Urteil vom Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (6. Kammer) - 6 Sa 150/15
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 08.04.2015 - 3 Ca 2449/14 E - abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten über die korrekte tarifliche Einstufung der Klägerin.
- 2
Diese war zunächst vom 22.10.2012 bis 25.08.2013 bei der Beklagten aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages vom 18.10.2012 (Bl. 8 ff d. A.) im Bereich Aus- und Fortbildung tätig. Die Rechtsbeziehungen der Parteien bestimmten sich gemäß vertraglicher Bezugnahme nach Maßgabe des TVöD (VKA) - im Folgenden TVöD. Die Beklagte vergütete die Tätigkeit der Klägerin mit Entgeltgruppe (EG) 6 TVöD.
- 3
Nach Auslaufen des befristeten Vertrages war die Klägerin bis 16.09.2013 arbeitslos. Sie schloss sodann mit der Beklagten am 16.09.2013 mit Wirkung zum 17.09.2013 einen neuen Arbeitsvertrag (Blatt 11 ff d. A.) ab. Auch in diesem Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien die Anwendung des TVöD. Die Klägerin wird (weiterhin) als Sachbearbeiterin im Bereich Aus- und Fortbildung eingesetzt und erhält (weiterhin) Vergütung nach EG 6 TVöD. Dabei ordnete die Beklagte die Klägerin bis einschließlich August 2014 der Stufe 1 dieser Entgeltgruppe zu und gewährte ihr das sich hieraus ergebende Tabellenentgelt.
- 4
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, bei der Stufenzuordnung sei die von ihr in dem vorangegangenen befristeten Arbeitsverhältnis erbrachte Tätigkeit von 10 Monaten und 3 Kalendertagen zu berücksichtigen. Demgemäß habe sie in dem neu begründeten Arbeitsverhältnis die Stufe 2 der EG 6 TVöD bereits im Monat Oktober 2013, jedenfalls - sofern man die rund dreiwöchige Unterbrechung zwischen den beiden Arbeitsverträgen unberücksichtigt lasse - im Monat November 2013 erreicht.
- 5
Nach erfolgloser Geltendmachung mit Schreiben vom 25.09.2013 (Bl. 14 ff d. A.) verfolgt die Klägerin die sich bei einer Zuordnung zu der Stufe 2 ergebenden monatlichen Vergütungsdifferenzansprüche von unstreitig 226,19 Euro brutto für den Zeitraum 09.10.2013 bis 16.09.2014 mit der vorliegenden Klage weiter.
- 6
Die Klägerin hat beantragt,
- 7
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.555,85 € brutto zuzüglich Zinsen darauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 165,78 € brutto
- 8
seit dem 01.11.2013, auf 226,19 € brutto
- 9
seit dem 01.12.2013, auf 226,19 € brutto
- 10
seit dem 01.01.2014, auf 226,19 € brutto
- 11
seit dem 01.02.2014, auf 226,19 € brutto
- 12
seit dem 01.03.2014, auf 226,19 € brutto
- 13
seit dem 01.04.2014, auf 226,19 € brutto
- 14
seit dem 01.05.2014, auf 226,19 € brutto
- 15
seit dem 01.06.2014, auf 226,19 € brutto
- 16
seit dem 01.07.2014, auf 226,19 € brutto
- 17
seit dem 01.08.2014, auf 226,19 € brutto
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seit dem 01.09.2014 sowie auf 128,17 € brutto seit dem 01.10.2014
- 19
zu zahlen sowie hierüber eine Abrechnung zu erteilen;
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2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin seit dem 09.10.2013 Arbeitsentgelt nach der Stufe 2 der Entgeltgruppe 6 TVöD (VKA) zu zahlen.
- 21
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 23
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die in dem befristeten Arbeitsverhältnis zurückgelegten Tätigkeitszeiten seien bei der Ermittlung der Erfahrungsstufe betreffend das nunmehr bestehende Arbeitsverhältnis nicht zu berücksichtigen, weil die beiden Arbeitsverhältnisse eine rechtliche Unterbrechung aufweisen. Soweit die Klägerin hinsichtlich der von ihr vertretenen Rechtsauffassung auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.02.2013 - 6 AZR 524/11 - verweise, seien die dort aufgestellten Rechtssätze vorliegend nicht einschlägig. Die VKA-Fassung des § 16 TVöD enthalte im Unterschied zu der für den Bund geltenden Fassung und auch im Unterschied zu dem TV-L gerade keine Reglung, dass rechtliche Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses in einem bestimmten zeitlichen Umfang für die Ermittlung der Erfahrungsstufe unschädlich seien.
- 24
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 08.04.2015 dem Klagebegehren überwiegend, nämlich für den Zeitraum vom 01.11.2013 bis 31.08.2014 (2.261,90 Euro brutto) stattgegeben, im Übrigen die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits den Parteien anteilig auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Klägerin stehe seit 01.11.2013 ein Anspruch auf Entgelt nach EG 6 Stufe 2 TVöD zu. Die zum Erreichen dieser Stufe erforderliche ununterbrochene Tätigkeitszeit von einem Jahr habe die Klägerin zum 14.11.2013 erreicht. Die von ihr in dem befristeten
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Arbeitsverhältnis zurückgelegten Tätigkeitszeiten seien ungeachtet der sich vorliegend ergebenden rund drei Wochen andauernden rechtlichen Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen. Zwar finde sich in § 16 TVöD in der hier maßgeblichen VKA-Fassung eine ausdrückliche Regelung zur Behandlung dieser Konstellation nicht. Eine Auslegung des Tarifvertrages ergebe jedoch, dass kurzzeitige Unterbrechungen, die - wie vorliegend - die Dauer eines durchschnittlichen Erholungsurlaubes nicht überschreiten, unter Beachtung der von der Rechtsprechung zur Wartezeit des § 1 KSchG aufgestellten Rechtssätze der Berücksichtigung der in einem vorangegangenen Arbeitsverhältnis zurückgelegten Tätigkeitszeiten nicht entgegenstehen. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 60 bis 72 der Akte verwiesen.
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Gegen die ihr am 17.04.2015 zugestellte Entscheidung hat die Beklagte am 28.04.2015 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.07.2015 am 15.07.2015 begründet.
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Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt sie ihren Klagabweisungsantrag unter Aufrechterhaltung ihres erstinstanzlich vertretenen Rechtsstandpunktes weiter. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht § 16 TVöD (VKA) dahin ausgelegt, dass kurzzeitige rechtliche Unterbrechungen der Berücksichtigung von Tätigkeiten in dem vorangegangenen Arbeitsverhältnis nicht entgegenstehen.
- 28
Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 08.04.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
- 32
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
A.
- 34
Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1 ArbGG) Berufung der Beklagten ist begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Vergütung nach EG 6 Stufe 2 TVöD für den (noch) streitigen Zeitraum November 2013 bis August 2014 aus § 611 BGB i. V. m. § 15 TVöD zu. Im Übrigen (Zeitraum 09. bis 31.10.2013 und 01. bis 16.09.2014) hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, wie sich aus den Entscheidungsgründen Ziff. I. und III. sowie der Kostenentscheidung im Tenor ergibt. Eine Anschlussberufung hat die Klägerin nicht eingelegt.
- 35
Die Klage ist nicht begründet. Dahinstehen kann daher, ob für den Feststellungsantrag ein Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zu bejahen ist. Jenes bildet nur im Fall der Klagstattgabe eine Zulässigkeitsvoraussetzung (BAG 16.12.2015 - 5 AZR 567/14).
I.
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Für die Klägerin besteht kein Anspruch auf Vergütung gemäß EG 6 Stufe 2 TVöD im Zeitraum November 2013 bis August 2014 in Höhe von weiteren 2.261,90 Euro brutto aus § 611 BGB i.V. m. § 15 TVöD.
- 37
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis der Parteien im streitigen Zeitraum vielmehr korrekt auf Basis der EG 6 Stufe 1 TVöD abgerechnet und damit den der Klägerin zustehenden Vergütungsanspruch erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB).
- 38
Entgegen der Auffassung der Klägerin und auch des Arbeitsgerichts war bei der Stufenzuordnung gemäß § 16 Abs. 3 TVöD nicht die vorangegangene rund zehnmonatige Tätigkeit der Klägerin bei der Beklagten zu berücksichtigen. Hierzu enthält der TVöD in der VKA-Fassung keine tarifliche Grundlage. In § 16 TVöD (VKA) - Stand 2013 - heißt es u. a.:
§ 16
- 39
Stufen und Entgelttabelle
...
(2)
- 40
Bei Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügt die/der Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2; verfügt sie/er über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren, erfolgt bei Einstellung nach dem 31 Dezember 2008 in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.
- 41
(2a)
- 42
Bei Einstellung von Beschäftigten in unmittelbarem Anschluss an ein Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst (§ 34 Abs. 3 Satz 3 und 4) oder zu einem Arbeitgeber, der einen dem TVöD vergleichbaren Tarifvertrag anwendet, kann die in dem vorhergehenden Arbeitsverhältnis erworbene Stufe bei der Stufenzuordnung ganz oder teilweise berücksichtigt werden; Absatz 2 Satz 3 bleibt unberührt.
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Protokollerklärung zu Absatz 2:
- 44
Ein Berufspraktikum nach dem Tarifvertrag für Praktikantinnen/Praktikanten des öffentlichen Dienstes (TVPöD) vom 27. Oktober 2009 gilt grundsätzlich als Erwerb einschlägiger Berufserfahrung.
(3)
- 45
Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):
- 46
- Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,
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- Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,
- 48
- Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,
- 49
- Stufe 5 nach 4 Jahren in Stufe 4 und
- 50
- Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5.
- 51
Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 geregelt.
...
- 52
1. Eine Berücksichtigung jener Tätigkeiten ergibt sich nicht aus § 16 Abs. 3 i. V. m. § 17 Abs. 3 lit. e) TVöD. Letztgenannte Bestimmung lautet u. a. wie folgt:
§ 17
- 53
Allgemeine Regelungen zu den Stufen
(1)
- 54
Die Beschäftigten erhalten vom Beginn des Monats an, in dem die nächste Stufe erreicht wird, das Tabellenentgelt nach der neuen Stufe.
...
(3)
- 55
Den Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit im Sinne des § 16 Abs. 3 Satz 1 stehen gleich:
- 56
a) Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetzt,
- 57
b) Zelten einer Arbeitsunfähigkeit nach § 22 bis zu 39 Wochen,
- 58
c) Zeiten eines bezahlten Urlaubs,
- 59
d) Zeiten eines Sonderurlaubs, bei denen der Arbeitgeber vor dem Antritt schriftlich ein dienstliches bzw. betriebliches Interesse anerkannt hat,
- 60
e) Zeiten einer sonstigen Unterbrechung von weniger als einem Monat im Kalenderjahr,
- 61
f) Zeiten der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit.
...
- 62
Die vorstehende Tarifnorm regelt ausschließlich die Berücksichtigung von Zeiten, in denen das Arbeitsverhältnis tatsächlich, nicht aber rechtlich unterbrochen war. Dies folgt aus dem Wortlaut der Norm („Tätigkeit“) und deren Systematik. Die in lit. a) bis d) und f) aufgeführten Tatbestände setzen allesamt den Bestand eines Arbeitsverhältnisses voraus. Der in lit. e) verwendete Begriff „sonstige[n] Unterbrechung“ ist daher dahin zu verstehen, dass ebenfalls nur Unterbrechungen tatsächlicher Art erfasst werden sollen.
- 63
2. Auch aus § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD folgt die Anrechnung der Vorbeschäftigungszeit der Klägerin bei der Beklagten nicht.
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a) Die Norm setzt für die Anrechnung eine rechtlich ununterbrochene Tätigkeit bei dem kommunalen Arbeitgeber voraus (vgl. BAG 21.02.2013 - 6 AZR 524/14 - Rn. 17). Eine solche liegt unstreitig nicht vor.
- 65
b) Das Merkmal „ununterbrochen“ kann auch nicht dahin ausgelegt werden, dass kurzzeitige rechtliche Unterbrechungen - zumindest im hier vorliegenden zeitlichen Umfang - der Berücksichtigung der bereits absolvierten Beschäftigungszeiten nicht entgegenstehen.
- 66
Der normative Teil eines Tarifvertrages ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt eine Tarifnorm mehrere Auslegungen zu, von denen die eine zu einem gesetzeswidrigen, die andere zu einem gesetzesgemäßen Ergebnis führt, ist die Tarifnorm so anzuwenden, dass sie zu einem gesetzesgemäßen Ergebnis führt. Dies gilt nicht nur für eine Kollision der Tarifnorm mit Verfassungsrecht, sondern auch für eine solche mit einfachem Gesetzesrecht. Die Tarifvertragsparteien wollen im Zweifel Regelungen treffen, die mit zwingendem höherrangigen Recht in Einklang stehen und damit auch Bestand haben (BAG 16.12.2004 - 6 AZR 658/03 - Rn. 14).
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(1) Der Wortsinn des § 16 Abs. 3 TVöD lässt eine derartige Interpretation nicht zu. Der verwendete Begriff „ununterbrochen“ ist sprachlich eindeutig. Eine Definition dieses Begriffes dahin, dass Zeiträume zwischen zwei Arbeitsverhältnissen (bis zu einer bestimmten Höchstdauer) keine Unterbrechung im Tarifsinne bedeuten, ist - anders als in § 16 TVöD (Bund) und in § 16 TVL - in der hier maßgeblichen VKA-Fassung nicht erfolgt.
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(2) Weiter spricht die Systematik gegen eine solche Annahme. Die Tarifvertragsparteien haben in § 17 Abs. 3 TVöD eine dezidierte Regelung getroffen, in welchen Fällen auch ohne erbrachte Arbeitsleistung von einer ununterbrochenen Tätigkeit auszugehen ist und sich dabei auf solche Konstellationen beschränkt, in denen gerade keine rechtliche Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist. Weiter haben die Tarifvertragsparteien in § 16 Abs. 2 Satz 2 TVöD die Anrechnung von einschlägigen Vorbeschäftigungszeiten - auch bei demselben Arbeitgeber (vgl. BAG 03.07.2014 - 6 AZR 1088/12 - Rn. 16 und BAG 21.02.2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 9) - im Fall einer rechtlichen Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses einer Regelung zugeführt. Berücksichtigt wird danach einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr. Diese in sich geschlossene Regelung über die Anrechnung von Berufserfahrung steht der Annahme einer unbewussten Regelungslücke in Bezug auf kurzfristige rechtliche Unterbrechungen entgegen. Aus der Entscheidung des BAG vom 21.02.2013 - 6 AZR 524/11 - zu § 16 Abs. 3 TVL folgt nichts Gegenteiliges. Das BAG hält im Anwendungsbereich dieser Tarifnorm rechtliche Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses in einem bestimmten zeitlichen Umfang für unschädlich, weil die Tarifvertragsparteien hierzu in einer Protokollnotiz eine ausdrückliche Regelung getroffen haben.
- 69
(3) Auch der Zweck der Tarifnorm verlangt nicht (zwingend) die Anrechnung von einschlägigen Beschäftigungszeiten aus einem vorangegangenen Arbeitsverhältnis, die weniger als ein Jahr betragen. Unter Berücksichtigung des den Tarifvertragsparteien zustehenden Regelungsspielraumes erscheint es noch sachgerecht, wenn diese bei der Vergütungsbemessung Zeiten aus vorangegangenen Arbeitsverhältnissen (vgl. BAG 21.02.2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 14) nur „honorieren“, wenn diese insgesamt mindestens ein Jahr betragen.
- 70
(4) Schlussendlich lässt sich eine Berücksichtigung der hier maßgeblichen Vorbeschäftigung in einem befristeten Arbeitsverhältnis mit einer Gesamtdauer von rund 10 Monaten nicht aus einer gesetzeskonformen Auslegung des § 16 TVöD herleiten. § 4 Abs. 2 TzBfG gibt eine solche Auslegung nicht zwingend vor. Die Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten aus einem vorangegangenen Arbeitsverhältnis in einem nach Unterbrechung neu begründeten Arbeitsverhältnis erfasst nicht ausschließlich befristete Arbeitsverhältnisse. Die Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn ein unbefristetes Arbeitsverhältnis beendet wird und die Parteien im Anschluss erneut ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründen.
- 71
(5) Nach alledem besteht hinsichtlich der hier streitigen Problematik keine Regelungslücke. Mithin kann dahinstehen, ob eine solche überhaupt von den Gerichten für Arbeitssachen durch Vorgabe einer bestimmten Zeitspanne, bei deren Einhaltung die Unterbrechung als „unschädlich“ anzusehen ist, geschlossen werden kann.
II.
- 72
Aus den vorgenannten Gründen konnte auch der Feststellungsantrag, den die Kammer dahin auslegt, dass dieser lediglich den zwischen den Parteien noch streitigen Zeitraum November 2013 bis August 2014 erfassen soll, keinen Erfolg haben.
III.
- 73
Ein Abrechnungsanspruch aus § 108 GewO besteht für die Klägerin unabhängig von dem Unterliegen mit dem Antrag zu 1. bereits deshalb nicht, weil dieser erst nach erfolgter Zahlung des Arbeitgebers entsteht (BAG 16.12.2015 - 5 AZR 567/14).
B.
C.
- 75
Gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG war wegen grundsätzlicher Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen (Auslegung des TVöD in der VKA-Fassung) für die unterlegene Klägerin die Revision zuzulassen.
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