Urteil vom Landgericht Dortmund - 1 S 220/14
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 08.04.2014, zum Az. 429 C #####/####, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2I.
3Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
4II.
5Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin ist insgesamt zulässig.
6Das Rechtsmittel bleibt in der Sache erfolglos. Die angefochtene Entscheidung beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine für die Klägerin vorteilhaftere Entscheidung (§ 513 ZPO).
71.
8Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin ist nicht gegeben. Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 08.04.2014 hat der Klägervertreter keinen Schriftsatznachlass beantragt. Dem Protokoll kommt insoweit negative Beweiskraft zu. Außerdem sind ihr jedenfalls im Berufungsprozess keine Rechte abgeschnitten worden, da ihr Vortrag nicht als präkludiert zurückgewiesen worden ist.
92.
10Das Urteil des Amtsgerichts ist im Ergebnis richtig. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Nachzahlung i.H.v. 926,13 €. Die streitgegenständlichen Jahresabrechnungen sind formell unwirksam.
11a)
12Die streitgegenständlichen Nebenkostenabrechnungen stellen die geleisteten Zahlungen der Beklagten bereits unkorrekt dar, weil sie von falschen Vorauszahlungen der Beklagten ausgehen. Die Klägerin hat die Mietkostenzahlungen der Beklagten jeweils zunächst auf die erhöhten Mieten angerechnet und den überschießenden Anteil sodann mit den Nebenkosten verrechnet.
13aa)
14Zwar ist das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin nicht zwingend unwirksam. Denn der Anspruch der Klägerin auf die erhöhte Miete ergibt sich nicht erst aus den in den Jahresabrechnungen erfolgten Erhöhungserklärungen, sondern aus der unter § 2 Abs. 1 des Mietvertrages geregelten vertraglichen Vereinbarung, dass sich die Beklagten zur Zahlung der nach Maßgabe gesetzlicher Vorschriften in zulässiger Weise geltend gemachten erhöhten Miete verpflichten (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.2003 - VIII ZR 10/03). Die unstreitig fehlende Erläuterung des Erhöhungsverlangens betrifft nach der zitierten Entscheidung des BGH jedoch die Durchsetzbarkeit des Anspruchs auf die erhöhte Miete und gewährt dem Mieter hinsichtlich des Erhöhungsbetrags ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht im Sinne des § 273 BGB.
15bb)
16Sofern den Beklagten hier ein Verweigerungsrecht zustand, haben sie dieses auch konkludent wahrgenommen, da sie nach wie vor über den gesamten Zeitraum hinweg nur die ursprünglich vereinbarte Miete überwiesen haben. Es hätte mithin der Klägerin oblegen, die rückständigen Mieten und die gegebenenfalls noch ausstehenden Nebenkosten einzuklagen. Die Nebenkosten wären dann jedoch in einem deutlich verringerten Umfang geltend zu machen gewesen, da unter Zugrundelegung der unerhöhten Miete ein größerer Anteil auf die Betriebskosten entfallen wäre. Dies führt im Ergebnis zu einer falschen Darstellung der Betriebskostenabrechnung.
17b)
18Außerdem fehlt es zumindest bezüglich der Kostenposition Grundsteuer gänzlich an der erforderlichen Mitteilung des diese Position betreffenden Verteilungsschlüssels. Nach Angabe der Klägerin im Schriftsatz vom 03.03.2014 wird diese Kostenposition wohnungsbezogen umgelegt. Diese Umlage ist in der Abrechnung nicht nachvollziehbar dargestellt, da es sich bei dieser Verteilungsart offensichtlich weder um eine verbrauchsabhängige Verteilung, noch um eine Umlegung nach Wohnfläche handelt.
19c)
20Ferner sind die Abrechnungen insgesamt nicht einfach nachvollziehbar und nicht mit der gebotenen Klarheit und Übersichtlichkeit dargestellt.
21aa)
22Grundsätzlich sind die angesetzten Kostenarten einzeln abzurechnen. Zur Zusammenfassung von Kostenposition in einer Summe bedarf es eines sachlichen Grundes. (vgl. Palandt-Weidenhoff, 73. A., § 556 Rn. 9)
23Aus der Kostenposition Nr. 8- Straßenreinigung/Müll/etc. ist bereits nicht ersichtlich welche sonstigen Kostenarten (etc.) hierunter zusammengerechnet werden. Ferner ist kein sachlicher Grund für die Zusammenfassung ersichtlich, da nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten die Positionen Straßenreinigung und Müll innerhalb des Grundbesitzabgabenbescheides der Stadt E getrennt veranlagt werden, was auch gerichtsbekannt ist.
24bb)
25Die Abrechnungen stellen sich auch deshalb nicht als transparent und nachvollziehbar dar, weil die Einberechnung des Umlageausfallwagnis i.H.v. 2 % nicht offenkundig dargelegt wird. Die Rechenschritte zur Ermittlung des ansatzfähigen Kostenanteils der Beklagten lassen sich der Abrechnung selbst nicht entnehmen. Denn das Umlageausfallwagnis wird dem auf den Mieter entfallenden Kostenanteil direkt mit aufgeschlagen. Es fehlt mithin die Darstellung des von den Gesamtkosten tatsächlich auf die Mieter entfallenden jeweiligen Kostenbeitrags. Die Abrechnung ist damit insgesamt nicht mehr aus sich heraus verständlich. Der direkte Aufschlag des Umlageausfallwagnis zwingt die Mieter zu einer undurchsichtigen Rückrechnung, um ihren tatsächlichen Kostenanteil zu ermitteln.
26cc)
27Schließlich stellt sich auch die Darstellung der Gesamtsumme der zu zahlenden Betriebskosten und Jahresmieten und der hiervon in Abzug zu bringenden Vorauszahlungen nicht sonderlich übersichtlich dar.
28Die im Rahmen einer Nebenkostenabrechnung besonders bedeutungsvolle Aufstellung der Gesamtkosten und der geleisteten Vorauszahlungen, aus der sich ein etwaiges Guthaben oder ein Nachzahlungsbetrag errechnet, ist innerhalb der streitgegenständlichen Abrechnungen nicht deutlich erkennbar hervorgehoben. Diese Aufstellung erfolgt hier ohne klare Trennung von den sonstigen Abrechnungspositionen. Sie gliedert sich in ein durchlaufendes Zahlenwerk ein, was bei dem betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter zu Verwirrung führen kann.
29d)
30Nach Ablauf der Abrechnungsfrist ist eine Nachforderung nunmehr gemäß § 556 Abs. 3 S. 4 BGB ausgeschlossen.
31III.
32Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
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Referenzen
- VIII ZR 10/03 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 556 Vereinbarungen über Betriebskosten 1x
- ZPO § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen 1x
- ZPO § 546 Begriff der Rechtsverletzung 1x
- ZPO § 313a Weglassen von Tatbestand und Entscheidungsgründen 1x
- ZPO § 513 Berufungsgründe 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x
- § 26 Nr. 8 EGZPO 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 273 Zurückbehaltungsrecht 1x
- ZPO § 540 Inhalt des Berufungsurteils 1x