Urteil vom Landgericht Koblenz (6. Zivilkammer) - 6 S 180/15

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Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Andernach vom 10. Juni 2015 (AZ: 64a C 234/15), soweit die Klage abgewiesen wurde, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.592,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 640,00 EUR seit dem 05.Februar 2015, sowie aus weiteren 952,00 EUR seit dem 20.04.2015 zu zahlen, sowie weitere 255,85 EUR an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.04.2015.

2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 952,00 EUR.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten in der Berufung noch über die Erstattung von Sachverständigenkosten in Folge von Schimmelbefall sowie über die Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

2

Der Kläger vermietete mit einem Mietvertrag vom 31. Oktober 2013 an die Beklagten die Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern im Untergeschoss rechts des Hauses ... in …. Die Kaltmiete betrug 450,00 EUR. Weiter waren 190,00 EUR an Nebenkostenvorauszahlungen zu leisten. Vor Anmietung wurde die Wohnung teilrenoviert, was auch in dem Mietvertrag festgehalten wurde (vgl. Mietvertrag, Bl. 17 GA). Mängel waren zum Zeitpunkt des Einzugs der Beklagten nicht ersichtlich.

3

Ende September 2014 bemerkten die Beklagten erstmals eine Schimmelbildung an der Rückwand eines Schrankes im Kinderzimmer. Bei der Besichtigung durch den Kläger konnte jedoch kein Schimmel festgestellt werden. Die Beklagten wurden vom Kläger darauf hingewiesen, dass eine ausreichende Luftzirkulation zu gewährleisten sei und die Möbel nicht direkt an die Wand gestellt werden dürften, um so einer Schimmelbildung vorzubeugen.

4

Mit erneuter Mitteilung vom 03.11.2014 bemängelten die Beklagten Schimmel, nunmehr an den Wänden der Küche und Waschküche. Gleichzeitig forderten sie den Kläger auf, diesen Schimmel fachmännisch zu beseitigen und erklärten die Minderung der Miete um 50 % und kündigten zudem hilfsweise die fristlose bzw. die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses an. Der Kläger wies die Beklagten mit Schreiben vom 13. November 2014 darauf hin, dass er die Ursache für die Schimmelbildung durch einen Sachverständigen klären lassen wolle. Für den Fall, dass es sich herausstellen sollte, dass der Schimmel auf eine unzureichende Lüftung der Beklagten zurückzuführen sei, kündigte der Kläger an, die Kosten des Sachverständigengutachtens den Beklagten in Rechnung zu stellen.

5

Durch das Sachverständigengutachten vom 29. November 2014 wurde festgestellt, dass in der streitgegenständlichen Wohnung keine Schimmelbildung vorzufinden ist (vgl. Gutachten, Bl. 47 f. GA). Die Wohnung wies normale Luftfeuchtigkeits- und Temperaturwerte auf. Baumängel, waren nicht vorhanden. Etwaige Feuchtigkeit oder sogar Schimmel könnten nur, so der Sachverständige, auf unzureichende Lüftung zurück zu führen sein. Für die Erstellung des Gutachtens sind dem Kläger Kosten in Höhe von 952,00 EUR entstanden.

6

Das Mietverhältnis zwischen dem Kläger und den Beklagten endete durch Kündigung der Beklagten zum 28. Februar 2015. Die Februarmiete in Höhe von 640,00 EUR wurde von den Beklagten nicht mehr gezahlt. Der Kläger begehrte von den Beklagten die nicht gezahlte Miete für Februar 2015 sowie die Erstattung der ihm entstandenen Sachverständigenkosten. Mit Urteil des Amtsgerichts Andernach vom 10. Juni 2015, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, wurden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 640,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

7

Hinsichtlich des Vorbringens im Übrigen wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

8

Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Andernach ist zulässig und begründet.

9

Dem Kläger steht über den erstinstanzlich zugesprochenen Betrag für die nicht gezahlte Februarmiete auch ein Anspruch auf Erstattung der Sachverständigenkosten und der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagten zu.

10

Das Amtsgericht hat einen Anspruch des Klägers aus § 280 Abs. 1 BGB auf Erstattung der Sachverständigenkosten abgewiesen und dies damit begründet, dass die Beklagten eine Pflichtverletzung gegenüber dem Kläger nicht zu vertreten hätten (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Amtsrichter sieht eine Haftung der Beklagten nicht automatisch in einer unberechtigten Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen. Vielmehr müssten besondere Umstände hinzutreten, die ein Verschulden der Beklagten im Sinne eines Vertretenmüssens begründen. Die Mieter hätten im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle lediglich zu prüfen, ob die Geltendmachung von Ansprüchen berechtigt erscheine. Dadurch solle vor allem verhindert werden, dass der Anspruchsteiler bei der Geltendmachung von Ansprüchen mit einem überhöhten Haftungsrisiko belastet werde und ihm damit die Durchsetzung von Gewährleistungsrechten erschwert würde.

11

Die Argumentation des Amtsrichters hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Ansicht des Amtsrichters sind die Beklagten zur Erstattung der Sachverständigenkosten verpflichtet. Richtigerweise muss im Rahmen des § 280 Abs. 1 BGB die Verschuldensvermutung aus § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB beachtet werden. Danach wird bei einer Pflichtverletzung grundsätzlich das Verschulden so lange vermutet, bis die Schadensersatzpflichtigen - hier die Beklagten - einen Entlastungsbeweis erbringen. Dies ist den Beklagten nicht gelungen. Sie konnten weder nachweisen, dass überhaupt während der Mietzeit eine Schimmelbildung entstand, noch dass sich eine solche mögliche Schimmelbildung auf Ursachen gründet, die von dem Kläger zu vertreten sind. Baumängel, die eine Verantwortlichkeit des Klägers begründen würden, waren nachweislich nicht vorhanden. Soweit in dem Sachverständigengutachten Bilder der Wohnung vorhanden sind, die zeigen, dass die Möbel mit einem ausreichenden Abstand zu den Wänden stehen, lassen allenfalls den Schluss zu, dass zum Zeitpunkt des Besuches des Sachverständigen ausreichend gelüftet wurde, so dass weder Feuchtigkeit, noch Schimmel vorzufinden war.

12

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat der Amtsrichter das Vorbringen der Beklagten im Schriftsatz vom 26. Mai 2015 und damit einen Tag vor der mündlichen Verhandlung nach § 296 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen. Die Berücksichtigung des Vorbringens in diesem Schriftsatz mit den Beweisangeboten hätte zu einer Verzögerung des Rechtsstreits geführt. Das verspätete Vorbringen wurde von den Beklagten auch nicht hinreichend entschuldigt (§ 296 Abs. 1 ZPO).

13

Der Kläger durfte im Rahmen der Abwehr von unberechtigten Ansprüchen ein Sachverständigengutachten in Auftrag geben. Das Sachverständigengutachten war für den Kläger erforderlich, da es die einzige Möglichkeit war, sich gegen die von den Beklagten angedrohten Ansprüche in angemessener Weise zu verteidigen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist dann angezeigt, wenn zur Feststellung des Vorhandenseins von Schäden besonderer Sachverstand benötigt wird und nicht die bloße Augenscheinseinnahme für die Beurteilung ausreicht (vgl. BGH, Urteil vom 26.05.2004, AZ. VIII ZR 77/03). Weiterhin handelt es sich hier auch nicht um sogenannte Bagatellschäden, bei denen die zu erwartenden Kosten eines Sachverständigengutachtens die Erforderlichkeit übersteigen würde. In Anbetracht der angedrohten fristlosen Kündigung und einer Mietzinsminderung von 50 % war die Einholung eines Sachverständigengutachtens auch mit Kosten in der vorliegenden Höhe angezeigt.

14

Die Beklagten können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie keine Zustimmung zur Beauftragung eines Sachverständigen erteilt haben. Der Kläger hat den Beklagten bereits zuvor angekündigt, die Kosten des Sachverständigengutachtens an die Beklagten weiter zu leiten, wenn diese für die Schimmelbildung verantwortlich sind. Die Beklagten mussten daher bereits damit rechnen, dass sie in Anspruch genommen würden, falls sich ihr Vortrag als unrichtig erweisen würde.

15

Im Hinblick auf die Höhe der drohenden Mietminderung, der angekündigten Schadensersatzansprüche und einer fristlosen Kündigung war der Kläger auch gehalten, ohne Zustimmung der Beklagten das Sachverständigengutachten einzuholen. Der Anspruch des Klägers auf Erstattung der Sachverständigenkosten in Höhe von 952,00 EUR ist daher aus §§ 535, 280 BGB gegeben.

16

Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255,85 EUR (vgl. Rechnung Bl. 6 GA). Die Höhe der geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten ist nicht zu beanstanden.

17

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288, 291 BGB.

18

Zu dem Verzugsbeginn hinsichtlich der Sachverständigenkosten wurde nicht vorgetragen.

19

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 10 ZPO, 713 ZPO.

20

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen ersichtlich nicht vor. Die Rechtssache verfügt nicht über eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

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