Urteil vom Landgericht Hamburg - 312 O 429/15

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,- und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre)

zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

mit ihren Warensendungen an Kunden im Wirtschaftsraum NORD (definiert in Anlage 1 zu diesem Urteil) Werbebeileger zu verbreiten, in denen unter den Kennzeichen "P. & C." und / oder "p.- c..de" geworben wird für einen Onlineshop, der bundesweit Bekleidungswaren und / oder Schuhwaren und / oder Kopfbedeckungen und / oder Taschen vertreibt, wenn dies geschieht wie in dem Beileger gemäß Anlage 2 zu diesem Urteil.

2. Auskunft zu erteilen über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I.1, nämlich insbesondere über die Anzahl und die Zeitpunkte der im Wirtschaftraum NORD verbreiteten Beileger, die dadurch erzielten Umsätze und den Gewinn, sowie die Höhe der Werbeaufwendungen, jeweils durch Übergabe eines geordneten Verzeichnisses.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu erstatten, der dieser durch die Handlungen gemäß Ziffer I.1. entstanden ist und zukünftig entstehen wird.

III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 976,95 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.7.2014 zu zahlen.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

V. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5.

VI. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu Ziffer I. 1 vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 100.000,00, hinsichtlich Ziffer I. 2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 12.500,00 und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages.

Tatbestand

1

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Werbung in Beilegern von Warensendungen der Beklagten. Bei dem vorliegenden Verfahren handelt es sich um das Hauptsacheverfahren zu dem einstweiligen Verfügungsverfahren mit dem Aktenzeichen 312 O 271/14.

2

Die Klägerin hat ihren Hauptsitz in H. und betreibt den Einzelhandel mit Bekleidungsstücken unter der Firmenbezeichnung „P. & C. KG“. Sie hat Filialen in Bielefeld, Braunschweig, Bremen, Chemnitz, Dresden, Flensburg, Hamburg, Hannover, Kassel, Kiel, Lübeck, Lüneburg, Magdeburg, Münster, Norderstedt, Osnabrück, Paderborn, Rostock und Stralsund (im Folgenden kurz: Wirtschaftsraum NORD). Gegründet wurde sie am 21.11.1911 als P. & C. GmbH, im Jahre 1939 wurde sie in eine Kommanditgesellschaft mit dem Firmennamen „P. & C.“ umgewandelt.

3

Die Beklagte gehört zu der Gruppe der P. & C. KG mit Hauptsitz in D. („P & C WEST“). Bei der P & C WEST handelt es sich um ein von der Klägerin rechtlich und wirtschaftlich unabhängiges Unternehmen, das ebenfalls über verschiedene Filialen den Einzelhandel mit Bekleidungsstücken betreibt. Die Klägerin und die P & C WEST existieren schon seit vielen Jahrzehnten unter der identischen Firmenbezeichnung „P. & C. KG“ nebeneinander. Beide führen ihre Bekleidungshäuser – gemäß einer zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung (Anlage K 13 und K 14) - jeweils getrennt in bestimmten Wirtschaftsräumen von Deutschland, so dass in jedem Wirtschaftsraum immer nur eine der beiden Gesellschaften unter "P. & C." Bekleidungshäuser unterhält. Die P & C WEST hat Filialen in den folgenden Wirtschaftsräumen (im Folgenden kurz: Wirtschaftsraum WEST): Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen (mit Ausnahme von Ost-Westfalen), Süd-Hessen, Süd-Sachsen-Anhalt, Sachsen (im Westen) und Thüringen.

4

Zwischen der Klägerin und der P & C WEST besteht in Bezug auf ihr Unternehmenskennzeichen eine durch ständige Rechtsprechung des BGH bestätigte Gleichgewichtslage.

5

Die Beklagte betreibt seit einiger Zeit auf der Internetseite www. f..de einen Onlineshop, über den sie Bekleidungswaren und Accessoires in ganz Deutschland vertreibt, u.a. auch im Wirtschaftsraum NORD. Unter den von der Beklagten vertriebenen Produkten finden sich auch zahlreiche Eigenmarkenprodukte von P & C WEST, darunter „Marco Pecci“, „Mariposa“, „Jake*s“, und „Montego“.

6

Der streitgegenständliche Beileger in Anlage 2 lag einer Warenlieferung bei, die Frau S., eine Mitarbeiterin der Klägerin, am 27.6.2014 im Onlineshop der Beklagten aufgegeben hatte. Frau S. ließ sich die Ware nach Hamburg liefern und nahm sie dort am 1.7.2014 in Empfang.

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Die Klägerin mahnte daraufhin die Beklagte mit Schreiben vom 4.7.2014 vergeblich ab (Anlage K 21) und erwirkte am 18.7.2014 eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte (312 O 271/14). Anschließend forderte die Klägerin die Beklagte vergeblich zur Abgabe einer Abschlusserklärung auf (Anlage K 22).

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Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr bezüglich des angegriffenen Beilegers ein Unterlassungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2, 4 MarkenG gegen die Beklagte wegen Verwechslungsgefahr mit ihrem älteren Unternehmenskennzeichen "P. & C." zustehe. Ferner macht sie Ansprüche auf Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Abmahngebühren geltend.

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Sie, die Klägerin, habe über die mittlerweile mehr als 100 Jahre andauernde Benutzung der im Wirtschaftsraum NORD sehr bekannten Zeichen „P. & C.“ und „P & C“ für den Einzelhandel mit Bekleidungswaren und Accessoires Unternehmenskennzeichenrechte erworben, die sich auf das gesamte Gebiet Deutschlands erstreckten, wobei es vorliegend jedoch nur auf die Unternehmenskennzeichenrechte im Wirtschaftsraum NORD ankomme.

10

Die Beklagte verfüge hingegen über kein eigenes oder abgeleitetes Recht am Zeichen „P. & C.“. Insbesondere könne sich die Beklagte auch nicht in entsprechender Anwendung des § 986 Abs. 1 BGB auf etwaige von P&C WEST über eine schuldrechtliche Gestattung abgeleitete Rechte berufen. Eine etwaige Gestattung eingeräumter Rechte könne regelmäßig nicht über die Rechte des Gestattenden hinausgehen. P&C WEST dürfe jedoch selbst nicht wie in der streitgegenständlichen Werbung die Zeichen "P. & C." und "p.- c..de" im Wirtschaftsraum NORD verwenden. Denn zum einen sei der aufklärende Hinweis auf der Internetseite der Beklagten www. f..de inhaltlich unzureichend und zum anderen genüge eine derartige Aufklärung aufgrund der zeitlichen Zäsur zwischen Bestellung und Auslieferung nicht. Hinzu komme, dass der Hinweis beim Auseinanderfallen von Besteller und Empfänger sowie bei Lektüre des Beilegers durch Dritte aus dem familiären Umfeld oder Bekanntenkreis des Empfängers vorher nicht wahrgenommen worden sei.

11

Ergänzend hat sich die Klägerin zur Begründung ihrer Unterlassungsansprüche noch auf einen Bekanntheitsschutz ihrer Zeichen gem. § 15 Abs. 3, 4 MarkenG berufen und auf eine irreführende Handlung nach §§ 3, 5 UWG sowie § 4 Nr. 3 UWG gestützt, wobei sie hinsichtlich der Bekanntheit auf die Anlagen K 8 bis K 10 und K 27-28 verweist.

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Die Klägerin hat ursprünglich die Anträge angekündigt,

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I. Die Beklagte wird verurteilt,

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1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,- und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre)

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zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

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mit ihren Warensendungen an Kunden im Wirtschaftsraum NORD (definiert in Anlage 1 zu diesem Beschluss) Werbung zu verbreiten, in denen unter dem Kennzeichen "P. & C." in Alleinstellung für ihren Onlineshop geworben wird, der bundesweit Bekleidungswaren und / oder Schuhwaren und / oder Kopfbedeckungen und / oder Taschen vertreibt, insbesondere wenn dies geschieht wie in dem Beileger gemäß Anlage 2 zu diesem Urteil.

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2. Auskunft zu erteilen über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I.1, nämlich insbesondere über die Anzahl und die Zeitpunkte der im Wirtschaftraum NORD verbreiteten Beileger, die dadurch erzielten Umsätze und den Gewinn, sowie die Höhe der Werbeaufwendungen, jeweils durch Übergabe eines geordneten Verzeichnisses.

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II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu erstatten, der dieser durch die Handlungen gemäß Ziffer I.1. entstanden ist und zukünftig entstehen wird.

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III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 976,95,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15. 7.2014 zu zahlen.

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Mit Schriftsatz vom 5.12.2017 hat die Klägerin dann beantragt,

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I. Die Beklagte wird verurteilt,

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1. es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,- und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre)

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zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

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mit ihren Warensendungen an Kunden im Wirtschaftsraum NORD (definiert in Anlage 1 zu diesem Beschluss) Werbebeileger zu verbreiten, in denen unter den Kennzeichen "P. & C." und / oder "p.- c..de" – im Hinblick auf die Verwendung der genannten Kennzeichen sowohl singulär als auch kumulativ - in Alleinstellung – das heißt ohne einen aufklärenden Hinweis in dem Werbebeileger, dass es zwei Unternehmen mit der Bezeichnung "P. & C.“ gibt, die voneinander unabhängig sind, ihre jeweiligen Hauptsitze in D. und H. haben und welchem dieser Unternehmen die fragliche Werbung zuzuordnen ist - geworben wird für einen Onlineshop, der bundesweit Bekleidungswaren und / oder Schuhwaren und / oder Kopfbedeckungen und / oder Taschen vertreibt, insbesondere wenn dies geschieht wie in dem Beileger gemäß Anlage 2 zu diesem Urteil;

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hilfsweise,

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es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,- und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,-, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre)

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zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

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mit ihren Warensendungen an Kunden im Wirtschaftsraum NORD (definiert in Anlage 1 zu diesem Beschluss) Werbebeileger zu verbreiten, in denen unter den Kennzeichen "P. & C." und / oder "p.- c..de" geworben wird für einen Onlineshop, der bundesweit Bekleidungswaren und / oder Schuhwaren und / oder Kopfbedeckungen und / oder Taschen vertreibt, wenn dies geschieht wie in dem Beileger gemäß Anlage 2 zu diesem Urteil.

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2. Auskunft zu erteilen über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I.1, nämlich insbesondere über die Anzahl und die Zeitpunkte der im Wirtschaftraum NORD verbreiteten Beileger, die dadurch erzielten Umsätze und den Gewinn, sowie die Höhe der Werbeaufwendungen, jeweils durch Übergabe eines geordneten Verzeichnisses.

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II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu erstatten, der dieser durch die Handlungen gemäß Ziffer I.1. entstanden ist und zukünftig entstehen wird.

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III. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 976,95,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.7.2014 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

34

Die Beklagte ist der Meinung, dass der Klageantrag zu Ziffer I. 1. zu allgemein und unbestimmt sei.

35

Darüber hinaus meint die Beklagte, dass der Klägerin die geltend gemachten Ansprüche nicht zustünden. Denn die Beklagte könne sich gegenüber etwaigen Ansprüchen der Klägerin in gleicher Weise auf die zwischen der Klägerin und der P & C WEST existierende kennzeichenrechtliche Gleichgewichtslage berufen, wie dies unmittelbar zwischen der Klägerin und dem Unternehmen P & C WEST der Fall sei. Dabei verletze die vorliegend angegriffene Verwendung der Bezeichnung P. & C. auch unter Berücksichtigung des Rechts der Gleichnamigen keinerlei Kennzeichenrechte der Klägerin.

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Bei den angegriffenen Beilegern im Wirtschaftsraum NORD handele es sich um werbliche Kommunikation zwischen der Beklagten und ihren Kunden. Die Beklagte stützt sich darauf, dass sich – unstreitig – auf jeder Seite ihres Onlineshops der auf Bl. 90 d. A. wiedergegebene Aufklärungshinweis befunden habe. Empfänger der streitgegenständlichen Beileger-Werbung sei damit ausschließlich ein solcher Verbraucher gewesen, der zuvor im Onlineshop der Beklagten bestellt habe und den Aufklärungshinweis gelesen habe. Das Auseinanderfallen von Besteller und Lieferungsempfänger sowie die Lektüre des Beilegers durch Dritte seien theoretische und hinsichtlich ihrer praktischen Relevanz zu vernachlässigende Sachverhalte. In diesem Zusammenhang beruft sich die Beklagte auf eine Entscheidung des OLG Hamburg bezüglich einer Shoppingcard (3 U 68/09), in der vom Gericht eine Zuordnungsverwirrung abgelehnt worden sei.

37

Im Übrigen verweist die Beklagte darauf, dass – unstreitig – auf der letzten Seite des Beilegers die Verkaufshäuser von P & C WEST aufgeführt seien.

38

Aus der zwischen der Klägerin und der P & C WEST geschlossenen Abgrenzungsvereinbarung folge zudem kein Verbot für irgendwelche Verkaufsaktivitäten des Unternehmens P & C West im Rahmen eines Online Shops.

39

Die Beklagte bestreitet ferner die Angaben der Klägerin zu deren Bekanntheit und erhebt Einwendungen gegen die Anlagen K 8 bis K 10, wobei wegen der Einzelheiten auf S. 22-26 des Schriftsatzes vom 15.8.2016 (Bl. 108-112 d.A.) verwiesen wird.

40

Die Kammer hat am Ende der mündlichen Verhandlung am 21.11.2017 mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet, wobei der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entsprechende Zeitpunkt auf den 19.12.2017 festgesetzt wurde. Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 21.11.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

41

Die Klage ist zulässig und mit Ausnahme des Hauptantrages zu Ziffer I. 1. begründet. Die Beklagte verletzt durch die angegriffene Verwendung der Zeichen „P. & C.“ sowie „p.- c..de“ die diesbezüglichen Unternehmenskennzeichenrechte der Klägerin.

I.

42

Die Klage ist hinsichtlich des Unterlassungsantrages zu Ziffer I. 1. lediglich im Hilfsantrag begründet.

1.

43

Die Kammer geht mit dem zwischen der Klägerin und dem Unternehmen P & C WEST in anderer Sache ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH GRUR 2010, 738 – P. & C.) davon aus, dass der Streitfall im Hinblick darauf, dass die Unternehmenskennzeichen der Parteien jahrzehntelang unbeanstandet nebeneinander benutzt worden sind, nicht nach Prioritätsgrundsätzen, sondern nach den zum Recht der Gleichnamigen entwickelten Grundsätzen zu beurteilen ist.

44

Dabei ist aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu bestimmen, was im Einzelfall erforderlich und zumutbar ist, um einer etwaigen Verwechslungsgefahr hinreichend zu begegnen. Neben der häufigen Verwendung von unterscheidungskräftigen Zusätzen können in geeigneten Fällen als milderes Mittel auch aufklärende Hinweise genügen (BGH GRUR 2013, 397, 399 Rn. 26 –P. & C. III).

2.

45

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war die Klage im Hauptantrag zu Ziffer I.1. abzuweisen, da der Klageantrag zu weit gefasst war. Die Klägerin hat ein Verbot der Verwendung der Kennzeichen "P. & C." und / oder "p.- c..de" in Alleinstellung beantragt. Dabei hat sie den Begriff „in Alleinstellung“ definiert als „ohne einen aufklärenden Hinweis in dem Werbebeileger, dass es zwei Unternehmen mit der Bezeichnung "P. & C.“ gibt, die voneinander unabhängig sind, ihre jeweiligen Hauptsitze in D. und H. haben und welchem dieser Unternehmen die fragliche Werbung zuzuordnen ist“. Sie hat mithin vier kumulative Voraussetzungen für einen aufklärenden Hinweis aufgestellt, die gegeben sein müssen, damit keine Verwendung der Kennzeichen „in Alleinstellung“ vorliegt. Es erscheint jedoch nicht zwingend, dass in jedem Falle bei Fehlen einer dieser vier Voraussetzungen, etwa bei fehlender Angabe des Hauptsitzes, die Kennzeichenrechte der Klägerin verletzt sind. Vielmehr ist es möglich, dass auch ohne Angabe der Hauptsitze je nach grafischer und inhaltlicher Gestaltung des Hinweises im Einzelfall die Verbraucher ausreichend informiert werden und eine Zuordnungsverwirrung ausscheidet. Da somit auch erlaubte Verhaltensweisen denkbar sind, die unter das beantragte Verbot fallen, war der Hauptantrag mit dem begehrten abstrakten Verbot abzuweisen.

3.

46

Im Hilfsantrag zu Ziffer I. 1., welcher auf die konkrete Verletzungsform gemäß Anlage 2 bezogen ist, war der Klage dagegen stattzugeben.

47

Die Frage, ob sich die Beklagte erfolgreich aufgrund einer etwaigen schuldrechtlichen Gestattung durch das Unternehmen P & C WEST auf deren Rechte an der Bezeichnung P. & C. analog § 986 BGB berufen kann, bedarf im Streitfall ebenso wenig einer Entscheidung wie die Frage, ob es der P & C WEST auf Grund der mit der Klägerin getroffenen Abgrenzungsvereinbarung grundsätzlich untersagt ist, überhaupt im Wirtschaftsraum NORD zu werben. Denn jedenfalls die vorliegend angegriffene Werbung verletzt die Unternehmenskennzeichenrechte der Klägerin, so dass ihr der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach §§ 15 Abs. 2, 4 MarkenG zusteht.

48

Die Beklagte hat durch die konkrete Verwendung der beiden inkriminierten Zeichen im Rahmen des Beilegers in Teilen des Wirtschaftsraums NORD die Jahrzehnte bestehende Gleichgewichtslage zwischen der Klägerin und dem Unternehmen P & C WEST durch Erhöhung der Verwechslungsgefahr gestört. Die Werbung für das Unternehmen P & C WEST in Gebieten, die zum Wirtschaftsraum NORD gehören, begründet die Gefahr, dass die angesprochenen Verkehrskreise, denen regelmäßig nicht bekannt ist, dass es zwei rechtlich unabhängige Bekleidungsunternehmen mit dem Unternehmenskennzeichen „P. & C.“ gibt, die beiden inkriminierten Kennzeichen der Klägerin zuordnen.

49

Im Streitfall kann es ebenfalls dahinstehen, ob der aufklärende Hinweis auf der Internetseite der Beklagten www. f..de in inhaltlicher Hinsicht zur Ausräumung der Verwechslungsgefahr ausreicht. Denn der BGH hat zu einer Werbebeilage, die als PDF-Datei auf der Internetseite eingestellt war, ausgeführt:

50

„Die Werbebeilage ist nach dem von der Beklagten nicht bestrittenen Vorbringen der Klägerin als PDF-Datei auf der Website eingestellt und kann daher von Interessenten ausgedruckt werden. Die Beklagte hat es dadurch ermöglicht, die Werbebeilage losgelöst von der Website in Papierform zu verbreiten. Dies begründet eine Verwechslungsgefahr, der ein Hinweis auf der Startseite des Internetauftritts nicht ausreichend entgegenwirken kann. Zum Ausschluss der Verwechslungsgefahr ist es daher erforderlich und der Beklagten auch zumutbar, es zu unterlassen, auf ihrer Website eine solche Werbebeilage einzustellen, wenn diese nur mit der Bezeichnung „P. & C.“ versehen ist“ (GRUR 2010, 738- P. & C. I Rn. 38).

51

Diese Grundsätze müssen im Streitfall erst recht gelten, wo zwischen der Wahrnehmung des aufklärenden Hinweises auf der Internetseite im Rahmen der Bestellung und dem Erhalt der Ware mit dem streitgegenständlichen Beileger mehrere Tage vergehen. Hinzu kommt, dass es weitere Situationen (Auseinanderfallen von Besteller und Empfänger, Lektüre des Beilegers durch Dritte) gibt, in denen der aufklärende Hinweis auf der Internetseite ins Leere geht. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei diesen Fällen auch nicht nur um theoretische Fallkonstellationen. Denn die Versendung an Dritte, z.B. als Geschenk, ist eine von der Beklagten vorgesehene Option (Anlage K 24) und es ist naheliegend, dass die streitgegenständlichen Beileger auch von Dritten gelesen werden.

52

Der Umstand, dass die Verkaufsstellen von P & C WEST auf der letzten Seite des Beilegers genannt werden, ist unerheblich. Es handelt sich offensichtlich nicht um einen aufklärenden Hinweis im Sinne der oben genannten Rechtsprechung, da dem Leser die Existenz zweier „P & C“ Unternehmen nicht offengelegt wird.

53

Soweit sich die Beklagte auf die Entscheidung des OLG Hamburg zu einer Shoppingcard stützt (3 U 68/09), geht dies ebenfalls fehl. Denn der Sachverhalt im Shoppingcard-Fall weicht in wesentlichen Punkten vom vorliegenden Fall ab. Die Shoppingcards wurden nur in den jeweiligen Geschäften der Klägerin in ihrem eigenen Wirtschaftsraum (NORD) ausgegeben, es erfolgte also keine Ausdehnung in den Wirtschaftsraum der dortigen Klägerin (WEST). Außerdem wird die Klagabweisung auch auf den Hinweistext auf der Rückseite der Karten gestützt. Wie oben dargelegt, fehlt es vorliegend an einem derartigen Hinweis.

II.

54

Basierend auf dem vorstehend ausgeführten Verstoß sind auch die weitergehend geltend gemachten Folgeansprüche auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht begründet (§ 15 Abs. 5 MarkenG i.V.m. § 242 BGB, § 19 MarkenG). Die Beklagte handelte zumindest fahrlässig. Da die Klägerin ihren Schadensersatzanspruch derzeit nicht beziffern kann, kann sie Feststellung der Schadensersatzpflicht verlangen.

III.

55

Der Anspruch auf Erstattung der Abmahngebühren folgt aus §§ 15 Abs. 5 MarkenG, 677, 683 BGB. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

IV.

56

Die Kostenentscheidung basiert auf § 92 Abs. 1 ZPO.

V.

57

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat seine Grundlage in 709 S. 1, S. 2 ZPO.

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