Urteil vom Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (6. Kammer) - 6 Sa 487/13

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 01.08.2013 – 5 Ca 2883/12 NMB – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einer erfolglosen Bewerbung des Klägers um eine Anstellung bei dem Beklagten.

2

Der Kläger, der über eine Ausbildung als Vermessungstechniker verfügt, ist bei dem Abwasserzweckverband ... (im Folgenden: AZV) seit November 2001 als technischer Assistent beschäftigt und erhält Vergütung nach Entgeltgruppe (EG) 6 Stufe 3 TVöD. Er ist langjährig in der freiwilligen Feuerwehr W tätig und verfügt über die Fahrerlaubnis der Klassen C 1, E.

3

Am 16.09.2011 bewarb er sich in Form einer Initiativbewerbung auf den bei der Beklagten bestehenden Dienstposten eines/r Sachbearbeiters/in abwehrender Brandschutz (im Folgenden: SB – Brandschutz), nachdem er erfahren hatte, dass der bisherige Stelleninhaber alsbald aus Altersgründen ausscheiden werde.

4

Der Beklagte schrieb in der Tat im Dezember 2011 die vorgenannte Stelle öffentlich aus. In der Ausschreibung (Blatt 68 d. A.) heißt es u. a.:

5

Ihr Aufgabengebiet:

6

• Fachliche Beratung und Fachaufsicht über die Freiwilligen Feuerwehren des Landkreises hinsichtlich Kräfte und Mittel, Gefahren- und Risikoanalyse und Brandschutzbedarfsplanung

7

• Organisation und Überwachung der Ausbildung auf Kreisebene

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• Organisation und Überwachung der Schulbeschickung an die Landesfeuerwehrschule

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• Leitung, Überwachung und Abrechnung der Werkstätten der Feuerwehrtechnischen Zentrale (FTZ)

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• Mitwirkung bei der Planung und Umsetzung des Haushaltsplanes

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• Bearbeitung von Fördermittelanträgen der Gemeinden

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• Prüfung, Bearbeitung und Bewertung von Auszeichnungsvorschlägen der Gemeinden entsprechend den rechtlichen Regelungen des Landes

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Wir erwarten:

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• Sichere Praxis in qualifizierter Verwaltungssachbearbeitung – möglichst Abschluss als Verwaltungsfachangestellte/r

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• Fundierte feuerwehrtechnische Kenntnisse, möglichst Ausbildung im feuerwehrtechnischen Dienst, alternativ mind. F III – Ausbildung Freiwillige Feuerwehr

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• Fundierte Kenntnisse relevanter MS-Office- und IT-Fachanwendungen

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• Führerschein Klasse C 1 + E

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• Berufs- und Einsatzerfahrung, möglichst auch Ausbildung zum Gerätewart

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• hohes Maß an Gewissenhaftigkeit, Durchsetzungsvermögen, Zuverlässigkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit sowie Teamfähigkeit

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• physische und psychische Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit

21

• Bereitschaft zur weiteren Qualifizierung

22

• Bereitschaft zur Tätigkeit außerhalb der Regelarbeitszeit

23

24

Im weiteren Verlauf erkundigte sich der Kläger mehrfach nach dem Fortgang seines Bewerbungsverfahrens, erhielt jedoch erst mit Schreiben vom 12.03.2012 (Bl. 23 d. A.) eine Absage. Er strengte daraufhin vor dem Arbeitsgericht Halle ein einstweiliges Verfügungsverfahren an mit dem Ziel, den Beklagten zu verpflichten, die besagte Stelle vorläufig nicht zu besetzen.

25

Der Beklagte hatte jedoch bereits am 06.03.2012 die Stelle an den Mitbewerber Herrn G rechtswirksam durch Abschluss eines Arbeitsvertrages vergeben.

26

Auf die vorgenannte Ausschreibung waren bei dem Beklagten 45 Bewerbungen eingegangen. Nach Sichtung der Bewerbungsunterlagen kam der Beklagte zu dem Schluss, dass keiner der Bewerber sämtliche in der Ausschreibung enthaltenen Voraussetzungen erfülle, insbesondere nicht die geforderten Verwaltungskenntnisse. Maßgebend für diese Bewertung des Beklagten waren die folgenden vier Kriterien:

27
- fundierte feuerwehrtechnische Kenntnisse
28
- fundierte PC-Kenntnisse
29
- Verwaltungskenntnisse
30
- Führerscheinklasse C 1 + E.
31

Der Beklagte entschloss sich daraufhin (Vermerk vom 08.02.2012 – Bl. 69 d. A.) anhand der folgenden drei Kriterien eine Vorauswahl unter den Bewerbern durchzuführen:

32
- fundierte feuerwehrtechnische Kenntnisse
33
- fundierte PC-Kenntnisse
34
- Studienabschluss / weiterführende Qualifikation.
35

Hinsichtlich einer Fahrerlaubnis der Klassen C und E 1 ging der Beklagte davon aus, dass das Führen von entsprechenden Fahrzeugen nicht zwingend im täglichen Arbeitsablauf anfallen werde, so dass der Besitz dieser Fahrerlaubnisse nicht schon bei der Einstellung erforderlich sei.

36

Aufgrund der so durchgeführten Vorauswahl führte die Beklagte mit fünf Bewerbern Vorstellungsgespräche. Der Kläger wurde, weil er unstreitig über keinen Studienabschluss / weiterführende Qualifikation verfügt, nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Im Ergebnis der Vorstellungsgespräche entschloss sich die Beklagte, die Stelle mit dem Bewerber Herrn G, der über einen Studienabschluss als Bachelor of Engineering verfügt, zu besetzen. Dabei ging die Beklagte davon aus, Herr G, der unstreitig keine Fahrerlaubnis der Klassen C 1 und E zum damaligen Zeitpunkt besaß, werde diese im Verlauf der Probezeit erwerben, was auch geschah.

37

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger und Herr G hinsichtlich der von dem Beklagten geforderten fundierten feuerwehrtechnischen Kenntnisse sowie der fundierten PC-Kenntnisse als „gleichwertig“ anzusehen sind.

38

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte hätte die Auswahlentscheidung anhand der zunächst für das Bewerbungsverfahren zugrunde gelegten vier Auswahlkriterien vornehmen müssen. Eine Veränderung der Auswahlkriterien im laufenden Verfahren sei mit den Vorgaben des Artikel 33 Abs. 2 GG unvereinbar. Jene Kriterien erfülle er in vollem Umfang. Insbesondere verfüge er über die in der Ausschreibung verlangten Verwaltungskenntnisse aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit für den AZV. Dies ergebe sich aus dem, seinen Bewerbungsunterlagen beigefügten Lebenslauf (Bl. 16 bis 18 d. A.). Nach den Grundsätzen der sog. „Bestenauslese“ habe er einen Anspruch auf Übertragung des Dienstpostens SB – Brandschutz gehabt. Nachdem der Beklagte diesen Dienstposten endgültig anderweitig besetzt habe, sei er im Wege des Schadensersatzes verpflichtet, die dem Kläger entstandenen finanziellen Nachteile auszugleichen. Bei Bemessung des Schadens sei davon auszugehen, dass er bei einer Einstellung bei dem Beklagten eine Vergütung nach EG 8, Stufe 3 TVöD erhalten hätte.

39

Der Kläger hat beantragt,

40

den Beklagten zu verurteilen, den Kläger arbeitsrechtlich, entgeltrechtlich und zusatzversorgungsrechtlich so zu stellen, als ob ihm am 01.04.2012 die Tätigkeit des Sachbearbeiters Brand- und Katastrophenschutz übertragen wurde.

41

Der Beklagte hat beantragt,

42

die Klage abzuweisen.

43

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er habe die Stelle korrekt mit dem Bewerber G besetzt. Ein Anspruch des Klägers auf Übertragung dieser Stelle sei nicht gegeben. Insbesondere werde bestritten, dass der Kläger über die in der Ausschreibung verlangten Verwaltungskenntnisse verfüge. Der Dienstposten SB – Brandschutz erfordere schwerpunktmäßig eine sachbearbeitende Tätigkeit. Aus den vorgelegten Unterlagen des Klägers lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass jener bisher eine solche Tätigkeit ausgeübt habe. Sein Einsatz bei dem AZV sei „technischer“ Art. Im Übrigen sei der Beklagte auch berechtigt gewesen, nachdem keiner der Bewerber das vollständige Anforderungsprofil erfüllt habe, eine Auswahlentscheidung anhand der vorgenannten drei Kriterien durchzuführen. Dies gelte insbesondere hinsichtlich des Kriteriums „Studienabschluss / weiterführende Qualifikation“. Zwar sei – unstreitig – eine solche Berufsqualifikation für den vorgenannten Dienstposten nicht erforderlich. Der Beklagte habe jedoch ein berechtigtes Interesse daran, möglichst hoch qualifizierte Bewerber für seine Verwaltung zu gewinnen, um so die Möglichkeit zu haben, jene flexibel einzusetzen.

44

Im Übrigen stehe dem geltend gemachten Anspruch entgegen, dass dem Kläger durch die negative Bescheidung seiner Bewerbung kein finanzieller Schaden entstanden sei. Entgegen seiner Auffassung hätte eine Neueinstellung bei dem Beklagten nicht nach Maßgabe der EG 8, Stufe 3, sondern im Hinblick auf die Bestimmung des § 16 Abs. 2 TVöD nur nach Maßgabe der EG 8, Stufe 1 TVöD erfolgen können. Die auf dieser Basis dem Kläger zu gewährende Vergütung hätte sich auf 2.217,81 Euro brutto pro Monat belaufen, während der Kläger nach eigenen Angaben aus seiner Tätigkeit bei dem AZV (EG 6, Stufe 3 TVöD) eine monatliche Vergütung von 2.368,20 Euro brutto beziehe.

45

Darüber hinaus sei ein möglicher Anspruch des Klägers jedenfalls verwirkt, weil er die Schadensersatzklage erst nach Ablauf der Probezeit des Herrn G anhängig gemacht habe.

46

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 01.08.2013 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, für den Kläger bestehe kein Schadensersatzanspruch, weil ihm kein Anspruch auf Übertragung des Dienstpostens SB – Brandschutz aus Artikel 33 Abs. 2 GG zugestanden habe. Dem stehe entgegen, dass der Kläger nicht die von dem Beklagten in der Ausschreibung verlangten Kriterien erfüllt habe. Er habe nicht darlegen können, dass er über die abverlangten Verwaltungskenntnisse verfüge. Aus dem vorgelegten Lebenslauf ergebe sich dies nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 135 bis 147 der Akte verwiesen.

47

Gegen diese, ihm am 17.10.2013 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 14.11.2013 Berufung eingelegt und jene nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17.01.2014 mit einem per Fax am 17.01.2014 auf dem Empfangsgerät des Landesarbeitsgerichts in elektronischer Form eingegangenen Schriftsatz begründet. Ein Ausdruck dieses Faxes ist allerdings bei dem Landesarbeitsgericht nicht auffindbar gewesen. Im Hinblick auf diesen Umstand hat der Kläger am 30.01.2014 (Bl. 248 bis 259 d. A.) – hilfsweise – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt.

48

Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Kläger seinen Schadensersatzanspruch in Form eines – wie er im Termin am 28.04.2015 klargestellt hat – Feststellungsantrages weiter. Er hält an seiner Rechtsauffassung fest und behauptet insbesondere weiter, er verfüge über die in der Ausschreibung verlangten Verwaltungskenntnisse und verweist hierzu auf das von seinem Arbeitgeber unter dem Datum 27.02.2012 erstellte Zwischenzeugnis (Bl. 336 f d. A.). In diesem Zwischenzeugnis heißt es auszugsweise:

49

Zwischenzeugnis

50

Herr ..., geboren am ...1980, wurde am 1.11.2001 als Mitarbeiter der technischen Verwaltung beim AZV N eingestellt. Durch die Fusion mit dem AZV L – B zum 1.01.2009 wurde der Arbeitsvertrag auf den neuen Verband AZV U übergeleitet.

51

Im Rahmen der Tätigkeit als Mitarbeiter der technischen Verwaltung ist Herr D mit folgenden Aufgaben befasst:

52

• Aufbau und Führen eines Bestandsplannachweises (u. a. Erstellen eines Anlagenkatasters; Aufnahme von Schachtdaten „Bürgermeisterkanälen“ in Orten ohne Bestandsplandokumentation)

53

• Anfertigen und Führen von Übersichtskarten vorhandener Abwasserentsorgungsanlagen

54

• Erarbeitung von Grunddaten zur Erlangung von Einleiterlaubnissen

55

• Mitwirken bei der Abwasserabgabeerklärung

56

• Erlangung von Grunddienstbarkeiten

57

• Abnahme von Hausanschlüssen in privaten Grundstücken (Überwachen der Anschlussbedingungen)

58

• Durchsetzen des Anschluss- und Benutzungszwangs

59

• Mitwirken bei der Widerspruchsbearbeitung (Vor-Ort-Aufklärung – techn. Prüfung)

60

• Mitwirken bei der Aufstellung des Wirtschaftsplanes (technische Grundlagen)

61

• Vorbereiten und Zuarbeiten für Geschäftsführung- und Verbandsbeschlüsse

62

• Erstellen von Standortstellungnahmen

63

• Überwachen von Baustellen (Havariemaßnahmen, Instandsetzungen)

64

• Einleiten von Kamerabefahrungen und Spülungen der Kanäle

65

• Lokalisieren von Fehlanschlüssen durch Nebelungen (Organisation dieser Aufgabe)

66

• Technische Kundenberatung

67

• Fahrzeugüberwachung (TÜV; Reinigung, Instandhaltung usw.)

68

• Prüfen von Rechnungen

69

• Kontrolle der geplanten Kosten

70

• IT-Systembetreuung

71

72

Der Kläger beantragt,

73

das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 01.08.2013 abzuändern und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger arbeitsrechtlich, entgeltrechtlich und zusatzversorgungsrechtlich so zu stellen, als ob ihm am 01.04.2012 die Tätigkeit des Sachbearbeiters Brand- und Katastrophenschutz übertragen wurde.

74

Der Beklagte beantragt,

75

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

76

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und bestreitet weiter, dass der Kläger die in der Ausschreibung verlangten Verwaltungskenntnisse vorweisen könne. Auch aus dem vorgelegten Zwischenzeugnis ergebe sich nicht, dass er über eine „sichere Praxis in qualifizierter Verwaltungssachbearbeitung“ verfüge. Nicht zu beanstanden sei es, dass der Beklagte die Auswahl letztendlich nach Maßgabe der in der Aktennotiz vom 08.02.2012 aufgeführten Kriterien vorgenommen habe. Hierbei handele es sich nicht um eine Veränderung, sondern lediglich um eine zulässige Modifizierung des Anforderungsprofils.

77

Jedenfalls sei ein möglicher Schadensersatzanspruch des Klägers auf einen Zeitraum von sechs Monaten zu begrenzen, da für den Beklagten jederzeit die Möglichkeit bestanden hätte, ein Arbeitsverhältnis mit dem Kläger innerhalb der Probezeit wieder zu beenden. Schlussendlich habe der Kläger den Anspruch nicht innerhalb der zur Anwendung kommenden Ausschlussfrist des § 37 TVöD geltend gemacht.

78

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

79

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Es handelt sich um das gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG statthafte Rechtsmittel. Der Kläger hat weiterhin die Berufungseinlegungsfrist und die ihm auf Antrag verlängerte Berufungsbegründungsfrist (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, Satz 5 ArbGG) gewahrt. Nach der sich bietenden Aktenlage ist die Kammer im Wege des Freibeweises davon überzeugt, dass die Berufungsbegründung fristgerecht, nämlich am letzten Tag der verlängerten Frist – 17.01.2014 – per Fax bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen ist. Zwar liegt ein Faxausdruck nicht vor. Aus den Journalen der Faxgeräte des Landesarbeitsgerichts und des in der Kanzlei des Klägervertreters befindlichen Gerätes i. V. m. den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen ergibt sich aber zur Überzeugung der Kammer, dass die Berufungsbegründung in vollständiger Form (sechs Seiten) noch am 17.01.2014 von dem Fax-Gerät des Landesarbeitsgerichts empfangen worden ist. Dies ist ausreichend für einen rechtzeitigen Eingang des Schriftsatzes. Auf den Zeitpunkt des Ausdrucks kommt es nicht an (BGH 25.04.2006 – IV ZB 20/05).

B.

80

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Die ausschließlich auf Schadensersatz gerichtete Klage ist zwar zulässig aber in der Sache unbegründet.

I.

81

Der Kläger kann zulässigerweise sein Begehren in Form einer Feststellungsklage verfolgen. Seinen nach der sprachlichen Abfassung in der Berufungsbegründung als Leistungsklage angekündigten Antrag hat der Kläger klarstellend – bereits das Arbeitsgericht hat diesen als Feststellungsantrag ausgelegt – im Termin am 28.04.2015 als Feststellungsantrag neu gefasst. Der Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit dieses Feststellungsantrages nicht entgegen (BAG 19.02.2008 – 9 AZR 70/07 – Rn. 18).

II.

82

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat sie zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu.

83

1. Der Anspruch ist schon dem Grunde nach nicht gegeben.

84

Gem. Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Jede Bewerbung muss nach diesen Kriterien beurteilt werden. Dies gilt nicht nur für Einstellungen, sondern auch für den beruflichen Aufstieg innerhalb des öffentlichen Dienstes. Öffentliche Ämter iSd. Art. 33 Abs. 2 GG sind sowohl Beamtenstellen als auch solche Stellen, die von Arbeitnehmern besetzt werden.

85

Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Die Bestimmung begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Auswahlkriterien (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. BVerfG 24.09.2002 – 2 BvR 857/02).

86

Der Anspruch des Bewerbers nach Art. 33 Abs. 2 GG auf Übertragung der ausgeschriebenen Stelle setzt voraus, dass diese noch nicht besetzt ist. Ist eine mit dem Amt verbundene Stelle rechtlich verbindlich anderweitig vergeben, kann das Amt nicht mehr besetzt werden. Dann ist der subjektive Anspruch des Bewerbers aus Art. 33 Abs. 2 GG erschöpft.

87

Im Beamtenrecht ist anerkannt, dass ein übergangener Bewerber unter bestimmten Voraussetzungen Schadensersatz wegen einer Amtspflichtverletzung iSd. § 839 BGB iVm. Art. 34 GG verlangen kann. Einem Beamten kann danach wegen Unterlassens seiner Beförderung ein Schadensersatzanspruch zustehen, wenn der Dienstgeber verpflichtet war, ihn zu befördern, die Verletzung dieser Pflicht auf Verschulden beruht und das Unterbleiben der Beförderung durch die Pflichtverletzung adäquat verursacht worden ist

88

Für nicht beamtete Bewerber kommen als Anspruchsgrundlagen § 280 Abs. 1 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG als Schutzgesetz in Betracht.

89

Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hat vor der Besetzung jeder Stelle zwingend ein Anforderungsprofil festzulegen. Nur der am besten geeignete Bewerber für die ausgeschriebene Stelle hat nach Art. 33 Abs. 2 GG einen Besetzungsanspruch. Eine leistungsbezogene Auswahl setzt im Verfahren voraus, dass zuvor für die zu besetzende Stelle ein konkretes Anforderungsprofil festgelegt wird. Dieses allein ermöglicht eine sachgerechte Prognose, wer von den Bewerbern die zukünftigen Aufgaben am besten erfüllen würde. Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils werden zugleich die Leistungskriterien für die Auswahl der Bewerber näher konkretisiert. Das Auswahlprofil stellt damit die Verbindung zwischen dem vom öffentlichen Arbeitgeber zu bestimmenden Charakter der Stelle und den von den Bewerbern zu erfüllenden Voraussetzungen her. Ein bloßer Hinweis auf die vorgesehene Vergütungsgruppe ist unzureichend, wenn sich die konkreten Anforderungen der zu besetzenden Stelle aus ihr nicht feststellen lassen. Das Anforderungsprofil muss zur Gewährleistung eines hinreichenden Rechtsschutzes des unterlegenen Bewerbers nach Art. 19 Abs. 4 GG so dokumentiert sein, dass die Auswahlentscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG überprüft werden kann (BAG 19.02.2008 – 9 AZR 70/07 – Rn. 23 ff).

90

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze scheitert ein Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 280 Abs. 1 BGB; 823 Abs. 2 BGB, Art. 33 Abs. 2 GG daran, dass ihm kein Anspruch aus Artikel 33 Abs. 2 GG auf Übertragung der Stelle eines SB – Brandschutz, vergütet nach EG 8 TVöD zustand.

91

Dabei kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Beklagte durch die im Aktenvermerk vom 08.02.2012 niedergelegten Auswahlkriterien das von ihm erstellte und damit für das Auswahlverfahren bindende Anforderungsprofil für die vorgenannte Stelle unzulässig verändert hat, wofür allerdings insbesondere im Hinblick auf das von ihm für die Entscheidung maßgeblich herangezogene (neue) Kriterium einer höheren als für den Dienstposten erforderlichen beruflichen Qualifizierung (vgl. BAG 06.05.2014 – 9 AZR 724/12 – Rn. 17) vieles spricht.

92

Ein Schadensersatzanspruch des Klägers scheitert jedenfalls daran, dass er weder die Anforderungen des ursprünglichen, sich aus der Ausschreibung ergebenden Stellenprofils noch die Anforderung des von der Beklagten in Form des Aktenvermerks vom 08.02.2012 erstellten neuen Stellenprofils erfüllt.

93

a) Unstreitig verfügt der Kläger über keinen im Aktenvermerk vom 08.02.2012 als Einstellungsvoraussetzung verlangten Hochschulabschluss bzw. über weiterführende berufliche Qualifikationen.

94

b) Entgegen seiner Auffassung erfüllt der Kläger auch nicht sämtliche von dem Beklagten auf Basis der Stellenausschreibung als auswahlrelevant herausgestellten Kriterien, nämlich:

95
- fundierte feuerwehrtechnische Kenntnisse
96
- fundierte PC-Kenntnisse
97
- Führerscheinklasse C 1 + E
98
- sichere Praxis in qualifizierter Verwaltungssachbearbeitung – möglichst Abschluss als Verwaltungsfachangestellte/r.
99

aa) Nach dem sich bietenden Sachverhalt verfügt der Kläger nicht über die von dem Beklagten vorstehend verlangten Verwaltungskenntnisse. Diese beziehen sich auf die „qualifizierte Verwaltungssachbearbeitung“, wobei das Qualitätsniveau dem eines Verwaltungsfachangestellten entsprechen soll, wie der Zusatz in der Ausschreibung „… möglichst Abschluss als …“ deutlich macht. Dass der Kläger über solche Kenntnisse, die u. a. zur Mitwirkung bei der Planung und Umsetzung des Haushaltsplanes, zur Bearbeitung von Fördermittelanträgen der Gemeinden und zur Prüfung, Bearbeitung und Bewertung von Auszeichnungsvorschlägen der Gemeinden befähigen, verfügt, ist seinem Vorbringen nicht in hinreichend substantiierter Form zu entnehmen. Aus dem zur Konkretisierung seiner Angaben im Lebenslauf vorgelegten Zwischenzeugnis ergibt sich vielmehr, dass die ihm bei dem AZV obliegenden Arbeitsaufgaben ganz überwiegend technischer Natur sind. Der Kläger ist dort als „Mitarbeiter der technischen Verwaltung“ tätig. Aus dem im Zwischenzeugnis aufgeführten Aufgabenkatalog erschließt sich nicht, dass er mit qualifizierter Verwaltungssachbearbeitung, also einer durch „Büroarbeit“ geprägten Tätigkeit befasst ist. So beschränkt sich beispielsweise seine „Mitwirkung bei der Widerspruchsbearbeitung“ auf die „Vor-Ort-Aufklärung – techn. Prüfung“. Welcher zeitliche Anteil den im Zwischenzeugnis jeweils aufgeführten Arbeitsaufgaben an der Gesamttätigkeit des Klägers zukommt, ist nicht erkennbar. Weiterer Sachvortrag, der auf von der Beklagten bestrittene Verwaltungskenntnisse i. S. d. Ausschreibungstextes schließen ließe, ist von dem Kläger nicht geleistet worden. Diese lassen sich auch nicht allein aus der Bewertung des von dem Kläger bei dem AZV bekleideten Dienstpostens mit EG 6 TVöD ableiten, da diese Entgeltgruppe auch „technische Arbeiten“ erfasst.

100

bb) Angesichts des Zuschnitts der Stelle „SB – Brandschutz“ und deren Wertigkeit war der Beklagte im Rahmen seines Organisationsermessens auch berechtigt, das Anforderungsprofil entsprechend auszugestalten. Die Stelle weist keinen „technischen“, sondern einen „verwaltenden“ Zuschnitt auf. So hat der Beklagte unwidersprochen vorgetragen, das Führen von Lkw (Fahrerlaubnis C und E 1) falle in der täglichen Arbeit nicht zwingend an.

101

2. Darüber hinaus scheitert die Klage daran, dass nach dem sich bietenden Sachverhalt dem Kläger kein Schaden in Form entgangener finanzieller Leistungen bezogen auf die Entgeltgruppen 6 und 8 TVöD entstanden ist.

102

a) Bei einem durch Neuabschluss eines Arbeitsvertrages umzusetzenden Einstellungsanspruch und der damit verbundenen sechsmonatigen Probezeit ergebe sich nach Auffassung der Kammer lediglich für diesen Zeitraum ein auf Ausgleich der Vergütungsdifferenz gerichteter Schadensersatzanspruch aus §§ 249, 252 BGB. Angesichts der Möglichkeit des Beklagten, das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit ohne Gründe jederzeit ordentlich zu kündigen, lässt sich ein „lebenslanger Schadensersatzanspruch“ bei Berücksichtigung des gewöhnlichen Verlaufes der Dinge bzw. der besonderen Umstände nicht annehmen.

103

b) Für den vorgenannten Zeitraum hat der Kläger jedoch einen Schaden in Form entgangener finanzieller Leistungen, die über die von ihm bezogene Vergütung aus dem Arbeitsvertrag mit dem AZV hinausgehen, nicht dargelegt. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, die von dem Kläger nach Maßgabe der EG 6 Stufe 3 TVöD dort bezogene Vergütung liege über einer bei Übertragung des Dienstpostens SB – Brandschutz sich ergebenden Vergütung nach EG 8 Stufe 1 TVöD. Die Voraussetzungen für eine Eingruppierung des Klägers in die EG 8 Stufe 3 TVöD hat der Beklagte unter Hinweis auf § 16 Abs. 2 TVöD bestritten. Substantiierter Sachvortrag, dass der Kläger bei einer Neueinstellung als „SB – Brandschutz“ bereits in den ersten sechs Monaten tariflich zwingend gemäß EG 8 Stufe 3 TVöD hätte vergütet werden müssen, ist von ihm nicht erbracht worden.

III.

104

Nach alledem konnte das Rechtsmittel des Klägers in der Sache keinen Erfolg haben.

C.

105

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

D.

106

Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

107

Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.


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