Urteil vom Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (6. Kammer) - 6 Sa 135/14
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 04.12.2013 – 8 Ca 171/13 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund Befristung.
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Der Kläger war vom 01.01.2003 bis 31.12.2012 bei dem Beklagten als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der von dem Beklagten in H, W betriebenen Forschungsstelle für E (im Folgenden: FS) tätig. Die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmten sich nach Maßgabe von drei, sich nahtlos aneinanderreihenden befristeten Arbeitsverträgen. Der erste Arbeitsvertrag (Bl. 17 ff. d.A.) datiert vom 07.01.2003 und enthält eine Laufzeit bis 31.05.2008. Als Befristungsgrund ist in dem Vertrag angegeben: "Auslaufen der Forschungsstelle". Am 11.03.2008 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 22 ff. d.A.) mit einer Laufzeit vom 01.06.2008 bis 30.06.2011. Der dritte, am 24.03.2011 geschlossene Arbeitsvertrag (Bl. 28 ff. d.A.) weist eine Laufzeit vom 01.07.2011 bis 31.12.2012 aus. Die hierzu gefertigte Niederschrift nach dem Nachweisgesetz (Bl. 32 d.A.) enthält als Befristungsgrund die Formulierung: "Schließung der Forschungsstelle" sowie den Vorbehalt, dass die Befristung auch auf andere Gründe gestützt werden könne.
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Am 18.03.2011 hatte der hierfür zuständige Senat des Beklagten den Beschluss gefasst, die FS zum 31.12.2012 zu schließen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beschlussinhalts wird auf das zur Akte gereichte Protokoll der Senatssitzung (Bl. 179 ff. d.A.) verwiesen.
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Unter dem 19./20.12.2012 vereinbarte der Beklagte mit der M H einen Kooperationsvertrag (Bl. 285 ff. d.A.). Danach errichtet die M zum 01.01.2013 ein "Gemeinsames Forschungsprojekt". In dieser Forschungsgruppe (im Folgenden: gFP 5), die sich ebenfalls mit der Faltung von Proteinen beschäftigt, ist weiterhin – den Vorgaben im Kooperationsvertrag entsprechend – ein Teil der bisher bei dem Beklagten in der FS beschäftigten Arbeitnehmer tätig. Insbesondere arbeiten dort 3 von 4 (wissenschaftlichen) Gruppenleitern an den in dem Kooperationsvertrag vereinbarten Forschungsprojekten. Einen Einsatz des Klägers, der ebenfalls als Gruppenleiter für den Beklagten tätig war, sieht der Kooperationsvertrag hingegen nicht vor. Die gFP 5 nutzt dabei die bis zum 31.12.2012 von dem Beklagten angemieteten Räume in dem Gebäude W – jedoch nicht in vollem Umfang. Ebenfalls in diesen Räumen tätig ist eine von dem Beklagten gegründete sog. Emeritusgruppe. Leiter dieser Gruppe ist Herr Prof. Dr. F, der bis zum 31.05.2011 die Funktion des mit Personalkompetenzen versehenen geschäftsführenden Direktors der FS inne hatte und nach der zu jenem Datum erfolgten Emeritierung die Geschäfte der FS als kommissarischer Leiter bis zum 31.12.2012 fortgeführt hatte. Der Emeritusgruppe, die organisatorisch einer von dem Beklagten in G betriebenen Einrichtung angegliedert ist, gehören weiter eine ehemalige Verwaltungskraft der FS, eine dort bisher tätige technische Kraft sowie die ebenfalls in der FS tätige Sekretärin des Herrn Prof. Dr. F an.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der streitgegenständlichen Befristung im letzten Arbeitsvertrag der Parteien (vom 24.03.2011) komme keine Rechtswirksamkeit zu. Für diese Befristung sei ein rechtfertigender Sachgrund nicht gegeben. Angesichts der Formulierung in dem zu diesem Vertrag erstellten Nachweis, wonach sich der Beklagte auch die Berufung auf andere Befristungsgründe vorbehalte, sei davon auszugehen, dass der Beklagte bei Abschluss des Vertrages überhaupt keine Befristungsgründe herangezogen habe. Jedenfalls werde die von dem Beklagten als Befristungsgrund nunmehr angeführte Schließung der FS bestritten. Darüber hinaus erweise sich die streitgegenständliche Befristung aufgrund der vorliegenden Gesamtumstände als rechtsmissbräuchlich.
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Der Kläger hat beantragt,
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 24.03.2011 mit Ablauf des 31.12.2012 beendet worden ist.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat die Auffassung vertreten, der streitgegenständlichen Befristung komme Rechtswirksamkeit zu. Die Abrede beruhe auf der von dem Senat des Beklagten am 18.03.2011 beschlossenen endgültigen Schließung der FS zum 31.12.2012. Der hierauf basierenden Prognose eines (nur noch) vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitskraft des Klägers stehe die zeitlich wesentlich später abgeschlossene Kooperationsvereinbarung mit der M nicht entgegen. Diese Vereinbarung begründe gerade keine – einer Befristung entgegenstehende – Fortführung der FS, sei es auch im Wege des Betriebsübergangs durch die M. Die neu gebildete gFP 5 weise als Teil der M eine völlig andere Organisationsstruktur auf. Auch die im Rahmen der gFP 5 zu absolvierenden Forschungsthemen unterscheiden sich inhaltlich von jenen der FS. Letztendlich habe der Beklagte durch die Kooperationsvereinbarung lediglich der M Drittmittel in Form eines Pauschalbetrages für weitere Forschungsprojekte zur Verfügung gestellt. Zwar sei auch der ehemalige Leiter der FS, Prof. Dr. F, in diese Forschungsthemen im Rahmen der Emeritusgruppe involviert. Keineswegs komme ihm jedoch die Funktion eines Leiters der gFP 5 zu. Diese Position werde vielmehr von dem an der M tätigen Prof. Dr. S auch tatsächlich ausgeübt.
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Im Übrigen sei die Kooperationsvereinbarung mit der MLU schon deshalb nicht geeignet, die von dem Beklagten getroffene Prognose in Zweifel zu ziehen, weil die Idee zu einer solchen Zusammenarbeit erst im Jahr 2012, nämlich bei einem Treffen des damaligen Vizepräsidenten des Beklagten, Prof. Dr. J mit dem Kanzler der MLU am 16.02.2012 erstmals aufgekommen sei.
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Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Befristung im letzten Arbeitsvertrag der Parteien auch nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Die Ausgestaltung des am 01.01.2003 begründeten Arbeitsverhältnisses der Parteien beruhe auf dem Umstand, dass die FS als sog. "ad-personam-Einrichtung" auf die Person des Herrn Prof. Dr. F zugeschnitten worden sei. Der Beklagte sei daher bereits bei Abschluss des ersten Vertrages davon ausgegangen, dass mit einer Emeritierung des Prof. Dr. F auch die Forschungsstelle geschlossen werde. Zum damaligen Zeitpunkt sei man von einer Emeritierung mit Erreichen des 65. Lebensjahres am 31.05.2008 ausgegangen. Da Herr Prof. Dr. F jedoch von der Option Gebrauch gemacht habe, seine Tätigkeit bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres fortzusetzen, sei das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bis zum 30.06.2011 verlängert worden. Im Hinblick auf die herausragenden wissenschaftlichen Leistungen des Herrn Prof. Dr. F und noch vorhandene Drittmittel habe der Beklagte dann letztendlich sich entschlossen, die Forschungstätigkeiten noch bis zum 31.12.2012 unter der (kommissarischen) Leitung des nunmehr emeritierten Prof. Dr. F fortzuführen.
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Der Kläger hat hierzu entgegnet, er bestreite, dass die Idee zu einer Kooperation mit der M erst im Jahr 2012 erstmals aufgekommen sei. Weiter werde bestritten, dass der Beklagte überhaupt bei Abschluss des Vertrages vom 24.03.2011 durch einen hierzu befugten Mitarbeiter eine Prognose zum Wegfall des Arbeitsbedarfes für den Kläger getroffen habe.
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Im Übrigen sei es keineswegs so, dass dem Beklagten lediglich die Funktion eines Drittmittelgebers betr. die von der gFP 5 durchgeführten Forschungsprojekte zukomme. Die in dem Kooperationsvertrag getroffene Vereinbarung, insbesondere die "Übernahme" von Personal, das bisher in der FS tätig war, zu genau vorgegebenen arbeitsvertraglichen Bedingungen, lasse jedenfalls in Verbindung mit der Zusammenarbeit zwischen der gFP 5 und der von dem Beklagten gebildeten Emeritusgruppe nur den Schluss darauf zu, die Forschungseinrichtung werde – wenn auch in organisatorisch veränderter Form – tatsächlich fortgeführt.
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Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 04.12.2013 die Klage abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Befristungskontrollklage sei unbegründet. Der Arbeitsvertrag vom 24.03.2011 enthalte eine wirksame Befristungsabrede. Diese sei von dem Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG (vorübergehender betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung) gedeckt. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe der Senat des Beklagten bereits endgültig die Auflösung der FS zum 31.12.2012 beschlossen gehabt. Die erst Ende 2012 vereinbarte Kooperation mit der M stehe der Bejahung eines Befristungsgrundes nicht entgegen. Nach dem sich bietenden Sachverhalt handele es sich bei dieser Kooperation nicht um die Fortführung der FS seitens der M im Wege des Betriebsübergangs. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Bl. 362 – 379 d.A. verwiesen.
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Gegen dieses, ihm am 07.03.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 02.04.2014 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.06.2014 am 04.06.2014 begründet.
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Mit seinem Rechtsmittel verfolgt er seine Befristungskontrollklage unter Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunktes und Vertiefung seines Sachvortrages weiter.
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Er behauptet insbesondere, die von der gFP 5 im Rahmen der Kooperationsvereinbarung durchzuführenden Forschungsthemen seien mit jenen identisch, die bis zum 31.12.2012 der FS oblegen haben. Für eine von Anfang an angedachte Kooperation mit der M spreche weiter, dass – unstreitig – der Beklagte im Verlauf des Jahres 2012 die Arbeitsverträge mit den unbefristet in der FS tätigen Mitarbeitern nicht unter Einhaltung der für diese geltenden Kündigungsfristen bis zum 30.06.2012 gekündigt habe. Darüber hinaus erweise sich die Befristung auch wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB (Transparenzgebot) als rechtsunwirksam. Die Intransparenz der Befristungsabrede folge aus dem Inhalt des zum Arbeitsvertrag erstellten Nachweises, in dem sich der Beklagte das Recht vorbehalte, die Befristungsgründe auszutauschen.
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Der Kläger beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Halle vom 04.12.2013 – 8 Ca 171/13 – festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 24.03.2011 mit Ablauf des 31.12.2012 beendet worden ist.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
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Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung. Keineswegs führe die gFP 5 die Forschungsprojekte der FS fort. Es handele sich vielmehr um neue Projekte, die lediglich auf dem bisher erreichten Stand der Wissenschaft aufbauen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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Das Berufungsgericht hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 27.10.2015 am 14.12.2015 wie folgt Beweis erhoben:
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Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Beklagten, die Idee einer Kooperation zwischen dem Beklagten und der M betr. den bisher von der Forschungsstelle für E abgedeckten Bereich sei erst anlässlich eines Gesprächs zwischen seinem damaligen Vizepräsidenten Prof. Dr. J und dem Kanzler der M am 16.02.2012 aufgekommen.
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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.12.2015 (Bl. 550 – 554 d.A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
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Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1 ArbGG) Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Befristungskontrollklage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
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Streitgegenstand ist nach Antrag und Klagebegründung ausschließlich die Wirksamkeit der im (letzten) Arbeitsvertrag der Parteien vom 24.03.2011 vereinbarten kalendermäßigen Befristung auf den 31.12.2012. Dieser kommt Rechtswirksamkeit zu.
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Ungeachtet der Frage, ob im Fall der Unwirksamkeit der Befristung das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die M übergegangen ist, ist der Beklagte für den hier allein streitgegenständlichen Befristungskontrollantrag gemäß § 17 TzBfG passiv legitimiert, weil dieser Antrag sich (sog. erweiterter punktueller Streitgegenstand) auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien im unbefristeten Zustand zum Stichtag 31.12.2012 bezieht, ein Betriebsübergang jedoch erst mit Ablauf dieses Tages in Betracht kommt (vgl. BAG 23.07.2014 – 7 AZR 853/12 – Rn. 24).
I.
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Für die Befristung ist ein nach § 14 TzBfG erforderlicher Sachgrund gegeben. Nach dem sich zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bietenden Sachverhalt liegen die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG vor. Danach bildet insbesondere der nur vorübergehend bestehende betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung einen die Befristung des Arbeitsvertrages rechtfertigenden Sachgrund.
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1. Entgegen der Auffassung des Klägers kann sich der Beklagte zulässigerweise auf diesen Sachgrund zur Rechtfertigung der Befristung berufen. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Beklagte in der Niederschrift zu dem vorgenannten Vertrag vorbehalten hat, die Befristung auch auf andere Sachgründe zu stützen.
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a. Dahinstehen kann, ob der Arbeitgeber – vorbehaltlich tariflicher oder personalvertretungsrechtlicher Bestimmungen – zulässigerweise den zunächst als gegeben angenommenen Befristungsgrund "austauschen" kann, da der Beklagte einen solchen Austausch nicht vorgenommen hat. Er stützt auch im vorliegenden Rechtsstreit die vereinbarte Befristung ausschließlich auf die Schließung der FS zum 31.12.2012.
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b. Die Ankündigung des Arbeitgebers, die Befristung ggf. auch auf andere Gründe stützen zu wollen, steht entgegen der Auffassung des Klägers einer Berufung auf den primär herangezogenen Befristungsgrund nicht entgegen. Es bedarf keiner Einigung der Parteien darüber, welcher Befristungsgrund maßgeblich sein soll. Der sachliche Grund ist nur objektive Wirksamkeitsvoraussetzung für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses (BAG 23.06.2004 – 7 AZR 636/03 – juris Rn. 18). Dies hat der Gesetzgeber indirekt bestätigt, indem er in § 2 Abs. 4 WZVG angeordnet hat, dass der Arbeitgeber sich auf die in diesem Gesetz aufgeführten Befristungsgründe nur berufen kann, wenn er das WZVG im Arbeitsvertrag als Befristungsgrundlage benennt. Unterbleibt dieser Hinweis, besteht für den Arbeitgeber jedoch die Möglichkeit, die vereinbarte Befristung auf andere Gründe zu stützen (§ 1 Abs. 2 WZVG).
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2. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG liegen vor.
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Die Befristung eines Arbeitsvertrages wegen eines nur vorübergehenden Bedarfs an der Arbeitsleistung setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers in dem Betrieb kein Bedarf mehr besteht. Dabei kann sich der vorübergehende betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung daraus ergeben, dass für einen begrenzten Zeitraum in dem Betrieb Arbeiten anfallen, die mit dem Stammpersonal allein nicht bewältigt werden können oder daraus, dass sich der Arbeitskräftebedarf künftig verringern wird, z. B. wegen der Inbetriebnahme einer neuen technischen Anlage oder wegen der Stilllegung des Betriebes oder der Dienststelle.
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Erforderlich ist immer, dass sich der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages entschlossen hatte, nach Ablauf des Befristungszeitraumes in seinem Betrieb oder seiner Dienststelle anfallende Arbeiten nicht mehr zu erledigen. Es genügt dabei nicht die Absicht, diese Arbeiten nicht mehr eigenem Personal, sondern Leiharbeitnehmern zu übertragen, weil Voraussetzung für eine Befristung des Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG der voraussichtliche Wegfall des Beschäftigungsbedarfes innerhalb der betrieblichen Organisation des Arbeitgebers ist. Diese am Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG orientierte Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Durch den in dieser Norm geregelten Sachgrund für eine Befristung wird dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung getragen, mit Arbeitnehmern nur eine zeitlich begrenzte vertragliche Bindung eingehen zu müssen, wenn absehbar ist, dass die ihnen zugewiesenen Arbeitsaufgaben im Betrieb nur vorübergehend anfallen und die Arbeitnehmer deshalb voraussichtlich nach Wegfall der Arbeitsaufgaben im Betrieb nicht mehr beschäftigt werden können (BAG 30.10.2008 – 8 AZR 855/07 – Rn. 29, 30).
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Nach dem sich bietenden Sachverhalt lagen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausreichend Tatsachen vor, die die Prognose rechtfertigen konnten, der Bedarf an der Arbeitsleistung des Klägers im Betrieb des Beklagten "Forschungsstelle für E" werde zum 31.12.2012 dauerhaft wegfallen.
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a. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und ggf. welche Überlegungen der Beklagte, organschaftlich vertreten durch seinen Vorstand bzw. rechtsgeschäftlich vertreten durch den Direktor der FS bei Vertragsschluss konkret angestellt hat. Entscheidend ist vielmehr, ob objektiv zum damaligen Zeitpunkt Tatsachen vorgelegen haben, die die vorgenannte Prognose rechtfertigen. Wie bereits ausgeführt, ist es erforderlich aber auch ausreichend wenn bei Vertragsschluss die den Befristungsgrund ausmachenden Tatsachen objektiv vorgelegen haben (siehe auch BAG 25.05.2005 – 7 AZR 402/04 – juris Rn. 26 und BAG 13.10.2004 – 7 AZR 218/04 – juris Rn. 24). Der Arbeitgeber ist daher im Rechtsstreit nicht darauf beschränkt, die Befristung nur mit solchen Tatsachen zu rechtfertigen, die konkret bei Vertragsschluss subjektiv für ihn ausschlaggebend waren.
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b. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 24.03.2011 lagen ausreichend Tatsachen vor, um die vorbenannte Prognose zu rechtfertigen.
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aa. Der Beklagte hatte vor Abschluss des Vertrages – am 18.03.2011 – durch den Senat als zuständiges Organ den Beschluss gefasst, die FS zum 31.12.2012 zu schließen. Dies ist – nachdem der Beklagte die maßgeblichen Passagen des hierzu erstellten Protokolls in Kopie zur Akte gereicht hat – zwischen den Parteien unstreitig geworden. Der Kläger hat hierzu erstinstanzlich im Schriftsatz vom 27.11.2013 auf Seite 2 erklärt, dieser Punkt habe sich erledigt und hat auch in seiner Berufungsbegründung (Seite 8, 2. Absatz am Ende) eingeräumt, dass es diesen Beschluss "gibt".
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bb. Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet dieses Beschlusses bei Vereinbarung der hier streitigen Befristungsabrede eine Fortführung der FS seitens des Beklagten noch nicht gänzlich ausgeschlossen war, sind nicht ersichtlich. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass den Arbeitgeber eine erhöhte Darlegungslast trifft, wenn die prognostizierten Umstände sich nicht verwirklichen (BAG 13.10.2004 – 7 AZR 218/04 – juris Rn. 31). Insbesondere ist die den bisher von der FS abgedeckten Forschungsbereich betreffende Zusammenarbeit der in der Trägerschaft des Beklagten stehenden Emeritusgruppe mit der gFP 5 der M basierend auf dem Kooperationsvertrag vom 19./20.12.2012 nicht geeignet, die auf den März 2011 bezogene Prognose zu erschüttern. Dabei kann dahinstehen, ob diese Kooperation einen Betriebsübergang i.S.d. § 613a BGB darstellt, der eine Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG nicht zu rechtfertigen vermag (BAG 30.10.2008 – 8 AZR 855/07 – Rn. 40). Hierauf käme es nur an, wenn bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages der Beklagte bereits einen möglichen Betriebsübergang in Aussicht genommen hätte oder sich ein solcher zumindest abgezeichnet hat (BAG 24.09.2014 – 7 AZR 987/12 – Rn. 31).
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Nach dem Gesamtergebnis der mündlichen Verhandlung, insbesondere der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest (§ 286 ZPO), dass die Möglichkeit einer Kooperation zwischen dem Beklagten und der M in einer Weise, wie sie in dem rund 1 ¾ Jahr später geschlossenen Kooperationsvertrag ihren Niederschlag gefunden hat – also im Wege der Weiterarbeit einer erheblichen Zahl der in der FS tätigen Arbeitnehmer "unter dem Dach" der M – noch nicht solche konkrete Form angenommen hatte, die einer Prognose, die FS werde wie beschlossen zum 31.12.2012 geschlossen, entgegensteht.
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aaa. Der Zeuge Prof. Dr. J hat hierzu glaubhaft bekundet, die Idee einer Kooperation, die auch die Übernahme des unbefristet in der FS beschäftigten Personals zu gleichen Bedingungen umfassen sollte, sei erstmalig im Februar 2012, nachdem Bemühungen, die Mitarbeiter in anderen Instituten des Beklagten unterzubringen, überwiegend gescheitert waren, aufgekommen. Konkret sei hierüber erstmals bei einem Treffen zwischen dem Zeugen und – u.a. – dem Kanzler der M am 20.02.2012 gesprochen worden. Er habe die M nach einem kurz zuvor mit Prof. Dr. F geführten Gespräch damit "überfallen". Zwar habe er schon in einem Rundschreiben aus dem Jahr 2009 an die Mitarbeiter u.a. der FS darauf hingewiesen, dass nach einer Lösung gesucht werde. Diese sei jedoch erst im Februar 2012 gefunden worden. Die Aussage des Zeugen erscheint der Kammer glaubhaft. Der Zeuge hat nachvollziehbar die Geschehnisse um die Schließung der FS darzulegen vermocht und insbesondere den zeitlichen Ablauf der Geschehnisse nachvollziehbar bekunden können. An der Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen nach dem Gesamteindruck, den der Zeuge auf die Kammer gemacht hat, keine Zweifel. Der Umstand, dass der Zeuge für den Beklagten zum damaligen Zeitpunkt als Vizepräsident tätig war und nach wie vor für den Beklagten tätig wird, ist nach dem Gesamteindruck, den der Zeuge gemacht hat, insbesondere auch im Hinblick auf die ihm erteilte Belehrung über die Pflichten eines Zeugen, nicht geeignet, seine Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen.
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Aus der Aussage des Zeugen wiederum ergibt sich die Erweislichkeit der Behauptung des Beklagten, die Idee einer Kooperation mit der M zur Fortführung der Forschungstätigkeit im Bereich "E" sei erstmals im Februar 2012 aufgekommen. Dem steht nicht die weitere Aussage des Zeugen, man habe nach der Beschlussfassung vom 18.03.2011 hektische Aktivitäten entfaltet, um eine Weiterbeschäftigung der in der FS tätigen Mitarbeiter zu ermöglichen, entgegen. Diese Aktivitäten waren nach der weiteren Aussage des Zeugen gerade nicht darauf angelegt, die Forschungseinrichtung als "wirtschaftliche" Einheit fortzuführen oder auf einen Dritten zu übertragen. Der Zeuge hat hierzu vielmehr bekundet, der Beklagte habe – überwiegend erfolglos – den Versuch unternommen, jedenfalls die unbefristet in der FS tätigen Mitarbeiter in andere Forschungseinrichtungen zu vermitteln. Diese Vorgehensweise lässt gerade nicht den Schluss darauf zu, der Beklagte habe schon bei Abschluss des hier streitgegenständlichen Vertrages im März 2011 Pläne dahin verfolgt, die FS als Einheit auf einen neuen Träger zu überführen. Die FS wird im Wesentlichen durch das dort tätige hochqualifizierte Fachpersonal geprägt. Wenn der Beklagte sich nach dem Beschluss vom 18.03.2011 darum bemüht, dieses Personal auf andere Forschungsstellen "zu verteilen", so wird hieraus deutlich, dass eine Erhaltung des "Teams" zu jenem Zeitpunkt gerade nicht angedacht war. Ebenso wenig vermag der Umstand, dass nach Aussage des Zeugen bereits im Jahr 2011 die Gründung einer erweiterten Emeritusgruppe mit Herrn Prof. Dr. F als Leiter von dem Beklagten erwogen worden ist, die Prognose zu erschüttern. Der Zeuge hat hierzu weiter bekundet, dass diese Emeritusgruppe lediglich die Forschungsvorhaben der FS "abwickeln" sollte. Nach den für Emeritusgruppen geltenden Regeln sei eine Einstellung von weiteren Fachkräften explizit untersagt.
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bbb. Im Übrigen hat die Kammer bei ihrer Überzeugungsbildung auch berücksichtigt, dass die Kooperationsvereinbarung zwischen dem Beklagten und der M erst mit großem zeitlichen Abstand zu dem hier maßgeblichen Vertragsschluss (24.03.2011/19.,20.12.2012) zustande gekommen ist. Aus diesem Grund ist auch der Umstand, dass der Beklagte bis 30.06.2012 keinem der unbefristet in der FS tätigen Arbeitnehmer gekündigt hat, nicht geeignet, seine bei Abschluss des hier streitgegenständlichen Vertrages bestehende Absicht, die FS zum Jahresende 2012 zu schließen, in Frage zu stellen. Dieses Verhalten des Beklagten steht in Einklang mit der (erst) seit Februar 2012 bestehenden Faktenlage, nämlich der zu diesem Zeitpunkt aufgenommenen Kooperation mit der M.
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ccc. Die nachträgliche Veränderung der Prognosegrundlage – zugunsten des Klägers unterstellt, eine solche ist durch die Kooperationsvereinbarung eingetreten – führt nicht zur Unwirksamkeit der Befristung. Für den Arbeitnehmer besteht – anders als im Fall einer ordentlichen Kündigung – auch kein Wiedereinstellungsanspruch (BAG 20.02.2002 – 7 AZR 600/00). Im Übrigen ist ein solcher auch nicht streitgegenständlich.
- 48
cc. Weiter kann dahinstehen, ob zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hinreichend sicher prognostizierbar war, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer anderen Forschungseinrichtung des Beklagten mit Beginn des Jahres 2013 nicht gegeben war. Im Hinblick auf den klaren Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG ist der vorübergehende Arbeitsbedarf betriebsbezogen zu bestimmen (BAG 25.08.2004 – 7 AZR 7/04 – juris Rn. 28, 29). Nach dem sich bietenden Sachverhalt handelt es sich bei der FS um einen Betrieb im Rechtssinne. Die Einrichtung war räumlich und organisatorisch eigenständig und verfügte unstreitig über eine eigene Personalverwaltung, insbesondere einen mit Personalkompetenz ausgestatteten Leiter.
II.
- 49
Die Befristungsabrede ist auch nicht aufgrund eines zu konstatierenden institutionellen Rechtsmissbrauchs rechtsunwirksam.
- 50
Die Gerichte dürfen sich bei der Befristungskontrolle nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds beschränken. Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, durch Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen (EuGH 26.01. 2012 – C-586/10 – [Kücük] Rn. 40). Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) vorzunehmen.
- 51
Die Prüfung, ob der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgegriffen hat, verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (vgl. EuGH 26.01.2012 – C-586/10 – [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55; BAG 18.07.2012 – 7 AZR 443/09 – Rn. 40). Von besonderer Bedeutung sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Ferner ist der Umstand zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wurde oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Bei zunehmender Anzahl befristeter Verträge und Dauer der befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift. Zu berücksichtigen ist außerdem, ob die Laufzeit der Verträge zeitlich hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt. Bei der Gesamtwürdigung können daneben weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei insbesondere an die Zahl und Dauer von Unterbrechungen zwischen den befristeten Verträgen sowie an branchenspezifische Besonderheiten, etwa bei Saisonbetrieben. Auch können bei der Gesamtbeurteilung grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von Bedeutung sein.
- 52
Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften (BAG 29.04.2015 – 7 AZR 310/13 Rn. 24 – 26).
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Bei Anwendung dieser Rechtssätze lässt sich ein Rechtsmissbrauch im vorliegenden Einzelfall nicht feststellen.
- 54
1. Es besteht Anlass für eine solche Prüfung, weil zwar nicht die Anzahl der befristeten Verträge, aber die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses (10 Jahre) den Rahmen des § 14 Abs. 2 TzBfG mehrfach überschreitet. Andererseits ist ein Rechtsmissbrauch vorliegend noch nicht als indiziert anzusehen, weil die dort benannten Grenzen nicht kumulativ in gravierender Weise überschritten sind. Das Arbeitsverhältnis der Parteien basiert auf lediglich drei befristeten Arbeitsverträgen.
- 55
2. Anhaltspunkte, die die gewählte Vertragsgestaltung als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen, sind dem Vorbringen der Parteien nicht zu entnehmen. Unter Beachtung des Schutzbereiches des Art. 5 Abs. 3 GG (Wissenschaftsfreiheit) ergibt sich aus der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses, der von dem Kläger verrichteten Tätigkeit und der Anzahl der jeweils über mehrere Jahre abgeschlossenen befristeten Verträge allein ein Rechtsmissbrauch nicht. Der Gesetzgeber selbst sieht befristete Verträge im sog. wissenschaftlichen Mittelbau von Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit einer Gesamtlaufzeit von 12 Jahren vor: §§ 2 Abs. 1, 5 WZVG. Zwar finden diese Vorschriften vorliegend auf die Rechtsbeziehungen der Parteien keine Anwendung. Die dort enthaltene Wertung lässt sich jedoch im Bereich der Rechtsmissbrauchskontrolle eines Arbeitsverhältnisses zwischen einem wissenschaftlichen Mitarbeiter und einer Forschungseinrichtung nutzbar machen (vgl. auch LAG Hessen 05.08.2015 – 2 Sa 1210/14). Schlussendlich spricht die jeweils gewählte Laufzeit der Verträge nicht für einen Rechtsmissbrauch. Die Laufzeiten orientieren sich an den für das Ausscheiden (Emeritierung) des wissenschaftlichen Leiters maßgeblichen Daten. Dessen Fachkompetenz hat – was auch der Kläger nicht in Abrede stellt – die Forschungsarbeiten wesentlich geprägt. Die Tätigkeit des Klägers wiederum ist – unstreitig – auf die von dieser Person geprägte Forschungsarbeit zugeschnitten. Dies unterscheidet den vorliegenden Fall maßgeblich von jenem Sachverhalt, der der Entscheidung der Kammer vom 27.10.2015 (6 Sa 244/14) betreffend ein befristetes Arbeitsverhältnis auf Basis von vier Verträgen und einer Laufzeit von insgesamt fast 14 Jahren mit einer technischen Angestellten der FS zugrunde lag.
III.
- 56
Schlussendlich ist die Befristungsabrede nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot rechtsunwirksam.
- 57
Dahinstehen kann, ob der Kläger im Hinblick auf §§ 17 Satz 3 TzBfG, 6 KSchG diesen Unwirksamkeitsgrund prozessual wirksam erstmals im Berufungsverfahren vorbringen kann. Jedenfalls liegt eine Intransparenz der Befristungsabrede nicht vor. Eine vom Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen gewählte Befristungsabrede muss wegen der weitreichenden wirtschaftlichen Folgen, die mit der Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses verbunden sind, den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den durchschnittlichen Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennen lassen (vgl. BAG 16.04.2008 – 7 AZR 132/07 – Rn. 22).
- 58
1. Der Beendigungszeitpunkt ist der Vertragsurkunde eindeutig zu entnehmen. Die Parteien haben eine kalendermäßig bestimmte Befristung vereinbart.
- 59
2. Eine Intransparenz der Befristungsabrede folgt nicht aus dem Inhalt des zu dem Vertrag vom 24.03.2011 erstellten Nachweises.
- 60
a. Entgegen der Auffassung des Klägers bilden die Angaben in der Niederschrift nach dem Nachweisgesetz gerade keinen Bestandteil des Arbeitsvertrages. Jene Urkunde weist ihre Zweckbestimmung, nämlich die Dokumentation der wesentlichen Arbeitsbedingungen, eindeutig aus.
- 61
b. Im Übrigen werden regelmäßig auch Angaben über den Befristungsgrund im Arbeitsvertrag selbst nicht zum Vertragsbestandteil, so dass bezogen auf die insoweit gewählten Formulierungen ein Verstoß gegen das Transparenzgebot ausscheidet (BAG 29.06.2011 – 7 AZR 774/09 – Rn. 18).
IV.
- 62
Nach alledem konnte das Rechtsmittel des Klägers keinen Erfolg haben.
B.
- 63
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
C.
- 64
Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt.
- 65
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung (mehr) zu. Die Kammer wendet die von dem Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze zur Prüfung des institutionellen Rechtsmissbrauchs unter Beachtung der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles auf diesen an.
- 66
Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.
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- §§ 2 Abs. 1, 5 WZVG 2x (nicht zugeordnet)
- 7 AZR 132/07 1x (nicht zugeordnet)
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- 7 AZR 402/04 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (6. Kammer) - 6 Sa 244/14 1x
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