w.N.). Die Geltendmachungsfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit ist danach nicht zu beanstanden. Eine an die Fälligkeit anknüpfende Frist von zwei Monaten ist tariflich weit verbreitet.

59

Die von der Berufung zitierte Rechtsprechung des BAG zur Unwirksamkeit zweimonatiger Ausschlussklauseln, die in Formulararbeitsverträgen vereinbart worden sind (BAG 12.03.2008 - 10 AZR 152/07 - NZA 2008, 699, mwN.), ist nicht einschlägig. Sie ist auf tarifvertraglich geregelte Ausschlussfristen, die keiner Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB unterliegen, nicht übertragbar.

60

Soweit die Berufung meint, die tarifvertragliche doppelte Ausschlussfrist in § 13 RTV sei nicht anwendbar, weil die Parteien bezüglich des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots und der Karenzentschädigung im Arbeitsvertrag etwas anderes vereinbart hätten, ist dies nicht zutreffend.

61

Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag vom 27.09.1999 verweist umfassend auf die Regelungen des RTV. Dies wird nicht nur aus dem Wortlaut der Ziff. 20, sondern auch aus der systematischen Stellung der Regelung am Vertragsende deutlich. Als typische Auffangklausel bestimmt Ziff. 20 des Vertrages, dass dem Arbeitsverhältnis der RTV zugrunde liegt, soweit nichts anderes vereinbart worden ist. Zu Ausschlussfristen ist im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart worden.

62

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des Gehaltes für April 2011 in Höhe von € 5.199,00 brutto. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Anspruch gemäß § 13 Abs. 2 RTV verfallen ist.

63

Der Kläger hat zwar die erste Stufe der tariflichen Ausschlussfrist gewahrt, indem er bereits mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 13.05.2011, das der Beklagten am selben Tag zugegangen ist, das Aprilgehalt geltend gemacht hat. Er hat der Beklagten eine Frist bis zum 17.05.2011 gesetzt und für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs eine gerichtliche Geltendmachung angekündigt. Die Beklagte, die bereits am 11.05.2011 eine Zahlung abgelehnt hatte, hat sich auf das Schreiben vom 13.05.2011 nicht mehr erklärt, so dass die zweimonatige Frist zur gerichtlichen Geltendmachung am 27.07.2011 (zwei Wochen plus zwei Monate) ablief. Die Klage ist jedoch erst am 02.08.2011 und damit nicht mehr rechtzeitig beim Arbeitsgericht eingegangen.

64

Zur Anwendbarkeit der tariflichen Ausschlussfrist des § 13 RTV und zur Wirksamkeit der Bezugnahmeklausel in Ziff. 20 des Arbeitsvertrages wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die obigen Ausführungen unter Ziff. 1 der Entscheidungsgründe verwiesen.

65

3. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung von € 1.300,00 netto wegen seiner „Investition“ in den Firmenwagen.

66

Die Parteien haben am 28.04.2008 vereinbart, dass die Beklagte dem Kläger ein Firmenfahrzeug zu einem Listenpreis von netto € 25.000 zur Verfügung stellt. Sie haben weiterhin vereinbart, dass der Kläger die tatsächlichen Mehrkosten der Anschaffung trägt, wenn er sich ein Fahrzeug wünscht, dass teurer ist. Aufgrund dieser vertraglichen Vereinbarung hat der Kläger eine Zuzahlung von € 2.400,00 für das am 01.08.2008 angeschaffte Firmenfahrzeug geleistet.

67

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger bei seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis aufgrund Eigenkündigung zum 15.05.2011 keinen Anspruch darauf hat, dass ihm die Beklagte 39/72 der Zuzahlung, mithin € 1.300,00, zurückzahlt, weil er das Fahrzeug nicht die volle steuerliche Abschreibungsdauer von sechs Jahren nutzen konnte.

68

Die Privatnutzung eines Dienstfahrzeugs ist ein typisches Mittel zur Gehaltsfindung. Mit ihr wird dem Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil zugewendet, der als Sachbezug der Lohnsteuer unterliegt. Die anfallenden Steuern liegen indessen regelmäßig weit unter den tatsächlichen Kosten, die für Erwerb und Unterhalt eines eigenen Fahrzeugs aufzuwenden sind. Die Privatnutzung ist deshalb ein attraktives Angebot an Arbeitnehmer, ein Arbeitsverhältnis einzugehen oder aufrechtzuerhalten. Das gilt auch für die Bereitschaft des Arbeitgebers, auf Wunsch des Arbeitnehmers über die an sich geplanten Kosten des Arbeitsplatzes hinaus ein teureres Fahrzeug zu beschaffen. Ob der Arbeitgeber auf entsprechende Wünsche eingeht, unterliegt seiner Entscheidung. Fehlt es an einer Bindung - etwa durch Tarifvertrag - so steht den Arbeitsvertragsparteien grundsätzlich frei, die sich aus einem solchen Wunsch des Arbeitnehmers ergebenden finanziellen Folgen zu regeln. Verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Übernahme der dem Arbeitgeber entstehenden Mehrkosten, so ist eine Vereinbarung - wie sie die Parteien hier in der Vereinbarung vom 28.04.2008 für die Dauer des Arbeitsverhältnisses getroffen haben - regelmäßig nicht zu beanstanden. Der Arbeitnehmer übernimmt zwar anteilig Betriebskosten des Arbeitgebers. Soweit er das Dienstfahrzeug dienstlich einsetzt, partizipiert der Arbeitgeber nämlich an dem höheren Prestige eines solchen Fahrzeugs und dem dadurch gesteigerten Werbeeffekt. Der Arbeitnehmer erhält aber im Gegenzug die Befugnis, das höherwertige Fahrzeug auch privat zu nutzen (so ausdrücklich: BAG 09.09.2003 - 9 AZR 574/02 - NZA 2004, 484).

69

Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem dadurch bedingten Wegfall der Privatnutzung des Dienstfahrzeugs wird dieses Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gestört. Arbeitnehmer dürfen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus nicht an den Folgen ihrer eigenen Investitionsentscheidung beteiligt werden, weil ihre Vorteile sich auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses beschränken, während die - uU. sogar unerwünschte - Begünstigung der Arbeitgeber durch ein nach Ausstattung oder Modell teureres Dienstfahrzeug über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortwirkt. Deshalb ist nach der Rechtsprechung eine Vertragsklausel unwirksam, die den Arbeitnehmer verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen ihm zur Privatnutzung überlassenen Dienstwagen zurückzugeben und dennoch für die restliche Laufzeit des Leasingvertrags die anfallenden Raten in einem Einmalbetrag zu zahlen (LAG Berlin-Brandenburg 05.12.2007 -21 Sa 1770/07- Juris; LAG Düsseldorf 08.07.2011 - 10 Sa 108/11 - Juris; im Anschluss an BAG 09.09.2003, a.a.O.).

70

So liegt der Fall hier nicht. Die Beklagte legte dem Kläger bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.05.2011 keine Kosten für den Firmenwagen auf. Der Kläger konnte wegen der Eigenkündigung das Fahrzeug lediglich nicht die gesamte steuerliche Abschreibungszeit für Neuwagen, die sechs Jahre beträgt, nutzen.

71

Entgegen der Ansicht der Berufung führt dieser Umstand nicht zu einer anteiligen Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten im Verhältnis der AfA-Dauer zur tatsächlichen Nutzungsdauer (39/72) des Fahrzeugs. Die vom Kläger aufgestellte Berechnung ist nicht zulässig.

72

Im Übrigen hat der Kläger nicht dargelegt, für welche Ausstattungswünsche des Neuwagens er einen Betrag von € 2.400,00 zugezahlt hat. Er hätte jedoch darlegen und ggf. beweisen müssen, dass die Beklagte bei seinem Ausscheiden am 15.05.2011 beim Verkauf des drei Jahre alte Gebrauchtwagens aufgrund der von ihm finanzierten Sonderausstattungen einen um € 1.300,00 höheren Verkaufserlös hätte erzielen können. Es besteht kein Erfahrungssatz, dass im Fall der Veräußerung eines Gebrauchtwagens stets ein anteilig höherer Kaufpreis für Sonderausstattungen erzielt wird. Es ist vielmehr vom gegenteiligen Erfahrungssatz auszugehen. Nicht jede Sonderausstattung beim Neuwagen, führt beim Wiederverkauf zwangsläufig zu einem Mehrpreis.

73

Entgegen der Ansicht der Berufung stellt es keine unangemessene Benachteiligung des Klägers oder ein Verstoß gegen Treu und Glauben dar, wenn ihm die Beklagte im Fall des vorzeitigen Ausscheidens seine „Investition“ in den Firmenwagen nicht anteilig zurückzahlen muss, wenn sie keinen Übererlös realisiert. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass kein Mitarbeiter eine solche Vereinbarung schließen würde, trifft diese Wertung nicht zu.

74

4. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Urlaubsabgeltung und Urlaubsgeld in Höhe von (weiteren) € 2.639,54 brutto.

75

Das Arbeitsgericht hat mit dem angegriffenen Teilurteil vom 13.05.2012 die Klage auf Zahlung von € 2.639,54 für 10 Urlaubstage abgewiesen und mit Schlussurteil vom 24.05.2012 der Klage auf Zahlung von € 2.639,54 für 10 Urlaubstage aus 2011 stattgegeben. Aus den Urteilen geht nach Maßgabe des §301 ZPO zwar nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit hervor, über welchen Teil des Klagebegehrens entschieden worden ist, dies lässt sich jedoch klarstellen.

76

Der Kläger hat ausweislich der Klageschrift vom 02.08.2011 für 2010 einen Resturlaub von 13 Tagen und für 2011 einen Teilurlaub von 11 Tagen errechnet. Von insgesamt 24 Tagen habe er 4 Tage genommen, so dass 20 Tage abzugelten seien. Ausweislich der Feststellungen in der erstinstanzlichen Sitzungsniederschrift vom 24.05.2012 hat der Kläger nach Erlass des Teilurteils vom 13.05.2012 und vor Erlass des Schlussurteils vom 24.05.2012 nochmals klargestellt, dass er 13 Tage aus 2010 sowie 11 Tage aus 2011 geltend mache, wobei ihm 4 Tage aus 2010 im Jahr 2011 gewährt worden seien. So sei er rechnerisch auf die Gesamtzahl von 20 Tagen gekommen. Mithin seien tatsächlich noch offen 11 Tage aus 2011. Das Arbeitsgericht hat ihm mit Schlussurteil vom 24.05.2012 für 2011 Urlaubsabgeltung und Urlaubsgeld für 10 Tage zugesprochen, so dass noch über 10 Tage zu befinden ist: nämlich 9 Tage aus 2010 und 1 Tag aus 2011.

77

4.1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung (€ 239,95) und Urlaubgeld (€ 24,00) für einen weiteren Urlaubstag aus 2011.

78

Der Kläger hatte für die Zeit vom 01.01.2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15.05.2011 einen Teilurlaubsanspruch von 10 und nicht - wie beantragt- von 11 Urlaubstagen. Der Urlaubsanspruch des Klägers richtete sich gemäß Ziff. 6 des schriftlichen Arbeitsvertrages nach den tarifvertraglichen bzw. gesetzlichen Bestimmungen. Nach der tariflichen Regelung in § 10 Ziff. 1.33 RTV hat der Angestellte einen Anspruch auf ein Zwölftel des Jahresurlaubs (von 30 Arbeitstagen) für jeden „vollen Monat“ des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres ausscheidet. Auch nach der gesetzlichen Regelung in § 5 Abs. 1 c BUrlG für den Mindesturlaub (von 20 Arbeitstagen in der Fünftagewoche) besteht die Zwölftelregelung für jeden „vollen Monat". Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand im Jahr 2011 nur 4 volle Monate, so dass der Kläger 1/3 des Jahresurlaubs 2011, mithin 10 Tage, beanspruchen konnte. Diese 10 Tage hat ihm das Arbeitsgericht im - rechtskräftigen - Schlussurteil vom 25.05.2012 zugesprochen. Die weitergehende Klage auf Zahlung von Urlaubsabgeltung und Urlaubsgeld für einen 11. Urlaubstag aus 2011 war abzuweisen.

79

4.2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung und Urlaubsgeld für restliche 9 Tage aus 2010. Nach dem erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers standen am 31.12.2010 noch 13 Resturlaubstage offen, von denen er Anfang 2011 insgesamt 4 Tage genommen habe, so dass noch 9 Tage abzugelten seien.

80

Ausweislich des Rundschreibens an alle Mitarbeiter vom Dezember 2010 (Bl. 312 d.A.), das von der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat unterschrieben ist, waren vom 24.12.2010 bis zum 08.01.2011 sowie am 07.03.2011 (Rosenmontag) Betriebsferien. Der Kläger hatte nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme in der Woche vom 03.01. bis 07.01.2011 und am 07.03.2011 (Rosenmontag) Urlaub. Das sind 6 Arbeitstage und nicht lediglich 4, die der Kläger errechnet hat. Das Arbeitsgericht hat im Schlussurteil vom 24.05.2012 ausgeführt, nach der Vernehmung der Zeugin R. stehe fest, dass dem Kläger in der Zeit vom 03.01. bis 07.01.2011 und am 07.03.2011 Urlaub gewährt worden sei, wobei es sich jedoch um Urlaub aus 2010 gehandelt habe. Mithin habe ihm bei seinem Ausscheiden der Urlaub aus 2011 noch in vollem Umfang von 10 Tagen zugestanden. Wie die Berufung im Schriftsatz vom 03.08.2012 zu der Behauptung kommt, das Arbeitsgericht habe dem Kläger im Schlussurteil vom 24.05.2012 6 Tage vom Urlaub 2010 und 4 Tage vom Urlaub 2011 zugesprochen, so dass noch ein Anspruch von 14 Tagen bestehe, ist nicht nachvollziehbar; am 31.03.2011 standen allenfalls noch 7 Tage aus 2010 offen.

81

Auch diese 7 Tage sind vorliegend nicht abzugelten. Zwar hat das BAG mit Urteil vom 19.06.2012 (9 AZR 652/10 - NZA 2012, 1087) die Surrogatstheorie vollständig aufgegeben. Der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs ist auch für den Fall der Arbeitsfähigkeit des aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidenden Arbeitnehmers ein reiner Geldanspruch. Er unterfällt deshalb nicht dem Fristenregime des BUrlG. Bei den hier restlichen 7 Tagen handelt es sich jedoch nicht um den gesetzlichen Mindesturlaub (jährlich 20 Tage in der Fünftagewoche), der dem Kläger gewährt worden ist, sondern den tariflichen Mehrurlaub, der im RTV geregelt ist. Die Tarifvertragsparteien sind bei der Regelung der Abgeltung tariflichen Mehrurlaubs durch europarechtliche Vorgaben nicht gehindert, den Abgeltungsanspruch an die Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs zu binden (vgl. zur Entwicklung: BAG 22.05.2012 - 9 AZR 618/10 - NZA 2012, 987). Die Urlaubsabgeltung ist hier im Tarifvertrag geregelt. Danach ist nur der Urlaub abzugelten, den der Arbeitnehmer nicht in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres genommen hat; § 10 Ziff. 3.3, 5.2 RTV. Der Kläger war erst ab dem 05.04.2011 arbeitsunfähig krankgeschrieben, so dass er den tariflichen Mehrurlaub 2010, wenn nicht schon bis zum 31.12.2010, jedenfalls bis zum 31.03.2011 hätte nehmen können. Ein Abgeltungsanspruch besteht daher nicht.

III.

82

Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

83

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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