Beschluss vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (6. Kammer) - 6 TaBV 11/11

Tenor

1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“, Vergebene Arbeitsmittel und Berechtigungen an Beschäftigte, welche sie von den Arbeitnehmern ausgefüllt zurückerhalten hat, an die jeweiligen Arbeitnehmer – mit Ausnahme der leitenden Angestellten – zurückzugeben und dort zu belassen, bis die Zustimmung des Beteiligten zu 1) zu der Verwendung dieser „Laufzettel“ vorliegt oder durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt worden ist.

2. Der Beteiligten zu 2) wird untersagt, in Umsetzung der Richtlinie „Ausgabe, Verwaltung und Rücknahme von Arbeitsmitteln und Berechtigungen“ den „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ gegenüber ihren Arbeitnehmern, mit Ausnahme der leitenden Angestellten, zu verwenden, bevor nicht die Zustimmung des Beteiligten zu 1) vorliegt bzw. durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt worden ist.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einführung eines Laufzettels „Arbeitsmittel und Berechtigungen“.

2

Die Arbeitgeberin ist Teil des Konzerns der D. AG. Zum Unternehmen der Arbeitgeberin wiederum gehören verschiedene Niederlassungen, u. a. die Niederlassung N., für die der antragstellende Betriebsrat gewählt ist.

3

Auf Grundlage der Konzernrichtlinie „Personelle Sicherheit“ hat die D. AG eine Richtlinie „Ausgabe, Verwaltung und Rücknahme von Arbeitsmitteln und Berechtigungen“ vom 10.10.2009 herausgegeben (im Folgenden: Richtlinie; Anlage A 4 = Bl. 17 - 26 d. A.). Die Richtlinie gilt „für alle vollkonsolidierten Gesellschaften der D. AG mit Sitz in De.“ (1.2 der Richtlinie). Unter dem mit „Vorgehensweise bei Ausgabe, Verwaltung und Rücknahme von Arbeitsmitteln und Berechtigungen“ überschriebenen Punkt 2 heißt es auszugsweise:

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„2.1 Bei Beschäftigungsbeginn

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6

Für jeden Beschäftigten wird ein „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ angelegt. Die Genehmigung der Arbeitsmittel, Zutrittsberechtigungen und Vollmachten wird auf dem „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ durch Unterschrift des KostV dokumentiert. Die Ausgabe der vom KostV genehmigten Arbeitsmittel und Berechtigungen wird, insofern dies möglich ist, durch die ausgegebene Stelle auf dem „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ dokumentiert. Nach Erhalt aller genehmigten Arbeitsmittel und Berechtigungen wird von dem Beschäftigten der Laufzettel gegengezeichnet. Der KostV erhält den Laufzettel zurück und bestätigt mit der Gegenzeichnung die Vollständigkeit des Laufzettels.

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Der „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ mit der detaillierten Auflistung der ausgegebenen Arbeitsmittel und der erteilten Berechtigungen verbleibt im Original bei dem für den Beschäftigten zuständigen KostV. Der KostV hat sicherzustellen, dass der Laufzettel in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt wird. Der Beschäftigte erhält eine Kopie für seine eigenen Unterlagen.

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2.2 Während der Beschäftigung

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Die, durch einen Wechsel der Stelle oder, durch sonstige Erfordernisse ausgelösten Veränderungen hinsichtlich der vergebenen Arbeitsmittel und erteilten Berechtigungen, sind auf dem „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ nachhaltig zu dokumentieren. …

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2.2.1 Ersterfassung für alle Beschäftigte

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Die innerhalb der bestehenden Beschäftigungsverhältnisse vergebenen Arbeitsmittel und Berechtigungen sind zu erfassen. Für die erstmalige Erfassung wird eine Sonderaktion gestartet. Aus Praktikabilitätsgründen wird hier das Ausgabedatum nicht als Pflichtfeld betrachtet.

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Der „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ wird vom jeweiligen KostV an die Beschäftigten übergeben. Die Beschäftigten (interne und externe Beschäftigte ebenso wie Auftragnehmer) dokumentieren ihre vorhandenen Arbeitsmittel und Berechtigungen auf dem Laufzettel und unterschreiben diesen. Der vom Beschäftigten ausgefüllte Laufzettel wird vom KostV nach Vollständigkeitsprüfung gegengezeichnet.

13

Der Laufzettel verbleibt im Original bei dem für den Beschäftigten zuständigen KostV. Der KostV hat sicherzustellen, dass der Laufzettel in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt wird. Der Beschäftigte erhält eine Kopie für seine eigenen Unterlagen.

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2.2.2 Aktualisierung der Arbeitsmittel und Berechtigungen (ohne Stellenwechsel)

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Der KostV veranlasst und genehmigt die Ausgabe oder Rücknahme von Arbeitsmittel und/oder Berechtigungen. Der Beschäftigte wird vom KostV über die Änderungen informiert und erhält den originalen „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“. Der Beschäftigte geht mit dem Laufzettel zur ausgebenden Stelle und lässt sich dort – wenn möglich – die Ausgabe bestätigen. Der „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ wird in der dann gültigen Form sowohl vom Beschäftigten als auch vom KostV unterzeichnet.

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Der Laufzettel verbleibt im Original bei dem für den Beschäftigten zuständigen KostV. Der KostV hat sicherzustellen, dass der Laufzettel in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt wird. Der Beschäftigte erhält eine Kopie für seine eigenen Unterlagen.

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2.2.3 Wechsel der Beschäftigung innerhalb einer Legaleinheit

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Der KostV trifft anhand des ihm vorliegenden Laufzettels die Entscheidung, welche Arbeitsmittel und Berechtigungen bei dem Beschäftigten verbleiben, welche zurückgegeben werden sollen und ob Berechtigungen, z. B. System- und Zutrittsberechtigungen, vorläufig gesperrt werden müssen. Der KostV veranlasst die Ausbuchungen und ggf. die Rücknahme der Arbeitsmittel/Berechtigungen. Der Beschäftigte erhält den originalen Laufzettel, und lässt sich – sofern dieses möglich ist – die veranlassten Änderungen von der Arbeitsmittel und Berechtigungen ausgebenden Stelle dokumentieren. Ist dieses bei Zutritts- und Schließmitteln nicht möglich, so erhält der Beschäftigte ein Rückgabeprotokoll. Die Rücknahme wird entsprechend dem Beendigungsprozess durchgeführt. Anschließend wird der Laufzettel an den abgebenden KostV zurückgegeben. Der abgebende KostV übergibt den Laufzettel an HRM.

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Der Laufzettel wird über HRM dem neuen KostV übergeben. Der aufnehmende KostV genehmigt die vorhandenen Arbeitsmittel/Berechtigungen und übernimmt die Kosten auf seine Kostenstelle. Weiterhin erteilt er die Freigabe für zusätzlich erforderliche Arbeitsmittel und Berechtigungen. Diese werden auf einem neuen „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ festgehalten. Die übernommenen Arbeitsmittel und Berechtigungen des alten Laufzettels werden dort ebenfalls festgehalten. Die Ausgabe/Erteilung wird entsprechend dem Prozess Beschäftigungsbeginn durchgeführt.

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Der Laufzettel verbleibt im Original bei dem für den Beschäftigten zuständigen KostV. Der KostV hat sicherzustellen, dass der Laufzettel in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt wird. Der Beschäftigte erhält eine Kopie für seine eigenen Unterlagen.

21

Der in der Richtlinie mehrfach erwähnte Laufzettel findet sich als PDF-Datei unter Punkt 3 „Mitgeltende Dokumente“ (Anlage A 6 = Bl. 27 - 36 d. A.). Auf dem Deckblatt des Laufzettels heißt es:

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„Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“

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Vergebene Arbeitsmittel und Berechtigungen an Beschäftigte

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Der nachstehende „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ wird für jeden Beschäftigten (intern und extern) vom Kostenstellenverantwortlichen (KostV) angelegt.

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Bei Auftragnehmern (externen Beschäftigten) ist der Laufzettel vom Auftraggeber zu führen und aufzubewahren.

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Sie dient der Übersicht sowie der kontrollierten Rücknahme von Arbeitsmitteln und Berechtigungen, z. B. bei Wechsel oder Ausscheiden eines Beschäftigten.

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Mit der Übernahme übernimmt der Beschäftigte die Pflicht zum ordnungsgemäßen Umgang mit der überlassenen Berechtigung.

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Wichtige Hinweise zur Befüllung der Liste:

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Der „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ ist jeweils spätestens sechs Wochen nach Eintritt auf die Stelle oder Wechsel von Beschäftigten beim KostV ausgefüllt und unterzeichnet abzugeben. Nach Ausscheiden eines Beschäftigten und vollständiger Rückgabe aller Arbeitsmittel und Berechtigungen ist der Laufzettel zum Verbleib in der Personalakte an HRM zu übergeben.

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Die Ausgabe bzw. die Rückgabe der Arbeitsmittel und Berechtigungen ist mit Datum, Unterschrift des jeweiligen KostV bzw. Auftraggebers und des intern/extern Beschäftigten zu dokumentieren.

31

Die Lfd. Nr. 6 „Zugangs- und Zugriffsberechtigungen“ kann bei Bedarf durch ein weiteres Blatt ergänzt werden. Als Vorlage hierzu verwenden Sie bitte das Arbeitsblatt „Vorlage-Lfd. Nr. 6“.

32

Das Original des Laufzettels verbleibt beim KostV unter Verschluss als Nachweis der vergebenen Arbeitsmittel und Berechtigungen. Der Beschäftigte erhält eine Kopie des Laufzettels und muss die Kopie bei Bedarf dem Auditor zur Einsicht vorlegen.“

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Wegen des weiteren Inhalts des Laufzettels wird auf die Anlage A 6 verwiesen.

34

Die Konzernmutter, die D. AG, übersandte mit E-Mail vom 29.10.2009 (Bl. 93 d. A.) einen solchen Laufzettel an den Konzernbetriebsrat. Mit an die Führungskräfte gerichtetem Schreiben vom 17.11.2009 teilte die Konzernmutter weiter mit, dass konzernweit die entsprechenden Laufzettel anzuwenden seien. Die Arbeitgeberin nutzte die Laufzettel im Betrieb der Niederlassung N. für die Ersterfassung gemäß Punkt 2.2.1 der Richtlinie.

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Die Konzernmutter teilte mit einem an die Führungskräfte gerichteten Schreiben vom 08.03.2010 (Bl. 37 - 39 d. A.) mit, dass die Ersterfassung zwischenzeitlich abgeschlossen sei. Aufgrund einer einstweiligen Verfügung des Sächsischen Landesarbeitsgerichts werde die Richtlinie bis auf weiteres jedoch ausgesetzt.

36

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Einführung der Laufzettel sei nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Sie berührten das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer. Das reine Arbeitsverhalten sei dagegen nicht betroffen. Der durch die nicht mitbestimmte Verwendung der Laufzettel geschaffene betriebsverfassungswidrige Zustand müsse beseitigt werden.

37

Die Arbeitgeberin hat gemeint, die Anweisung, die Laufzettel zu verwenden, sei eine das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer betreffende Anordnung. Mit Hilfe der Laufzettel würden lediglich die Arbeitsmittel und Berechtigungen dokumentiert, die den Arbeitnehmern für die Ausübung ihrer Tätigkeit zur Verfügung gestellt werden. Im Übrigen stünde das Mitbestimmungsrecht allenfalls dem Konzernbetriebsrat zu.

38

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und ihrer im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf die Gründe I des Beschlusses des Arbeitsgerichts verwiesen.

39

Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen und das im Wesentlichen damit begründet, dem Betriebsrat stehe im Zusammenhang mit den Laufzetteln kein Mitbestimmungsrecht zu. Es handele sich bei dem von der Arbeitgeberin geforderten Verhalten nicht um ein solches, das das betriebliche Zusammenleben oder das kollektive Zusammenwirken der Beschäftigten betreffe. Wenn die Arbeitgeberin die notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung stelle, könne sie die Ausstellung entsprechender Quittungen verlangen. Die Arbeitnehmer erfüllten also eine Verpflichtung aus § 368 BGB bzw. aus dem Arbeitsvertrag.

40

Gegen den ihm am 21.01.2011 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat der Betriebsrat am 16.02.2011 Beschwerde eingelegt und diese am 14.03.2011 begründet.

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Der Betriebsrat bezieht sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und meint, es gehe hier wie in dem vom Bundesarbeitsgericht am 28.05.2002 – 1 ABR 32/01 – entschiedenen Fall darum, dass sich die Arbeitnehmer in bestimmter, jeweils gleicher, standardisierter Weise verhalten sollen. Die Arbeitgeberin verlange nicht nur die Erfüllung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht, sondern erwarte ein darüber hinausgehendes standardisiertes Verhalten für die Feststellung der ausgegebenen Betriebsmittel.

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Der Betriebsrat beantragt:

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Der Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn Kammer Meldorf vom 04.11.2010 – Az. 51 BV 27 c/10 – wird abgeändert.

44

1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“, Vergebene Arbeitsmittel und Berechtigungen an Beschäftigte, welche sie von den Arbeitnehmern ausgefüllt zurückerhalten hat, an die jeweiligen Arbeitnehmer – mit Ausnahme der leitenden Angestellten – zurückzugeben und dort zu belassen, bis die Zustimmung des Beteiligten zu 1) zu der Verwendung dieser „Laufzettel“ vorliegt oder durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt worden ist;

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2. hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, dem Beteiligten zu 1) die von den Arbeitnehmern des Betriebes Niederlassung H. zurückerhaltenen, ausgefüllten „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“, Vergebene Arbeitsmittel und Berechtigungen an Beschäftigte auszuhändigen und bei diesen zu belassen, bis der Beteiligte zu 1) die Zustimmung zu der Verwendung der Laufzettel erteilt hat bzw. diese Zustimmung durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt worden ist;

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3. für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1) und 2) die Beteiligte zu 2) zu verpflichten, die ihr von den Arbeitnehmern der Niederlassung H. ausgefüllt zurückgegebenen „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“, Vergebene Arbeitsmittel und Berechtigungen an die Beschäftigten zu vernichten;

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4. der Beteiligten zu 2) zu untersagen, in Umsetzung der Richtlinie „Ausgabe, Verwaltung und Rücknahme von Arbeitsmitteln und Berechtigungen“ den „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ gegenüber ihren Arbeitnehmern, mit Ausnahme der leitenden Angestellten, zu verwenden, bevor nicht die Zustimmung des Beteiligten zu 1) vorliegt bzw. durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt worden ist;

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5. hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 4) der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, die Ausgabe bzw. die Rückgabe der Arbeitsmittel und Berechtigungen durch Ausfüllen des „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ und Gegenzeichnung dieser Laufzettel durch die Beschäftigten dokumentieren bzw. begleiten zu lassen, bevor nicht die Zustimmung des Beteiligten zu 1) vorliegt bzw. durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt worden ist;

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6. weiterhin hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 4) der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, die ausgefüllten und gegengezeichneten „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ von den Arbeitnehmern wieder zurückzunehmen bzw. entgegenzunehmen, bevor der Beteiligten zu 1) nicht die Verwendung der „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ zugestimmt hat bzw. die Zustimmung durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt worden ist.

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Die Arbeitgeberin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

52

Auch sie bezieht sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

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Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, der dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 28.05.2002 – 1 ABR 32/01 – zugrunde liegende Sachverhalt unterscheide sich von dem vorliegenden grundlegend. Seinerzeit sei es um eine nebenvertragliche Pflicht gegangen, nämlich die Pflicht der Redakteure, ihren Aktienbesitz mitzuteilen. Hingegen gehe es im Streitfall um die Erfassung von Arbeitsmitteln und Berechtigungen, die arbeitsplatz- und aufgabenbezogen für den Dienstgebrauch zur Verfügung gestellt werden. Der Arbeitnehmer müsse allein niederschreiben, welche Arbeitsmittel ihm zur Ausübung seiner Tätigkeit überlassen worden sind. Die Arbeitgeberin meint, der streitgegenständliche Sachverhalt sei nicht anders zu bewerten als der dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 10.03.2009 – 1 ABR 87/07 – zugrunde liegende. Der Laufzettel diene zur wertneutralen Bestandsaufnahme, der einem Beschäftigten für die Ausübung seiner Tätigkeit zugewiesenen Arbeitsmittel und Berechtigungen, ohne dass in irgendeiner Form weitergehende Aussagen getätigt würden. Es gehe also auch hier um die Abgabe bestimmter standardisierter Erklärungen, sodass das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer nicht berührt sei. Schließlich weist die Arbeitgeberin darauf hin, dass die Erfassung von Arbeitsmitteln und Berechtigungen mittels des Laufzettels am 28.02.2010 abgeschlossen worden sei. Eine Erfassung und Dokumentation von Arbeitsmitteln und Berechtigungen könne nunmehr auch in anderer Form ohne Verwendung des streitgegenständlichen Laufzettels erfolgen.

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Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die im zweiten Rechtszug zur Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

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1. Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

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a) Mit den Anträgen, insbesondere mit dem Antrag zu 1), werden keine individuellen Rechte der Arbeitnehmer geltend gemacht. Der Betriebsrat sieht in der von der Arbeitgeberin vorgegebene Verwendung des Laufzettels zur Erfassung der Arbeitsmittel und Berechtigungen eine beteiligungspflichtige Maßnahme. Die Beseitigung der durch solches betriebsverfassungswidriges Verhalten eingetretenen Folgen und dessen künftige Unterlassung macht er aus eigenem Recht geltend.

57

Der Betriebsrat will verhindern, dass die Arbeitnehmer für ihre Angaben zu Arbeitsmitteln und Berechtigungen ein bestimmtes, von der Arbeitgeberin vorgegebenes Formular verwenden müssen, über das er nicht mitbestimmt hat.

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b) Der Inhalt des Unterlassungsantrags (Antrag zu 4)) ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 ZPO). Die Fallgestaltungen, auf die sich das Begehren des Betriebsrats richtet, sind für die Beteiligten klar. Dem Betriebsrat geht es darum, der Arbeitgeberin die weitere Nutzung des Laufzettels „Arbeitsmittel und Berechtigungen“ zu untersagen, und zwar unabhängig davon, ob die Arbeitnehmer damit einverstanden sind oder nicht.

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2. Die Anträge des Betriebsrats sind begründet. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei der Einführung und Verwendung der Laufzettel „Arbeitsmittel und Berechtigungen“ mitzubestimmen. Die Arbeitgeberin hat bereits veranlasst, dass die Arbeitnehmer den formularmäßig vorgegebenen „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ verwenden. Damit hat sie das mitbestimmungswidrige Verhalten vollzogen. Deshalb steht dem Betriebsrat ein Beseitigungsanspruch zu. Daneben kann er verlangen, dass die Arbeitgeberin die weitere Verwendung des Laufzettels unterlässt.

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a) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats folgt aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

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aa) Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat mitzubestimmen in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und kollektive Zusammenwirken der Beschäftigten. Es beruht darauf, dass die Beschäftigten ihre vertraglich geschuldete Leistung innerhalb einer vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitsorganisation erbringen und deshalb dessen Weisungsrecht unterliegen. Das berechtigt den Arbeitgeber dazu, Regelungen vorzugeben, die das Verhalten der Beschäftigten im Betrieb beeinflussen und koordinieren sollen. Solche Maßnahmen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Dies soll gewährleisten, dass die Beschäftigten gleichberechtigt an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens teilhaben können (BAG 28.05.2002 – 1 ABR 32/01 – BAGE 101, 216; 27.09.2005 – 1 ABR 32/04 – BAGE 116, 36; 10.06.2009 – 1 ABR 87/07 – BAGE 129, 364). Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG schränkt die auf die betriebliche Ordnung bezogene Gestaltungsbefugnis des Arbeitgebers ein.

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Nach der Rechtsprechung des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts, der die Beschwerdekammer uneingeschränkt folgt, hat der Betriebsrat entgegen dem überschießenden Wortlaut nur mitzubestimmen bei Maßnahmen, die das „Ordnungsverhalten“ der Arbeitnehmer betreffen. Dieses ist berührt, wenn die Maßnahme auf die Gestaltung des kollektiven Miteinanders oder die Gewährleistung und Aufrechterhaltung der vorgegebenen Ordnung des Betriebs zielt (BAG 11.06.2002 – 1 ABR 46/01 – BAGE 101, 285). Mitbestimmungsfrei sind dagegen Maßnahmen, die das „Arbeitsverhalten“ der Beschäftigten regeln. Darum handelt es sich, wenn der Arbeitgeber kraft seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts näher bestimmt, welche Arbeiten auszuführen sind und in welcher Weise das geschehen soll. Mitbestimmungsfrei sind deshalb Anordnungen, bei denen lediglich die Arbeitspflicht konkretisiert wird (BAG 28.05.2002 – 1 ABR 32/01 – BAGE 101, 216; 27.09.2005 – 1 ABR 32/04 – BAGE 116, 36; 10.03.2009 – 1 ABR 87/07 – BAGE 129, 364).

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Selbst wenn der Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG erfüllt ist, weil die fragliche Maßnahme das Ordnungsverhalten steuern soll, scheidet ein Mitbestimmungsrecht wegen § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG aus, falls die betreffende Angelegenheit gesetzlich oder – mit normativer Wirkung zumindest für den Arbeitgeber – tariflich geregelt ist. Gesetz im Sinne der Bestimmung ist jedes formelle oder materielle Gesetz, soweit es sich um eine zwingende Regelung handelt (BAG 28.05.2002 – 1 ABR 37/01 – BAGE 101, 203).

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bb) Nach diesen Grundsätzen liegt in der von der Arbeitgeberin vorgegebenen Verwendung des Laufzettels eine Regelung der betrieblichen Ordnung. Hierüber hat der Betriebsrat mitzubestimmen. Die Anweisung, standardisierte Laufzettel zur Erfassung empfangener Arbeitsmittel und Berechtigungen zu verwenden, regelt nicht das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer. Das Arbeitsverhalten betrifft Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert wird (BAG 21.01.2004 – 1 ABR 7/03 – AP BetrVG 1972 § 87 Nr. 40; Fitting, 25. Aufl., § 87 Rn. 65). Das sind Regeln und Weisungen, die von den Arbeitnehmern bei der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung zu beachten sind (BAG 08.06.1999 – 1 ABR 67/98 – AP BetrVG 1972 § 87 Nr. 31 Ordnung des Betriebes). Vorgegeben wird im vorliegenden Fall nicht, welche Arbeit auf welche Art und Weise auszuführen ist. Der Empfang der Arbeitsmittel und die Erteilung von Berechtigungen befähigt den Empfänger erst, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Konsequenterweise werden in der Literatur auch Regelungen über die Behandlung des Werkzeugs und der Ordnung des Arbeitsplatzes dem Tatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zugeordnet (Richardi, 12. Aufl., § 87 Rn. 187).

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Indem die Arbeitgeberin die Arbeitnehmer angewiesen hat, die von ihnen empfangenen Arbeitsmittel und Berechtigungen auf dem „Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen“ zu erfassen, hat sie eine betriebliche Verhaltensregel geschaffen. Sie lässt den Arbeitnehmern keine Wahl, wie sie den Empfang von Arbeitsmitteln oder die Erteilung von Berechtigungen quittieren. Vielmehr verlangt sie hierfür die Verwendung eines von ihr gestalteten mehrseitigen Formulars. Dadurch kann sie die Angaben der Arbeitnehmer standardisiert nach eigenen Vorgaben erheben und verarbeiten. Die Beschwerdekammer erkennt nicht, warum der Empfang der Arbeitsmittel und die Erteilung von Berechtigungen gerade auf die von der Arbeitgeberin vorgesehene Art und Weise erfolgen müssen. Aus § 368 BGB lässt sich eine solche Verpflichtung jedenfalls nicht ableiten. Nach dieser Bestimmung hat der Gläubiger gegen Empfang der Leistung auf Verlangen ein schriftliches Empfangsbekenntnis (Quittung) zu erteilen. Selbst wenn die Arbeitgeberin bei Ausgabe von Arbeitsmitteln einen Anspruch auf eine Quittung des Arbeitnehmers haben sollte, reicht zur Erfüllung dieser Pflicht das schriftliche Bekenntnis, dass die Leistung empfangen worden ist. Ein Anspruch auf eine Zusammenfassung sämtlicher Quittungen in einem Laufzettel besteht dagegen nicht. Zweifelhaft ist auch, ob der Arbeitnehmer überhaupt eine Quittung erteilen muss, wenn ihm Unterschrifts-/Zeichnungsberechtigungen, Postvollmachten, Handlungsvollmachten oder Prokura erteilt werden. Auch diese Punkte sind im Laufzettel aufgeführt.

66

b) Im Ergebnis besteht der mitbestimmungspflichtige Sachverhalt darin, dass die Arbeitgeberin kraft ihres Direktionsrechts ein standardisiertes Vorgehen der Arbeitnehmer erreichen will, das weder durch arbeitsvertragliche Nebenpflichten noch durch gesetzliche Vorschriften (§ 368 BGB) zwingend vorgegeben wird. Der Arbeitgeberin kommt es ganz wesentlich auf die Form der Erklärung an. Sie will, dass alle Arbeitnehmer den gleichen, von ihr vorgegebenen Laufzettel benutzen.

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c) Weil die Arbeitgeberin die Laufzettel bereits eingesetzt hat, kann der Betriebsrat verlangen, dass die ausgefüllten Laufzettel an die jeweiligen Arbeitnehmer herausgegeben werden. Dadurch werden die Folgen des mitbestimmungswidrigen Verhaltens beseitigt. Ein Beseitigungsanspruch besteht, wenn der Arbeitgeber das mitbestimmungswidrige Verhalten vollzogen hat (BAG 16.06.1998 – 1 ABR 68/97 – AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Gesundheitsschutz; HWK/Clemenz, 4. Aufl., § 87 BetrVG Rn. 56 f.).

68

Der Betriebsrat kann auch verlangen, dass die Arbeitgeberin den Laufzettel nicht mehr verwendet, bis der Betriebsrat mitbestimmt hat. Der Betriebsrat hat Anspruch auf Unterlassung mitbestimmungswidrigen Verhaltens (BAG 03.05.1994 – 1 ABR 24/93 –; 28.05.2002 – 1 ABR 32/01 – a. a. O.). Die Vertreter der Arbeitgeberin haben im Anhörungstermin eingeräumt, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass trotz der abgeschlossenen Ersterfassung der streitgegenständliche Laufzettel immer noch zum Einsatz kommt.

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3. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin steht nicht dem Konzernbetriebsrat, sondern dem örtlichen Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrvG bei Einführung und Verwendung der Laufzettel zu. Die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats ergibt sich weder originär aus § 58 Abs. 1 BetrVG noch abgeleitet aus einer Beauftragung nach § 58 Abs. 2 BetrVG.

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a) Die Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 BetrVG liegen nicht vor.

71

aa) Nach der Kompetenzzuweisung des Betriebsverfassungsgesetzes ist für die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten in erster Linie der von den Arbeitnehmern unmittelbar durch Wahl legitimierte Betriebsrat zuständig. Er hat die Interessen der Belegschaft des einzelnen Betriebs gegenüber dem Unternehmer zu vertreten. Diese Aufgabe weisen § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Gesamtbetriebsrat und § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat nur für den Fall zu, dass die zu regelnde Angelegenheit nicht auf den einzelnen Betrieb oder zumindest das Unternehmen beschränkt ist und deshalb die Interessen der Arbeitnehmer nicht mehr auf der betrieblichen Ebene bzw. der Ebene des Unternehmens gewahrt werden können (BAG 19.06.2007 – 1 AZR 454/06 –).

72

Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz BetrVG ist der Konzernbetriebsrat für die Behandlung von Angelegenheiten zuständig, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können. Diese originäre Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats ist nach denselben Kriterien zu bestimmen wie die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats (BAG 24.01.2006 – 3 AZR 483/04 – AP BetrVG § 1 Ablösung Nr. 50; 19.06.2007 – 1 AZR 454/06 –). Die originäre Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats kann sich danach aus objektiv zwingenden Gründen oder aus der „subjektiven Unmöglichkeit“ einer Regelung auf Betriebs- oder Unternehmensebene ergeben.

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bb) Im vorliegenden Fall war eine unternehmensübergreifende oder konzerneinheitliche Regelung weder aus objektiven Gründen zwingend erforderlich noch nach der Theorie der subjektiven Unmöglichkeit geboten.

74

Eine konzerneinheitliche Regelung war nicht zwingend erforderlich. Ein objektiv zwingendes Erfordernis für eine konzerneinheitliche oder unternehmensübergreifende Regelung kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ergeben. Allein der Wunsch des Konzerns nach einer konzerneinheitlichen oder unternehmensübergreifenden Regelung, sein Kosten- oder Koordinierungsinteresse sowie reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte genügen nicht, um die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats zu begründen. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des Konzerns, seiner Unternehmen und Betriebe (BAG 19.06.2007 – 1 AZR 454/06 –).

75

Danach begründet allein der Wunsch der Arbeitgeberin oder der Konzernmutter, der D. AG, konzernweit den gleichen Laufzettel zu verwenden, weder technisch noch rechtlich ein zwingendes Erfordernis für eine konzerneinheitliche Regelung. Auch ohne einen solchen standardisierten Laufzettel kann erfasst werden, welche Arbeitsmittel und Berechtigungen die Arbeitnehmer erhalten haben. Die Arbeitgeberin trägt selbst vor, dass die Richtlinie gegenwärtig ausgesetzt ist und die Erfassung der Arbeitsmittel und Berechtigungen fast ausnahmslos ohne den streitgegenständlichen Laufzettel erfolgt. Das zeigt, dass die Erfassung keineswegs von einem einheitlichen Laufzettel abhängt. Eine rechtliche Notwendigkeit für eine konzerneinheitliche Regelung folgt entgegen der von der Arbeitgeberin im Anhörungstermin geäußerten Auffassung nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Es kann offen bleiben, ob und ggf. unter welchen Bedingungen und nach welchen Maßgaben der Gleichbehandlungsgrundsatz eine betriebsübergreifende, unternehmenseinheitliche Regelung verlangt. Jedenfalls gebietet es der Grundsatz nicht, über Unternehmensgrenzen hinweg einen einheitlichen Laufzettel zu verwenden. Mehrere rechtlich selbständige Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, ihre Arbeitnehmer ebenso zu behandeln wie die anderen Arbeitgeber. Dies gilt, wie der Erste Senat in seiner Entscheidung vom 19.06.2007 (1 AZR 454/06) klargestellt hat, auch für einen Konzernverbund. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gilt stets nur für ein und denselben Rechtsträger und Vertragspartner.

76

Die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats folgt im vorliegenden Fall auch nicht aus der von der Rechtsprechung entwickelten Theorie der „subjektiven Unmöglichkeit“. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist mit dem Begriff des „Nichtregelnkönnens“ im Sinne von § 58 Abs. 1 BetrVG nicht nur die objektive, sondern auch die subjektive Unmöglichkeit gemeint (BAG 10.10.2006 – 1 ABR 59/05 – AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 24). Eine solche wird dann angenommen, wenn eine auf die einzelnen Betriebe oder Unternehmen beschränkte Regelung deshalb nicht möglich ist, weil der Arbeitgeber den der Mitbestimmung unterfallenden Regelungsgegenstand mitbestimmungsfrei so vorgegeben hat, dass eine Regelung nur betriebs- oder unternehmensübergreifend erfolgen kann. Die Rechtsprechung wurde im Wesentlichen für freiwillige Leistungen des Arbeitgebers entwickelt, bei denen dieser mitbestimmungsfrei darüber entscheiden kann, ob die Leistung überhaupt gewährt wird und wo lediglich deren Verteilung der Mitbestimmung des Betriebsrats unterfällt. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber, ohne der Zustimmung des Betriebsrats zu bedürfen, frei darüber befinden, ob überhaupt, in welcher Höhe und an welchen Empfängerkreis er die zusätzliche Leistung zu erbringen bereit ist. Damit hat er es zugleich in der Hand, die Ebene vorzugeben, auf der die Mitbestimmung bei der Verteilung der Leistung zu erfolgen hat.

77

Um einen solchen Fall der „subjektiven Unmöglichkeit“ handelt es sich jedoch nicht, wenn der Arbeitgeber, wie im vorliegenden Fall, alle Arbeitnehmer anweisen will, den gleichen, standardisierten Laufzettel „Arbeitsmittel und Berechtigungen“ zu benutzen. Der Arbeitgeber kann nicht mitbestimmungsfrei darüber entscheiden, ob ein solcher Laufzettel Verwendung findet und welche Angaben von den Arbeitnehmern durch ihn abgefragt werden. Bereits die Entscheidung, Laufzettel einzusetzen, unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats, bei der Ausgestaltung des Laufzettels hat der Betriebsrat ebenfalls mitzubestimmen. Die Arbeitgeberin kann ihren Verhandlungspartner nicht „subjektiv“ durch einseitige, mitbestimmungsfreie Vorgaben festlegen. Insofern unterscheidet sich der Fall maßgeblich von dem Fall der mitbestimmungsfreien Vorgabe eines zu verteilenden Leistungsvolumens.

78

b) Der Konzernbetriebsrat ist zu keiner Zeit nach § 58 Abs. 2 Satz 1 BetrVG beauftragt worden.

III.

79

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 2 Abs. 2 GKG.

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Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen worden. Die Beteiligten haben im Anhörungstermin deutlich gemacht, dass sich die hier in Rede stehenden Fragen in den weiteren Betrieben des Unternehmens und des Konzerns stellen. Zudem hat das LAG Baden-Württemberg (10.08.2010 – 8 TaBV 2/10 –) – wenn auch in einem Verfahren gemäß § 98 ArbGG – die Frage verneint, ob dem Betriebsrat bei der Einführung des streitgegenständlichen Laufzettels ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zusteht.


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