Beschluss vom Landgericht Hamburg (1. Zivilkammer) - 301 O 275/16

Tenor

1. Das Landgericht Hamburg erklärt sich für örtlich unzuständig.

2. Der Rechtsstreit wird auf Antrag des Klägers an das Landgericht Dortmund verwiesen.

Gründe

1

Die Entscheidung beruht auf § 281 Abs. 1 ZPO. Das angegangene Gericht ist für den vorliegenden Rechtsstreit örtlich unzuständig.

2

Eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg folgt zunächst nicht aus § 22 ZPO. Gemäß § 22 ZPO ist das Gericht am allgemeinen Gerichtsstand einer Gesellschaft für die Klagen zuständig, die von der Gesellschaft oder von dem Insolvenzverwalter gegen die Mitglieder als solche erhoben wird. Um eine solche Klage handelt es sich vorliegend jedoch nicht. Der hier geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Hafteinlageschuld gemäß § 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB ist kein Anspruch der Gesellschaft, sondern ausdrücklich ein solcher der Gesellschaftsgläubiger (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 31. Auflage 2016, § 22 Rn. 6). „Das den Gesellschaftsgläubigern nach Abs. 1 zustehende Recht“ (§ 171 Abs. 2 HGB) wird nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter ausgeübt. Hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch der Gläubiger gegen den Kommanditisten, der das Rechtsverhältnis der Mitgliedschaft als solches nicht betrifft (vgl. Zöller a.a.O., OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.01.1998, 4 W 169/97, Naumburg NZG 2000, 1218, jeweils zitiert nach juris). Ein Gesellschaftsgläubiger müsste am Sitz des Kommanditisten klagen. Entsprechendes gilt für den (lediglich) an seine Stelle tretenden Insolvenzgläubiger. Dem durch den Kläger zitierten Auszug aus einer Bundestagsdrucksache lässt sich insoweit nichts Anderes entnehmen.

3

Jedoch könnte ein Gesellschaftsgläubiger wahlweise gemäß § 35 ZPO am Sitz des Kommanditisten gemäß §§ 12, 13 ZPO oder gemäß § 29 ZPO Abs. 1 ZPO am besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes klagen. Gemäß §§ 12, 13 ZPO wäre vorliegend das Landgericht Mannheim zuständig.

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Nach § 29 ZPO ist für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. Dabei findet die Vorschrift auch Anwendung auf die akzessorische Haftung der Gesellschafter gemäß §§ 128, 129, 171 HGB (vgl. Zöller, a.a.O., § 29 Rnrn. 6, 7, 18, 25). Maßgeblich ist danach als Erfüllungsort der Sitz der Gesellschaft. Der allgemeine Gerichtsstand der Insolvenzschuldnerin liegt jedoch nicht in Hamburg. Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 ZPO wird der allgemeine Gerichtsstand einer Gesellschaft durch ihren Sitz bestimmt. Eingetragener Sitz der Insolvenzschuldnerin ist Dortmund. Sofern der Kläger vorträgt, dass die Verwaltung in Hamburg geführt werde, kommt es hierauf angesichts der vorrangigen Regelung des § 17 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht an. Denn danach gilt der Ort der Verwaltung erst dann als Sitz der Gesellschaft, „wenn sich nichts anderes ergibt“ (vgl. Zöller, a.a.O., § 17 Rn. 10). Soweit sich der Kläger unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27.05.1957 (Aktenzeichen II ZR 317/55) und auf die Ansicht beruft, bei Personenhandelsgesellschaften sei auf den Ort der Verwaltung abzustellen, steht dem der eindeutige Wortlaut des § 17 Abs. 1 S. 1 ZPO entgegen. Im Übrigen bezieht sich die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs und die Berücksichtigung der dortigen Besonderheiten auch nicht auf eine (so verstandene) Auslegung des § 17 ZPO. Dass der Sitz der Gesellschaft in Dortmund zudem nicht nur „auf dem Papier“ gestanden hat, folgt im Übrigen auch daraus, dass die Stadt Dortmund nach dem klägerischen Vortrag immerhin Gewerbesteuerforderungen in Höhe von mehr als € 600.000,- zur Tabelle angemeldet hat.

5

Soweit dem Kläger danach gemäß § 35 ZPO ein Wahlrecht zwischen den Gerichtsständen aus §§ 12, 13 ZPO bzw. § 29 ZPO zusteht, hat er dies vorrangig gemäß § 29 ZPO ausgeübt, sodass der Rechtsstreit antragsgemäß an das Landgericht Dortmund zu verweisen ist.

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