Urteil vom Landgericht Kiel (3. Zivilkammer) - 3 O 169/12
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 5.355,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank darauf seit dem 01.05.2012 sowie an vorgerichtlichen Kosten € 467,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank darauf seit 09.11.2012 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung einer Zuwendung aus einem Vertrag.
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Der Kläger ist ein Sportverein … und unterhält einen Fussballplatz. Die erste Herrenmannschaft beendete ihren Spielbetrieb nach Abstieg aus der …-Liga zum Ende der Saison 2011/2012. In unmittelbarer Nähe zu den Anlagen des Klägers befindet sich der … TSV mit … Mitgliedern. Die Beklagte vertreibt Werbung auf Sportplätzen.
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Die Parteien schlossen erstmals am 25.09.2000 einen Vertrag über Werbung für die Dauer von 9 Jahren, wonach die Beklagte alleinberechtigt war, Inserenten zu werben und in zwei bei dem Kläger aufgestellten Schaukästen zum Aushang zu bringen. Dafür hatte die Beklagte dem Kläger netto … € jährlich, jeweils 3 Jahre im Voraus, zu zahlen (Blatt 29 der Akten).
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Am 7. Juli 2004 schlossen die Parteien einen weiteren Vertrag unter Nutzung eines Vordrucks der Beklagten. In dem Vertrag heißt es: „ Der oben genannte Sportverein verpflichtet sich, von Beginn der Werbung an, für die Dauer von 6 Jahren, für jedes Heimspiel ca. 30 Plakate kostenlos auszuhängen und jedem Kunden bei Neudruck ein Musterplakat zukommen zu lassen, sowie die Aushangstellen der Firma Sportplatz- und Plakatwerbung mitzuteilen.
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Die Firma Sportplatz- und Plakatwerbung stellt dem Sportverein die Plakate kostenlos zur Verfügung…
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Außerdem bekommt der Sportverein eine jährliche finanzielle Zuwendung in Höhe von € plus Mehrwertsteuer, die immer für 2 Jahre nach Auslieferung der neuen Plakate gezahlt wird…
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Nach Ablauf der Vertragszeit verlängert sich der Vertrag sofort um 6 Jahre, sofern er nicht 6 Monate vor Vertragsablauf schriftlich gekündigt wird…
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Bei nicht ausreichendem Anzeigenverkauf kann die Sportplatz- und Plakatwerbung vom Vertrag Abstand nehmen. Es entfallen damit die Verpflichtungen gegenüber dem Sportverein. Der Verkauf der Anzeigen wird alle 2 Jahre unaufgefordert durchgeführt. Dem Sportverein werden die Plakate immer im Voraus für 2 Jahre zugestellt.“
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf Blatt 5 der Akte verwiesen. Dieser enthält unter der Unterschrift der Parteivertreter noch die Bestimmung, dass Gerichtsstand für sämtliche Streitigkeiten aus diesem Vertrag der Sitz des Verlages ist.
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Die zunächst mündlich vereinbarte Handhabung, dass die vereinbarte Zuwendung jeweils für 2 Jahre im Voraus zu zahlen ist, änderten die Vertragsparteien dahingehend, dass das Entgelt für jeweils 3 Jahre im Voraus zu zahlen ist (vgl. Blatt 6 und 7 der Akte). Die Beklagte zahlte die vereinbarte Zuwendungssumme für den Zeitraum vom 01.03.2006 bis 29.02.2008 sowie vom 01.04.2009 bis 31.03.2012.
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Um Werbekunden für die Plakatwerbung auf dem Gelände des Klägers zu gewinnen, setzte die Beklagte Vertreter ein, die mit örtlichen Unternehmen Anzeigeverträge abschloss. Sie zahlte ihren Vertretern dafür eine Vergütung.
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Der Vertrag wurde zum Ablauf am 05.07.2010 von keiner Partei gekündigt.
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Am 01.04.2012 stellte der Kläger der Beklagten für den Zeitraum vom 06.07.2012 bis zum 05.07.2015 eine Rechnung in Höhe von … € in Rechnung (Blatt 8 der Akte). Nachdem die Beklagte nicht zahlte, forderte der Kläger die Beklagte mehrfach schriftlich auf, die Rechnung zu bezahlen. Als dies nicht geschah, beauftragte der Kläger ein Inkassounternehmen.
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Der Kläger behauptet, er habe immer aus ca. … Mitgliedern mit Abweichung von 10 Mitgliedern bestanden und sei immer der zweitgrößte Sportverein in … gewesen. Die erste Herrenmannschaft habe vom 01.07.06 bis 30.06.09 in der …liga und danach bis 30.06.2012 in der …-Liga gespielt. Die Einstellung des Spielbetriebes der ersten Herrenmannschaft in der Folgezeit sei auf mangelnde finanzielle Mittel zurückzuführen. Der Kläger ist der Ansicht, die Vereinbarung über die Möglichkeit der Abstandnahme vom Vertrag durch die Beklagte bei nicht ausreichendem Anzeigeverkauf sei unwirksam.
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Der Kläger beantragt,
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 5.355,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank darauf seit dem 01.05.2012 sowie an vorgerichtlichen Kosten € 467,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank darauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, sie habe nicht genügend Anzeigenkunden für eine Werbung für den Kläger anwerben können. Dessen Mitgliederzahl habe sich erheblich auf Mitglieder reduziert. Die erste Herrenmannschaft habe sich wegen des Abstiegs aus der -Liga aufgelöst. Der Kläger würde von der örtlichen Geschäftswelt nicht mehr unterstützt werden. Sie meint, sie sei berechtigt gewesen, von dem Vertrag Abstand zu nehmen und sei zudem nach § 314 Absatz 1 BGB zur Kündigung berechtigt gewesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen sowie auf das Terminsprotokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, insbesondere das Landgericht Kiel örtlich zuständig. Soweit die Beklagte sich auf ihre Gerichtsstandsvereinbarung beruft, liegen die Voraussetzungen nicht vor, da der Sportverein mangels Gewerbebetrieb kein Kaufmann im Sinne des § 38 ZPO ist.
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Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von … € aus dem Vertrag vom 05.07.2004 zu. Der auf 6 Jahre geschlossene Vertrag hat sich mangels fristgerechter Kündigung um weitere 6 Jahre bis zum 05.07.2016 verlängert. Die Forderung des Klägers ist auch fällig. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte kann dem Kläger nach dem 01.04.2012 keine neuen Plakate auslieferte. Zwar heißt es in dem abgeschlossenen Vertrag, der Kläger bekomme eine jährliche finanzielle Zuwendung, die immer für 2 Jahre nach Auslieferung der neuen Plakate gezahlt werde. Die Beklagte jedoch den Eintritt der Fälligkeit nicht dadurch verhindern, dass sie vertragswidrig keine Plakate an den Kläger ausliefert. Dies ergibt sich jedenfalls aus der entsprechenden Anwendung des § 162 Absatz 1 BGB. Niemand darf aus der von ihm treuwidrig herbeigeführten Lage einen Vorteil ziehen (vgl. BGH NJW RR 1991, Seite 177). Die Beklagte kann den Eintritt der Fälligkeit demgemäß nicht dadurch abwenden, dass sie dem Kläger keine Werbeplakate zur Verfügung stellt, zumal - ohne dass es noch darauf ankommt – die von der Beklagten beauftragten Vertreter für die Werbeperiode bis 2015 Anzeigeverträge abgeschlossen hatten (vgl. etwa Blatt 43 und 44 der Akte).
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Der Anspruch des Klägers ist auch nicht durch die Kündigung vom 06.06.2012 erloschen. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu. Die von der Beklagten vorformulierte Vertragsklausel, wonach sie bei nicht ausreichendem Anzeigeverkauf vom Vertrag Abstand nehmen kann, ist gemäß § 307 BGB unwirksam. Sie verstößt gegen das Transparenzgebot nach § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB. Danach hat der Verwender die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglichst klar, einfach und präzise dazustellen (Palandt-Grünenberg, § 307 BGB, Randnummer 21). Die Formulierung „ausreichender Anzeigeverkauf“ lässt nicht erkennen, ab welcher Anzahl von Werbeanzeigen der Anzeigenverkauf für die Beklagte nicht mehr ausreicht und auf welchen Bezugspunkt sich das Ausreichen bezieht. Auch für einen aufmerksamen und sorgfältigen Dritten ist nicht erkennbar, ob der Anzeigeverkauf bereits dann nicht ausreicht, wenn er die Kosten für die Werbung nicht deckt, oder erst dann, wenn die Beklagte dadurch keinen Gewinn erwirtschaftet. Auch die Möglichkeit, von einem nicht ausreichenden Anzeigeverkauf zu sprechen, wenn ein nicht nur vorübergehender Einbruch in den Verkaufszahlen der Werbung vorliegt, kommt in Betracht. Insgesamt fehlt deshalb ein nachvollziehbarer Anhaltspunkt, wonach für den Kläger als Gegner des Verwenders im Einzelnen berechenbar und nachvollziehbar festgestellt werden kann, wann ein nicht ausreichender Anzeigeverkauf vorliegt.
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Unabhängig davon stünde selbst bei Wirksamkeit der Klausel der Beklagten ein Kündigungsrecht nicht jederzeit zu. Die Parteien haben sich in Abweichung von der Ursprungsvereinbarung darauf geeinigt, dass die finanzielle Zuwendung für den Kläger mit Beginn dieser Werbeperiode gezahlt werden soll. Wenn auch der Vertrag am 05.07.2010 um weitere 6 Jahre verlängert wurde, so ist doch die Zuwendungssumme von der Beklagten für den Zeitraum vom 01.04.2009 bis 31.03.2012 bezahlt worden. Demgemäß konnte sich der Kläger auch darauf verlassen, dass eine etwaige Kündigung vor Beginn der neuen Zahlungsperiode zum 01.04.2012 ausgesprochen würde. Dies ist jedoch nicht geschehen.
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Der Beklagten steht auch kein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 314 BGB zu. Nach dieser Vorschrift kann bei einem Dauerschuldverhältnis jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt jedoch nicht vor. Ein solcher ist gegeben, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Änderung der Anzahl der Werbepartner selbst stellt keinen wichtigen Grund dar, da dieser Umstand im Risikobereich des Kündigenden, also der Beklagten, liegt. Grundsätzlich ist die Vertragsfortsetzung dem Kündigenden nur dann nicht zuzumuten, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen.
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Die behauptete Änderung der Mitgliedszahlen begründet keinen wichtigen Grund im Sinne der genannten Vorschrift. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagten Anfang 2010 die Möglichkeit gegeben war, den bestehenden Vertrag zu kündigen. Dass in dem Zeitraum bis zur Kündigung die Mitgliederzahl des Klägers sich gravierend verschlechtert
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hätte, ist nicht konkret vorgetragen. Auch die Änderung der Sportleistung, insbesondere die unstreitige Auflösung der Ersten Herrenmannschaft führt nicht zu der Annahme eines wichtigen Grundes nach § 314 BGB. Der Vertrag macht die Sponsoringleistung nicht von bestimmten Erfolgen der Ersten Herrenmannschaft abhängig. Auch der Verbleib in einer bestimmten Spielklasse, die Anzahl der Zuschauer, die damit verbunden sein mag, ist nicht Gegenstand des Vertrages.
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Die Beklagte hat das Vertragsverhältnis auch nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach § 314 Absatz 3 BGB gekündigt. Sie selbst hat vorgetragen, dass ihr … bereits am 06.01.2012 mitgeteilt hat, dass der Kläger nicht mehr vermarktbar sei (Blatt 33 der Akten). Dann konnte aber die Klägerin erwarten, dass die Beklagte ein etwa bestehendes Kündigungsrecht vor Ablauf der neuen dreijährigen Zahlungsperiode vom 01.04.2012 bis 31.03.2015 erklärt. Dies ist nicht geschehen. Statt dessen hat die Beklagte auf die Rechnung des Klägers, die eingegangenen Mahnungen und auch die Zahlungsaufforderung des Inkassobüros überhaupt nicht reagiert, sondern erst mehr als zwei Monate nach dem 01.04.2012 die Kündigungserklärung abgegeben.
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Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Der Anspruch auf Ersatz der Inkassokosten folgt aus § 280 Absatz 1, Absatz 2, 286 BGB. Für den Kläger war zum Zeitpunkt der Beauftragung und der Zahlungsaufforderung durch das Inkassobüro nicht erkennbar, aus welchen Gründen die Beklagte die Forderung nicht begleicht. Die Klägerin macht diese Kosten auch nur bis zur Höhe vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend, so dass dem Kläger auch kein etwaiges Mitverschulden angelastet werden kann.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
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Referenzen
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