Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (3. Kammer) - 3 Sa 315/13
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgericht Koblenz vom 26.06.2013, Az.: 4 Ca 3644/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten um die Zahlung von Arbeitsvergütung und Urlaubsabgeltung.
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Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 20.02.2011 auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom selben Tage als Kraftfahrer in einer Sechs-Tage-Woche beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Kündigung des Klägers mit dem 19.05.2012.
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Im formularmäßigen Arbeitsvertrag der Parteien ist, soweit vorliegend von Belang, eine Regelung folgenden Inhalts vorgesehen:
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„§ 1 Beginn und Ende des Anstellungsverhältnisses/Tätigkeit
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[...]
Der Arbeitnehmer kann als Kraftfahrer für alle vom Arbeitgeber betriebenen Verkehre und Fahrzeuge im Nah- und Fernverkehr eingesetzt werden. Fährt der Arbeitnehmer Luftfrachtersatzverkehr so wird er ca. 3 Wochen am Stück eingesetzt und hat danach 6 Tage frei. Oder es werden 13 Tage gefahren mit einer 24stündigen Pause und dann 3,5 Tage frei. Bei einem anderen Auftraggeber können sich diese Zeiten ändern.
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§ 7 Urlaub/Nebentätigkeit
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Der Arbeitnehmer erhält 26 Werktage Urlaub. [...]
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§ 13 Ausschlussklausel
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Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis innerhalb eines Monats nach Zugang der jeweiligen Gehaltsabrechnung geltend gemacht werden; andernfalls sind sie verwirkt.“
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Hinsichtlich des weiteren Inhalts des schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 11 d. A. Bezug genommen.
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Im Jahr 2011 hat der Kläger 10 Tage Urlaub genommen. Weil im Betrieb der Beklagten nicht mehr ausreichend Arbeitnehmer vorhanden waren, konnte der Kläger weiteren Urlaub im Jahr 2011 nicht nehmen. Schon vor Jahresende 2011 und als der Kläger ein weiteres Mal auf den Geschäftsführer der Beklagten im Frühling 2012 zutrat, erklärte dieser, dass sich der Kläger wegen seines Urlaubs keinerlei Gedanken machen müsse. Er könne jetzt keinen Urlaub nehmen, der Urlaub werde ihm aber nicht verfallen.
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Entgegen der Lohnabrechnung für Mai 2012, die allein die Lohnart "Gehalt" und einen Nettolohnanspruch von 762,35 EUR ausweist, behielt die Beklagte als Abzug für "Reinigungskosten" 150,00 EUR netto ein. Sie überwies an den Kläger am 11.07.2012 einen Betrag von 1.129,35 EUR mit dem Verwendungszweck "Spesen für Monat Mai 2012 2 x Gehalt 2012 minus 150,00 EUR Reinigungskosten"; hinsichtlich des weiteren Inhalts der Überweisung wird auf Bl. 17 d. A. Bezug genommen.
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Der Kläger hat vorgetragen,
die Beklagte habe von der Vergütung für Mai 2012 zu Unrecht 150,00 EUR für Reinigungskosten einbehalten. Der Einbehalt berücksichtige nicht die Pfändungsfreigrenzen. Er habe den Lkw der Beklagten im Übrigen auch in gereinigtem Zustand zurückgegeben. Mit dem Fahrzeug seien bereits 1,2 Millionen Kilometer zurückgelegt worden. Es verfüge folglich auch über entsprechende Abnutzungserscheinungen im Cockpit.
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Der streitgegenständliche Urlaub sei dem Kläger nicht gewährt worden. Vereinbarungen über die Inanspruchnahme von Urlaub in der Ruhezeit zwischen zwei Touren habe es nicht gegeben. Dem Kläger stünden 21 Tage Resturlaub zu wie folgt:
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- für das Jahr 2011: 10/12 x 26 = 21,66; gerundet 22 Tage abzüglich 10 genommener Tage = 12 Werktage Resturlaub
- für das Jahr 2012: 4/12 x 26 = 8,66; gerundet 9 Tage.
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Bei einer Sechs-Tage-Woche und einer Bruttomonatsvergütung von 1.750,00 EUR errechne sich die Zahlungsforderung wie folgt:
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1.750,00 EUR x 3 / 78 x 21 Urlaubstage = 1.413,30 EUR brutto.
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Der Kläger hat beantragt,
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 150,00 Euro netto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Juni 2012.
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.413,30 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Juni 2012 zu zahlen.
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Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat vorgetragen,
indem der Geschäftsführer der Beklagten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses das dem Kläger überlassene Fahrzeug persönlich - unstreitig - gereinigt habe, sei der Beklagten ein Schaden in Höhe von 150,00 EUR netto entstanden. Die Beklagte habe diesen Betrag vom Spesenanspruch des Klägers für den Monat Mai 2012 in Abzug gebracht. Es handele sich insoweit um eine Aufrechnung mit einem arbeitsvertraglichen Schadensersatzanspruch. Der Kläger habe sich im Lkw der Beklagten offenbar in einer offenen Pfanne mit Speisefett Essen zubereitet. Das Führerhaus sei total verdreckt gewesen. Überall seien Kaffeereste, Tabak, Nikotinverfärbungen, Staub und Fettablagerungen zu finden gewesen.
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Der Urlaubsanspruch des Klägers sei erfüllt. Im Ergebnis habe der Kläger im Jahr 2012 insgesamt 9,5 Tage Urlaub mehr erhalten, als ihm zustünden. Aus § 1 des Arbeitsvertrages ergebe sich, dass der Kläger zwischen zwei Touren grundsätzlich 3,5 Ruhetage erhalte. Habe der Kläger mehr als diese 3,5 Ruhetage in Anspruch nehmen wollen, habe er Urlaub nehmen müssen. Dies sei zwischen den Parteien schon bei der Einstellung des Klägers vorab vereinbart worden. Im Jahr 2011 habe er zwischen den Touren - unstreitig - 82,75 Tage frei gehabt. 22,75 Tage davon seien Urlaubstage gewesen. 2011 habe er somit mit 0,75 Tage mehr Urlaub erhalten, als ihm zustünden. Den Teilurlaub des Jahres 2012 in Höhe von 9 Tagen habe der Kläger durch die Inanspruchnahme von 42,75 Tagen zwischen den einzelnen Touren genommen, weil ihm lediglich Freischichten im Umfang von 22 Tagen zugestanden hätten.
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Die Zahlungsansprüche des Klägers seien im Übrigen verfallen, weil er die in § 13 des Arbeitsvertrages vereinbarte einmonatige Ausschlussfrist nicht gewahrt habe.
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Das Arbeitsgericht Koblenz hat daraufhin durch Urteil vom 26.06.2013 - 4 Ca 3644/12 - die Beklagte verurteilt, an den Kläger 150,00 EUR netto nebst Zinsen sowie 1.413,30 EUR brutto nebst Zinsen zu zahlen und dem Kläger ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 88 bis 97 d. A. Bezug genommen.
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Gegen das ihr am 12.07.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 29.07.2013 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 06.09.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
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Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die Parteien hätten schon bei Abschluss des Arbeitsvertrages vereinbart, dass die Zeiten, in denen sich ein Fahrerwechsel über die üblichen 3,5 Tage hinaus verzögere, als Urlaubstage gewährt würden. Eine solche Vereinbarung sei auch hinreichend bestimmt. Diese Regelung verhindere nicht, dass die auf entsprechenden Routen eingesetzten Fahrer der Beklagten den Jahresurlaub im Wesentlichen zusammenhängend nehmen könnten. Denn die im Arbeitsvertrag wiedergegebene Arbeitsvertragsregelung entspreche einem festen Tourenplan, von dem nur in seltenen Ausnahmefällen abgewichen werden müsse. Selbstverständlich könne auch der Kläger seinen Urlaub nach seinen Wünschen in Anspruch nehmen, soweit nicht im Einzelfall dringende betriebliche Belange entgegenstünden. Die Absprachen zur Urlaubsgewährung seien während des gesamten Arbeitsverhältnisses einvernehmlich erfolgt.
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Im Übrigen stelle die Beklagte das Urteil des Arbeitsgerichts nicht in Frage, soweit es die Aufrechnung mit ihren Schadensersatzansprüche wegen des Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Reinigung des Führerhauses des Lkw gegen die Spesenforderung des Klägers für unzulässig gehalten hat. Stattdessen mache sie nunmehr einen Schadensersatzanspruch im Wege der Widerklage geltend.
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Hinsichtlich des weiteren tatsächlichen Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 06.09.2013 (Bl. 118 bis 121 d. A.) Bezug genommen.
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Die Beklagte beantragt,
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das angefochtene Urteil abzuändern, soweit sie verurteilt wurde, an den Kläger 1.413,30 EUR nebst Zinsen zu zahlen (Nr. 2 des Urteilstenors) und die Klage insoweit abzuweisen
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sowie
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den Kläger im Wege der Widerklage zu verurteilen, an die Beklagten 150,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 25.01.2013 zu zahlen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung einschließlich der Widerklage zurückzuweisen.
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Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, Absprachen zur Urlaubsgewährung seien keineswegs einvernehmlich erfolgt. Eine besondere Urlaubsgewährung, eine Erklärung des Arbeitgebers, dass der Kläger zum Zweck der Erholung freigestellt sei, sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Das von der Beklagten dargestellte Einstellungsgespräch mit dem Kläger habe so nicht stattgefunden.
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Ein Schadensersatzanspruch der Beklagten bestehe nicht. Der Zustand des Lkw, den die Beklagte behaupte, sei nicht der Zustand, den der Kläger beim Verlassen des Lkws zurückgelassen habe. Der Kläger habe das Fahrzeug in gereinigtem Zustand übergeben, der Lkw sei vom Kläger und unstreitig auch von anderen Fahrern genutzt worden. Dem Vorbringen der Beklagten könne im Übrigen nicht die Höhe des Schadens für die Reinigung des Lkw im Einzelnen entnommen werden.
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Hinsichtlich des weiteren tatsächlichen Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 08.10.2013 (Bl. 133 bis 135 d. A.) Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.
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Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 20.01.2014.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
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Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
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Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger von der Beklagten sowohl die Zahlung von 150,00 EUR netto nebst Zinsen, als auch die Zahlung von 1.413,30 EUR brutto nebst Zinsen verlangen kann.
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Der Anspruch in Höhe von 150,00 EUR netto ist als Spesenanspruch zwischen den Parteien dem Grunde und der Höhe nach unstreitig. Gleiches gilt nunmehr im Berufungsverfahren auch dafür, dass der Anspruch nicht durch Aufrechnung gemäß § 362 Abs.1 BGB erloschen ist.
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Die in gleicher Höhe von der Beklagten im Berufungsverfahren erstmals erhobene Widerklage ist jedenfalls unbegründet. Denn dem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen lässt sich nicht entnehmen, dass sie die tatsächlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 280 ff. BGB hinreichend substantiiert nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen vorgetragen hat. Unstreitig wurde das vom Kläger geführte Fahrzeug der Beklagten auch von anderen Arbeitnehmern benutzt. Das wird nicht nennenswert dadurch relativiert, dass die Beklagte vorgetragen hat, der Mitarbeiter B. habe das Fahrzeug nicht verschmutzt. Ebenfalls unstreitig wurden mit dem Fahrzeug bereits 1,2 Millionen Kilometer zurückgelegt. Demgegenüber sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass und wann gerade der Kläger das Fahrzeug in einer vertragswidrigen Art und Weise verschmutzt hat. Die Beklagte hat insoweit, insoweit folgt die Kammer ausdrücklich dem Arbeitsgericht, lediglich Vermutungen darüber angestellt, indem sie angenommen hat, gerade der Kläger habe sich im Führerhaus des Fahrzeugs Lebensmittel in einer Pfanne zubereitet und dabei Fett verspritzt, Kaffee verschüttet usw. Zu diesem substantiiert bestrittenen Tatsachenvortrag hat die Beklagte keinen Beweis angetreten. Die angebotenen Zeugen werden lediglich benannt für den letzten Zustand des Führerhauses vor seiner Reinigung, nicht jedoch für die Verursachung durch den Kläger. Die näheren Umstände der Verschmutzung und ihre Urheber sind unbekannt. Hin-reichende Anhaltspunkte für ein schuldhaftes vertragswidriges Verhalten des Klägers im Sinne der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) bestehen folglich nicht.
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Die Widerklage der Beklagten erweist sich folglich als unbegründet.
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Darüber hinaus ist auch die Klage des Klägers bezogen auf die Urlaubsabgeltung für Resturlaub für die Jahre 2011 und 2012 gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG begründet. Danach ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann.
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Der Resturlaub von 12 Tagen aus dem Jahr 2011 wurde in das Folgejahr 2012 übertragen durch eine entsprechende Erklärung des Geschäftsführers der Beklagten im "Frühling 2012". Den dahingehenden Sachvortrag des Klägers hat die Beklagte nicht bestritten. Dem Kläger steht folglich die Abgeltung des Resturlaubs 2011 jedenfalls im Umfang von 12 Tagen zu. Für das Jahr 2012 ist ein Teilurlaub von rechnerisch unstreitig 9 Tagen entstanden, der abzugelten ist. Die Höhe des Abgeltungsanspruchs rechnet sich nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG unter Zugrundelegung der 6-Tage-Woche. Die Berechnung des Klägers ist insoweit zutreffend; sie wurde auch von der Beklagten nicht angegriffen.
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Der Urlaubsanspruch des Klägers ist nicht durch Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Denn zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs genügt es, wovon das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, nicht, dass der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheint. Die schuldbefreiende Gewährung des Urlaubs erfordert vielmehr eine hinreichend bestimmte Freistellungserklärung des Arbeitgebers gemäß § 7 Abs. 1, 2 BUrlG (BAG 17.05.2011, NZA 2011, 1032). Dem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten lässt sich vorliegend nicht entnehmen, wann, wo, wie und durch wen entsprechende Freistellungserklärungen erfolgt sein sollen; stattdessen hat die Beklagte die Auffassung vertreten, im Ergebnis sei zwischen den Parteien vereinbart worden, dass die Ruhepausen zwischen zwei Touren als Urlaub anzusehen seien, wenn sie länger als 3,5 Tage andauerten. Ob es diese - vom Kläger bestrittene - Vereinbarung zwischen den Parteien tatsächlich gegeben hat, kann offen bleiben. Denn eine entsprechende Vereinbarung wäre jedenfalls unwirksam, weil sie entgegen § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG verhindert, dass der Kläger seinen Urlaub zusammenhängend nimmt. Die Aufteilung des Urlaubs in einzelne Halbtages- und Stundenanteile stellt keine wirksame Erfüllung des Anspruchs des Arbeitnehmers auf den gesetzlichen Urlaub dar. Das gilt auch dann, wenn diese Aufteilung des Urlaubs auf einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beruht. Der Arbeitnehmer ist in diesem Fall grundsätzlich nicht daran gehindert, den gesetzlichen Urlaub in zusammenhängender Form nachzufordern (BAG 29.07.1965 AP Nr. 1 zu § 7 BUrlG).
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Da sich folglich eine Erfüllung des Urlaubsanspruchs nicht feststellen lässt, ist der fortbestehende Resturlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Davon ist das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen.
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Mit dem Arbeitsgericht ist es weiterhin davon auszugehen, dass der Abgeltungsanspruch auch nicht nach § 13 des Arbeitsvertrages verfallen ist. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung (S. 9, 10 = Bl. 95, 96 d. A.) Bezug genommen.
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Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.
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Hinsichtlich des Anspruchs des Klägers auf Spesenerstattung enthält es keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten. Nichts anderes gilt für etwaige Rechtsbehauptungen.
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Im Hinblick auf den gelten gemachten Urlaubsabgeltungsanspruch gilt nichts anderes. Im Hinblick auf die notwendige Eindeutigkeit der Urlaubsbewilligung fehlt es vorliegend an jeglichem substantiierten tatsächlichen Vorbringen der Beklagten. Dabei ist entscheidend, dass der Arbeitgeber - soweit der Arbeitnehmer keinen abweichenden Wunsch äußert - vor der Freistellung des Arbeitnehmers eindeutig erklärt, dass mit ihr zugleich der noch bestehende Urlaubsanspruch des Arbeitnehmer erfüllt oder er unter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch unwiderruflich von der Arbeit freigestellt wird (BAG 14.08.2007, EzA § 7 BurlG Nr. 119; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Auflage 2014, Kap. 3, Rn. 2195). Denn nur dann ist für den Arbeitnehmer erkennbar, dass der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs die geschuldete Leistung bewirken will (§ 362 Abs. 1 BGB) und nicht nur als Gläubiger der Arbeitsleistung auf deren Annahme verzichtet (BAG 14.03.2006, EzA § 7 BUrlG Nr. 117). Zeiten der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers - z. B. bei Annahmeverzug des Arbeitgebers, Betriebsstörungen - können nicht nachträglich in bezahlten Erholungsurlaub umgewandelt werden. Der Arbeitgeber kann eine entsprechende Verrechnung auch nicht einseitig vornehmen (BAG 18.09.2001 EzA 2002, 895). Insbesondere können die Arbeitsvertragsparteien nicht wirksam vereinbaren, dass der Mindesturlaubsanspruch durch Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer wegen Arbeitsmangels nicht beschäftigt werden kann, erfüllt wird. Dass die arbeitsfreien Tage dann durchaus im Interesse des Arbeitnehmers liegen (können), macht sein Urlaubsverlangen nicht rechtsmissbräuchlich (LAG Düsseldorf 25.07.2007 LAGE § 7 BUrlG Abgeltung Nr. 21; Dörner/Luczak/Wild-schütz/Baeck/Hoß, a. a. O. Nr. 2193).
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Vor diesem Hintergrund ist das - unsubstantiierte - Vorbringen der Beklagten zu Absprachen zur Urlaubsgewährung, die einvernehmlich erfolgt sein sollen, unbehelflich. Nicht nachvollziehbar ist zudem, warum die Beklagte als Schuldner des Urlaubsanspruchs sich nicht in der Lage gesehen hat, in beiden Rechtszügen substantiiert vorzutragen, welche Urlaubstage der Kläger nach ihrer Darstellung tatsächlich in Anspruch genommen haben will. Das Vorbringen im Rahmen des Berufungsverfahrens jedenfalls ist derart unsubstantiiert, dass es einem substantiierten Bestreiten durch den Kläger nicht zugänglich ist.
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Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.
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Referenzen
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- § 7 Abs. 1, 2 BUrlG 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
- 4 Ca 3644/12 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 519 Berufungsschrift 1x
- § 7 BUrlG 3x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung 1x
- ZPO § 518 Berufungsfrist bei Urteilsergänzung 1x
- § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG 1x (nicht zugeordnet)
- § 7 BurlG 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 64 Grundsatz 2x
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- BGB § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis 1x
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- BGB § 362 Erlöschen durch Leistung 3x
- ArbGG § 2 Zuständigkeit im Urteilsverfahren 1x