Urteil vom Landgericht Hamburg (29. Zivilkammer) - 329 O 141/14

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt Auskünfte über Provisionen, die die Beklagte anlässlich der Vermittlung von Kapitalanlagen an die Klägerin erhalten hat.

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Die Klägerin zeichnete in der Zeit vom 14.11.2006 bis zum 27.03.2007 Beitrittserklärungen zu vier verschiedenen geschlossenen Fonds (Anlagen K 2, K 3, K 5, K 6). Diese Anlagen wurden der Klägerin durch die Beklagte, eine freie Vermittlerin, vermittelt (Anlagen B 1, B 2). Die Einzelheiten der Vermittlung oder Beratung sind streitig. Die Beklagte erwähnte jedenfalls nicht, Zuwendungen von Dritten zu erhalten. Sie wurde danach auch nicht gefragt. In dreien der Fälle erhielt die Klägerin von der Beklagten das jeweilige Agio zurückerstattet (vgl. Anlagen B 3, B 4).

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Im Herbst 2013 wurde in den Medien berichtet, dass Fondshäuser hohe Provisionen an Finanzberatungsunternehmen gezahlt hätten, so dass nur ein Teil der Anlegergelder in das jeweilige Anlagevermögen geflossen, der Rest aber für Provisionen verbraucht worden sei, ohne dass man die Anleger hierüber aufgeklärt habe (Anlage K 8). Die Klägerin beauftragte darauf ihre Prozessbevollmächtigten, die die Beklagte zur Auskunft über erhaltenen Provisionen aufforderten (Anlagenkonvolut K 9). Sie holten außerdem eine Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung der Klägerin ein (Anlagen K 12, K 14).

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Die Beklagte hat erklärt, die erhaltenen Provisionen hätten jeweils weniger als 15 % der jeweiligen Anlagesumme betragen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welcher Höhe sie welche Provisionen, Rückvergütungen, „Kick-backs“, sonstige Zuwendungen – kurz geldliche Vorteile jeglicher Art - im Zusammenhang mit dem mittelbaren Beitritt der Klägerin zur „N.P.E.F. VII (sieben) GmbH & Co. KG” mit einer Kommanditeinlage zum Nennwert € 15.000,- nebst einem Agio (5 %) in Höhe von € 750,-, insgesamt also € 15.750,- (Beitrittserklärung vom 14.11.2006); Emission „H.S.S. ...I” zum Nennwert € 15.000,- nebst einem Agio (5 %) in Höhe von € 750,-, mithin insgesamt € 15.750,- - und den im Rahmen dieser Gesamtbeteiligung mittelbar erworbenen Kommanditanteilen an den Schiffsgesellschaften (Beitrittserklärung vom 18.11.2006):

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- MS „J.S.“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG,
- MS „J.S.“ Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG,
- MS „C. S” S. Reederei GmbH & Co. KG,
- MS „C. S” S. Reederei GmbH & Co. KG;

8

„L.F.B.K.L. V. GmbH & Co. KG” mit einer Kommanditeinlage zum Nennwert € 20.000,- nebst einem Agio (5 %) in Höhe von € 1.000,-, insgesamt also € 21.000,- (Beitrittserklärung vom 28.11.2006);

9

„K. GmbH & Co. KG” mit einer Kommanditeinlage zum Nennwert € 15.000,- nebst einem Agio (5 %) in Höhe von € 750,-, insgesamt also € 15.750,- (Beitrittserklärung vom 27.03.2007)

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erhalten hat;

11

die Beklagte zu verurteilen, erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben zu den vorstehenden Fragen durch den bzw. die zur Vertretung berechtigten Geschäftsführer der Beklagten an Eides Statt zu versichern;

12

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 989,13 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie die Klägerin von weiteren Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 887,03 freizustellen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie erhebt die Einrede der Verjährung.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

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Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskünfte gemäß §§ 280, 260 BGB, §§ 662, 660, 260 BGB oder einer anderen Anspruchsgrundlage.

18

Es besteht kein Anspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs gemäß §§ 280, 260 BGB. Ein solcher setzt voraus, dass für den geltend zu machenden (Leistungs-) Anspruch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht (vgl. Palandt-Grüneberg, § 260 BGB, Rn. 6). Dies kann hier nicht festgestellt werden. Ein Anspruch auf Schadensersatz könnte begründet sein, sofern Provisionen in Rede stünden, die mehr als 15 % der jeweiligen Anlagesumme betragen hätten. Denn es besteht die generelle Pflicht, im Rahmen einer objektgerechten Beratung oder Auskunft unaufgefordert über Vertriebsprovisionen Aufklärung zu geben, wenn diese eine Größenordnung von 15 % des von den Anlegern einzubringenden Kapitals überschreiten, und etwaige irreführende oder unrichtige Angaben zu Vertriebsprovisionen rechtzeitig richtigzustellen (BGH, Urteil vom 03. März 2011 – III ZR 170/10 –, juris). Dafür, dass ein solcher Fall gegeben sein könnte, bestehen derzeit aber keine Anhaltspunkte. Das Auskunftsverlangen soll dies vielmehr erst erforschen.

19

Die Klägerin kann die Auskunft auch nicht gemäß §§ 662, 666, 260 BGB verlangen.

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Einer Auskunftspflicht kann bereits entgegen stehen, dass die Beklagte, wie dargestellt, im Zuge der Vermittlung / Beratung nicht verpflichtet war, ungefragt die Höhe der Provision zu offenbaren, sofern sie den Wert von 15 % des Anlagekapitals nicht überschritt. Sofern die Klägerin gefragt hätte, hätte die Beklagte wahrheitsgemäße Angaben machen müssen oder die Angabe verweigern können. Im letzten Fall wäre es die Entscheidung der Klägerin gewesen, die Beitrittserklärungen gleichwohl zu unterzeichnen oder vom jeweiligen Geschäft Abstand zu nehmen. Die Beklagte wäre aber zur Offenbarung nicht verpflichtet gewesen. Es erscheint fraglich, ob eine solche Offenbarung dann nach Abschluss des Geschäfts verlangt werden kann.

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Jedenfalls wäre ein entsprechender Anspruch aber gemäß §§ 195, 199 Abs. 1BGB verjährt. Die Verjährungsfrist hat mit Abschluss der jeweiligen Tätigkeit der Beklagten begonnen. Auch wenn es sich bei dem Auskunftsanspruch um einen verhaltenen Anspruch handelt, so ist doch davon auszugehen, dass er bei einem Geschäft, welches sich auf die Vermittlung eines einzelnen Anlagegeschäfts bezieht, mit Beendigung des konkreten Auftragsverhältnis entstanden und fällig ist (vgl. OLG Frankfurt, Urteil v. 08.07.2013, 23 U 246/12 – juris, Rn. 86). Die streitgegenständlichen Auftragsverhältnisse waren bereits im Jahre 2006 bzw. 2007 abgeschlossen. Die Verjährung des Auskunftsanspruchs bezüglich des letzten streitgegenständlichen Geschäfts ist daher mit Ablauf des Jahres 2010 eingetreten. Der Klägerin war bei Abschluss der Verträge bereits bekannt, dass die Beklagte Provisionen bezogen hatte, hatte sie sich doch von der Beklagten in drei Fällen das Agio erstatten lassen.

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Die Klägerin hat dementsprechend auch keinen Anspruch auf eidesstattliche Versicherung zu erteilender Auskünfte. Auf die bereits erteilte Auskunft, die Provision habe jeweils nicht mehr als 15 % der jeweiligen Anlagesumme betragen, bezieht sich ihr Begehren nicht. Sie hat klargestellt (S. 6 der Klageschrift), dass sich der Antrag auf die gemäß ihrem Auskunftsantrag zu erteilenden Auskünfte bezieht, somit nicht auf eine bereits erteilte Auskunft, die Provision habe nicht mehr als 15 % der Anlagesumme betragen. Sie hat an den Anträgen festgehalten, als die Beklagte im Rechtsstreit zur nicht offenbarungspflichtigen Höhe der Provision vorgetragen hat, und nicht etwa den Auskunftsantrag für erledigt erklärt und nunmehr die eidesstattliche Versicherung bezogen auf diese Auskunft verlangt.

23

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Verzug der Beklagten mit einer Auskunftserteilung ist bereits deshalb nicht denkbar, weil die Klägerin selbst vorträgt (Schriftsatz v. 23.08.2014, S. 8, Bl. 30 d. A.), erstmals mit dem (Anwalts-) Schreiben vom Januar 2014 (Anlage K 9) die Auskunft verlangt zu haben. Auch als Schadensersatz gemäß § 280 BGB können die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht verlangt werden, da, wie ausgeführt, keine Pflichtverletzung der Beklagten festgestellt werden kann.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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