Urteil vom Landgericht Magdeburg (10. Zivilkammer) - 10 O 1045/12 (233)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Beklagte vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


und beschlossen:

Der Gegenstandswert wird auf 6.352,17 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger macht Ansprüche aus einem Kaufvertrag, teilweise aus abgetretenem Recht, geltend.

2

Der Kläger bestellte gemeinsam mit seiner Ehefrau bei der Beklagten Terrassendielen nebst Zubehör am 19. August 2011. Die Dielen wurden am 29. August 2011 geliefert. Für die gekaufte Ware bezahlte der Kläger 4.143,82 € brutto.

3

Vom 30. August bis 1. September 2011 wurde die bei der Beklagten bestellte Ware durch die Zimmerei und Hbaubetrieb Manfred und Jürgen B GbR verlegt. Bereits zu Beginn der Verlegearbeiten stellte die Ehefrau des Klägers Farbabweichungen bei den gelieferten Dielen fest. Ein Teil der Dielen wies eine dunklere Farbe auf als der andere Teil der Dielen. Die Klägerin rügten die Farbabweichungen gegenüber der Beklagten erstmalig nach Ende der Verlegearbeiten (Bl. 16 d.A.).

4

Mit Schreiben seines Anwalts vom 16.11.2011 forderte der Kläger die Beklagte zur Nachbesserung bis 30.01.2012 auf. Eine weitere Nachfristsetzung erfolgte zum 20.01.2012. Die Beklagte reagierte hierauf nicht.

5

Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.02.2012 erklärte der Kläger daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag, forderte den Kaufpreis zurück und bot bis 02.03.2012 Übereignung und Übergabe der mangelhaften Terrassendielen an.

6

Mit der im Juli 2012 erhobenen Klage fordert der Kläger aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau von der Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 4.143,82 € sowie weiterhin die nutzlosen Aufwendungen, die ihm dadurch entstanden sind, dass er den Drittunternehmer mit der Verlegung der Dielen beauftragt und ihm dadurch Kosten i.H.v. 2.208,35 € entstanden sind.

7

Der Kläger beantragt,

1.

8

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger als Gesamtgläubiger einen Betrag i.H.v. 4.143,82 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.02.2012, Zug um Zug gegen Übergabe von 85 Stück Terrassendielen WPC Palisander, einseitig geriffelt, einseitig trapez (Länge 3000 mm, Breite 145 mm, Stärke 28 mm), 48 Stück Unterkonstruktion WPC Palisander (Länge 3000 mm, Breite 60 mm, Stärke 45 mm), 10 Stück Anschlussleisten WPC Palisander (Länge 3000 mm, Breite 80 mm, Stärke 21 mm), 16 Pack Mittelclip (50 Stück pro Pack), 3 Pack Endclip (pro Pack 25 Stück), 3 Pack Aluclip für Anschlussleiste (pro Pack 25 Stück), 10 Pack Edelstahl-Spezialschrauben 4 x 60 mm (pro Pack 100 Stück), der Marke D Terrassendielen der B Hwerke GmbH zu zahlen;

2.

9

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 2.208,35 € nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

10

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.

11

Sie ist der Auffassung, die gelieferten Terrassendielen seien mangelfrei. Die geringfügigen Farbabweichungen bewegten sich innerhalb der hinzunehmenden Toleranzen. Durch eine fachgerechte Verlegung der Dielen, wären die geringen Farbunterschiede überhaupt nicht aufgefallen. Die verschiedenen Pakete hätten vor dem Verlegen geöffnet und gemischt werden müssen.

12

Im Übrigen beruft sich die Klägerin auf Ziff. VII ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen (Bl. 19 d.A.), wonach die Ware bei Anlieferung unverzüglich zu überprüfen und Beanstandungen unverzüglich erfolgen müssen. Weiterhin müsse die gerügte Ware im Zustand der Anlieferung verbleiben. Eine Haftung wegen weitergehender Ansprüche sei ausgeschlossen und auf den Warenwert beschränkt. Die Beklagte hafte nur bei Vorsatz und/oder grober Fahrlässigkeit.

13

Die Kammer hat gemäß Beweisbeschluss vom 11.10.2012 (Bl. 36) ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige hat am 17.12.2012 sein schriftliches Gutachten erstattet (Bl. 48 d.A.) und dieses im Termin vom 31.01.2013 mündlich erläutert.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

15

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises i.H.v. 4.143,82 € nach § 437 Abs. 2 zu, da der grundsätzlich bestehende Rückgewähranspruch des Klägers nach § 346 Abs. 1 durch den Wertersatzanspruch der Beklagten nach § 346 Abs. 2 BGB erloschen ist.

16

1. Zunächst sind die gelieferten Dielen hinsichtlich des konkreten Verwendungszweckes nach § 437 i.V.m. § 434 Abs. 1 BGB mangelhaft. Es liegt insoweit ein Sachmangel vor, als dass der Kläger zwei unterschiedliche Chargen des Farbtons Palisander geliefert bekommen hat, die aufgrund der Fertigung unterschiedliche Farbnuancen aufweisen. Es liegt ein optischer Mangel vor. Zwar war jede Charge des Farbtons Palisander in sich farbgleich, jedoch wichen die unterschiedlichen Chargen im Farbton voneinander ab. Da der Kläger jedoch eine Terrasse mit dem Farbton Palisander verlegen wollte, hat er grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass ihm Chargen geliefert werden, die den gleichen Farbton aufweisen. Der Sachverständige hat auch insoweit bestätigt, dass Farbabweichungen vorliegen. Diese Farbabweichungen konnten auch nicht durch eine entsprechende Verlegetechnik (durch Mischung der einzelnen Farbtöne) vermieden werden. Auch bei entsprechender Durchmischung wären die Farbabweichungen erkennbar gewesen.

17

Die Kammer schließt sich insoweit nicht der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 20.01.1994, 12 U 46/93, und des Amtsgerichts Brandenburg vom 13.12.2001, 32 C 337/00, an, wonach bei Unverhältnismäßigkeit lediglich ein Minderungs- anstelle eines Wandlungsrechtes besteht. In dem vom Oberlandesgericht Frankfurt entschiedenen Fall geht es zudem um Farbabweichungen im Inneren einer Küche, die für den Betrachter nicht ohne Weiteres erkennbar sind, sondern erst dann, wenn die Schränke geöffnet werden. Beim vom Amtsgericht Brandenburg entschiedenen Fall geht es zum einen um einen Werklieferungsvertrag, zum anderen geht es bei einer Terrasse, die mit hochwertigen Dielen ausgelegt ist, durchaus auch darum, dass diese optisch ein einheitliches Bild bietet (vgl. etwa bei einer Küche OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.05.2012, 9 U 74/11, zitiert nach juris, Rz. 75).

18

Sollte im Übrigen ein anderes Gericht zu der Auffassung gelangen, dass es sich hier lediglich um eine geringfügige optische Beeinträchtigung und damit keinen Sachmangel handelt, wäre der Anspruch des Klägers bereits an dieser Stelle ausgeschlossen. Die Kammer weist in diesem Zusammenhang auch im Hinblick auf ein etwaig anzustrebendes Rechtsmittelverfahren des Klägers darauf hin, dass hier durchaus unterschiedliche Auffassungen vertretbar sind. So hat auch der Sachverständige ausgeführt, dass hinsichtlich der Farbabweichungen bei ordentlicher Durchmischung der Chargen der eine Nutzer dies akzeptieren kann, der andere nicht und es daher „Geschmacksache“ sei.

19

2. Doch selbst, wenn man wie die Kammer, von einem Mangel ausgeht, die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen des § 440 BGB unstreitig vorliegen und demzufolge grundsätzlich die empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind, ist der Anspruch dadurch erloschen, dass der Kläger Wertersatz nach § 346 Abs. 2 BGB zu leisten hat.

20

Der Kläger hat die Terrassendielen i.S.d. § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB verarbeitet. Die Kommentierung zu § 346 Rz. 8a im Palandt, 72. Auflage 2013 verweist auf § 950 BGB. Entgegen der Auffassung des Klägers bedeutet „Verarbeitung“ nach dem Wortlaut des § 950 S. 1 BGB nicht, dass dadurch eine neue Sache hergestellt werden muss. § 950 BGB stellt nur klar, dass für den Erwerb des Eigentums an der neuen Sache erforderlich ist, dass durch die Verarbeitung eine neue Sache hergestellt werden muss. In § 950 Abs. 1 S. 2 der Vorschrift ist vielmehr auch im Wege der Legaldefinition erläutert, dass als Verarbeitung bereits das Schreiben, Zeichnen, Malen, Drucken, Gravieren oder eine ähnliche Bearbeitung der Oberfläche gehört. Da der Kläger die Terrassendielen durch Kürzen, Bohren und ähnliches behandelt hat, ist von einem Verarbeiten auszugehen.

21

Nach § 346 Abs. 2 S. 2 ist für die Berechnung des Wertersatzes der Wert der Gegenleistung zu berücksichtigen, wobei deren Höhe nach § 287 ZPO geschätzt werden kann (Palandt, a.a.O., § 346, Rz. 10).

22

Die Kammer ist hierbei mit der Beklagten davon ausgegangen, dass die Terrassendielen mittlerweile für die Beklagte keinen Wert mehr haben.

23

Es ist der Kammer nicht bekannt, dass ein Gebrauchtmarkt für gekürzte und mit Löchern versehene Terrassendielen existiert. Es erscheint absolut fernliegend, dass ein solcher Markt existieren kann. Die Terrasse eines etwaigen Käufers der Gebraucht-Dielen müsste daher exakt die gleichen Abmessungen aufweisen, wie die Terrasse des Klägers, um bei einem Dritten Verwendung zu finden. Die Kammer geht daher auch nicht von einer linearen Wertminderung aus, wie sie in der zitierten Kommentierung im Palandt unter Bezug auf die Rechtsprechung vorgeschlagen wird. Eine derartige Wertminderung kann überhaupt nur dann in Betracht kommen, wenn die Beklagte überhaupt eine Chance hat, den zurückerhaltenen Kaufgegenstand anderweitig zu verwerten und dadurch einen Preis für die gebrauchte Sache zu erzielen. Da dies hier nicht gegeben ist, tritt eine Wertminderung von 100 % ein.

24

3. Die Pflicht zum Wertersatz entfällt auch nicht nach § 346 Abs. 3 Nr. 1 BGB.

25

Der zum Rücktritt berechtigte Mangel hat sich nicht erst bei der Verarbeitung der Terrassendielen gezeigt. Wie der Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, wäre es vor einer ordnungsgemäßen Verlegung erforderlich gewesen, die Terrassendielen zu auszulegen, um dann etwaige Farbabweichungen festzustellen und dann beim Verlegen zu durchmischen. Dies hat der Kläger dem insoweit das Handeln der für ihn tätigen Verlegefirma zuzurechnen ist, nicht getan. Nach den Ausführungen des Sachverständigen hätte dem Verlegebetrieb und damit dem Kläger der Mangel bereits vor Verlegung bei ordnungsgemäßem Auslegen auffallen müssen. Eine weitere Verlegung und damit Verarbeitung der Dielen hätte dann aber nicht erfolgen dürfen.

26

Im Übrigen ist nach dem eigenen Vortrag des Klägers ihm der Mangel bereits vor Verlegung aufgefallen. Bereits in der Klageschrift S. 3 hat der Kläger ausgeführt, dass die der Ehefrau des Klägers die Farbabweichung der gelieferten Dielen zu Beginn der Verlegearbeiten aufgefallen ist. In der Verhandlung vom 11.10.2012 ist dann behauptet worden die Dielen seien im Wesentlichen bereits verlegt gewesen. Aber auch spätestens dann hätte die Verlegung nicht weiter durchgeführt werden dürfen.

27

Im Übrigen äußert sich der Kläger nicht konkret dahingehend, dass der optische Mangel der Beklagten bereits vor der Verlegung (= Verarbeitung) angezeigt wurde. Einen entsprechenden Zeitpunkt benennt der Kläger nicht. Bereits in der Klageerwiderung S. 3 hat die Beklagte auch vorgetragen, dass die Klägerseite die Farbabweichungen erstmals gegenüber der Beklagten nach Beendigung der Verlegearbeiten und damit nach Verarbeitung der Dielen rügte. Diese konkrete Behauptung der Beklagten ist in der Folgezeit durch den Kläger nicht bestritten worden. Eine Vernehmung der als Zeugin angebotenen Ehefrau als Zeugin verbietet sich daher, da der Kläger gar nicht substantiiert behauptet, dass die Beklagte vor den Verlegearbeiten sich dahingehend äußerte, dass die Farbabweichungen sich geben würden.

28

Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 20.02., S. 7 cc, behauptet, dass die Beklagte erklärt habe, dass sich die Farbabweichungen im Laufe der Zeit angleichen würden und er auf seinen Schriftsatz vom 04.10.2012 Bezug nimmt, hat der Kläger grade im Schriftsatz vom 04.10.2012, der auf die Klageerwiderung repliziert, gerade nicht behauptet und konkret unter Beweis gestellt, wann die entsprechende Erklärung des Beklagten abgegeben worden sein soll.

29

4. Insoweit der Kläger sich in seinem Schriftsatz vom 20.02.2013 S. 5 bb auf ein BGH Urteil und eine Entscheidung des EuGH bezieht, ist die Kammer nicht der Auffassung, dass die sich vom Kläger gezogenen Schlüsse aus diesen Entscheidungen ergeben. Die zitierte Entscheidung des EuGH vom 16.06.2011 NJW 2011, 22669 ist Grundlage geworden der Entscheidung des 8. Zivilsenats des BGH vom 21.12.2011, VIII ZR 70/08, zitiert nach juris. Der Bundesgerichtshof stellt in dieser Entscheidung ausdrücklich auf den § 439 BGB ab, der die Nacherfüllung betrifft. Der Kläger hat jedoch von seinem Wahlrecht nach § 437 BGB Gebrauch gemacht und grade nicht auf Nacherfüllung geklagt, sondern ist zurückgetreten. Die Entscheidung des BGH ist daher im vorliegenden Fall überhaupt nicht anwendbar.

30

Die Entscheidung BGH 16.09.2009, VIII ZR 243/08, die der Kläger ebenfalls zitiert hat, äußert sich zu der Situation, dass für die Rückabwicklung eines Verbrauchsgüterkaufes dem Käufer ein Anspruch auf Nutzungswertersatz zusteht. Genau diesen Anspruch macht die Beklagte hier geltend.

II.

31

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten auch kein Anspruch auf Ersatz der Einbaukosten nach § 437 Nr. 3 BGB zu. Die Voraussetzungen entsprechen denen des § 284 (vgl. Palandt, a.a.O., § 437, Rz. 42). Voraussetzung hierfür ist insbesondere, dass der Kläger die erbrachten Aufwendungen im Vertrauen auf die mangelfreie Leistung des Verkäufers erbracht hat (Palandt, a.a.O.).

32

Hier ist es aber so, dass nur solche Aufwendungen zu ersetzen sind, die der Gläubiger billigerweise machen durften. Die Norm nimmt damit auf § 254 BGB Bezug (Palandt, a.a.O., § 284, Rz. 6).

33

Dem Kläger bzw. dem Verlegebetrieb ist ein 100 %-iges Mitverschulden anzulasten. Wie bereits zuvor dargelegt, waren die Farbabweichung vor Verlegung nach den regeln der handwerklichen Kunst erkennbar. Der Kläger hätte daher die Terrassendielen nicht verlegen dürften. Die Aufwendungen für die Verlegearbeiten wären ihm nicht entstanden.

34

Nach alldem war die Klage daher insgesamt abzuweisen.

III.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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