Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (5. Kammer) - 5 Sa 302/15

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 10. März 2015, Az. 2 Ca 1299/14, teilweise abgeändert und die Klage vollständig abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte nach § 16 Abs. 1 BetrAVG verpflichtet ist, die monatliche Betriebsrente des Klägers - zweitinstanzlich ab 01.01.2014 - an den Kaufkraftverlust anzupassen.

2

Der 1940 geborene Kläger war von 1955 bis Ende 2001 zuletzt als Fertigungsleiter bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte ist seit 2008 Teil der P.-Unternehmensgruppe. Aufgrund einer Vereinbarung vom August 1994 wurde der Kläger in die Pensionsregelung der Beklagten einbezogen. Auf dieser Grundlage zahlt ihm die Beklagte seit 01.01.2002 eine Betriebsrente iHv. € 730,22 brutto monatlich. Eine Erhöhung erfolgte seither nicht. Mit Schreiben vom 02.01.2013 bat der Kläger die Beklagte erstmals, eine Anpassung seiner Betriebsrente zu überprüfen. Die Beklagte lehnte eine Anpassung mit Schreiben vom 14.01.2013 aus wirtschaftlichen Gründen ab. Mit seiner am 07.10.2014 erhobenen Klage begehrte der Kläger - rückwirkend ab 01.01.2011 - die Erhöhung seiner monatlichen Betriebsrente um € 101,50 (13,9 %) sowie ab 01.01.2014 um weitere € 40,16 (insgesamt 19,4 %).

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Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 10.03.2015 Bezug genommen.

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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

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1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 3.654,00 brutto nebst gestaffelter Zinsen aus jeweils € 101,50 ab 01.02.2011 bis 01.01.2014 zu zahlen,

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2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 1.274,94 brutto nebst gestaffelter Zinsen aus jeweils € 141,66 ab 01.02.2014 bis 01.10.2014 zu zahlen,

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3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem 01.10.2014 zusätzlich zu der monatlichen Betriebsrente iHv € 730,22 brutto weitere € 141,66 brutto monatlich zu zahlen.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.03.2015 die geltend gemachten Nachzahlungsansprüche für die Jahre 2011 bis 2013 - insoweit rechtskräftig - abgewiesen. Der weitergehenden Klage hat das Arbeitsgericht teilweise stattgegeben und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, die Beklagte sei verpflichtet, die Betriebsrente des Klägers nach § 16 Abs. 1 BetrAVG zum Anpassungsstichtag 01.01.2014 an den seit 01.01.2008 eingetretenen Kaufkraftverlust (14,86 %) anzupassen, dh. um € 108,51 monatlich zu erhöhen. Zwar lasse die eigene wirtschaftliche Lage der Beklagten eine Anpassung der Betriebsrente nicht zu. Der Beklagten sei jedoch die günstige wirtschaftliche Lage der P.-Gruppe zuzurechnen, weil ihre Verluste durch den Konzern ausgeglichen würden. Deshalb sei es Sache der Beklagten gewesen, nachvollziehbar darzulegen, dass kein Beherrschungsvertrag bestehe oder dass sich die im Beherrschungsvertrag angelegte Gefahrenlage nicht verwirklicht habe. Weil die Beklagte hierzu nichts vorgetragen habe, stehe fest, dass ihre Entscheidung, die Betriebsrente des Klägers nicht anzupassen, nicht billigem Ermessen entspreche. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des Urteils vom 10.03.2015 Bezug genommen.

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Gegen das am 10.06.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 01.07.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 10.09.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 10.09.2015 begründet.

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Sie trägt vor, ihre eigene wirtschaftliche Lage habe keine Anpassung zugelassen. Zum Stichtag 01.01.2014 sei die Prognose gerechtfertigt gewesen, dass sie bis zum nächsten Anpassungsstichtag am 01.01.2017 keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erzielen werde. Ausweislich der durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft B. H. GmbH, D-Stadt, geprüften und testierten Jahresabschlüsse, der Bilanzen sowie der Gewinn- und Verlustrechnungen für die Geschäftsjahre 2011 bis 2013 habe sie in diesen Jahren negative Geschäftsergebnisse erzielt. Eine Eigenkapitalverzinsung für die Geschäftsjahre 2011 bis 2013 habe sie nicht erwirtschaftet. Hinzu komme, dass sie für die Geschäftsjahre 2012 und 2013 auch kein Eigenkapital mehr aufgewiesen habe. Die negative Prognose sei durch die wirtschaftliche Entwicklung im Geschäftsjahr 2014 bestätigt worden. Ausweislich der vorläufigen (nicht testierten) Zwischenbilanz und der vorläufigen (nicht testierten) Gewinn- und Verlustrechnung für 2014 stehe bereits jetzt fest, dass sie in 2014 keine Eigenkapitalverzinsung erzielt habe. Im Geschäftsjahr 2014 weise sie auch kein Eigenkapital auf. Auch gegen Ende des Geschäftsjahres 2015 seien keinerlei Faktoren vorhanden, die auf eine nahende Trendumkehr schließen lassen könnten.

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Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts müsse sie sich eine etwaig günstige wirtschaftliche Lage der P.-Gruppe nicht wegen eines sog. Berechnungs-durchgriffs zurechnen lassen. Ein Berechnungsdurchgriff unter dem Gesichtspunkt des Bestehens eines Beherrschungsvertrages komme nicht in Betracht, denn sie habe mit keinem der anderen Unternehmen der P.-Gruppe einen Beherrschungsvertrag gem. § 291 Abs. 1 AktG abgeschlossen. Ein Beherrschungsvertrag bedürfe der Schriftform und sei in entsprechender Anwendung von § 54 GmbHG im Handelsregister der beherrschten Gesellschaft eintragungspflichtig. All dies habe laut Handelsregisterauszug für den Zeitraum von 2005 bis 2015 nicht stattgefunden. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei es nicht ihre Sache gewesen, im Einzelnen darzulegen, dass kein Beherrschungsvertrag bestehe. Nach der Rechtsprechung des BAG sei es vielmehr Aufgabe des Versorgungsempfängers darzulegen, dass die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff vorliegen könnten. Ein Berechnungsdurchgriff sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Bestehens eines isolierten Gewinn- bzw. Ergebnisabführungsvertrags gerechtfertigt. Ein solcher Vertrag sei zu keinem Zeitpunkt geschlossen worden.

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Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 10.03.2015, Az. 2 Ca 1299/14, teil-weise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Er bestreitet, dass die wirtschaftliche Lage der Beklagten einer Betriebsrentenanpassung entgegenstehe. Die Beklagte werde durch die begehrte Anpassung weder übermäßig belastet noch in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gefährdet. Zudem sei ein Berechnungsdurchgriff gerechtfertigt. Die Beklagte verkenne das Bestehen eines Gewinn- bzw. Ergebnisabführungsvertrags, der ebenso für eine verdichtete Konzernverbindung spreche. Auch die durch den Gewinnabführungsvertrag angelegte Gefahrenlage habe sich vorliegend verwirklicht. Der Geschäftsführer der Beklagten stehe auf der Gehaltsliste der P.-Gruppe. Insoweit könne ein beherrschender Einfluss nicht in Abrede gestellt werden.

19

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

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Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und ausreichend begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

II.

21

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die monatliche Betriebsrente des Klägers ab 01.01.2014 um € 108,51 zu erhöhen. Die Entscheidung der Beklagten, die Betriebsrente des Klägers zum 01.01.2014 nicht an den seit 01.01.2008 eingetretenen Kaufkraftverlust anzupassen, entspricht billigem Ermessen gem. § 16 Abs. 1 BetrAVG. Dies führt unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts zur vollständigen Klageabweisung.

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1. Bei der Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 BetrAVG hat der Arbeitgeber die Belange der Versorgungsempfänger sowie seine eigene wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen. Lässt die wirtschaftliche Lage eine Anpassung der Betriebs-renten nicht zu, ist der Arbeitgeber zur Anpassung nicht verpflichtet. Die eigene wirtschaftliche Lage der Beklagten stand, wie das Arbeitsgericht richtig gesehen hat, einer Anpassung der Betriebsrente des Klägers an den Kaufkraftverlust zum 01.01.2014 entgegen.

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a) Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers iSv. § 16 Abs. 1 BetrAVG ist eine zukunftsbezogene Größe. Sie umschreibt die künftige Belastbarkeit des Arbeitgebers und setzt eine Prognose voraus. Beurteilungsgrundlage für die zum Anpassungsstichtag zu erstellende Prognose ist grundsätzlich die bisherige wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens vor dem Anpassungsstichtag, soweit daraus Schlüsse für dessen weitere Entwicklung gezogen werden können. Für eine zu-verlässige Prognose muss die bisherige Entwicklung über einen längeren repräsentativen Zeitraum von in der Regel drei Jahren ausgewertet werden (st. Rspr., vgl. etwa BAG 08.12.2015 - 3 AZR 348/14 - Rn. 17 mwN).

24

Zwar ist maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt der Anpassungsstichtag. Allerdings kann sich auch die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Anpassungsstichtag auf die Überprüfung der Anpassungsentscheidung des Arbeitgebers auswirken. Die wirtschaftlichen Daten nach dem Anpassungsstichtag bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz können die frühere Prognose bestätigen oder entkräften. Voraussetzung für die Berücksichtigung einer späteren Entwicklung ist allerdings, dass die Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmens zum Anpassungsstichtag bereits vorhersehbar waren. Spätere unerwartete Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens können erst bei der nächsten Anpassungsprüfung berücksichtigt werden (vgl. BAG 08.12.2015 - 3 AZR 348/14 – Rn. 18 mwN).

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Die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers rechtfertigt die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung insoweit, als das Unternehmen dadurch übermäßig belastet und seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet würde. Die Wettbewerbsfähigkeit wird gefährdet, wenn keine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaftet wird oder wenn das Unternehmen nicht mehr über genügend Eigenkapital verfügt. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalverzinsung reicht die Ertragskraft des Unternehmens nicht aus, um die Anpassungen finanzieren zu können. Bei einer ungenügenden Eigenkapitalausstattung muss verlorene Vermögenssubstanz wieder aufgebaut werden, bevor dem Unternehmen die Anpassung von Betriebsrenten zugemutet werden kann. Demnach rechtfertigt die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers die Ablehnung einer Betriebsrentenanpassung nur insoweit, als dieser annehmen darf, dass es ihm mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen und den verfügbaren Wertzuwächsen des Unternehmensvermögens in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag aufzubringen. Demzufolge kommt es auf die voraussichtliche Entwicklung der Eigenkapitalverzinsung und der Eigenkapitalausstattung des Unternehmens an (vgl. BAG 08.12.2015 - 3 AZR 348/14 - Rn. 19 mwN). Die angemessene Eigenkapitalverzinsung besteht grundsätzlich aus einem Basiszins und einem Zuschlag für das Risiko, dem das in dem Unternehmen investierte Kapital ausgesetzt ist. Der Basiszins entspricht der Umlaufrendite öffentlicher Anleihen. Der Risikozuschlag beträgt 2 % (vgl. zuletzt zB BAG 08.12.2015 - 3 AZR 348/14 - Rn. 21 mwN).

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Für die Feststellung sowohl der erzielten Betriebsergebnisse als auch des vorhandenen Eigenkapitals bieten die handelsrechtlichen Jahresabschlüsse den geeigneten Einstieg. Betriebswirtschaftlich gebotene Korrekturen können aber dann vorgenommen werden, wenn der Sachvortrag der Parteien ausreichende Anhaltspunkte dafür enthält, dass derartige Korrekturen notwendig sind (vgl. BAG 08.12.2015 - 3 AZR 348/14 - Rn. 28 mwN).

27

b) Unter Anwendung dieser Grundsätze entspricht die Entscheidung der Beklagten, die Betriebsrente des Klägers zum 01.01.2014 nicht an den Kaufkraftverlust anzupassen, billigem Ermessen. Die Beklagte durfte am Anpassungsstichtag davon ausgehen, dass ihr in der Zeit bis zum nächsten Anpassungsstichtag am 01.01.2017 die für die Betriebsrentenanpassung erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fehlen würde.

28

Die Beklagte hat in zwei Instanzen umfassend vorgetragen, dass sie ausweislich der von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft B. H. GmbH geprüften und testierten Jahresabschlüsse sowie den zu der Gerichtsakte gereichten Gewinn- und Verlustrechnungen in den Geschäftsjahren 2011 bis 2013 negative Geschäftsergebnisse wie folgt erwirtschaftet habe: Jahresfehlbetrag 2011 € 2.399.560,02; Jahresfehlbetrag 2012 € 4.164.457,09; Jahresfehlbetrag 2013 € 748.957,37. Eine Eigenkapitalverzinsung habe sie in diesen Geschäftsjahren somit nicht erzielt. Hinzu komme, dass sie in den Geschäftsjahren 2012 und 2013 kein Eigenkapital mehr aufgewiesen habe. Die negative Prognose sei durch die wirtschaftliche Entwicklung im Geschäftsjahr 2014 bestätigt worden. Ausweislich der vorläufigen (nicht testierten) Zwischenbilanz und der vorläufigen (nicht testierten) Gewinn- und Verlustrechnung für 2014 stehe bereits jetzt fest, dass sie in 2014 keine Eigenkapitalverzinsung erzielt habe. Im Geschäftsjahr 2014 habe sie ein negatives Betriebsergebnis (Jahresfehlbetrag) von € 3.444.367,96 (Stand: 08.09.2015) erwirtschaftet. Eine Eigenkapitalverzinsung habe sie somit nicht erzielt. Hinzu komme, dass sie im Geschäftsjahr 2014 weiterhin kein Eigenkapital aufgewiesen habe. Auch im derzeit noch laufenden Geschäftsjahr 2015 werde die negative Prognose bestätigt.

29

Die Beklagte ist der ihr im Rahmen von § 16 Abs. 1 BetrAVG obliegenden Darlegungslast im erforderlichen Umfang nachgekommen. Der Kläger hat darauf nichts Substantielles erwidert, sondern sich auf die bloße Behauptung beschränkt, die wirtschaftliche Lage der Beklagten stehe einer Betriebsrentenanpassung nicht entgegen, sie werde weder übermäßig belastet noch in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gefährdet. Das genügt nicht. Nachdem die Beklagte ihre Bilanzen und ihre Gewinn- und Verlustrechnungen für die Jahre 2011 bis 2014 vorgelegt hat, hätte sich der Kläger zu dem vorgetragenen Zahlenwerk erklären müssen. Da dies nicht geschehen ist, ist der diesbezügliche Tatsachenvortrag der Beklagten nach § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu behandeln.

30

2. Entgegen der Rechtsansicht des Arbeitsgerichts muss sich die Beklagte eine etwaig günstige wirtschaftliche Lage der P.-Gruppe nicht im Wege des Berechnungsdurchgriffs zurechnen lassen.

31

a) Nach der Rechtsprechung des BAG, der die Berufungskammer folgt, trifft die Anpassungsprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG dasjenige Unternehmen, welches als Arbeitgeber die entsprechende Versorgungszusage erteilt oder im Wege der Rechtsnachfolge übernommen hat; auf seine wirtschaftliche Lage kommt es an. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber in einen Konzern eingebunden ist. Die Konzernverbindung allein ändert weder etwas an der Selbständigkeit der beteiligten juristischen Personen noch an der Trennung der jeweiligen Vermögensmassen. Etwas anderes gilt, wenn dem Versorgungsschuldner die günstige wirtschaftliche Lage eines anderen Konzernunternehmens im Wege des Berechnungsdurchgriffs zugerechnet wird. Der Berechnungsdurchgriff führt dazu, dass ein Unternehmen, das selbst wirtschaftlich nicht zur Anpassung der Betriebsrenten in der Lage ist, gleichwohl eine Anpassung vornehmen muss, wenn die wirtschaftliche Lage des anderen Konzernunternehmens dies zulässt (vgl. BAG 10.03.2015 - 3 AZR 739/13 - Rn. 12 mwN).

32

Es ist zunächst Aufgabe des Versorgungsempfängers darzulegen, dass die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff vorliegen könnten. Dazu hat er das Bestehen eines Beherrschungsvertrags darzulegen und ggf. zu beweisen. Das ist dem Betriebsrentner auch nicht unzumutbar, da Beherrschungsverträge nach § 294 AktG in das Handelsregister einzutragen sind. Dies gilt auch im GmbH-Konzern (vgl. BAG 10.03.2015 - 3 AZR 739/13 - Rn. 37 mwN).

33

b) Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff nicht vor. Ein Berechnungsdurchgriff unter dem Gesichtspunkt des Bestehens eines Beherrschungsvertrags scheidet schon deshalb aus, weil zwischen der Beklagten und einem anderen Unternehmen der P.-Gruppe kein Beherrschungsvertrag abgeschlossen worden ist. Gegenteiliges behauptet auch der Kläger nicht, der sich durch einen Blick ins Handelsregister davon überzeugen konnte, dass keine Eintragung vorliegt. Die eher kryptische Erwägung des Klägers, das "Bestehen eines Gewinn- bzw. Ergebnisabführungsvertrags" spreche ebenso für eine "verdichtete Konzernverbindung", weil sich die "angelegte Gefahrenlage vorliegend verwirklicht" habe, verhilft seiner Klage nicht zum Erfolg. Der Kläger will mit dieser vagen Andeutung wohl auf die frühere Rechtsprechung des BAG anspielen, nach der ein Berechnungsdurchgriff in Betracht kam, wenn eine verdichtete Konzernverbindung vorlag und sich außerdem konzerntypische Gefahren verwirklicht hatten. Eine verdichtete Konzernverbindung wurde angenommen, wenn entweder ein Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag bestand (Vertragskonzern) oder wenn ein konzernangehöriges Unternehmen die Geschäfte des Versorgungsschuldners tatsächlich dauernd und umfassend geführt hatte (qualifiziert faktischer Konzern). Diese Rechtsprechung hat das BAG ausdrücklich aufgegeben (vgl. BAG 15.01.2013 - 3 AZR 638/10). Auch mit der Behauptung, der Geschäftsführer der Beklagten stehe auf der Gehaltsliste der P.-Gruppe, hat der Kläger seiner Darlegungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Berechnungsdurchgriff nicht genügt.

III.

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Der Kläger hat gem. § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil er in vollem Umfang unterlegen ist.

35

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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