Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (4. Kammer) - 4 Ta 121/14
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21.03.2014 - 4 Ca 2012/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
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Die Parteien streiten im vorliegenden Beschwerdeverfahren über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen.
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Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem mit Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 01.10.2010 eröffneten Insolvenzverfahrens über das Vermögen der T. GmbH. Unter dem 06.11.2009 unterzeichneten die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte ein mit "Anstellungsvertrag" überschriebenes Schriftstück, nach dessen Inhalt der Beklagte bei der Insolvenzschuldnerin als Angestellter im Bereich Marketing gegen ein monatliches Bruttogehalt von 3.668,00 EUR tätig werden sollte.
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In der Zeit vom 05.01.2010 bis zum 01.07.2010 zahlte die Insolvenzschuldnerin an den Beklagten insgesamt 16.007,13 EUR. Mit seiner am 23.10.2013 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt der Kläger vom Beklagten die Rückzahlung dieses Betrages wegen Insolvenzanfechtung.
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Der Kläger macht geltend, der Anstellungsvertrag vom 06.11.2009 sei nur zum Schein geschlossen worden. Die als Arbeitsvergütung deklarierten Zahlungen an den Beklagten seien ausschließlich aufgrund eines von diesem der Insolvenzschuldnerin gewährten Darlehens erfolgt. Es sei von vornherein beabsichtigt gewesen, dass der Beklagte keinerlei Tätigkeiten für die Insolvenzschuldnerin ausführen sollte. Bei den von der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten geleisteten Zahlungen handele es sich daher um unentgeltliche Leistungen im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO, die nach § 143 Abs. 1 InsO vom Beklagten zurückzuzahlen seien.
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Der Beklagte macht geltend, unter Zugrundelegung des Vorbringens des Klägers sei der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben. Es treffe indessen nicht zu, dass der Anstellungsvertrag mit der Insolvenzschuldnerin nur zum Schein geschlossen worden sei. Die in dem Vertrag genannte Marketingtätigkeit habe darin bestanden, dass er für die Insolvenzschuldnerin weitere Interessenten angeworben habe. Diese Tätigkeit habe er u. a. von zuhause aus betrieben. Er habe der Insolvenzschuldnerin 40 Stunden wöchentlich zur Verfügung gestanden.
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Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 21.03.2014 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt. Gegen diesen, ihm am 14.04.2014 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 28.04.2014 sofortige Beschwerde eingelegt.
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Zur Begründung seiner Beschwerde macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Zulässigkeit des Rechtswegs ergebe sich aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG. Diesbezüglich sei anerkannt, dass für die Klage eines Insolvenzverwalters gegen einen Arbeitnehmer der Insolvenzschuldnerin auf Rückgewähr geleisteter Vergütung nach § 143 Abs. 1 InsO der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben sei. Für die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs sei nicht entscheidend, ob der unstreitig abgeschlossene Anstellungsvertrag, der seinem Wortlaut nach eindeutig einen Arbeitsvertrag darstelle, nach § 117 BGB nichtig sei. Das Vorliegen einer Streitigkeit "aus dem Arbeitsverhältnis" im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG setze zwar grundsätzlich einen Vertragsabschluss, jedoch keine Wirksamkeit dieses Vertrages voraus, so dass eine Streitigkeit "aus dem Arbeitsverhältnis" auch bei Nichtigkeit des abgeschlossenen Arbeitsvertrages vorliegen könne.
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Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde des Klägers mit Beschluss vom 23.05.2014 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig, § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG i.V.m. §§ 48 Abs. 1, 78 ArbGG, 567 Abs. 1 ZPO. Die zweiwöchige Beschwerdefrist ist eingehalten.
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Das Rechtsmittel des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen mit zutreffender Begründung für unzulässig erklärt.
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Der Rechtsweg ergibt sich nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG.
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Ob für eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten oder den Gerichten für Arbeitssachen gegeben ist, bestimmt sich nach dem prozessualen Streitgegenstand. Erfüllt dieser einen der Tatbestände der §§ 2 ff. ArbGG, so ist der - eine ausschließliche Zuständigkeit begründende - Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet. In Bezug auf den Anspruch des Insolvenzverwalters auf Rückgewähr der vom Insolvenzschuldner in einem Arbeitsverhältnis geleisteten Vergütung nach § 143 Abs. 1 InsO handelt es sich um eine Rechtsstreitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes v. 27.09.2010 - GmS-OGB 1/09 - AP Nr. 14 zu § 2 ArbGG 1979 Zuständigkeitsprüfung). Anders ist es zu beurteilen, wenn es um die Rückgewähr seitens des Schuldners freiwillig erbrachter, rechtlich nicht geschuldeter Zahlungen geht; in diesem Fall ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben (BGH v. 19.07.2012 - IX ZB 27/12 - NZA 2012, 1181, Rz. 12).
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Vorliegend begehrt der Kläger nicht die Rückabwicklung einer arbeitsrechtlichen Leistungsbeziehung, sondern die Rückzahlung einer unentgeltlichen Leistung des Schuldners im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO. Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn für sie vereinbarungsgemäß keine Gegenleistung erbracht wird. Auf einen der-artigen Lebenssachverhalt stützt der Kläger sein Begehren; prozessualer Streitgegenstand ist die Rückforderung seitens der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten erbrachter unentgeltlicher Leistungen.
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Nichts anderes ergibt sich daraus, dass der Beklagte einwendet, die Gehaltszahlungen seien in Erfüllung der Verpflichtung zur Zahlung von Vergütung für er-brachte Arbeitsleistungen und daher nicht unentgeltlich erfolgt. Der für die Zulässigkeit des Rechtswegs maßgebliche Streitgegenstand wird nämlich nicht vom Sachvortrag des Beklagten, sondern ausschließlich von dem des Klägers bestimmt (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 8. Auflage, § 2, Rz. 157, m.w.N.). Darüber hinaus kann der geltend gemachte Zahlungsanspruch nur dann bestehen, wenn die Rückforderung eine unentgeltliche Leistung betrifft, also nicht in Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten erfolgte. Die Klage kann daher nur dann begründet sein, wenn kein Arbeitsverhältnis vorliegt und deshalb keine Streitigkeit "aus dem Arbeitsverhältnis" im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG gegeben ist. In einem solchen Fall ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen unzulässig (vgl. LAG Hessen v. 26.02.2014 - 16 Ta 497/13 - ZIP 2014, 1147).
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Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG. Das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses ist nämlich nicht Streitgegenstand, sondern lediglich (negative) Vorfrage für den geltend Anspruch auf Rückgewähr einer unentgeltlichen Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO.
III.
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Die sofortige Beschwerde des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.
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Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf den §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
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Referenzen
- §§ 2 ff. ArbGG 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 48 Rechtsweg und Zuständigkeit 1x
- InsO § 143 Rechtsfolgen 3x
- GVG § 17a 1x
- InsO § 134 Unentgeltliche Leistung 3x
- 4 Ca 2012/13 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 78 Beschwerdeverfahren 2x
- IX ZB 27/12 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 72 Grundsatz 1x
- ZPO § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde 1x
- 16 Ta 497/13 1x (nicht zugeordnet)
- ArbGG § 2 Zuständigkeit im Urteilsverfahren 6x
- BGB § 117 Scheingeschäft 1x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x