Urteil vom Landgericht Köln - 27 O 520/11
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Restkaufpreis, den der Kläger und Frau Anneliese Hartmann, Am Morsdorfer Hof 24, 50933 Köln, zur Eintragung als je ½ Miteigentümer als Wohnungs- und Teileigentümer in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern des Amtsgerichts Köln für Kriel Blätter 2271, 22798, 22799 und 22800, betreffend den Grundbesitz der Gemarkung Kriel, Flur 62, Flurstücke 2045/64 und 2046/64 in 50933 Köln-Braunsfeld, Am Morsdorfer Hof 24, aus dem Erwerbsvertrag vom 21.12.2005 zu entrichten haben, 14.750,-- € beträgt.
Die Beklagte wird verurteilt,
a) an Herrn Günther Stöckert und Frau Marianne Stöckert, Am Morsdorfer Hof 24, 50933 Köln, als Gesamtgläubiger 13.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2012 zu zahlen;
b) an Herrn Karl-Heinz Weber und Frau Eva-Maria Weber, Am Morsdorfer Hof 24, 50933 Köln, als Gesamtgläubiger 13.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2012 zu zahlen;
c) an Frau Claudia Rohe, Am Morsdorfer Hof 24, 50933 Köln, 13.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2012 zu zahlen;
d) an Herrn Rüdiger von Waldow und Frau Annette von Waldow, Am Morsdorfer Hof 24, 50933 Köln, als Gesamtgläubiger 9.250,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.06.2012 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 36 % und die Beklagte zu 64 %. Die Kosten der Streithilfe trägt der Kläger zu 36 %. Eine weitergehende Kostenerstattung findet nicht statt.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
2Der Kläger erwarb gemeinsam mit seiner Ehefrau mit notariellem Vertrag vom 21.12.2005 von der Beklagten zum Preis von 800.000,-- € eine noch zu errichtende Eigentumswohnung in der Wohnanlage Am Morsdorfer Hof 24 in Köln. Die Bauleistungen der Beklagten wurden am 06.11.2006 abgenommen. Alsbald kam es zum Streit um die ordnungsgemäße Errichtung der von dem Streithelfer geplanten Tiefgarage.
3Die Kläger behaupten, die Tiefgarage sei nicht fachgerecht erstellt. Die Einfahrtrampe sei zu steil, zudem der Einfahrtradius zu eng. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass die Vorgaben der Garagenverordnung nicht eingehalten seien. Nachdem der Kläger – insoweit unstreitig – die Beklagte mit Schreiben vom 10.09.2008 erfolglos unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung aufgefordert habe, habe die Gemeinschaft den Beschluss gefasst, die Vergütung der Beklagten zu mindern. Zudem habe sie den Kläger ermächtigt, die aus der Mangelhaftigkeit der Tiefgarage folgenden Rechte der Gemeinschaft gerichtlich geltend zu machen. Der Gesamtwert der Tiefgarage belaufe sich auf 180.000,-- €, ausgehend von einem Kaufpreis von 15.000,-- € je Tiefgaragenplatz und insgesamt zwölf Stellplätzen. Zu mindern sei dieser Wert um 97.500,-- € insgesamt, sodass auf jeden der Eigentümer eine Minderung von 16.250,-- € entfalle. Unstreitig habe er selbst – im Hinblick auf die Mängel der Tiefgarage – einen Betrag von 28.000,-- € auf den Kaufpreis noch nicht gezahlt, weshalb die Eigentumsumschreibung im Grundbuch noch nicht erfolgt sei. Vor diesem Hintergrund begehrt er die Feststellung, dass der von ihm zur Bewirkung der Eigentumsumschreibung noch zu leistende Restbetrag sich nur noch auf 11.750,-- € (28.000,-- € ./. 16.250,-- €) belaufe. Daneben verlangt er die Zahlung des Minderungsbetrages für zuletzt noch vier weitere Mitglieder der Eigentümergemeinschaft unmittelbar an diese, teilweise unter Berücksichtigung von Gegenansprüchen der Beklagten.
4Der Kläger beantragt nach mehrfachen Klageerweiterungen und Teilklagerücknahmen zuletzt
51)
6festzustellen, dass der Restkaufpreis, den der Kläger und Frau Anneliese Hartmann, Am Morsdorfer Hof 24, 50933 Köln, zur Eintragung als je ½ Miteigentümer als Wohnungs- und Teileigentümer in den Wohnungs- und Teileigentumsgrundbüchern des Amtsgerichts Köln für Kriel Blätter 2271, 22798, 22799 und 22800, betreffend den Grundbesitz der Gemarkung Kriel, Flur 62, Flurstücke 2045/64 und 2046/64 in 50933 Köln-Braunsfeld, Am Morsdorfer Hof 24, aus dem Erwerbsvertrag vom 21.12.2005 zu entrichten haben, 11.750,00 € [hilfsweise 13.250,00 € (35 %); äußerst hilfsweise 14.750,00 € (30 %)] beträgt;
7hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit dieses Antrags die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Zahlung eines Restkaufpreisbetrages durch den Kläger in Höhe von 11.750,00 € [hilfsweise 13.250,00 € (35 %); äußerst hilfsweise 14.750,00 € (30 %)] zugunsten des Klägers und der Frau Anneliese Hartmann (Am Morsdorfer Hof 24, 50933 Köln) zu je hälftigem Miteigentum:
8einen Miteigentumsanteil von 137.577/1.000.000 an dem Grundstück der Gemarkung Kriel (Amtsgericht Köln), Flur 62, Flurstücke 2045/64 und 2046/64, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Dachgeschoss links, im Aufteilungsplan mit Nummer 5 bezeichnet; eingetragen im Wohnungsgrundbuch von Kriel Blatt 22791 und
9einen Miteigentumsanteil von 5.028/1.000.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück der Gemarkung Kriel (Amtsgericht Köln), Flur 62, Flurstücke 2045/64 und 2046/64, verbunden mit dem Sondereigentum an dem Keller, im Aufteilungsplan mit Nummer K 6 bezeichnet, eingetragen im Teileigentumsgrundbuch von Kriel Blatt 22798 und
1010.024/1.000.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück der Gemarkung Kriel (Amtsgericht Köln), Flur 62, Flurstücke 2045/64 und 2046/64, verbunden mit dem Sondereigentum an dem PKW-Stellplatz im Kellergeschoss, im Aufteilungsplan mit Nummer GA 1 bezeichnet, eingetragen im Teileigentumsgrundbuch von Kriel Blatt 22799 und
1110.024/1.000.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück der Gemarkung Kriel (Amtsgericht Köln), Flur 62, Flurstücke 2045/64 und 2046/64, verbunden mit dem Sondereigentum an dem PKW-Stellplatz im Kellergeschoss, im Aufteilungsplan mit Nummer GA 2 bezeichnet, eingetragen im Teileigentumsgrundbuch von Kriel Blatt 22800,
12aufzulassen;
132)
14an Herrn Günther Stöckert und Frau Marianne Stöckert, Am Morsdorfer Hof 24, 50933 Köln, als Gesamtgläubiger 16.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
153)
16an Herrn Karl-Heinz Weber und Frau Eva-Maria Weber, Am Morsdorfer Hof 24, 50933 Köln, als Gesamtgläubiger 16.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und
174)
18an Frau Claudia Rohe, Am Morsdorfer Hof 24, 50933 Köln, 16.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
195)
20an Herrn Rüdiger von Waldow und Frau Annette von Waldow, Am Morsdorfer Hof 24, 50933 Köln, als Gesamtgläubiger 12.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen
21hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit der Anträge zu 2) bis 5) die Beklagte zu verurteilen, an die Wohnungseigentümergemeinschaft Am Morsdorfer Hof 24, 50933 Köln, vertreten durch die Hausverwaltung Paul Pass & Sohn KG, Kaiser-Willhelm-Ring 28, 50672 Köln, einen Betrag in Höhe von 61.750,00 € (3 x 16.250,00 € + 12.250,00 €), hilfsweise 55.000,00 € (3 x 14.750,00 € + 10.750,00 €) äußerst hilfsweise 49.000,00 € (3 x 13.250,00 € + 9.250,00 €) zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;
22Die Beklagte und ihr Streithelfer beantragen
23Die Klage abzuweisen.
24Die Beklagte meint, dass der Kläger, insoweit gemeinschaftsbezogene Rechte und Rechte anderer Miteigentümer geltend gemacht würden, nicht prozessführungsbefugt sei, überdies fehle ihm die Aktivlegitimation. Eine mangelhafte Erstellung der Tiefgarage liege nicht vor. An den Vorgaben der Garagenverordnung müsse sie sich nicht messen lassen; ihre Maße ermöglichten jedenfalls ein problem- und gefahrloses Ein- und Ausfahren auch mit größeren Fahrzeugen. Der geltend gemachte Minderwert sei von vornherein überhöht. Der vom Kläger geltend gemachte Feststellungsanspruch sei im Übrigen schon deshalb nicht begründet, weil der Kläger beauftragte Sonderwünsche, abgerechnet mit insgesamt 15.866,-- €, noch nicht bezahlt habe. Auch diesen Betrag verschulde der Kläger noch, bevor er die Eigentumsumschreibung verlangen könne. Soweit der Kläger Zahlung an die Eheleute von Waldow verlange, verkenne er, dass deren – mögliche – Gewährleistungsansprüche jedenfalls verjährt seien; insoweit erhebt sie ausdrücklich die Einrede der Verjährung.
25Der Kläger trägt hierzu vor, die Beklagte habe auf den für die Sonderwünsche angefallenen Rechnungsbetrag vorprozessual verzichtet; ohnehin seien die Sonderwunschleistungen zum Teil mangelbehaftet und Ansprüche der Beklagten auf Ausgleich von Sonderwunschrechnungen jedenfalls verjährt.
26Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akten Landgericht Köln, Az.: 27 OH 13/09, haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
27E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
28Die Klage ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zulässig und begründet, im Übrigen hingegen unbegründet.
29I.
301)
31Der Klageantrag zu 1) ist zulässig.
32Das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Der Kläger hat ein schützenswertes rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung der noch nicht ausgeglichenen Zahlungsverpflichtung aus dem notariellen Kaufvertrag vom 21.12.2005, weil nach der zwischen den Parteien in § 13 I. 2 jenes Vertrages getroffenen Vereinbarung eine Eigentumsumschreibung erst im Anschluss an den Nachweis vollständiger Kaufpreiszahlung erfolgen soll. Weil die Höhe der Restkaufpreisforderung zwischen den Parteien indes umstritten ist, ist der begehrte Feststellungsausspruch geeignet, die gegenwärtig bestehenden Unsicherheiten über die Voraussetzungen des Eigentumsverschaffungsanspruchs des Klägers zu beseitigen.
33Anders als die Beklagte meint lässt auch der Umstand, dass der Kläger Rechte aufgrund eines Mangels am Gemeinschaftseigentum, nämlich der Tiefgarage, geltend macht, nicht seine Prozessführungsbefugnis entfallen. Vielmehr ist anerkannt, dass die Eigentümergemeinschaft einzelne Eigentümer durch Beschluss zu einer Geltendmachung gemeinschaftsbezogener Rechte - mit der Folge ihrer Prozessführungsbefugnis auch insoweit - ermächtigen kann (Koeble in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Auflage, 11. Teil, Rdnr. 319). Ein entsprechender Beschluss liegt mit der Anlage K 8 vor. Das in Ergänzung hierzu erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse an der Geltendmachung gemeinschaftsbezogener Rechte, um einer missbräuchlichen Verschiebung der Parteirollen zu begegnen (Zöller/Vollkommer, ZPO 29. Auflage, vor § 50 Rdnr. 44), wird für den einzelnen Wohnungseigentümer allgemein bejaht (Weth in: Musielak, ZPO 9. Auflage, § 51 Rdnr. 28).
342)
35Im zuerkannten Umfang ist der Klageantrag zu 1) auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung, dass der von ihm zu entrichtende restliche Kaufpreis für die erworbene Eigentumswohnung nur noch 14.750,-- € beträgt und nicht – wie von der Beklagten angenommen – diesen Betrag überschreitet. Ein über die Summe von 14.750,-- € hinausgehender Kaufpreisanspruch des Klägers besteht bereits deshalb nicht, weil der Kläger sich zu Recht auf die Minderung des vereinbarten Kaufpreises beruft. Die Voraussetzungen des § 638 BGB sind erfüllt.
36a)
37Der Beklagten kann insbesondere nicht in der Erwägung gefolgt werden, dem Kläger fehle die Aktivlegitimation, weil mit den gerügten Mängeln der Tiefgarage das Gemeinschaftseigentum betroffen sei. Anerkannt ist nämlich, das Anspruchsberechtigter und Rechtsträger in Bezug auf bestehende Nacherfüllungs- und Mängelrechte stets der einzelne Erwerber ist. Dieser Grundsatz erfährt auch dann keine Ausnahme, wenn die Mängel, auf die sich der einzelne Erwerber beruft, solche des Gemeinschaftseigentums sind. Die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft ist nicht geeignet, eine hiervon abweichende Beurteilung zu rechtfertigen, schon weil sie nicht zu einer Überleitung von Rechten des einzelnen Erwerbers auf die Eigentümergemeinschaft führt (Koeble in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts 3. Auflage, 11. Teil, Rdnr. 320; BGH BauR 2007, 1221 ff. [Rdnr. 14]).
38b)
39Der Kläger beruft sich zu Recht darauf, dass die Tiefgarage mangelhaft im Sinne von § 633 BGB ist. Denn aus den im selbständigen Beweisverfahren Landgericht Köln, Az.: 27 OH 13/09 erstatteten schriftlichen und mündlichen Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. Kappertz ergibt sich, dass die Tiefgarage des von der Beklagten errichteten Bauvorhabens Am Morsdorfer Hof 24 nicht im Einklang mit den Vorschriften der Garagenverordnung steht. Der Sachverständige hat in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass der Einfahrtradius der unteren Tiefgarageneinfahrt - entgegen den Vorgaben des § 4 GaragenVO - zu eng und die Neigung der Einfahrtrampe zu steil sei. Der Umstand, dass die sich aus der GaragenVO ergebenden Vorgaben nicht eingehalten sind, bedingt die Annahme eines Baumangels. Ein solcher wird stets durch die Nichteinhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften indiziert (Koeble in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Auflage, 11. Teil Rdnr. 220; für die Unterschreitung der Mindestmaße der GaragenVO als Baumangel explizit OLG Köln, B. vom 31.05.2011, Az.: 24 U 164/10 [Rdnr. 8] zitiert nach JURIS). Dass die GaragenVO im Jahre 2009 durch die SBauVO außer Kraft gesetzt worden ist, rechtfertigt eine abweichende Beurteilung nicht. Ob ein Werkmangel vorliegt, beurteilt sich nach den technischen Regeln, die im Zeitpunkt der Abnahme des Bauvorhabens gültig waren (Pastor in: Werner/Pastor, Der Bauprozess 13. Auflage, Rdnr. 1975 aE). Die Bauleistungen der Beklagten sind bereits im Jahre 2006 - mithin noch unter der Geltung der GaragenVO - abgenommen.
40Das Beweisergebnis aus dem selbständigen Beweisverfahren konnte gemäß § 493 ZPO verwertet werden, weil nach dieser Gesetzesbestimmung die selbständige Beweiserhebung einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleichsteht. Nicht gefolgt werden kann der Beklagten, soweit sie meint, eine Bindungswirkung nach § 493 ZPO sei ausnahmsweise nicht gegeben, weil das selbständige Beweisverfahren von der „Erwerbergemeinschaft Morsdorfer Hof“ geführt worden sei, so dass die erforderliche Parteiidentität nicht gegeben sei. Dahinstehen mag in diesem Zusammenhang, wie sich auswirkt, dass der Kläger der Erwerbergemeinschaft angehörte und im seinerzeitigen Rubrum als deren Mitglied aufgelistet war. Anerkannt ist jedenfalls, dass von einer Parteiidentität regelmäßig auch dann auszugehen ist, wenn die Eigentümergemeinschaft das Beweisverfahren geführt hat und später einzelne Eigentümer – nach entsprechender Ermächtigung – ihre Gewährleistungsansprüche selbst geltend machen. Dies vor dem Hintergrund, dass in beiden Fällen der nämliche Anspruch aus dem Bauträgervertrag betroffen ist (Koeble in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts 3. Auflage, 11. Teil Rdnr. 329; OLG Koblenz, NZM 2008, 248 [Rdnr. 11]).
41Die Kammer hat keine Bedenken, die - wie ausgeführt überzeugenden - Feststellungen des Sachverständigen zur Grundlage ihrer Urteilsfindung zu machen. Der – einzig – von der Beklagten gegen die Begutachtung erhobene Einwand, zur Feststellung eines Mangels seien nunmehr die von dem Sachverständigen aus Anlass der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens im Beweisverfahren angesprochenen Fahrversuche durchzuführen, verfängt nicht, weil der Sachverständige diesen Vorschlag nur für den Fall einer Nichtanwendbarkeit der GaragenVO überhaupt unterbreitet hat. Hiervon ist indes nicht auszugehen, weil die GaragenVO gemäß § 2 BauO NW i.V.m. § 1 GaragenVO zur Anwendung kam. An der Nichteinhaltung der nach der GaragenVO vorgesehenen Mindestradien ändert die Möglichkeit einer Durchführung von Fahrversuchen allerdings nichts.
42c)
43Die nach §§ 634 Nr. 3, 638 BGB erforderliche Fristsetzung zur Mängelbeseitigung liegt in dem als Anlage K 4 überreichten Schreiben vom 10.09.2008. Unschädlich ist in diesem Zusammenhang insbesondere, dass mit diesem Schreiben nur der Kläger persönlich – nicht aber die Eigentümergemeinschaft – zu einer Beseitigung der Mängel der Tiefgarage aufgefordert hat. Denn ungeachtet des Umstands, dass die Entscheidung über eine Ausübung des Minderungsrechts nur von der Gemeinschaft getroffen werden kann – was hier jedenfalls mit dem als Anlage K 8 überreichten Beschluss der Eigentümerversammlung vom 11.06.2012 geschehen ist – kann sich die Gemeinschaft, die sich – wie hier – für die Minderung entschieden hat, bei der Durchsetzung ihrer Rechte auf eine zuvor von nur einem der Eigentümer ausgesprochene Fristsetzung stützen (Koeble in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts 3. Auflage, 11. Teil Rdnr. 273 aE; Pastor in: Werner/Pastor, Der Bauprozess 13. Auflage, Rdnr. 514).
44d)
45Seiner Höhe nach errechnet sich der den Wohnungseigentümern jeweils zustehende Minderungsanspruch gemäß § 638 Abs. 3 BGB mit 13.250,-- €.
46Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist im Zuge der Berechnung des Minderwerts davon auszugehen, dass sich der Wert des Werks im Sinne dieser Gesetzesbestimmung an der vertraglich vereinbarten Vergütung orientiert (Kniffka in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Auflage, 6. Teil Rdnr. 149). Hier haben die Parteien – wie sich dem von der Beklagten herausgegebenen Verkaufsprospekt (Anlage K 11) entnehmen lässt – je Tiefgaragenstellplatz eine Vergütung von 15.000,-- € vereinbart. Vor dem Hintergrund, dass die Tiefgarage des Objekts Am Morsdorfer Hof 24 über insgesamt 12 Stellplätze verfügt, begegnet es keinen Bedenken, entsprechend der vom Kläger vorgenommenen Berechnung den Gesamtwert der Tiefgarage mit 180.000,-- € (12 x 15.000,-- €) anzunehmen. Von diesem Betrag ist im Hinblick auf diejenigen Baumängel, deren Beseitigung grundsätzlich möglich ist, als Minderwert zunächst ein Betrag von 25.500,-- € in Abzug zu bringen. Denn der Minderwert drückt sich regelmäßig in dem Geldbetrag aus, der aufgewendet werden muss, um die vorhandenen Mängel zu beseitigen, was zur Folge hat, dass die jeweils anfallenden Mangelbeseitigungskosten zur Ermittlung des Minderwerts in Abzug zu bringen sind (Kniffka in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Auflage, 6. Teil Rdnr. 149).
47Dass Mängelbeseitigungskosten in entsprechender Höhe anfallen, steht nach dem Ergebnis der im selbständigen Beweisverfahren durchgeführten Beweisaufnahme, die – wie ausgeführt – zwischen den Parteien Bindungswirkung entfaltet, zur Überzeugung des Gerichts fest, denn der Sachverständige hat einen Betrag in entsprechender Höhe ausgeworfen. Die Kammer folgt auch insoweit den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. Kappertz. Soweit die Beklagte den vom Sachverständigen festgestellten Mängelbeseitigungsaufwand nunmehr als überhöht bestreiten lässt, erweist sich ihr Bestreiten vor dem Hintergrund der durchgeführten Beweisaufnahme als unbeachtlich. Ohnehin ist der Einwand verspätet angebracht, denn aus Anlass der mündlichen Gutachtenserläuterung im Beweisverfahren hat die Beklagte diesen Einwand nicht aufgegriffen.
48Dieser Minderungsbetrag ist aber zu ergänzen um den weiteren merkantilen Minderwert, der dem aus den Kosten der Mängelbeseitigung folgenden Minderwert hinzuzuaddieren ist (vgl. Kniffka in: Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Auflage, 6. Teil Rdnr. 149).
49Der Sachverständige Dipl.-Ing. Kappertz hat nämlich im Rahmen seiner – auch diesbezüglich nachvollziehbaren und überzeugenden – gutachterlichen Feststellungen angenommen, dass selbst nach einer Mängelbeseitigung noch ein Minderwert von 30 % - 40 % verbleiben wird. Auf der Grundlage dieser gutachterlichen Feststellungen bemisst die Kammer den merkantilen Minderwert mit 54.000,-- €. Dieser Betrag entspricht 30 % des - wie ausgeführt mit 180.000,-- € zu bemessenden – Tiefgaragengesamtwerts. Ein höherer Minderwert als 30 % lässt sich demgegenüber den gutachterlichen Feststellungen nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, namentlich verbietet sich mangels hinreichend sicherer Feststellbarkeit eines solchen eine über diesen Prozentsatz hinausgehende Schätzung zu Lasten der Beklagten.
50Der Gesamtminderwert für die Tiefgarage beläuft sich hiernach auf 79.500,-- € (25.500,-- € + 54.000,-- €). Weil das Objekt über insgesamt sechs Einheiten verfügt, entfällt auf jede Eigentumseinheit ein Minderungsbetrag von 13.250,-- € (79.500 € : 6).
51Dies ist der Betrag, den der Kläger dem an sich noch geschuldeten Restkaufpreis von 28.000,-- € entgegenhalten kann, so dass zu Gunsten der Beklagten nur noch ein Restkaufpreisanspruch von 14.750,-- € besteht.
52e)
53Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ergibt sich ein höherer Restkaufpreisanspruch nicht im Hinblick auf von dem Kläger beauftragte Sonderwünsche. Die Beklagte ist nicht berechtigt, in die Berechnung ihrer Restkaufpreisforderung, von deren Erfüllung nach den von den Parteien getroffenen vertraglichen Vereinbarungen die Eigentumsumschreibung abhängen soll, eine nicht ausgeglichene Rechnung für Sonderwünsche über 15.886,-- € einfließen zu lassen. Keiner Entscheidung bedarf in diesem Zusammenhang, ob die Parteien - wie der Kläger vortragen lässt - vorprozessual übereingekommen sind, die berechneten Sonderwünsche auszubuchen. Denn in jedem Fall haben die Parteien in § 6 IV c des notariellen Kaufvertrags vereinbart, den Kaufpreis – dessen Bezahlung gemäß § 13 I. 2. Voraussetzung für die Eigentumsumschreibung sein sollte – ohne Berücksichtigung etwa beauftragter Sonderwünsche zu ermitteln.
54Ob die Parteien übereinstimmend von der dort getroffenen Vereinbarung abgerückt sind und sich im Nachhinein einig waren, dass – entgegen der aus Anlass der Beurkundung getroffenen Abrede – Sonderwünsche nicht dem Generalunternehmer, sondern der Beklagten in Auftrag gegeben und mit dieser abgerechnet werden sollten, vermag eine andere rechtliche Bewertung nicht zu begründen. Weil nämlich die zwischen den Parteien getroffene vertragliche Abrede im Hinblick auf § 311 b BGB insgesamt beurkundungsbedürftig ist, unterliegen auch die hierzu getroffenen Nebenabreden der Beurkundungspflicht (Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Auflage, § 311 b Rdnr. 25). Dies bringt mit sich, dass auch eine etwa im Nachhinein getroffene Vereinbarung zu einer Anrechnung von Sonderwünschen auf den Kaufpreis dem Formzwang unterlag; nach der Beurkundung konnte die Nebenabrede nicht mehr wirksam getroffen werden (BGHZ 104, 276 ff. [Rdnr. 32]). Die Heilung einer zwischen den Parteien unter Verletzung zwingender Formvorschriften getroffenen nachträglichen Verrechnungsvereinbarung gemäß § 311 b Abs. 1 S. 2 BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht, weil es insoweit am Erfordernis der Eintragung des Klägers in das Grundbuch fehlt.
55II.
561)
57Auch insoweit der Kläger mit den Klageanträgen zu 2) bis 5) eine Zahlung des Minderungsbetrags an weitere Mitglieder der Eigentümergemeinschaft verlangt, fehlt der Klage nicht – wie die Beklagte meint – die Zulässigkeit. Dass der Kläger mit seinen diesbezüglichen Klageanträgen Rechte Dritter geltend macht, hindert insbesondere seine Prozessführungsbefugnis nicht. Im Falle eines entsprechenden Beschlusses der Eigentümergemeinschaft, der hier mit der Anlage K 8 vorliegt, darf nämlich der einzelne Eigentümer nicht nur – wie ausgeführt – die Durchsetzung gemeinschaftsbezogener Rechte in Höhe seines eigenen Miteigentumsanteils zur Zahlung an sich selbst prozessual verfolgen. Ihm ist darüber hinaus unbenommen, einen auf das Gemeinschaftseigentum bezogenen Minderungsanspruch unmittelbar zur Zahlung an weitere Wohnungseigentümer geltend zu machen. Sein für die Annahme der Prozessführungsbefugnis erforderliches eigenes schützenswertes Interesse ist in diesem Fall schon deshalb zu bejahen, weil das Recht auf Minderung gemäß § 638 Abs. 2 BGB ein unteilbares ist. Wäre vor diesem Hintergrund der einzelne Eigentümer im Hinblick auf § 432 Abs. 1 S. 1 BGB sogar berechtigt, die Zahlung des gesamten Minderungsbetrages an alle Eigentümer zu fordern, kann ihm auch nicht verwehrt werden, den quotal auf die einzelnen Miteigentümer entfallenden Betrag zur unmittelbaren Zahlung an diese zu verlangen (Pastor in: Werner/Pastor, Der Bauprozess 13. Auflage, Rdnr. 489).
582)
59Im zuerkannten Umfang sind die Klageanträge zu 2) bis 5) - nach Teilklagerücknahme im Hinblick auf das zunächst auch namens der Miteigentümerin Knüpper geltend gemachte Minderungsrecht - auch begründet.
60Zur Frage der Anspruchsberechtigung der einzelnen Wohnungseigentümer, dem Vorliegen der Voraussetzungen der Minderung und der Höhe des Minderungsbetrags wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen zu I. 2. a) bis d) Bezug genommen.
61Hiernach kann der Kläger namens und zugunsten der Erwerber Stöckert, Weber und Rohe jeweils einen Betrag von 13.250,-- € beanspruchen. Für die Erwerber von Waldow nimmt der Kläger selbst von dem jenen grundsätzlich zustehenden Minderungsanspruch eine Reduzierung um 4.000,-- € - im Hinblick auf angebliche Gegenansprüche der Beklagten - vor, so dass zu deren Gunsten nur noch ein Anspruch von 9.250,-- € (13.250,-- € ./. 4.000,-- €) verbleibt.
62Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten wegen an die Erwerber von Waldow zu leistender Zahlungen erhobene Verjährungseinrede verfängt nicht.
63Ebenso wie im Hinblick auf die übrigen Miteigentümer war nämlich die nach der Abnahme der Bauleistungen am 06.11.2006 grundsätzlich mit Ablauf des 06.11.2011 endende fünfjährige Verjährungsfrist des § 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB durch die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens zumindest in der Zeit vom 25.02.2009 bis zum 08.08.2011 gehemmt, §§ 204 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2, 209 BGB. Unter Berücksichtigung dieser mehr als zweijährigen Hemmung ist die Zustellung der Klageerweiterung vom 11.06.2012 am 18.06.2012 rechtzeitig erfolgt. Der Umstand, dass Antragstellerin des selbständigen Beweisverfahrens nicht die Erwerber von Waldow selbst waren, sondern der Antrag von der „Erwerbergemeinschaft Morsdorfer Hof“, der die Erwerber von Waldow im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung noch nicht angehörten, gestellt worden ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Regelmäßig sind nämlich – wie ausgeführt – einzelne Wohnungseigentümer berechtigt, im Wege gewillkürter Prozessstandschaft für die Eigentümergemeinschaft als Ganzes, mithin für sämtliche Eigentümer, zu handeln. Der in berechtigter Prozesstandschaft durch die Erwerbergemeinschaft gestellte Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens unterbricht indes für alle Eigentümer die Verjährung der Gewährleistungsansprüche (BGH NJW 2003, 3196 f. [Rdnr. 12]), mithin auch für die Erwerber von Waldow.
643)
65Die mit den Klageanträgen zu 2) bis 5) geltend gemachten Zinsforderungen sind gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB als Rechtshängigkeitszins gerechtfertigt.
66III.
67Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, 101, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO und berücksichtigt das wechselseitige Unterliegen ebenso wie die Teilklagerücknahme. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.
68Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:
69bis 11.06.2012: 65.000 €
70ab 12.06.2012: 97.500,-- €
71ab 20.08.2012: 77.250,-- €
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