Urteil vom Landgericht Hamburg (22. Zivilkammer) - 322 O 595/16

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.106,96 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 27.01.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 7.106,96 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klagepartei macht gegenüber der Beklagten Ansprüche aus § 110 HGB geltend.

2

Die Klagepartei ist Kommanditistin der Beklagten mit dem als Anlage B1 eingereichten Gesellschaftsvertrag und mit einer Einlage in Höhe von 40.000 DM. Die Beklagte hält die Immobilie S.str. ... in B.. Das Objekt war finanziert von der S. AG. Die S. nahm die Klagepartei in Höhe von ihr erhaltener Ausschüttungen in Anspruch. Eine erste Freistellungsvereinbarung schlug fehl infolge Scheiterns eines Verkaufs des Objekts. Eine zweite Freistellungsvereinbarung unterzeichnete die Klagepartei nicht. Sie wurde deshalb von der S. erfolgreich gemäß § 172 Abs. 4 HGB auf Rückzahlung der Ausschüttung in Höhe des Klagebetrags verurteilt, was die Klagepartei bezahlte.

3

Die Klagepartei ist der Ansicht, sie habe gegen die Beklagte wegen vorgenannter Zahlungen einen Erstattungsanspruch.

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Die Klagepartei beantragt,

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wie erkannt,

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte macht geltend, bei den Zahlungen der Klagepartei an die S. habe es sich nicht um freiwillige Aufwendungen gehandelt. Das Eigeninteresse habe überwogen. Die Zahlungen seien nicht erforderlich gewesen. Ein eventueller Anspruch sei jedenfalls nicht fällig und zudem verjährt. Jedenfalls sei die Geltendmachung treuwidrig.

9

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den der Beklagten nachgelassenen Schriftsatz vom 11.07.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

10

Die Klage ist begründet.

11

Die Klagepartei ist aktivlegitimiert. Ausweislich des Handelsregisters ist die Klagepartei unabhängig von der gemeinsamen Zeichnung mit dem Ehepartner in Höhe von zusammen 80.000 € selber allein in Höhe von 40.000 € eingetragen und somit Gesellschafter auch ohne Ehepartner.

12

Die Voraussetzungen des § 110 HGB für einen entsprechenden Zahlungsanspruch der Klagepartei gegen die Beklagte liegen vor. Die Zahlung der Klageparte erfolgte freiwillig, denn die Klagepartei war gegenüber der Beklagten zu dieser Zahlung nicht verpflichtet. Der Gesellschaftsvertrag sah keine Erstattung vor. Ein Wiederaufleben der Außenhaftung der Klagepartei gegenüber der S. AG ist unerheblich. Im Einzelnen wird auf die zutreffenden und überzeugenden Gründe des Urteils des HansOLG vom 4. April 2014 (11 U 310/13, ebenso HansOLG, § 522 ZPO - Beschluss vom 18. November 2014 - 11 U 210/14) Bezug genommen, deren Inhalt den Prozessbevollmächtigten beider Parteien bekannt ist.

13

Die Erforderlichkeit der Zahlung an die S. ergibt sich aus der Verurteilung der Klagepartei in ihrem Verhältnis zur S..

14

Dass die Rückzahlung der Auszahlung nicht im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen gewesen war, ist unerheblich, denn jedenfalls enthielt der Gesellschaftsvertrag auch keine Pflicht zur Rückzahlung.

15

Die Klagepartei hat auch gegen keine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen, denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte durch die Erfüllung der im Verhältnis zum Beklagtenvermögen minimalen Klagforderung in Insolvenzgefahr geraten würde oder sie aufgrund einer solchen Erfüllung zu einer geordneten Abwicklung der Gesellschaft nicht mehr in der Lage wäre. Dementsprechend fehlt es auch nicht an einer Fälligkeit des Anspruchs.

16

Ob eine erneute Kapitalauszahlung die Außenhaftung der Klagepartei wieder aufleben ließe, ist unerheblich, da nicht sicher ist, ob die S. die Klagepartei dann erneut in Anspruch nehmen wird.

17

Die Rechtsprechung des HansOLG zum Nichtverstoß gegen die Treuepflicht hat der BGH nicht beanstandet (Beschluss vom 19.04.2016 - II ZR 276/15).

18

Der Anspruch ist nicht verjährt. Die Verjährungsfrist begann nicht bereits mit Ende des Jahres erstinstanzlicher Verurteilung der Klagepartei im Verhältnis zu S. - also Ende 2012 - sondern erst mit Ende des Jahres der Bezahlung jener Klagforderung - also Ende 2013 - zu laufen, so dass die anno 2016 eingegangene Klage des vorliegenden Verfahrens die dreijährige Verjährungsfrist rechtzeitig gehemmt hat. Die Bezahlung der Klageforderung hat nicht lediglich einen bereits anno 2012 bestehenden Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umgewandelt, denn die durch Verurteilung festgestellte Zahlungspflicht war keine freiwillige Zahlungspflicht. Erst die Bezahlung war im Innenverhältnis zur Beklagten unabhängig von der Verurteilung freiwillig. Erst dadurch entstand der Anspruch. Vor freiwilliger Zahlung gab es keinen Anspruch der Klagepartei gegen die Beklagte, insbesondere keinen Befreiungsanspruch.

19

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 110 Abs. 2, 352 Abs. 2 HGB (“mit Ausnahme der Verzugszinsen“), §§ 280, 288 BGB. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 709 ZPO.

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