Urteil vom Landgericht Krefeld - 3 O 315/14
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Der Kläger nimmt den Beklagten auf Ersatz des ihm im Zusammenhang mit dem Abschluss eines schwebend unwirksamen Grundstückskaufvertrages angeblich entstandenen Schadens in Anspruch.
3Unter dem 07.10.2013 schlossen der Kläger und der Beklagte, vertreten durch seine damalige Betreuerin H L, einen notariell beurkundeten Vertrag (Bl. 19-34 d. GA) über den Erwerb von Wohnungseigentum in dem Objekt Bstraße 0 in Kaarst. H L war unter dem 12.07.2012 zur Betreuerin des Beklagten bestellt worden. Die Betreuung umfasste die Aufgabenkreise (vgl. Bl. 35 d. GA):
4„- alle Vermögensangelegenheiten
5- Behörden- und Heimangelegenheiten
6- Gesundheitsfürsorge
7- Postangelegenheiten (§ 1896 IV BGB)
8- Wohnungsangelegenheiten
9- Aufenthaltsbestimmung.“.
10Der Kaufvertrag unterlag dem Genehmigungsvorbehalt durch das Betreuungsgericht beim Amtsgericht Neuss und war zunächst schwebend unwirksam. In dem notariell beurkundeten Vertrag vom 07.10.2013 heißt es unter § 8 Nr. 1 und § 9 insoweit wörtlich (Bl. 29 ff. d. GA):
11„§ 8 Vertragsabwicklung und sonstige Vereinbarungen
121. Der Notar machte auf den weiteren Gang des Verfahrens bis zur Umschreibung im Grundbuch aufmerksam.
13Er wies insbesondere auf das Erfordernis der betreuungsgerichtlichen Genehmigung hin.
14(…)
15§ 9 Betreuungsgerichtliche Genehmigung
161. Alle Beteiligten beauftragen und bevollmächtigen den beurkundenden Notar bzw. seinen Vertreter oder Nachfolger im Amt:
17a) unter Übersendung einer Ausfertigung dieser Niederschrift die betreuungsgerichtliche Genehmigung zu beantragen;
18b) die betreuungsgerichtliche Genehmigung samt Rechtskraftzeugnis für die Betreuerin entgegenzunehmen;
19c) diese sodann dem anderen Vertragsteil mitzuteilen und die Mitteilung hierüber in Empfang zu nehmen.“.
20Mit Schreiben vom 10.10.2013 (Bl. 85 d. GA) bat der Notar E. X das Amtsgericht Neuss - Betreuungsgericht - um Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung. Mit Schreiben vom 14.10.2013 (Bl. 86 d. GA) teilte das Betreuungsgericht dem Notar wörtlich mit:
21„Für den Betroffenen wurde in dem Verfahren über die Immobilienveräußerung heute ein Verfahrenspfleger bestellt.
22Weiter wird darauf hingewiesen, dass über die Erteilung einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung erst entschieden werden kann, wenn
231. Die Betreuerin das vollständige Verzeichnis über das Vermögen des Betroffenen vorgelegt hat, wozu sie bereits mehrmals erfolglos aufgefordert wurde,
242. Die Angemessenheit des Kaufpreises durch entsprechendes Wertgutachten nachgewiesen wurde,
253. Der Verfahrenspfleger seine Zustimmung erklärt hat.“.
26In einem Schreiben des Betreuungsgerichts an den Notar vom 21.01.2014 heißt es wörtlich (Bl. 36 d. GA):
27„Sehr geehrter Herr X,
28in dem Betreuungsverfahren
29für Herrn N w M, geboren am 28.09.1936,
30wird zu Ihrem Schreiben vom 20.01.2014 mitgeteilt, dass die Betreuerin auf gerichtliche Schreiben nicht reagiert.
31Es wurde gegen Sie bereits ein weiteres Zwangsgeld festgesetzt.“
32Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.02.2014 (Bl. 37 f. d. GA), der Betreuerin am 14.02.2014 zugestellt, forderte der Kläger die damalige Betreuerin auf mitzuteilen, ob die Genehmigung des Kaufvertrages durch das Betreuungsgericht zwischenzeitlich erfolgt sei. In dem Schreiben heißt es weiter wörtlich (Bl. 38 d. GA):
33„Bereits jetzt weise ich daraufhin, dass, sofern mir nicht innerhalb der gesetzlichen Frist die ausdrückliche Bestätigung über das Vorliegen der Genehmigung zu geht, mein Mandant sich nicht mehr an den Vertrag gebunden sieht und vom Kauf Abstand nimmt, ohne dass weitere Schreiben folgen.“
34Hierauf reagierte die damalige Betreuerin nicht.
35Die mit dem Abschluss des notariell beurkundeten Vertrags und der Grundschuldbestellung für den Kläger verbundenen Notarkosten belaufen sich auf € 1.524,63. Wegen der Auflösung eines mit der Ja geschlossenen Darlehensvertrages entstanden dem Kläger Kosten in Höhe von € 6.239,32. Zudem wurden dem Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 2.743,43 in Rechnung gestellt. Die vorgenannten Positionen bilden die Klageforderung.
36Mit Schreiben vom 15.04.2014 (Bl. 69 d. GA) teilte das Amtsgericht Neuss dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass die Zustimmungserklärung des Verfahrenspflegers zu der Immobilienveräußerung mittlerweile vorliege,
37„so dass die notarielle Urkunde vom 07.10.2013 (UR-Nr.: 0000/0000 vor Notar E. X in E) betreuungsgerichtlich genehmigt werden könnte.“.
38Mit Wirkung zum 16.06.2014 wurde T U zum Betreuer des Beklagten bestellt.
39Der Kläger ist der Auffassung, der mit dem Beklagten geschlossene Kaufvertrag sei endgültig unwirksam. Der Beklagte müsse sich die Untätigkeit seiner damaligen Betreuerin zurechnen lassen, die die Unterlagen ohne Grund zunächst nicht eingereicht habe. Jedenfalls seien die Regeln der culpa in contrahendo hier anwendbar. Auch habe die Betreuerin mit ihrem Verhalten gegen Treu und Glauben verstoßen. Der Beklagte habe sich mit seiner vertraglichen Verpflichtung, dem Betreuungsgericht die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, damit es über die Genehmigung des Vertrages entscheiden könne, eindeutig in Verzug befunden, so dass die Rechtsanwaltskosten genauso wie die übrigen Schadenspositionen ihm selbstverständlich vom Beklagten zu ersetzen seien.
40Der Kläger hat ursprünglich beantragt,
41den Beklagten zu verurteilen,
421. an ihn einen Betrag in Höhe von € 4.890,90 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2014 zu zahlen,
432. an ihn einen Betrag in Höhe von € 1.524,63 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2014 zu zahlen,
443. an ihn einen Betrag in Höhe von € 6.239,32 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2014 zu zahlen,
454. an ihn einen Betrag in Höhe von € 2.743,43 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2014 zu zahlen.
46Mit am 21.04.2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz gleichen Datums hat der Kläger den Klageantrag zu 1) zurückgenommen. Der Beklagte hat der teilweisen Klagerücknahme zugestimmt.
47Nunmehr beantragt der Kläger,
48den Beklagten zu verurteilen,
491. an ihn einen Betrag in Höhe von € 1.524,63 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2014 zu zahlen,
502. an ihn einen Betrag in Höhe von € 6.239,32 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2014 zu zahlen,
513. an ihn einen Betrag in Höhe von € 2.743,43 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2014 zu zahlen.
52Der Beklagte beantragt,
53die Klage abzuweisen.
54Der Beklagte ist der Auffassung, die vom Kläger im Zusammenhang mit dem Abschluss des notariell beurkundeten Kaufvertrages getätigten Aufwendungen seien allein seiner Risikosphäre zuzuordnen.
55Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll sowie den sonstigen Inhalt der Akte verwiesen.
56Entscheidungsgründe
57Die zulässige Klage ist unbegründet.
58Der Kläger kann den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere nicht auf der Grundlage von § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, 242 BGB auf Ersatz der mit den Klageanträgen geltend gemachten Schäden in Anspruch nehmen.
591. Zwar ist dem Kläger darin beizupflichten, dass der zwischen ihm und dem Beklagten am 07.10.2013 geschlossene, notariell beurkundete Kaufvertrag über den Erwerb des im Vertrag bezeichneten Wohnungseigentums endgültig unwirksam ist. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus §§ 1829 Abs. 2, 1908i Abs. 1 S. 1 BGB.
60Gemäß §§ 1829 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1908i Abs. 1 S. 1 BGB ist ein Vertrag, der - wie der hier streitgegenständliche notariell beurkundete Kaufvertrag - der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf, unwirksam, wenn der Vertragspartner - hier der Kläger - den Betreuer zur Mitteilung darüber auffordert, ob die Genehmigung erteilt sei, und die Genehmigung nicht binnen einer Frist von vier Wochen mitgeteilt wird. Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn die Aufforderung zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem die Genehmigung noch nicht erteilt ist, ja sogar, wenn sie gleich nach Vertragsschluss erfolgt. Auf die Gründe, warum die Mitteilung innerhalb der Vierwochenfrist nicht erteilt wurde, kommt es nicht an (Wagenitz in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 1829 BGB Rdnr. 26).
61Mit anwaltlichem Schreiben vom 11.02.2014 (Bl. 37 f. d. GA), der damaligen Betreuerin des Beklagten unstreitig am 14.02.2014 zugestellt (vgl. Bl. 39 d. GA), forderte der Kläger sie auf mitzuteilen, ob die Genehmigung des Kaufvertrages durch das Betreuungsgericht zwischenzeitlich erfolgt sei. In dem Schreiben heißt es weiter wörtlich (Bl. 38 d. GA):
62„Bereits jetzt weise ich daraufhin, dass, sofern mir nicht innerhalb der gesetzliche Frist die ausdrückliche Bestätigung über das Vorliegen der Genehmigung zu geht, mein Mandant sich nicht mehr an den Vertrag gebunden sieht und vom Kauf Abstand nimmt, ohne dass weitere Schreiben folgen.“
63Der Inhalt des anwaltlichen Schreibens entspricht den an ein Aufforderungsschreiben im Sinne von § 1829 Abs. 2 BGB zu stellenden Anforderungen. Denn der Kläger hat zum Ausdruck bringen lassen, dass das Ausbleiben einer Antwort Folgen für seine vertragliche Bindung haben soll (vgl. zu diesem Erfordernis Wagenitz in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 1829 BGB Rdnr. 28).
64Unstreitig hat die damalige Betreuerin - und allein auf ihre Mitteilung käme es an (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 21.06.2013, Az. 316 O 122/12, zitiert nach juris Rdnr. 16) - auf das anwaltliche Aufforderungsschreiben überhaupt nicht, insbesondere nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von vier Wochen reagiert.
652. Entgegen der von ihm vertretenen Auffassung vermag der Kläger aus der - letztlich von ihm persönlich herbeigeführten - Unwirksamkeit des Kaufvertrages indes keine Schadenersatzansprüche gegenüber dem Beklagten herzuleiten.
66Zwar sind im Normalfall eines genehmigungsbedürftigen Vertrages unter dem Gesichtspunkt einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss beide Vertragspartner verpflichtet, das Ihrige zur Herbeiführung der Genehmigung zu tun; bei Verletzung dieser Pflicht haften sie auf Schadenersatz (BGHZ 14, 1, 2; 18, 248, 252). Auch muss sich der Betreute – hier der Kläger – ein fehlerhaftes Verhalten seiner damaligen Betreuerin nach § 278 BGB zurechnen lassen, soweit sie ihn innerhalb des ihr übertragenen Aufgabenkreises und kraft des gesetzlich geregelten Vertretungsrechts vertritt (vgl. hierzu Grüneberg in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 278 BGB Rdnr. 5; OLG Koblenz, Beschluss vom 20.01.2012, Az. 3 W 40/12, zitiert nach juris Rdnr. 9; OLG Hamm, Beschluss vom 15.05.2014, Az. 6 UF 125/13, zitiert nach juris Rdnr. 28).
67a) Doch hat es der Kläger trotz gerichtlichen Hinweises und ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage im Termin zur mündlichen Verhandlung (vgl. Bl. 106 f. d. GA) versäumt, schlüssig darzulegen, dass der Beklagte bzw. ihm zurechenbar seine damalige Betreuerin die Pflicht zur Mitwirkung an der Herbeiführung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung schuldhaft verletzt hat und die Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung an diesem schuldhaften Verhalten gescheitert ist.
68Der Kläger beschränkt sich insoweit auf den unsubstantiierten und redundanten Vortrag, der Beklagte bzw. seine Betreuerin habe sich „auf mehrfache Nachfrage des Betreuungsgerichts einfach nicht bis mindestens März 2014 beim Betreuungsgericht“ gemeldet (vgl. Bl. 11 d. GA), der Beklagte bzw. seine damalige Betreuerin hätten es unterlassen, „die notwendigen Unterlagen für eine entsprechende Genehmigung des Kaufvertrages bei dem zuständigen Betreuungsgericht einzureichen“ (vgl. Bl. 12 und 113 d. GA), seien untätig gewesen (vgl. Bl. 16 d. GA), die notwendigen Unterlagen beim Betreuungsgericht seien durch den Beklagten nicht eingereicht worden (vgl. Bl. 16 d. GA) bzw. die erforderlichen Auskünfte seien nicht erteilt worden (vgl. Bl. 115 d. GA). Ergänzend hat der Kläger vortragen lassen, wie sich aus den Unterlagen eindeutig ergebe, seien zum damaligen Zeitpunkt die notwendigen Unterlagen dem Rechtspfleger - gemeint sein dürfte der Verfahrenspfleger - nicht vorgelegt worden; hätte er die Unterlagen gehabt, hätte er die Genehmigung bereits zum damaligen Zeitpunkt spätestens aussprechen können (vgl. Bl. 94 d. GA).
69Entgegen der vom Kläger offensichtlich vertretenen Auffassung, ergibt sich aus den dem Gericht zur Kenntnis gebrachten Unterlagen indes nicht, dass die betreuungsgerichtliche Genehmigung am „“Nichthandeln“ des Beklagten respektive seiner Betreuerin“ gescheitert ist.
70Wie dem Schreiben des Amtsgerichts Neuss vom 15.04.2014 (Bl. 69 d. GA) zu entnehmen ist, lag die Zustimmung des Verfahrenspflegers zu der Immobilienveräußerung zu diesem Zeitpunkt, also im April 2014, vor, so dass die streitgegenständliche notarielle Urkunde vom 07.10.2013 betreuungsgerichtlich hätte genehmigt werden können, wenn nicht der Kläger – wie vorstehend dargelegt – zu diesem Zeitpunkt bereits die endgültige Unwirksamkeit des Vertrages gemäß §§ 1829 Abs. 2, 1908i Abs. 1 S. 1 BGB herbeigeführt hätte. Die angebliche, nicht näher präzisierte Untätigkeit des Beklagten bzw. seiner damaligen Betreuerin hat die Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung demgemäß allenfalls verzögert. Entbehrlich wurde sie erst durch das auf §§ 1829 Abs. 2, 1908i Abs. 1 S. 1 BGB basierende Handeln des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten.
71Auch lässt sich anhand der dem Gericht zur Kenntnis gebrachten Unterlagen nicht feststellen, dass eine vorzeitige bzw. rechtzeitige Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung an der Untätigkeit des Beklagten bzw. seiner damaligen Betreuerin gescheitert ist.
72Das Betreuungsgericht hat mit Schreiben vom 14.10.2013 (Bl. 86 d. GA) darauf hingewiesen, dass über die Erteilung einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung erst entschieden werden könne, wenn
73„1. Die Betreuerin das vollständige Verzeichnis über das Vermögen des Betroffenen vorgelegt hat, wozu sie bereits mehrmals erfolglos aufgefordert wurde,
742. Die Angemessenheit des Kaufpreises durch entsprechendes Wertgutachten nachgewiesen wurde,
753. Der Verfahrenspfleger seine Zustimmung erklärt hat.“.
76Dass die beiden, vom Handeln der Betreuerin unabhängigen Voraussetzungen ohne die nicht näher präzisierte Untätigkeit des Beklagten bzw. seiner damaligen Betreuerin bereits erfüllt waren, als der Kläger die Betreuerin mit Schreiben vom 11.02.2014 (Bl. 37 f. d. GA) zur Mitteilung der Vorlage der betreuungsgerichtlichen Genehmigung aufgefordert hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr verdeutlicht das bereits in Bezug genommene Schreiben des Amtsgerichts Neuss vom 15.04.2014 (Bl. 60 d. GA), dass das Fehlen der Zustimmung des Verfahrenspflegers eine früherer Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung gehindert hat, wodurch auch immer das Fehlen der Zustimmung verursacht worden sein mag.
77b) Ungeachtet dessen stehen in diesem Sonderfall der Erforderlichkeit einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung grundsätzliche, auf § 1829 BGB basierende Erwägungen einer Inanspruchnahme des Beklagten auf Ersatz des dem Kläger entstandenen Schadens entgegen.
78Der Kläger begehrt mit seiner Klage insbesondere den Ersatz der mit dem Notarvertrag und der Bestellung einer Grundschuld verbundenen Notarkosten sowie der ihm im Zusammenhang mit der Auflösung eines angeblich im Hinblick auf den Immobilienerwerb geschlossenen Darlehensvertrages entstandenen Kosten. Hierbei handelt es sich um Aufwendungen bzw. Kosten, die dem Kläger aufgrund seines Vertrauens in die spätere Wirksamkeit des Vertrages entstanden sind, mithin um Vertrauensschäden. In eben diesem Vertrauen ist der Kläger indes nicht schutzwürdig. Der Kläger ist durch Abschluss eines Vertrages mit dem unter Betreuung stehenden Kläger sehenden Auges ein schwebend unwirksames Rechtsgeschäft eingegangen, auf dessen Wirksamkeit er vor Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung nicht vertrauen konnte und durfte.
79Denn zum einen berechtigt und verpflichtet das Gesetz den Betreuer als gesetzlichen Vertreter dann, wenn er bei einem genehmigungspflichtigen Vertrag Interessen des Betreuten für gefährdet erachtet, den Antrag auf Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung zu unterlassen oder nach Antragstellung und vor der Entscheidung des Betreuungsgerichts seine Bedenken mitzuteilen oder sogar nach Erteilung der Genehmigung von deren Mitteilung an den Vertragspartner abzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 22.05.1970, Az. V ZR 130/67, zitiert nach juris Rdnr. 11). Dem Betreuer wird durch die in § 1829 BGB verankerten Regelungen die Möglichkeit eröffnet, sogar ein bereits betreuungsgerichtlich genehmigtes Rechtsgeschäft erneut zu durchdenken und völlig frei von Bindungen und Haftungsfolgen über dessen Geltung oder Nichtgeltung zu befinden (Wagenitz in: Münchener Kommentar, 6. Aufl. 2012, § 1829 BGB Rdnr. 3). Auf diese Entscheidungsfreiheit kann der Betreuer im Interesse des Betreuten auch nicht wirksam verzichten (Bettin in: Beck`scher Online-Kommentar BGB, Stand: 01.02.2015, § 1829 BGB Rdnr. 3).
80Zum anderen steht die Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung nicht im alleinigen Verantwortungs- und Ermessensbereich des Betreuers. Die Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung ist zunächst einmal eine Entscheidung allein des Betreuungsgerichts, die ihrerseits erst getroffen werden kann, wenn
81„1. Die Betreuerin das vollständige Verzeichnis über das Vermögen des Betroffenen vorgelegt hat, wozu sie bereits mehrmals erfolglos aufgefordert wurde,
822. Die Angemessenheit des Kaufpreises durch entsprechendes Wertgutachten nachgewiesen wurde,
833. Der Verfahrenspfleger seine Zustimmung erklärt hat.“.
84Angesichts dessen hat sich der Vertragspartner eines Betreuten darauf einzustellen, dass auf ein genehmigungspflichtiges Geschäft vor Wirksamwerden der Genehmigung kein Verlass ist (Wagenitz in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 1829 BGB Rdnr. 10). Demgemäß vermag er aus dem Umstand der endgültigen Unwirksamkeit des Vertrages keine Regressansprüche herzuleiten. Dies gilt hier umso mehr, als der Kläger die endgültige Unwirksamkeit des Kaufvertrages persönlich herbeigeführt hat, indem er der damaligen Betreuerin ein Aufforderungsschreiben im Sinne von § 1829 Abs. 2 BGB hat zukommen lassen.
85Nach alledem unterliegt die Klage insgesamt der Abweisung.
86Die Kostenentscheidung basiert auf §§ 269 Abs. 3 S. 2, 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
87Streitwert: bis zum 20.04.2015 € 15.398,28
88ab dem 21.04.2015 € 10.507,38
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- V ZR 130/67 1x (nicht zugeordnet)
- 6 UF 125/13 1x (nicht zugeordnet)
- 3 W 40/12 1x (nicht zugeordnet)
- 316 O 122/12 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 1829 Nachträgliche Genehmigung 1x