Urteil vom Landgericht Halle (4. Zivilkammer) - 4 O 1110/11
Tenor
1.) Die Klage wird abgewiesen.
2.) Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v. Hundert des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4.) Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf die Streitwertstufe bis 7.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Klägerin verfolgt Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall.
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Unfallort und Unfallhergang als auch teilweise die Unfallfolgen sind zwischen den Parteien streitig.
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Der Unfall fand am 22. 12. 2010 gegen 19.00 Uhr in ... im Bereich der ... statt. Zu dieser Zeit herrschte Nebel und Dunkelheit. Die Straße war vereist. An den Straßenrändern waren infolge des Schiebens mit Schneepflug höhere Schneehaufen entstanden, die teils auf die Straße reichten.
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Hierbei kollidierte der Beklagte zu 1. mit dem von ihm gehaltenen und bei der Beklagten haftpflichtversicherten PKW BMW mit den AKZ: ... mit der Klägern, die Fußgängerin war. Die Klägerin zog sich dabei jedenfalls u.a. eine dislozierte laterale Tibiakopf-Spaltimpressionsmehrteilfraktur rechts und eine Prellung am linken Knie zu. Die Knieverletzung musste operativ mit winkelstabiler Platte und indirekter Verschraubung versorgt werden. Die Klägerin befand sich deshalb in der Zeit vom 22. 12. 2010 bis zum 5.1. 2011 in stationärer Behandlung. Anschließend durfte sie 6 Wochen das rechte Bein nur eingeschränkt belasten und war auf Gehhilfen angewiesen. Es erfolgten weiter ambulante Behandlungen einschließlich physiotherapeutischer Behandlungen. Zwischenzeitlich sind bei der Operation eingesetzte Metallteile wieder operativ entfernt worden. Zuletzt ist nunmehr unstreitig gestellt, dass die Klägerin trotz intensiver physiotherapeutischer Behandlung und einer Rehabilitation unfallbedingt weiter Schmerzen hat und bislang nur eine ungenügende Schmerzlinderung eingetreten ist. Aus diesem Grunde wurde eine pulsierende Magnetfeldtherapie durchgeführt, ferner eine Akupunkturbehandlung. Auch danach musste sie zusätzlich weiterhin schmerzlindernde Arzneimittel einnehmen, wobei die Schmerzen auf den Unfall zurückzuführen sind. Die unfallbedingte Verletzung des rechten Kniegelenks hat gravierende Auswirkungen auf die Gelenkfunktionen des rechten Knies. Insoweit sind Beschwerden im gesamten rechten Bein und auch eine Ausstrahlung proximal über das Hüftgelenk in den Rücken hinein in Form von Schmerzen bei der Klägerin, die über diese Beschwerden auch klagt, entstanden. Es handelt sich insoweit um eine Irritation des N. fibularis im Zusammenhang mit der Störung des proximalen Tibiofibulargelenks. In der unfallbedingt erlittenen Verletzung des rechten Knies nebst der darauf beruhenden nachfolgenden Operation ist eine Präathrose zu sehen. Diese bedingt in absehbarer Zeit möglicherweise die Notwendigkeit einer erneuten Kniegelenksoperation im Sinne eines Kniegelenkersatzes (Endroprothetik). Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf Blatt 76 Bd. II d.A. verwiesen.
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Die Klägerin verfolgt nunmehr ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.201,82 Euro und im Wege des materiellen Schadensersatzes die auf Blatt 156-157 Bd. I der Akte aufgeführten Kosten in Höhe von 1.049,12 Euro, wobei diese nunmehr noch hinsichtlich der Brille und des mobilen Nageldesigns sowie hinsichtlich der Höhe der Fahrtkosten streitig sind.
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Die Beklagte hat einen Betrag in Höhe 1.416,74 Euro auf der Grundlage ihres Schreibens vom 24.5.2011 als Schadensatz an die Klägerin gezahlt und hinsichtlich dieser konkret dort zugrunde gelegten Kosten eine Haftungsquote der Beklagten von 25 % unerlegt. Dabei hat sie insoweit im Hinblick auf das Schmerzensgeld einen Betrag in Höhe von 1.300,00 Euro gezahlt und den Rest für näher bezeichnete materielle Schäden der Klägerin.
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Ursprünglich hat die Klägerin insoweit eine davon abweichende Verrechnung vorgenommen und insoweit die Zahlungen anderweitig und lediglich noch in Höhe von 358,35 Euro auf das Schmerzensgeld verrechnet. Insoweit hat sie ihre Anträge nunmehr umgestellt und zum Antrag zu 2. klargestellt, dass dieser nur im nunmehr beantragten Umfang gestellt werde.
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Die Klägerin hat vorgerichtlich ihre Ansprüche mit einer begehrten Einstandspflicht der Beklagten in Höhe von 100 % anwaltlich verfolgt. Zuletzt hat sie mit anwaltlichem Schreiben vom 09. 06. 2011 die Zahlung weiterer Beträge und die Anerkennung künftiger materieller und immaterieller Schäden unter Fristsetzung bis zum 24. 06. 2011 von der Beklagten zu 2. erfolglos verlangt.
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Das Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten zu 1. wegen Körperverletzung aufgrund des streitgegenständlichen Unfalls ist mangels öffentlichen Interesses eingestellt worden, das folgende Ordnungswidrigkeitenverfahren gemäß § 47 OWiG. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Klägerin ist insoweit wegen Verfolgungsverjährung eingestellt worden.
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Die Klägerin trägt vor, sie habe die Fahrbahn der ... in Höhe der Abzweigung M... überqueren wollen. In diesem Bereich, der unstreitig als Einbahnstraße, ausgewiesen ist, habe sie ihren Hund auf den Arm genommen. Sie habe auf den Verkehr geachtet und sich am linken Straßenrand direkt vor einem Schneehaufen stehend aufgehalten. Vor dem PKW des Beklagten seien mehrere PKW an ihr vorbei gefahren. Danach habe der Beklagte zu 1. sie mit dem o.g. PKW erfasst, als sie immer noch am Straßenrand gestanden habe. Er habe sie der Front des Fahrzeuges am rechten Bein erfasst und sie in den Schneehaufen an ihrer Straßenseite geschoben. Der Unfall sei dadurch verursacht, dass der Beklagte zu 1. aus Unachtsamkeit mit dem PKW mit zu hoher, nicht den Straßen- und Witterungsverhältnissen angepasster Geschwindigkeit gefahren sei. Jedenfalls habe er nicht rechtzeitig bzw. nicht angemessen reagiert. Er habe den Unfall vermeiden können; für sie, die Klägerin, sie der Unfall nicht vermeidbar gewesen. Insbesondere habe sie sich nicht auf bzw. in den Fahrkorridor des Fahrzeuges des Beklagten zu 1. hineinbewegt. Sie habe gestanden. Infolge der oben genannten unfallbedingten Verletzungen stehe ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.500,00 Euro zu. Unter Abzug des von der Beklagten zu 2. insoweit gezahlten Betrages verbleibe der restliche geltend gemachte Anspruch. Ferner könne sie den o.g. weiteren spezifizierten materiellen Schadensersatz verlangen. Die Brille sei infolge des Unfalls irreparabel beschädigt worden, wodurch ihr die Kosten für eine neue Brille nach dem Kostenvoranschlag entständen. Außerdem sei ihr Nageldesign durch den Unfall beschädigt worden, wofür sie sie entsprechenden Ersatzkosten beanspruchen könne. Hinsichtlich der Fahrkosten seien solche in Höhe von 0,30 Euro pro Kilometer angemessen und seien diese infolge der näher aufgeführten Behandlungen und Arztbesuche entstanden, die jeweils erforderlich gewesen seien. Im Hinblick auf den Dauerschaden könne sie die Feststellung des materiellen und immateriellen Vorbehalts begehren.
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Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltkosten seien von der klägerischen Rechtsschutzversicherung nicht gezahlt worden. Sie seien auch der Höhe nach im Hinblick auf den erforderlichen Aufwand zur Bearbeitung des Falles angemessen.
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Insgesamt bestehe eine Haftungsquote der Beklagten in Höhe von 100 %.
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Die Klägerin beantragt nunmehr,
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1.die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von noch 3.201,82 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. 05. 2011 aus 3.200,00 Euro zu bezahlen,
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2.festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche aus dem Unfall vom 22. 12. 2010 zukünftig entstehende Schäden zu bezahlen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden,
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3.die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die außergerichtlich entstandenen nicht anrechenbaren Rechtsanwaltskosten der Klägerin in Höhe von 424,56 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 14. 05. 2011 zu tragen,
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4.die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von Euro 1.049,12 zuzüglich Zinsen in Höhe von Euro 862,72 seit dem 14. 05. 2011 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 186,40 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
- 20
Sie tragen vor, der Unfall habe sich in Höne des Hauses in der ... auf der dort unstreitig zweispurigen Fahrbahn ereignet. Die Klägerin habe die Fahrbahn gequert. Sie habe sich dabei gebückt, um ihren Hund aufzunehmen. Jedenfalls habe sie die Fahrbahn nicht zielgerichtet überquert, sondern sei aus Gründen, die unverständlich blieben, mitten auf der Fahrbahn stehen geblieben, womit der Beklagte zu 1. nicht habe rechnen müssen. Insbesondere habe die Klägerin die Fahrbahn bereits mehrere Meter passiert gehabt, bevor sie stehen geblieben sei. Sie habe lediglich noch 2-3 Schritte machen müssen, um die restlichen 1,6 Meter der Fahrbahn vollständig zu queren. Dabei habe sie das Herannahen des Beklagten rechtzeitig wahrnehmen können und müssen. Insbesondere habe sich die Klägerin bei der Kollision, von der anderen Straßenseite kommend, bereits deutlich mittig auf der Fahrbahn, die vom Beklagten zu 1. zu nutzen gewesen sei, befunden. Insoweit spreche ein Anscheinsbeweis gegen sie, dass die sie Fahrbahn unter Verstoß gegen § 25 Abs. 1 bzw. 3 StVO pflichtwidrig überquert habe. Daraus folge wegen des groben Verschuldens an sich eine vollständige Einstandspflicht der Klägerin. Sie könne jedenfalls keinen weiteren Schadensersatz mehr von den Beklagten verlangen. Dass die Brille und das Nageldesign durch den Unfall zerstört worden sei, sie nicht hinreichend dargetan und auch nicht ersichtlich. Zudem habe die Klägerin infolge einer ersichtlichen Augenveränderung offenbar ohnehin eine neue Brille benötigt. Mangels eines nachgewiesenen Kaufs könnten ohnehin nur die Nettokosten zugrunde gelegt werden. Fahrtkosten könnten lediglich in Höhe von 0,20 Euro pro Kilometer geltend gemacht werden; zudem seien sie näher zu belegen. Soweit in dem Zusammenhang wie auch generell die Erforderlichkeit der Magnetfeldtherapie bestritten war, ist dies zuletzt nicht mehr bestritten worden. Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten seien übersetzt.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch schriftliches unfallanalytisches Sachverständigengutachten und durch Anhörung des Sachverständigen. Insoweit wird auf das schriftliche Gutachten und die protokollierte Niederschrift der Anhörung des Sachverständigen verwiesen.
- 22
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen, die gerichtlichen Hinweise, Beschlüsse und Protokolle sowie die protokollierte Niederschrift über die Angaben der persönlich angehörten Klägerin und des Beklagten zu 1. sowie die beigezogene Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Halle zum Aktenzeichen: 848 Js 7487/11 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
1.)
- 24
Die Klägerin kann von den Beklagten als Gesamtschuldnern gemäß §§ 7 Abs. 1, 11 ... Satz 2 StVG, 115 VVG kein weiteres Schmerzensgeld verlangen.
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Zwar ist der Grundtatbestand der Haftung der Beklagten erfüllt (a). Die Haftung ist indes aufgrund Anscheinsbeweises wegen überwiegenden Mitverschuldens der Beklagten ausgeschlossen (b).
a)
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Bei dem Betrieb des von dem Beklagten zu 1. gehaltenen und bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten PKW ist der Körper und die Gesundheit der Klägerin beschädigt worden. Sie hat die o.g. Verletzungen erlitten.
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Die Ersatzpflicht ist auch nicht gemäß § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen, weil der Unfall nicht durch höhere Gewalt verursacht ist.
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Durch den Unfall ist der Klägerin infolge der Verletzungen zugleich ein Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, entstanden, für den ihr grundsätzlich eine billige Entschädigung in Geld zusteht.
- 29
Grundsätzlich besteht damit die Haftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG in vollem Umfang. § 17 StVG findet insoweit keine Anwendung, da er sich auf die Konstellation mehrerer beteiligter Kfz-Halter bzw. Kfz-Führer bezieht. Dies ist hier nicht der Fall, weil es um die Schadensregulierung zwischen einem Kfz-Halter auf der einen und einer Fußgängerin auf der anderen Seite geht.
b)
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Gemäß § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB muss sich die Klägerin hier indes ein überwiegendes Mitverschulden zurechnen lassen. Gemäß § 254 BGB hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen ab, insbesondere davon, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist, wenn ein Verschulden des Geschädigten bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat. Verschulden setzt dabei voraus, dass der Geschädigte, die ihm in eigenen Angelegenheiten obliegende Sorgfalt vorsätzlich oder fahrlässig verletzt hat; dabei muss die Schädigung voraussehbar und vermeidbar sein (Grüneberg in Palandt, Kommentar zum BGBG, 71.A., § 254, RN8-9).
- 31
Insoweit liegt ein schuldhafter Verstoß gegen § 25 Abs. 3 StVO vor. Nach dieser Norm haben Fußgänger die Fahrbahn unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten, und zwar wenn der Verkehr es erfordert nur an Kreuzungen und Einmündungen. Dass die Klägerin hiergegen schuldhaft verstoßen hat, folgt aus den Grundsätzen des Anscheinsbeweises. Gemäß § 25 Abs. 3 StVO hat der Fußgänger vor dem Betreten und beim Überschreiten der Fahrbahn besondere Vorsicht walten zu lassen. Die Fahrbahn dient in erster Linie dem Kraftfahrzeugverkehr. Darauf muss der Fußgänger Rücksicht nehmen. Er muss darauf bedacht sein, nicht in die Fahrbahn eines sich nähernden Fahrzeuges zu geraten. Wenn ein Fußgänger sich nicht dementsprechend einrichtet, handelt er in der Regel grob fahrlässig. Die Haftung des Kraftfahrers tritt in dem Fall nur dann nicht zurück, wenn er freie Sicht auf den Fußgänger hat (vgl. KG Berlin, Urteil vom 21. 01. 2010, Auz.: 12 U 29/09).
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Im Ergebnis der Beweisaufnahme spricht gegen die Beklagte der Anscheinsbeweis. Insoweit ist im Ergebnis der Beweisaufnahme schon die konkrete Unfallörtlichkeit auf der Fahrbahn zur Überzeugung des Gerichts nicht mehr konkret zu klären. Die Klägerin und der Beklagte zu 1. haben völlig widersprüchliche Angaben zum konkreten Unfallort und konkret zum Kollisionsort gemacht. Das Gericht vermochte sich insoweit weder von den Angaben der Klägerin noch von denen des Beklagten zu 1. zu überzeugen. Beide haben letztlich die seit langem bestehenden verschiedenen Versionen des Unfallgeschehens im Kern wiedergegeben. Dabei hat sich für das Gericht weder bei der einen noch bei der anderen Schilderung ein Ablauf ergeben, dem das Gericht mit der erforderlichen Sicherheit folgen konnte. Das Gericht kann vielmehr beide Versionen nicht ausschließen. Aus der polizeilichen Aufnahme, die allein auf den Angaben des Beklagten zu 1. erfolgt ist, kann schon deshalb nichts verbindlich Abweichendes festgestellt werden. Zudem haben die Polizeibeamten vor Ort zu späterer Zeit auch keine konkreten Spuren auf der Fahrbahn etc. vorgefunden. Außerdem habe sie nur den vom Beklagten zu 1. angegebenen Unfallort untersucht, nicht aber den, den die Klägerin angibt. Mithin gibt es auch keine konkreten objektiven Indizien, die für einen konkreten Unfallort sprechen. Darüber hinaus lässt sich nach den überzeugenden Angaben des gerichtlich bestellten Sachverständigen, des Dipl.-Ing. ... aus technischer Sicht ebenfalls nicht klären, wo sich der Unfall ereignet hat. Beide Unfallörtlichkeiten und von den Parteien insoweit angegebenen Unfallabläufe sind danach möglich. Insbesondere könne insoweit auch nicht konkret festgestellt werden, auf welchem Fahrbahnteil der Straße sich die Klägerin befunden habe, etwa mehr zum Rand, in der Mitte oder schon mehr zur gegenüberliegenden Seite. Insofern lägen infolge der nicht weitergehenden Feststellungen der Polizei keine konkreten objektiven Anhaltspunkte vor. Darüber hinaus könne jedenfalls ein zügiges Gehen der Klägerin im Kollisionszeitpunkt ausgeschlossen werden. Insoweit sei es aus sachverständiger Sicht eher wahrscheinlich, dass die Klägerin im Kollisionszeitpunkt gestanden habe. Der Beginn eines Schritts oder eine sehr langsame Gehbewegung und damit eine Kollision in Schrittstellung seien indes nicht mit Sicherheit auszuschließen. Aus diesen Umständen folgt für das Gericht bei den örtlichen Verhältnissen insgesamt, dass nicht festgestellt werden kann, wo sich die Klägerin bei der Kollision und daraus ableitend auch unmittelbar davor befand. Indes kann auf der Grundlage der Angaben der beiden persönlich gehörten Parteien, dass sich der Unfall nach ihrer jeweiligen Angabe jedenfalls auf der Fahrbahn der Straße ereignet haben soll, geschlussfolgert werden, dass sich die Klägerin jedenfalls auf der Fahrbahn befand. Denn nach ihren Angaben bei dem Ortstermin mit dem Sachverständigen befand sie sich etwa in einem Bereich von 50 cm vom Fahrbahnrand entfernt auf der Fahrbahn. Auch in der persönlichen Anhörung hat sie letztlich eingeräumt auf der Fahrbahn vor einem Schneehaufen gestanden zu haben. Dies wie auch der vom Beklagten zu 1. angegebene Bereich (geringe Entfernung der Klägerin vom gegenüberliegenden Straßenrandbereich ihrer begonnenen und weitgehend vollzogenen Querung und noch deutlich auf der Fahrbahn) bilden letztlich den örtlichen Rahmen der möglichen Kollisionsorte und damit auch des Standortes der Klägerin, der nicht näher festzulegen ist. Der Fall einer zulässigen Querung, der bei bereits unmittelbar vor Betreten der Fahrbahn wegen des Sichtgebotes beginnt, ist damit im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen.
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Zwar kann durchaus die Überlegung herangezogen werden, dass infolge der Schneehaufen ggfs. eine ähnliche Konstellation wie beim Etappenqueren heranzuziehen ist, d.h. es so ist, dass sie einen bestimmten Bereich gesichert erreicht und dort gestanden hat. Insoweit ist die Klägerin indes darlegungs- und beweispflichtig hierfür (vgl. Kammergericht a.a.O.). Diesen Beweis hat sie im Ergebnis der Beweisaufnahme indes nicht erbracht. Es kann nämlich nicht festgestellt werden, wo sich die Klägerin bei der Kollision konkret auf der Fahrbahn befunden hat. Vielmehr verbleibt insoweit letztlich der o.g. Rahmen. Dann aber spricht der Anscheinsbeweis gegen sie. D.h. es spricht er Anschein gegen sie, dass sie den o.g. Anforderungen an einem Fußgänger beim Querungsvorgang, der im o.g. weiten Sinn zu verstehen ist, nicht mit der gebotenen eigenen Sorgfalt durchgeführt hat und deshalb grob fahrlässig gehandelt hat. Diesen Anschein hat sie im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erschüttert, da eine weitergehende Klärung im Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erfolgten konnte, insbesondere da zeitnah zum Unfall keine gesicherte Unfallaufnahme stattgefunden hat, vor allem aber weil seinerzeit keine konkreten objektiven Spuren gesichert worden sind. Aufgrund dessen ist ihr Verhalten zugleich als grob fahrlässig zu werten. Aus diesem Grund tritt die Haftung des Kraftfahrers hier vollständig zurück. Dem steht insoweit auch nicht die Sichtmöglichkeit des Beklagten zu 1. entgegen. Denn nach den verschiedenen denkbaren, letztlich aber nicht weiter aufklärbaren, Unfallsituationen besteht jedenfalls in einer Variante die Sonderkonstellation, dass sich der tatsächliche Reaktionsort an der Grenze zur maximalen Sichtweite befunden hat und der Unfall in dieser Situation für den Beklagten zu 1. darin nicht mehr vermeidbar gewesen wäre. Aufgrund dieser Sonderkonstellation entlastet diese Sichtfreiheit die Klägerin nicht. Denn durch diese Sicht soll gerade gewährleistet sein, dass der Autofahrer auf den Fußgänger reagieren kann. Das ist indes in dieser Variante nicht der Fall. Damit lässt eine Konstellation, die eine Mithaft der Beklagten über die Sicht begründen würde, nicht sicher feststellen.
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Soweit sich die Klägerin ihrerseits auf ein Mitverschulden des Beklagten zu 1. bezieht, nämlich den Verstoß gegen das Sichtfahrgebot bzw. eine überhöhte Geschwindigkeit (§ 3 StVO) hat sie als insoweit darlegungs- und beweisbelastete Partei dies nicht beweisen. Aus den vorgenannten Gründen steht schon nicht fest, dass der Beklagte zu 1. gegen das Sichtfahrgebot verstoßen hat. Ebenso steht nicht fest, dass er zu schnell gefahren ist. Nach den Ausführungen des Sachverständigen zur Geschwindigkeit erscheinen die vom Beklagten zu 1. angegebene Werte von 15 bis 20 km/h durchaus plausibel. Jedenfalls sei von einer unteren Geschwindigkeit des Beklagtenfahrzeuges auszugehen, da sonst andere, schlimmere Verletzungen der Klägerin eingetreten wären. Hinzu kommt, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen ohnehin sicher lediglich die Kollisionsgeschwindigkeit von 7-10 km/h festzustellen ist. Dass eine solche Geschwindigkeit als auch die vorgenannten weiteren geringen Geschwindigkeiten innerorts in der konkreten Situation zu hoch war, lässt sich nicht feststellen. Es handelt sich nämlich um eine vergleichsweise geringe Geschwindigkeit, bei der Autofahrer und Fußgänger auch bei derartigen Witterungsverhältnissen innerorts regelmäßig angemessen Ihre Funktion wahrnehmen können. Zudem ist zu berücksichtigen, dass auf der Fahrbahn - wie hier - der fließende Verkehr Vorrang hat.
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Eine unzulängliche Reaktion des Beklagten zu 1. ist ebenfalls nicht festzustellen. Dies folgt schon daraus, dass nach einer der möglichen Unfallkonstellationen der Unfall für ihn nicht vermeidbar gewesen wäre.
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Die Ausführungen des Sachverständigen waren plausibel. Er hat sein Gutachten nachvollziehbar und sachlich dargelegt. Das Gericht hat an der Sachkunde des seit Jahren auf unfallanalytischem Gebiet tätigen Sachverständigen keine Zweifel.
2.
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Aus den vorgenannten Gründen bestehen auch die weiteren geltend gemachten Hauptansprüche nicht.
3.
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Ebenso bestehen aus den vorgenannten Gründen gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB als auch § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB und § 115 VVG gemäß § 254 BGB keine Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten.
4.
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Mangels eines Hauptanspruchs bestehen die geltend gemachten Nebenansprüche nicht.
5.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 48 Abs. 1, 43 Abs. 1 GKG, 3, 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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