Urteil vom Landgericht Köln - 26 O 257/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T A T B E S T A N D :
2Der Kläger verlangt verzinsliche Rückzahlung der Beiträge, die er auf eine bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Wirkung zum 1.12.2004 abgeschlossene Lebensversicherung (Versicherungsschein Bl. 31 ff d.A.) geleistet hat.
3Der Versicherungsschein vom 6.12.2004 enthält folgende, in Fettdruck gehaltene Widerspruchsbelehrung:
4Widerspruchsbelehrung
5Der Versicherungsnehmer hat das Recht, dem Versicherungsvertrag bis zum Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der übrigen Verbraucherinformationen zu widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Widerspruchserklärung in Textform an die C Lebensversicherung AG.
6Insgesamt wurden in der Zeit vom 1.12.2004 bis 1.3.2012 Beiträge in Höhe von 8.992,56 € (so der Kläger in der Klageschrift) oder von 8.926,74 € (so die Beklagte in der Klageerwiderung) entrichtet, wobei diese sich im Laufe der Zeit angesichts der vereinbarten Dynamik erhöhten. Der Kläger erhielt zahlreiche Standmitteilungen. Unter dem 5.7.2012 trat er sämtliche Ansprüche aus der Lebensversicherung an die P AG ab (Bl.134 ff d.A.).
7Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.2.2013 (Bl. 39 f d.A.) erklärte der Kläger den Widerspruch des Versicherungsvertrages gemäß § 5a VVG a.F., was die Beklagte mit Schreiben vom 26.3.2013 (Bl. 137 d.A.) zurückwies. Der Kläger erklärte daraufhin mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 5.4.2013 hilfsweise die Kündigung und sandte den Original-Versicherungsschein zurück. Die Beklagte bestätigte unter dem 23.4.2013 (Bl. 33 f d.A.) und rechnete den Betrag (mit einem Fondsguthaben von 6.707,48 € abzüglich Stornoabschlag 335,37 € und Steuern sowie zuzüglich eines Beitragsguthabens) mit einem Auszahlungsbetrag in Höhe von 6.291,04 € ab; dieser wurde dem Kläger überwiesen.
8Der Kläger trägt vor, er habe beim besten Willen nach Jahren keine Erinnerung mehr daran, ob er die Unterlagen des § 5a VVG 2001 vollständig erhalten habe, und bestreiten dieses daher mit Nichtwissen.
9Die im Versicherungsschein enthaltene Widerrufsbelehrung genüge nicht den Anforderungen der Rechtsprechung, da sie drucktechnisch nicht ausreichend hervorgehoben sei. Sie sei nicht „eindeutig formuliert“ und „verständlich“ abgefasst, ohne dass juristische Fachbegriffe erläutert seien. Es fehle an einer Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerspruchs und an einer Aufklärung, dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen erfolgen könne. Es sei darin nicht über die Jahresfrist des § 5a Abs.2 Satz 4 VVG a.F. aufgeklärt worden. Die Belehrung über den Fristbeginn sei unzureichend. Der Begriff der „Textform“ sei nicht erläutert worden. Schließlich seien unterschiedliche und damit verwirrende Belehrung in Antrag und Police enthalten.
10Der Kläger ist unter näherer Darlegung ferner der Ansicht, der Versicherungsvertrag sei wegen Verstoßes der Vorschrift des § 5a VVG gegen europarechtliche Vorgaben nicht wirksam zustande gekommen bzw. widerrufen worden.
11Schließlich stützt der Kläger den Rückabwicklungsanspruch auf einen Schadensersatzanspruch aus c.i.c. wegen Verstosses gegen die Beratungspflichten, weil der Kläger nicht über Vertriebsprovisionen, die sog. „Kick-Backs“, aufgeklärt worden sei.
12Hilfsweise habe er im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit von Klauseln zur Berechnung der Abschlusskosten nach dem Zillmerungsverfahren und zum Stornoabzug Anspruch auf einen angemessenen Rückkaufswert sowie auf Auskunft, hilfsweise auf Mitteilung der Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals.
13Der Kläger beantragt die Beklagte zu verurteilen
141. an die klägerische Partei einen Betrag in Höhe von 5.208,06 € zu bezahlen, zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
152. an die klägerische Partei außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 426,02 € zu bezahlen, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
163. die klägerische Partei von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 482,66 € freizustellen, die die Rechtsanwaltskanzlei F, T-Straße, ##### D gegenüber der klägerischen Partei hat, die aufgrund der außergerichtlichen Rechtsanwaltstätigkeit in Bezug auf die streitgegenständlichen Forderungen entstanden sind,
17hilfsweise
184. der klägerischen Partei Auskunft über den zum Zeitpunkt der Kündigung bestehenden Rückkaufswert ohne Abzug von Stornokosten und Verrechnung von Abschlusskosten zum Vertrag mit der Versicherungsnummer #####/#### zu erteilen,
19hilfsweise dem Kläger zum Vertrag mit der Versicherungsnummer #####/#### Auskunft zu erteilen über die Hälfte des mit dem Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals,
205. an die klägerische Partei einen weitergehenden Rückkaufswert in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe (Mindestrückkaufswert) zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit [zu zahlen].
21und regt eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur Vereinbarkeit der Regelungen des § 5a VVG a.F. mit europäischem Recht an.
22Die Beklagte beantragt
23die Klage abzuweisen.
24Sie hält die geltend gemachten Ansprüche des Klägers zunächst für verwirkt. Ein etwaiges Widerspruchsrecht des Klägers sei aber ohnehin in jedem Fall verfristet, da der Kläger im Rahmen des Versicherungsscheines ordnungsgemäß belehrt worden sei und im sämtliche erforderlichen Unterlagen übersandt worden seien; das Bestreiten des Zugangs dieser Unterlagen mit Nichtwissen sei unzulässig.
25An der Europarechtskonformität des Policenmodells insgesamt bestünden keine Bedenken. Auf eine etwaige Europarechtswidrigkeit von § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. komme es nicht an, eine Auslegung contra-legem komme nicht in Betracht.
26Die sog. „Kick-Back-Rechtsprechung“ finde auf Versicherungsverträge keine Anwendung.
27Bezüglich der Hilfsanträge sei auf die höchstrichterlich geklärten Rechtsfolgen der Unwirksamkeit der Bedingungen zu Rückkaufswert und Stornoabzug abzustellen, nach der allein der sog. Mindestrückkaufswert (= hälftiges ungezillmertes Fondsguthaben im Kündigungszeitpunkt) auszuzahlen sei. Dieser habe sich zum Kündigungstermin auf 4.013,49 € belaufen, während dem Kläger demgegenüber – unstreitig – sogar 6.707,48 € ausgezahlt worden seien.
28Der von der Beklagten zunächst einbehaltene Stornoabzug von 335,37 € nebst Zinsen in Höhe von 19,- € ist dem Kläger während des Rechtsstreits überwiesen worden.
29Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
30E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
31Die Klage ist nicht begründet.
32Bereicherungsansprüche gemäß § 812 BGB bestehen nicht. Die Beklagte hätte die von dem Kläger entrichteten Versicherungsbeiträge nur dann ohne rechtlichen Grund erlangt, wenn zwischen den Parteien kein Versicherungsvertrag zustande gekommen wäre. Dies wäre wiederum dann zu bejahen, wenn der mit anwaltlichem Schreiben vom 21.2.2013 erklärte Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. wirksam wäre.
33Vorliegend ist der erklärte Widerspruch jedoch jedenfalls zu spät erfolgt und mithin unwirksam:
34a) Nach § 5a VVG a.F. gilt für den Fall, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a VAG unterlassen hat, der Vertrag auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen als geschlossen, wenn der Versicherungsnehmer nicht binnen bestimmter Frist widerspricht (sog. Policenmodell).
35Gemäß § 5a Absatz 1 und 2 VVG in der Fassung vom 13.7.2001 (gültig vom 1.8.2001 bis 7.12.2004) betrug die Widerspruchsfrist bezogen auf den Versicherungsschein vom 6.12.2004 14 Tage. Der Lauf dieser Frist beginnt gem. § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. erst, wenn dem Versicherungsnehmer der Versicherungsschein und die Unterlagen nach Absatz 1, nämlich die Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformation nach § 10a VAG a.F. vollständig vorliegen und der Versicherungsnehmer bei Aushändigung des Versicherungsscheins schriftlich, in drucktechnisch deutlicher Form über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn und die Dauer belehrt worden ist.
36An dem Vorliegen einer solchen ordnungsgemäßen Belehrung über das Widerspruchsrecht bestehen hier indes keine Zweifel. Zur Überzeugung der Kammer ist die im Versicherungsschein enthaltene, maßgeblich Widerspruchsbelehrung formal und inhaltlich nicht zu beanstanden:
37- Sie ist durch Fettdruck in drucktechnisch deutlicher Form erfolgt, die sich auch durch die unterstrichene Überschrift in einer nicht zu übersehenden Weise aus dem übrigen Text hervorhebt (vgl. OLG Köln, 20 U 202/11, Urteil vom 2.3.2012; zur Hervorhebung durch Einrücken und Kursivdruck; OLG Köln, 20 U 141/12, Urteil vom 12.10.2012 zur Hervorhebung durch Fettdruck).
38- Die Belehrung über Beginn und Dauer der Frist ist ordnungsgemäß erfolgt. Dazu gehört (neben dem unverzichtbaren Hinweis darauf, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genügt) die Benennung des Ereignisses, das die Frist in Gang setzt ("nach Zugang“ der Unterlagen). Das konkrete Datum des Fristbeginns muss dabei ebenso wenig mitgeteilt werden wie die Grundsätze der Fristberechnung ( vgl. BGH NJW 2010, 3503; OLG Köln aaO.).
39- Schließlich muss sich die Belehrung auch nicht darauf erstrecken, dass der Widerspruch ohne Angabe von Gründen erfolgen kann. Im Gegensatz etwa zu § 360 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB wird die von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht verlangt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12.10.2012, 20 U 79/12; OLG München, Urteil vom 25.9.2012, 25 U 1828/12, bei juris).
40- Die Belehrung muss auch nicht auf die Rechtsfolgen eines Widerspruchs hinweisen; auch dies wird in § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. nicht gefordert (OLG Köln vom 3.2.2012 – 20 U 133/11).
41- Im Rahmen der Belehrung sind auch keine Ausführungen zu § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. erforderlich, da § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. lediglich die Rechtsfolgen für den Fall, dass eine ordnungsgemäße Belehrung gerade nicht erfolgt ist, regelt (OLG Naumburg vom 1.8.2013 – 4 U 74/12).
42- Fachbegriffe, die einer weiteren Erläuterung bedürften, sind nicht enthalten.
43Damit begann die Frist ab Erhalt des Versicherungsscheins vom 6.12.2004 zu laufen; der Widerspruch vom 21.2.2013 konnte die Frist deshalb ersichtlich nicht mehr wahren und die ordnungsgemäß in Lauf gesetzte Widerspruchsfrist nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG aF ist verstrichen.
44Soweit der Kläger pauschal den Erhalt der Versicherungsunterlagen mit Nichtwissen bestreitet, ist dies unzulässig (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 23.9.2011, 20 U 90/11, Urteil vom 8.3.2013, 20 U 178/12; OLG Hamm, Beschluss vom 31.8.2011, 20 U 81/11), zumal er den Originalversicherungsschein unstreitig erhalten hat.
45b) Europarechtliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 5a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. und das sog. Policenmodell insgesamt bestehen nach der einhelligen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte nicht (vgl. etwa OLG Köln, VersR 2011, 245 ff und 248 ff.; OLG Hamm, VersR 2012, 745; zuletzt OLG Stuttgart, VersR 2012, 1373; OLG München, VersR 2012, 1545; OLG München vom 20.6.2013 – 14 U 103/13), und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Generalanwältin R in ihren Schlussanträgen vom 11.7.2013 in der Rechtsache C 209/12, die sich inhaltlich über die eigentliche Vorlagefrage hinausgehend auch mit dem Policenmodell an sich beschäftigt (s. hierzu OLG Köln, Urteil vom 6.12.2013 – 20 U 50/13 – mit ausführlicher Begründung). Eine Vorlage dieser Frage an den EuGH ist nicht geboten, da offenkundig ist, dass das Policenmodell mit europäischem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist (OLG Stuttgart, VersR 2012, 1373; OLG Köln, BeckRS 2013, 01056). Auf die dortigen Argumentationen wird verwiesen.
46c) Auch die maximale Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. ist 1 Jahr nach Zahlung der ersten Prämie verstrichen.
47Darüber hinaus würde selbst die Annahme einer Europarechtswidrigkeit von § 5a VVG a.F. nichts daran ändern, dass die Normen im Streitfall anzuwenden wären; eine Nichtanwendung auf der Grundlage einer teleologischen Reduktion würde als Contra-legem-Judizieren die Grenzen einer richtlinienkonformen Rechtsfortbildung überschreiten (OLG München, VersR 2013, 1025 mit ausführlicher Begründung; ausdrücklich auch vor dem Hintergrund der Schlussanträge der Generalanwältin vom 11.7.2013 aufrecht erhalten durch Urteil vom 10.10.2013 – 14 U 1804/13, bei juris).
48Letztlich steht einem Anspruch des Klägers unter den konkreten Umständen des Falles die Verwirkung eines Widerspruchsrechts (§ 242 BGB) entgegen:
49Der Vertrag ist beanstandungslos von Dezember 2004 bis Februar 2013 geführt worden. In dieser Zeit hat der Kläger Standmitteilungen erhalten und Ansprüche aus der Versicherung sicherungshalber abgetreten. Sodann ist der Widerspruch erst am 21.2.2013 erklärt worden.
50Ein Recht ist dann verwirkt, wenn der Berechtigte es über einen längeren Zeitraum hindurch nicht geltend gemacht hat, der Verpflichtete sich hierauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, weil er nach dem Verhalten des Berechtigten annehmen konnte, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen werde (vgl. etwa BGHZ 84, 280, 281; BGH NJW 2008, 2254; Palandt-Grüneberg, 71. Aufl. § 242 Rn. 87). Sinn und Zweck des zeitlich befristeten Widerspruchsrechts nach § 5a VVG a.F. war es, dem Versicherungsnehmer eine Überlegungsfrist einzuräumen und es ihm zu ermöglichen, sich von einem ggfls. übereilt getroffenen Entschluss, sich vertraglich gegenüber einem Versicherer zu binden, ohne Angabe von Gründen wieder lösen zu können. Indem der Kläger hier aber nach Vertragsbeginn über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg die vereinbarten Prämien gezahlt, Standmitteilungen entgegengenommen und die Ansprüche aus dem Vertrag sicherungshalber an eine Bank abgetreten hat, hat er zu erkennen gegeben, dass er an dem Vertrag festhalten will. Darauf konnte und durfte sich die Beklagte einrichten.
51Daher sind bei einem mehr als 10 Jahre durchgeführten Lebensversicherungsvertrag Ansprüche auf Rückzahlung der geleisteten Beiträge regelmäßig verwirkt (OLG Köln, Urteile vom 21.10.2011, 20 U 91/11 und 96/11; Urteil vom 13.1.2012, 20 U 108/11). Dies gilt zur Überzeugung der Kammer auch für die vorliegende Zeitdauer.
52Auch unter weiteren Billigkeitserwägungen ist von einem treuwidrigen Verhalten des Klägers auszugehen. Wollte man nämlich dem Versicherungsnehmer bei einer unterbliebenen oder unrichtigen Widerspruchsbelehrung eine zeitlich unbegrenzte Widerspruchsmöglichkeit zugestehen, könnte der Versicherungsnehmer quasi kostenlosen Versicherungsschutz (wie hier in der Lebensversicherung) in Anspruch nehmen. Wenn der Versicherungsfall während der Vertragslaufzeit eintritt, kann er die Leistungen des Versicherers in Anspruch nehmen. Könnte er aber, wenn der Versicherungsfall demgegenüber nicht eintritt, nach der Vertragsbeendigung noch widersprechen und den Vertrag rückabwickeln, würde dies zu einer unvertretbaren Schlechterstellung des Versicherers und zu einem massiven Ungleichgewicht der beiderseitigen Leistungspflichten führen (so auch OLG Celle, aaO). Überdies widerspricht dies eklatant dem Gedanken einer Risikoversicherung und dem Funktionieren der Versichertengemeinschaft (vgl. OLG Celle, Urteil vom 9.2.2012, 8 U 191/11, zit. nach Juris).
53Eine Beratungspflichtverletzung ergibt sich nicht aus dem behaupteten Versäumnis, nicht auf sogenannte „Kick-Backs“ hingewiesen worden zu sein. Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGHZ 170, 226; BGH NJW 2009, 2298), die im Zusammenhang mit Anlageberatungsverträgen zwischen Banken und Anlageinteressenten entwickelt wurde, ist auf die vorliegende Problematik des Abschlusses einer fondsgebundenen Lebensversicherung nicht anwendbar. Auf die der ständigen Rechtsprechung der Kammer und der Oberlandesgerichte entsprechenden Entscheidungen (OLG Köln, VersR 2011, 248 ff; Urteil vom 25.11.2011, 20 U 126/11 bei juris; Urteil vom 3.2.2012, 20 U 140/11 bei juris; OLG Stuttgart, r+s 2011, 218, OLG Hamm, Beschluss vom 31.8.2011, 20 U 81/11 bei Juris) wird zur Meidung von Wiederholungen verwiesen; mit Urteil vom 29.11.2011 hat der BGH selbst klargestellt, dass diese Rechtsprechung zu den Aufklärungspflichten über Innenprovisionen und vereinnahmte Rückvergütungen nur in Fällen einer Kapitalanlageberatung durch die Bank gilt (BGH ZIP 2012, 67, Rz 39).
54Da ein Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Beiträge nicht besteht, scheidet auch ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten aus.
55Schließlich sind auch die geltend gemachten Hilfsansprüche nicht begründet. Auskunft über den Mindestrückkaufswert von 4.013,49 € und die Stornokosten hat die Beklagte erteilt. Mit der erfolgten Auszahlung hat die Beklagte mehr als diesen Mindestrückkaufswert an den Kläger ausgekehrt und auch den vorgenommenen Stornoabschlag erstattet. Über den Mindestrückkaufswert hinausgehende Ansprüche ergeben sich aus der Rechtsprechung des BGH zu den Rechtsfolgen unwirksamer Klauseln zum Rückkaufswert und zu Stornokosten nicht.
56Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 I, 708 Nr.11, 711 ZPO.
57Streitwert: 5.208,06 €
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