Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 4b O 7/18

Tenor

I.

Die Beklagten werden verurteilt,

1.

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,— Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen,

Arzneimittel, die einen monoclonalen Antikörper vom menschlichen IgG1- oder IgG3-Typ umfassen, der mit einer Zuckerkette an Asn297 glycosyliert ist,

im Geltungsbereich des deutschen Teils des EP A anzubieten, in Verkehr zu bringen oder (im Folgenden nur die Beklagte zu 5) zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen,

wenn in dem Antikörper

a)              die Menge an Fucose innerhalb der Zuckerkette, bezogen auf die Summe aus G0, G1, G2 ohne Mannose 4 und Mannose 5 als 100 %, und wie durch Peptidmapping-Analyse mittels Flüssigchromatographie/Massenspektrometrie (LCMS) analysiert, mindestens 99 % ist,

b)              und darüber hinaus die Menge an NGNA innerhalb der Zuckerkette, bezogen auf die Summe aus G0, G1, G2 ohne Mannose 4 und Mannose 5 als 100 %, und wie durch Peptidmapping-Analyse mittels Flüssigchromatographie/Massenspektrometrie (LCMS) analysiert, 1 % oder weniger ist, und die Menge an N-terminaler alpha-1,3-Galactose innerhalb der Zuckerkette, bezogen auf die Summe aus G0, G1, G2 ohne Mannose 4 und Mannose 5 als 100 %, und wie durch Peptidmapping-Analyse mittels Flüssigchromatographie/Massenspektrometrie (LCMS) analysiert, 1 % oder weniger ist.

2.

der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die vorstehend zu 1. bezeichneten Handlungen seit dem 12. Oktober 2012 begangen haben, und zwar unter Angabe

a)              der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b)              der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen, sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c)              der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen,

          -zeiten und -preisen, sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,

d)              der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, im Falle von Internetwerbung der Domains, der Zugriffszahlen und der Schaltungszeiträume der Werbeaktionen,

e)              der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,

wobei die Beklagte zu 6) allein Auskunft darüber zu erteilen hat, in welcher Art und in welchem Umfang sie zu den Handlungen der übrigen Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland beigetragen hat (so z.B. durch Werbematerial, Messeauftritte und dergleichen);

wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht-gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen, vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

3.

die vorstehend zu 1. bezeichneten und seit dem 12. Oktober 2012 in Deutschland in den Verkehr gebrachten (d.h. ggf. von Deutschland aus auch ins Ausland gelieferten) Erzeugnisse gegenüber den gewerblichen Abnehmern mit Ablauf des 20. September 2020 unter Hinweis auf den gerichtlich (Urteil des LG Düsseldorf vom 10. September 2019) festgestellten, patentverletzenden Zustand des Erzeugnisses und mit der verbindlichen Zusage zurückzurufen, etwaige Entgelte zu erstatten sowie notwendige Verpackungs- und Transportkosten sowie mit der Rückgabe verbundene Zoll- und Lagerkosten zu übernehmen und die erfolgreich zurückgerufenen Erzeugnisse wieder an sich zu nehmen (wobei diese Verpflichtung nicht für die Beklagte zu 6 gilt).

              II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin durch die zu I.1. bezeichneten, seit dem 12. Oktober 2012 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.

III.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten auferlegt.

V.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 2.000.000,00 vorläufig vollstreckbar.


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nks">Die von der Klägerin vorgelegten LCMS-Ergebnisse seien nicht nachvollziehbar. Die Position und Befähigung der die Untersuchung durchführenden Personen werde mit Nichtwissen bestritten. Die Klägerin berücksichtige bei ihren Untersuchungen nicht alle Glykanwerte, sondern ausschließlich die Glykanwerte aus der Tabelle 3a. Die angegriffene Ausführungsform weise viele zusätzliche Glykanspezies auf, die nicht in der Tabelle 3a vorhanden seien, wie Mannose 6, 7 und 8 sowie fucosyliertes G1 mit NANA und fucosyliertes G2 mit NANA. Die Klägerin lege einen beliebigen Anteil von Glykanen als Summe aller Glykane fest, anstatt relative Prozentsätze auf der Grundlage aller mittels LCMS detektierten Glykopeptide anzugeben. Indem die Klägerin die nicht-fucosylierten Glykanspezies (Mannose 6 bis 8) nicht berücksichtige, sei die Menge an nicht-fucosylierten Glykanspezies künstlich und unzutreffend niedrig gehalten. Dies führe im Ergebnis zu einem künstlich hohen Wert an fucosylierten Glykanspezies.

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ss="absatzLinks">Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung sieht der § 139 PatG nicht vor. Die insoweit spezialgesetzliche Normierung findet sich in § 24 PatG, wonach die Klägerin – die sich hauptsächlich auf öffentliche Patienteninteressen stützt – eine Klage auf Erteilung einer Zwangslizenz hätte anstreben können. So hat das OLG Düsseldorf erst kürzlich noch betont, dass eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung anderenfalls das Ergebnis des auf die Erteilung einer Zwangslizenz gerichteten einstweiligen Verfügungsverfahrens konterkarieren könnte, mit der Folge, dass dem Unterlassungstitel unter dem Gesichtspunkt möglicher Drittinteressen nicht einstweilen die Vollstreckbarkeit genommen werden kann (vgl. Beschluss vom 5. August 2019, I-2 U 35/19).

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