Urteil vom Landgericht Mannheim - 7 O 122/08 Kart

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

 
Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus Anlass des Ausscheidens der Beklagten bei der Klägerin.
Die Klägerin ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts und gewährt auf privatrechtlicher Grundlage in Form von Gruppenversicherungsverträgen mit Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes, die dem geltenden Tarifrecht des öffentlichen Dienstes des Bundes und der Länder oder einem Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts unterliegen (sog. Beteiligte), nach Maßgabe ihrer Satzung (künftig: VBLS) eine Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung (§ 2 Abs. 1 VBLS).
Die Finanzierung der Klägerin erfolgt nach §§ 60 Abs. 1 S. 1, 61 Abs. 1 VBLS im Abrechnungsverband West, dem die Beklagte angehörte, seit 1967 über ein Umlageverfahren in Form eines modifizierten Abschnittsdeckungsverfahren. Der Umlagesatz ist so bemessen, dass die für die Dauer des Deckungsabschnitts zu entrichtende Umlage zusammen mit den übrigen zu erwartenden Einnahmen und dem verfügbaren Vermögen ausreicht, die Aufgaben der Klägerin während des Deckungsabschnitts sowie der sechs folgenden Monate zu erfüllen.
Die Beklagte, eine gesetzliche Krankenkasse, war bereits bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin seit dem 01.10.1940 Beteiligte gewesen. Die Parteien schlossen zum 26.06.1980 die in Anlage B1 vorliegende Beteiligungsvereinbarung, nach deren Inhalt für alle durch sie begründeten Rechte und Pflichten die Vorschriften der Satzung der Klägerin und deren Ausführungsbestimmungen in ihrer jeweiligen Fassung gelten sollten. Mit Schreiben vom 26.06.2003 (Anlage K1) kündigte die Beklagte ihre Beteiligung zum 31.12.2003.
Im Hinblick auf die nach dem Ausscheiden eines Beteiligten weiterhin zu erfüllenden Verpflichtungen durch die Klägerin bestimmt § 23 Abs. 2 VBLS seit Einführung des Umlageverfahrens (1967) die Verpflichtung des ausscheidenden Beteiligten, einen sog. Gegenwert zu zahlen. In seiner Fassung bis zum 31.12.1994 sah § 23 Abs. 2 VBLS die Berechnung des Gegenwerts nur auf Basis der von der Klägerin an die dem ausscheidenden Beteiligten zuzurechnenden aktuellen Leistungsempfänger zu zahlenden Renten vor:
§ 23 Abs. 2 VBLS - Fassung 1967:
„Zur Deckung der aus dem Umlagevermögen nach dem Ausscheiden zu erfüllenden Ansprüche (§ 77 Abs. 2) aus früheren Pflichtversicherungen, die durch den Eintritt des Versicherungsfalles oder durch den Tod des Versicherten beendet sind und die bis zu diesem Zeitpunkt auf Grund eines Arbeitsverhältnisses bei dem aus scheidenden Beteiligten bestanden haben, hat dieser einen von der Anstalt nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechneten Gegenwert zu zahlen. Der Gegenwert ist mit den Rechnungsgrundlagen gemäß § 79 Abs. 2 zu berechnen; dabei ist eine künftige jährliche Erhöhung (§ 56) zu berücksichtigen, die dem Durchschnitt der Anhebungen und Verminderungen der Bezüge der Versorgungsempfänger des Bundes, deren Bezügen ein Grundgehalt nicht zugrundeliegt, in den letzten fünf Jahren vor dem Ausscheiden entspricht, mindestens aber eine Erhöhung von jährlich 3 v.H.“
Die 27. Satzungsänderung, rückwirkend zum 01.01.1995 in Kraft getreten, änderte die Gegenwertberechnung dahingehend, dass ein Gegenwert nicht nur für die von der Klägerin an die Leistungsempfänger zu zahlenden Renten, sondern auch für Anwartschaften zu entrichten ist. Die bis zum 31.12.2000 geltende Fassung hatte folgenden Wortlaut:
§ 23 Abs. 2 VBLS - Fassung 1995:
10 
„Zur Deckung der aus dem Anstaltsvermögen nach dem Ausscheiden zu erfüllenden Verpflichtungen auf Grund von
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a) Leistungsansprüchen von Personen, bei denen der Versicherungsfall während einer Pflichtversicherung (einschließlich der Fälle des § 37 Abs. 2 bis 4 sowie des Abs. 4a in der bis zum 31.12.1994 geltenden Fassung) über den ausgeschiedenen Beteiligten eingetreten ist,
12 
b) Leistungsansprüchen von Personen, bei denen der Versicherungsfall in einer beitragsfreien Versicherung eingetreten ist, die auf einer Pflichtversicherung über den ausgeschiedenen Beteiligten beruht,
13 
c) Leistungsansprüchen von Hinterbliebenen von in den Buchstaben a und b genannten Personen,
14 
d) Anwartschaften aus Pflichtversicherungen über den aus geschiedenen Beteiligten, die nach § 37 Abs. 4 aufrecht er halten sind,
15 
e) Anwartschaften aus beitragsfreien Versicherungen im Sinne des Buchstaben b, die beim Ausscheiden des Beteiligten schon bestanden haben oder die mit dem Ausscheiden des Beteiligten entstehen,
16 
f) künftigen, auf Grund des Todes den in Buchstaben a, b, d und e genannten Personen entstehenden Leistungsansprüchen der Personen, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Beteiligung als Hinterbliebene in Frage kommen,
17 
hat der ausscheidende Beteiligte einen von der Anstalt auf seine Kosten zu berechnenden Gegenwert zu zahlen. Der Gegenwert ist nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen, wobei die Rechnungsgrundlagen nach § 76 anzuwenden sind; als Rechnungszins ist jedoch der durchschnittliche Vomhundertsatz der in den letzten fünf Kalenderjahren vor dem Ausscheiden erzielten Vermögenserträge, höchstens jedoch 5,5 v.H. zu Grunde zulegen. Als künftige jährliche Erhöhung ist der Durchschnitt der Erhöhungen und Verminderungen nach § 56 Abs. 1 S. 1 in den letzten fünf Kalenderjahren vor dem Ausscheiden zu berücksichtigen, mindestens aber eine Erhöhung von jährlich 3 v.H.
18 
Bei der Berechnung des Gegenwertes werden die Teile der Leistungsansprüche und Anwartschaften nicht berücksichtigt, die aus dem Vermögen im Sinne des § 76 Abs. 2 zu erfüllen sind.
19 
Ansprüche, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Beteiligung ruhen, werden nur dann nicht berücksichtigt, wenn das Ruhen auf § 65 Abs. 6 beruht.
20 
Der Gegenwert ist zur Abgeltung der Verwaltungskosten um den vom Hundertsatz zu erhöhen, der in dem Kalenderjahr vor dem Jahr des Ausscheidens des Beteiligten an Verwaltungskosten, bezogen auf die entrichteten Umlagen, angefallen ist.“
21 
Durch rückwirkende Satzungsänderungen zum 01.01.2001, nämlich vom 20.02.2001 sowie 19.09.2002, sind die satzungsmäßigen Regelungen zur Gegenwertermittlung weiter modifiziert worden - der Gegenwert ist zur Abgeltung von Verwaltungskosten pauschal um 2 % und zur Deckung von Fehlbeträgen um 10 % zu erhöhen, der ermittelte Gegenwert ist für den Zeitraum ab Ausscheiden des Beteiligten bis zum Ende des Folgemonats nach Erstellung des versicherungsmathematischen Gutachtens mit 5,25 % aufzuzinsen. § 23 Abs. 2 VBLS hat in der seit 01.01.2001 geltenden Fassung folgenden Wortlaut:
22 
§ 23 Abs. 2 VBLS - Fassung 2001:
23 
„Zur Deckung der aus dem Anstaltsvermögen nach dem Ausscheiden zu erfüllenden Verpflichtungen auf Grund von
24 
a) Leistungsansprüchen von Betriebsrentenberechtigten aus einer Pflichtversicherung bzw. einer beitragsfreien Versicherung sowie
25 
b) Versorgungspunkten von Anwartschaftsberechtigten und
26 
c) künftigen Leistungsansprüchen von Personen, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Beteiligung als Hinterbliebene in Frage kommen, hat der ausscheidende Beteiligte einen von der Anstalt auf seine Kosten zu berechnenden Gegenwert zu zahlen.
27 
Der Gegenwert ist nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen, wobei als Rechnungszins 3,25 v.H. während der Anwartschaftsphase und 5,25 v.H. während des Rentenbezuges zu Grunde zu legen ist. Zur Deckung von Fehlbeträgen ist der Gegenwert um 10 vH. zu erhöhen: dieser Anteil wird der Verlustrücklage nach § 67 zugeführt. Als künftige jährliche Erhöhung der Betriebsrenten ist der Anpassungssatz nach § 39 zu berücksichtigen.
28 
Bei der Berechnung des Gegenwertes werden die Teile der Leistungsansprüche und Anwartschaften nicht berücksichtigt, die aus dem Vermögen im Sinne des 6i Abs. 2 oder 66 zu erfüllen sind.
29 
Ansprüche die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Beteiligung ruhen, werden nur dann nicht berücksichtigt, wenn das Ruhen auf § 65 Abs. 6 der am Tag vor Inkrafttreten dieser Satzung geltenden Satzung beruht.
30 
Der Gegenwert ist zur Abgeltung der Verwaltungskosten um 2 v.H. zu erhöhen. Der zunächst auf den Ausscheidestichtag abgezinste Gegenwert ist für den Zeitraum vom Tag des Ausscheidens aus der Beteiligung bis zum Ende des Folgemonats nach Erstellung des versicherungsmathematischen Gutachtens mit Jahreszinsen in Höhe des durchschnittlichen vom Hundertsatzes der in den letzten fünf Kalenderjahren vor dem Ausscheiden erzielten Vermögenserträgen, mindestens jedoch mit 5,25 v.H. aufzuzinsen.“
31 
Nach ihrem Ausscheiden leistete die Beklagte per 07.01.2004 eine Abschlagszahlung in Höhe von 15.000.000,00 EUR. Die Klägerin berechnete den von der Beklagten zu leistenden Gegenwert mit versicherungsmathematischen Gutachten vom 15.03.2005 (Anlage K2) auf 23.442.800,32 EUR; hiervon entfallen auf 68 Leistungsempfänger 4.556.466,61 EUR. Auf die sich nach Anrechnung der Abschlagszahlung ergebende Differenz zum von der Klägerin berechneten Gegenwert (7.335.153,02 EUR) zahlte die Beklagte lediglich weitere 1.835.153,02 EUR zum 09.05.2005. Den verbleibenden Restbetrag begehrt die Klägerin mit der vorliegenden Klage.
32 
Die Klägerin trägt vor,
33 
der geltend gemachte Zahlungsanspruch bestehe nach § 23 VBLS (Fassung 2001), gegen dessen Wirksamkeit keine Bedenken bestünden. Die Regelung finde ihre Rechtfertigung darin, dass die von der Klägerin zu erbringenden (Versicherungs-)Leistungen überwiegend aus Umlagen finanziert würden und ein ausgeschiedener Beteiligter keine Umlagen mehr entrichte. Daher müsse die Klägerin den nach versicherungsmathematischen Grundsätzen berechneten Gegenwert verlangen. Hierbei handele es sich um den versicherungsmathematischen Barwert der nach dem Ausscheiden des Beteiligten bei der Klägerin verbleibenden und von dieser noch zu erfüllenden Leistungsverpflichtungen, da diese den verbleibenden Beteiligten nicht auferlegt werden könnten. Während bei bestehendem Beteiligungsverhältnis der Beteiligte am Umlagefinanzierungsverfahren teilnehme, müsse der ausgeschiedene Beteiligte durch eine Einmalzahlung das im Kapitaldeckungsverfahren erforderliche Kapital aufbringen, um die von ihm erzeugten Leistungsverpflichtungen insgesamt abzudecken. So sollten nach dem durch das Ausscheiden bedingten Wegfall der künftigen Umlagen die zur Befriedigung der Rentenansprüche und -anwartschaften erforderlichen Beträge für Berechtigte aus der Zeit der Beteiligung allein von dem Ausscheidenden zur Verfügung gestellt werden.
34 
Die Klägerin ist der Ansicht, ein Verstoß gegen die Vorgaben des AGB-Rechts liege nicht vor. § 23 Abs. 2 VBLS unterliege bereits nicht einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle. Einerseits basiere die Bestimmung auf einer maßgeblichen Grundentscheidung der Tarifpartner, denn jedenfalls folge die Gegenwertregelung als Finanzierungsbestimmung spiegelbildlich den Vorgaben der Tarifpartner zum Leistungsrecht der Klägerin. Andererseits seien die Bestimmungen zum Gegenwert Regelungen über den Leistungsinhalt bzw. das zu zahlenden Entgelt. Die normierte Gegenwertzahlung sei eine Gegenleistung für die im Rahmen der Beteiligung der Beklagten entstandenen und noch nach ihrem Ausscheiden von der VBL zu erfüllenden Verpflichtungen. Mithin stelle die Bestimmung des § 23 Abs. 2 VBLS eine Regelung über ein zu zahlendes Entgelt dar, welche nicht einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterworfen werden dürfe. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liege schließlich nicht vor.
35 
Die Tatsache, dass die während der Beteiligungszeit der Beklagten geleisteten Zahlungen bei der Gegenwertberechnung nicht berücksichtigt werden, stelle keine „Doppelfinanzierung“ dar, sondern sei eine zwingende Folge des Umlagesystems bzw. des Abschnittsdeckungsverfahrens, das ein Umlageverfahren darstelle, bei dem die Prämie für einen Abschnitt von mehreren Jahren festgesetzt werde, wodurch sich eine kurzfristige Kapitalbildung mit beschränkten Zinserträgen ergebe. Eine Anrechnung der geleisteten Zahlungen könne auch deshalb nicht stattfinden, da die Gelder - systemgerecht - bereits für Versorgungsleistungen verbraucht worden seien.
36 
Die Einbeziehung von Anwärtern mit verfallbaren Rentenanwartschaften rechtfertige sich daraus, dass nicht auszuschließen sei, dass diejenigen Arbeitnehmer, die zum maßgeblichen Stichtag die Wartezeit noch nicht erfüllt hätten, künftig nicht doch Ansprüche gegenüber der Klägerin gerade auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten bei der Klägerin insoweit versicherten Zeit erlangen würden. Es komme allein darauf an, dass dies nicht ausgeschlossen werden könne; auf Wahrscheinlichkeiten oder die Häufigkeit dieser Fälle komme es als Folge des Umlagesystems nicht an. Im übrigen bestehe für Versicherte mit nicht verfallbaren Anwartschaften auch die Möglichkeit der Beitragserstattung nach § 44 VBLS; dies belege die Notwendigkeit, auch für beitragsfrei Versicherte eine Gegenwert zu erheben.
37 
Die Klägerin beantragt ,
38 
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.500.000,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.05.2005 zu bezahlen.
39 
Die Beklagte beantragt ,
40 
die Klage abzuweisen.
41 
Die Beklagte trägt vor,
42 
die Gegenwertforderung sei bereits dem Grunde nach unberechtigt.
43 
Die Gegenwertregelungen seien wegen Verstoßes gegen AGB-Recht nichtig. Es liege eine unangemessene Benachteiligung vor, da die Klägerin durch § 23 Abs. 2 VBLS missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchsetze. Die Beklagte und alle übrigen ehemaligen Beteiligten hätten für die bei der Klägerin verbleibenden Rentenlasten bereits Beiträge in Form von Umlagen erbracht. Die Regelung des § 23 Abs. 2 VBLS, wonach bei Ausscheiden der Beteiligten auch bei regelmäßiger Zahlung von Umlagen eine zusätzliche Entschädigung zu leisten sei, die sämtliche möglicherweise entstehenden Lasten abdecke und insoweit eine vollständige Kapitaldeckung vorschreibe, ordne eine „Doppelfinanzierung“ zu Gunsten der Klägerin an. Die Regelung lasse unberücksichtigt, dass die Beklagte bereits während ihrer Beteiligung den Versicherungsschutz durch die Zahlung von Umlagen „erkauft“ habe. Dies führe letztlich zu einer Austrittserschwerung und berücksichtigte die Interessen der ausscheidenden Beteiligten nicht. Im übrigen sei eine am Barwert der verbleibenden Rentenlasten orientierte Gegenwertverpflichtung systemwidrig, solange sie nicht bereits geleistete Zahlungen berücksichtige. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor, da die Berechnung der Gegenwertforderung unter anderem von internen Berechnungsgrößen der Klägerin abhängig sei, die einem Beteiligten nicht bekannt seien. Der Verweis auf versicherungsmathematische Grundsätze sei generell zu unbestimmt.
44 
Ebenso sei § 23 Abs. 2 VBLS wegen eines Verstoßes gegen Art. 82 EGV und § 19 GWB nichtig. Die Klägerin sei als Unternehmen im Sinne des Kartellrechts anzusehen, da sie privatrechtliche Beteiligungsverträge abschließe und keine öffentlich-rechtliche Pflichtversicherung darstelle. Sie habe auch eine marktbeherrschende Stellung inne hinsichtlich des sachlich-relevanten Marktes der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, da die tarifvertraglichen Vereinbarungen im öffentlichen Dienst verbindlich regelten, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei der VBL oder einer anderen Zusatzversorgungskasse anzumelden seien und die VBL gemessen am Umlageaufkommen einen Marktanteil von über 50 % habe. Diese marktbeherrschende Stellung missbrauche die Klägerin durch die Gegenwertforderung des § 23 Abs. 2 VBLS.
45 
Die Gegenwertforderung sei zumindest der Höhe nach unberechtigt.
46 
Allenfalls könne sich eine Gegenwertforderung aus dem Satzungsrecht in der Fassung vor dem 01.01.1995 ergeben. Denn der Änderungsvorbehalt des § 14 VBLS und die darauf beruhenden hier maßgeblichen Satzungsänderungen seien unwirksam, weil der Änderungsvorbehalt nicht hinreichend bestimmt sei. Soweit § 23 Abs. 2 VBLS Rentenanwartschaften ohne erfüllte Wartezeit erfasse, widerspreche dies versicherungsmathematischen Grundsätzen, da unwahrscheinlich sei, dass ein signifikanter Teil der Versicherten nach dem Ausscheiden aus der Klägerin noch die Wartezeit von 60 Monaten erfüllen würden. Jedenfalls dürften diese nur gewichtet nach dem entsprechenden Risiko Berücksichtigung finden. Eine unangemessene Benachteiligung folge zudem aus der Erhebung einer Verwaltungskostenpauschale in Höhe von 2 %, einer Fehlbetragsabgabe von 10 %, der fehlenden Berücksichtigung der Beteiligung am „Umlagevermögen“ sowie aus der Aufzinsung der Gegenwertforderung.
47 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
48 
Die zulässige Klage erweist sich als nicht begründet, weil § 23 Abs. 2 VBLS in seinen Fassungen seit der 27. Satzungsänderung (seit 01.01.1995) nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist (I.) und weder eine gesetzliche Regelung der Rechtsfolgen des Ausscheidens der Beklagten bei der Klägerin eingreift, noch eine die Klageforderung begründende ergänzende Vertragsauslegung möglich ist (II.).
I.
49 
Die der Klageforderung zugrunde liegende Regelung in § 23 Abs. 2 VBLS in den Fassungen seit 01.01.1995 benachteiligt die Beteiligten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist unwirksam nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.
50 
1. Auf das zwischen den Parteien erst zum 31.12.2003 beendete Dauerschuldverhältnis eines privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrags(vgl. dazu BGHZ 142, 103, 105 ff. m.w.N.) in Form der Beteiligung der Beklagten bei der Klägerin finden die §§ 305 ff BGB in ihrer Fassung nach der Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 Anwendung anstelle des AGB-Gesetzes (Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB).
51 
2. Die als allgemeine Geschäftsbedingung nach § 305 Abs. 1 BGB zu qualifizierende Regelung des § 23 Abs. 2 VBLS unterliegt der uneingeschränkten Inhaltskontrolle.
52 
a) § 23 Abs. 2 VBLS ist der Inhaltskontrolle weder direkt nach § 310 Abs. 4 S. 1 BGB noch nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB i.V.m. § 310 Abs. 4 S. 3 BGB entzogen. Soweit der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 14.11.2007 (BGHZ 174, 127-179) andeutet, aber dahinstehen lässt, ob den Satzungsbestimmungen der Klägerin im Verhältnis zu den Versicherten eine mit dem Verbot der Inhaltskontrolle einhergehende tarifvertragsgleiche Wirkung zuzugestehen ist, sieht die Kammer hierin keinerlei Ansatz für eine entsprechende Sichtweise bei den hier zur Beurteilung anstehenden Satzungsbestimmungen der Klägerin im Verhältnis zu den Beteiligten. Vielmehr ist von Folgendem auszugehen: Tarifvertragliche Regelungen sind der AGB-Kontrolle entzogen, weil der Gesetzgeber diesen mit Blick auf die Gewährleistungen des Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG in den Grenzen der Tarifmacht die Wirkung von Rechtsnormen zuerkannt (§ 4 Abs. 1 TVG), also Rechtssetzungsmacht auf die Tarifvertragsparteien delegiert hat. Diese Rechtsnormwirkung von Tarifverträgen zwischen beiderseits Tarifgebundenen wird unmittelbar und zwingend durch § 4 Abs. 2 TVG auch auf die Satzung einer im Tarifvertrag vorgesehenen und geregelten gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien sowie auf das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern erstreckt. Allenfalls in diesem Kontext können - nach Auffassung der Kammer - die Satzungsbestimmungen einer Zusatzversorgungseinrichtung im Verhältnis zu den Beteiligten als „tarifvertragliche Regelungen“ der AGB-Kontrolle nach § 310 Abs. 4 S. 1 / S. 3 BGB entzogen sein. Die Klägerin ist aber keine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien. Die Beitragspflicht eines Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes als Beteiligter der Klägerin ist zwar im Zusatzversorgungstarifvertrag geregelt, aber nur als Tarifvertrag zugunsten Dritter (vgl. Löwisch/Rieble, Tarifvertragsgesetz, 2. Aufl. 2004, § 4 Rz. 180).
53 
b) Die Bestimmung des § 23 Abs. 2 VBLS ist ebenso nicht der Inhaltskontrolle entzogen unter Berücksichtigung eines fortwirkenden Schutzes der nach Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG geschützten Tarifautonomie. Der Bundesgerichtshof (vgl. BGHZ 174, 127-179) erachtet es in ständiger Rechtsprechung als notwendig, Satzungsregelungen von der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle auszunehmen, insoweit sie auf einer maßgeblichen Grundentscheidung der Tarifpartner beruhen. Bei der Umsetzung und inhaltlichen Ausgestaltung solcher Grundentscheidungen genießt der Satzungsgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, die die Gerichte zu respektieren haben zum Schutz der den Tarifvertragsparteien durch die Tarifautonomie für ihre Grundentscheidungen eröffneten besonderen Beurteilungs-, Bewertungs- und Gestaltungsspielräume. Eine solche Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien des Tarifvertrags über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (ATV) für eine Gegenwertzahlung des ausscheidenden Beteiligten besteht nicht. Der ATV verhält sich zu einer Gegenwertverpflichtung oder einer sonstigen Ausgleichsverpflichtung anlässlich des Ausscheidens eines Beteiligten bei einer Zusatzversorgungseinrichtung nicht.
54 
Nach § 15 Abs. 1 S. 1 ATV regelt die jeweilige Zusatzversorgungseinrichtung die Finanzierung der Pflichtversicherung vielmehr eigenständig. §§ 15 Abs. 1 S. 2, 16 ATV setzen zwar ein - schrittweise durch kapitalgedeckte Finanzierung ablösbares - Umlagefinanzierungsmodell voraus, treffen aber keinerlei Aussage zu Finanzierungsverpflichtungen des Beteiligten bei Ausscheiden aus einer Zusatzversorgungseinrichtung. Die von der Klägerin aufgestellte Behauptung, die Umlagefinanzierung im modifizierten Abschnittsdeckungsverfahren ziehe die Gegenwertverpflichtung bei Ausscheiden eines Beteiligten systemkonsequent nach sich, ist angesichts der Vielzahl von denkbaren Gestaltungen (z.B. „Erstattungsmodell“) - wie nachstehend noch weiter auszuführen sein wird - im Hinblick auf etwaige nicht ausfinanzierte zurückbleibende Lasten für die Umlagegemeinschaft bei Ausscheiden eines Beteiligten unhaltbar. Sonach geht die nach § 23 Abs. 2 VBLS vorgesehene Gegenwertverpflichtung auch nicht mit einer etwaigen ursprünglichen Grundsatzentscheidung der Tarifpartner für ein Umlageverfahren einher. Soweit die Klägerin andeutet, die Gegenwertregelung stehe mit Beschlüssen der Tarifpartner im Einklang, genügt dies nicht, um eine tarifvertragliche Grundentscheidung schlüssig darzulegen. Derartige Grundentscheidungen genießen den Schutz der Tarifautonomie nur, soweit es sich um Tarifverträge nach § 1 TVG handelt. Eine tarifvertragliche Umsetzung, die der Schriftform bedarf (§ 1 Abs. 2 TVG), hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Schließlich dringt die Klägerin an dieser Stelle auch nicht mit dem Argument durch, die Finanzierungsregelungen seien tarifvertraglich vorgegeben, denn sie müssten „spiegelbildlich“ zu den aus dem Tarifvertrag folgenden Leistungsregelungen für die Versicherten nachempfunden werden. Abgesehen davon, dass der ATV der Klägerin - mit Ausnahme der §§ 17, 37 ATV (Sanierungsgelder, Sonderregelungen für die VBL) - keine Finanzierungsvorgaben macht (vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 ATV), genügt eine nicht andeutungsweise im ATV zum Ausdruck gekommene, den Tarifparteien - nach dem Vortrag der Klägerin - im Rahmen der Änderungen im Leistungsbereich der Zusatzversorgung vorschwebende Finanzierungssicherung durch Gegenwertzahlung im Falle des Ausscheidens eines Beteiligten nicht der für die tarifvertragliche Umsetzung einer „Grundentscheidung“ erforderlichen Schriftform (§ 1 Abs. 2 TVG).
55 
c) Die Regelung des § 23 Abs. 2 VBLS stellt sodann keine Preisvereinbarung dar, die nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB einer Inhaltskontrolle entzogen wäre.
56 
„Preisvereinbarungen“ unterliegen nicht der Inhaltskontrolle, soweit sie Art und Umfang der Gegenleistung unmittelbar regeln. Denn die Festlegung des unmittelbaren Gegenstandes der Hauptleistungspflichten als Teil der essentialia negotii ist grundsätzlich Sache der Vertragsparteien und der gerichtlichen Nachprüfung entzogen. Der Inhaltskontrolle unterworfen hingegen sind sog. „Preisnebenabreden“, die sich zwar mittelbar auf die Gegenleistung auswirken, an deren Stelle aber bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung dispositives Gesetzesrecht treten kann (vgl. BGHZ 106, 46).
57 
§ 23 Abs. 2 VBLS ist keine Preisklausel im vorstehenden Sinne, sondern allenfalls als Preisnebenabrede zu qualifizieren. Die Gegenwertverpflichtung des ausscheidenden Beteiligten nach der Satzung der Klägerin stellt keine im Synallagma stehende Hauptleistungspflicht dar. Soweit die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs v. 07.05.1997 (BGHZ 135, 333) abstellt und darin eine Bestätigung des Gegenwerts als „Gegenleistung“ im Sinne der den Beteiligten obliegenden Hauptleistungspflichten erkennt, vermag die Kammer dies nicht im Ansatz nachzuvollziehen. Aber auch der Verweis der Beklagten auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur steuerrechtlichen Qualifikation des Gegenwerts ist ohne Relevanz, denn die steuerrechtliche Qualifikation als Arbeitslohn nach § 2 Abs. 1 LStDV, § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG fragt allein danach, ob die Gegenleistung dem Versicherten als Arbeitnehmer durch den Beteiligten als Arbeitgeber im Rahmen der Einkunftsart nichtselbständige Arbeit, also veranlasst durch die Beschäftigung des Versicherten zugewandt wird (§§ 8 Abs. 1, 19 Abs. 1 EStG). Nach dem Vertragsverhältnis der Klägerin zu ihren Beteiligten sind allein die Umlage und das Sanierungsgeld die sich unmittelbar ergebenden, im Synallagma zur Übernahme des Versicherungsrisikos durch die Klägerin stehenden Gegenleistungen, die insoweit mit der Versicherungsprämie gleichzusetzen sind. In dem als privatrechtlicher Gruppenversicherungsvertrag zu qualifizierenden Vertragsverhältnis (Beteiligungsvereinbarung i.V.m. VBLS) versichern die Beteiligten als Versicherungsnehmer (§§ 19, 24 Abs. 2 S. 1 VBLS) bei der Klägerin als Versicherer (§ 2 Abs. 1 VBLS) sämtliche Arbeitnehmer (ohne Rücksicht auf die individuellen Risiken), die nach dem ATV zu versichern sind (§ 20 Abs. 1 S. 3 VBLS). Die Klägerin, die im Versicherungsfall gegenüber den Bezugsberechtigten die Versicherungsleistungen erbringt (§§ 24 Abs. 2 S. 4, 25 VBLS), übernimmt nach dem Versicherungsvertrag gegenüber den Beteiligten die versicherten Risiken - unabhängig vom Fortbestand und Verbleib der Beteiligten bei der Klägerin. Der Beteiligte trägt im Gegenzug die sich nach §§ 21 Abs. 1 S. 1, 63 Abs. 1, 60 Abs. 1 VBLS ergebende Finanzierungspflicht, die im praktizierten Umlagesystem auf Zahlung der Umlage und im Abrechnungsverband West weiterhin auf Zahlung des Sanierungsgeldes gerichtet ist. Bei der Gegenwertforderung handelt es sich dem gegenüber vielmehr um eine entschädigungs- oder aufwandsersatzähnliche Zahlungsverpflichtung anlässlich der Beendigung des Beteiligungsverhältnisses. Mit dem Ausscheiden des Beteiligten enden die Pflichtversicherungen der beim Beteiligten im Arbeitsverhältnis stehenden Beschäftigten (§ 23 Abs. 1 S. 1 VBLS): neue zu versichernde Risiken können vom Beteiligten bei der Klägerin nicht mehr eingebracht werden; der ausscheidende Beteiligte ist keinen Finanzierungspflichten nach §§ 63 Abs. 1, 60 Abs. 1 VBLS mehr unterworfen; hinsichtlich im Ausscheidezeitpunkt eingetretener Versicherungsfälle (§§ 33 ff. VBLS) verbleibt es bei der Verpflichtung der Klägerin zur Erbringung der Versicherungsleistungen; im übrigen bleiben die Personenversicherungen als beitragsfreie Versicherung bestehen (§ 30 Abs. 1 VBLS). Die Gegenwertforderung wird - nachdem die Umlagefinanzierung der Klägerin aber den Fortbestand und Verbleib des Beteiligten mit einer Mindestzahl von Versicherten zur Grundlage hat (vgl. §§ 20 Abs. 2, 22 Abs. 3 VBLS), ein Ausscheiden des Beteiligten daher an sich systemwidrig ist - zur Deckung der weiter von der Klägerin zu erbringenden Versicherungsleistungen gegenüber den Versicherten (§§ 30 Abs. 1, 33 ff. VBLS) erhoben. Der Charakter der Gegenwertforderung als Aufwandsersatz oder Entschädigung für bei der Klägerin verbleibende - nicht „ausfinanzierte“ - Versicherungslasten wird auch durch die Berechnungsmodalität des Gegenwertes bestätigt, der sich nicht nach dem Barwert der in Zukunft entgehenden Umlagen des ausscheidenden Beteiligten bemisst, sondern am Barwert der in der Vergangenheit begründeten Rentenverpflichtungen und Anwartschaften orientiert ist.
58 
Wie auch § 308 Nr. 7 b BGB zeigt, können Klauseln über Aufwendungsersatz aus Anlass der Beendigung und Abwicklung von Verträgen einem Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit unterliegen, sind also nicht als von der Inhaltskontrolle ausgeschlossene Preisklauseln zu bewerten. Hinzu kommt schließlich, dass der beitretende Beteiligte der Ausgestaltung einer derartigen Regelung anlässlich der Beendigung eines Vertragsverhältnisses regelmäßig nicht die gleiche Aufmerksamkeit widmet wie der Ausgestaltung der grundlegenden Vertragsbestimmungen hinsichtlich der Hauptleistungspflicht, hier der Höhe und der Modalitäten der Finanzierungsbeiträge nach § 63 Abs. 1 VBLS. Dies gilt umso mehr, als das umlagefinanzierte System der Klägerin auf dauerhafte Beteiligung angelegt ist, ein Austreten einzelner Beteiligter systemfremd ist und angesichts des Ziels der Alterssicherung der Arbeitnehmer die Beteiligten beim Eintritt regelmäßige keine kurzfristige Mitgliedschaft, sondern eine langfristige Bindung anstreben und so die Modalitäten und Folgen einer Beendigung der Mitgliedschaft nicht im Mittelpunkt des Interesses stehen.
59 
3. Die Regelung in § 23 Abs. 2 VBLS in den Fassungen seit 01.01.1995 benachteiligt die ausscheidenden Beteiligten unangemessen, was zur Unwirksamkeit dieser Satzungsbestimmungen führt (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB), womit die weiteren Einwendungen der Beklagten gegen die Wirksamkeit der Regelung dahinstehen können.
60 
Im Verhältnis der Parteien zueinander ist allein auf eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB abzustellen (§ 310 Abs. 1 S. 1 BGB). Gegenstand der Inhaltskontrolle ist der ggf. durch Auslegung zu ermittelnde objektive Inhalt der Klausel, wobei von einer überindividuellen - generalisierenden Betrachtung auszugehen ist (BGHZ 110, 244). Unangemessen ist eine benachteiligende Klausel, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich die eigenen Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGHZ 90, 280, 284). Bei der Angemessenheitsprüfung ist der gesamte Vertragsinhalt einschließlich der Individualvereinbarung zu berücksichtigen.
61 
Nach diesen Grundsätzen ist nachfolgend festzustellen:
62 
a) Die Satzung der Klägerin sieht in § 23 Abs. 2 vor, sämtliche aus dem beendeten Beteiligungsverhältnis des ausscheidenden Beteiligten möglicherweise folgenden Leistungsverpflichtungen der Klägerin gegenüber den Versicherten durch Zahlung eines zu ermittelnden Barwerts auszufinanzieren. Mit dem Ausscheiden des Beteiligten werden sonach sämtliche auf seine Beteiligung zurückgehenden zukünftigen Leistungsansprüche der Bezugsberechtigten aus der Umlagefinanzierung herausgelöst und auf eine kapitalgedeckte Finanzierung umgestellt (vgl. auch § 23 Abs. 5 S. 1, S. 2 VBLS). Eine Berücksichtigung der vom Beteiligten im Beteiligungszeitraum gezahlten Umlagen und Sanierungsgelder findet nicht statt.
63 
b) An einer an das Ausscheiden des Beteiligten geknüpften Finanzierungsregelung für bei der Klägerin verbleibende Versicherungslasten hat die Klägerin zunächst ein berechtigtes Interesse. Eine solche Regelung weicht im Grundsatz auch weder von einer gesetzlichen Regelung und deren wesentlichen Grundgedanken ab, noch wird hierdurch grundsätzlich die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet (§ 307 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 BGB).
64 
Das Interesse der Klägerin an einer solchen Finanzierungsregelung zeigt sich unmittelbar bei der Kontrollüberlegung, dass alle Beteiligten gleichzeitig ausscheiden. Im Umlagefinanzierungssystem ist das Ausscheiden des Beteiligten an sich systemwidrig. Folgerichtig hat die Umlagefinanzierung nach der Satzung der Klägerin die dem beitretenden Beteiligten erkennbare Grundlage, dass der Fortbestand und Verbleib des Beteiligten mit einer Mindestzahl von Versicherten gesichert ist (vgl. §§ 20 Abs. 2, 22 Abs. 3 VBLS).
65 
Eine dispositive gesetzliche Regelung im Gesetz über den Versicherungsvertrag in der Fassung bis zum 31.12.2008 (VVG a.F.), von der die Satzung der Klägerin mit einer an das Ausscheiden des Beteiligten geknüpften Finanzierungsregelung abweicht, existiert nicht. Der umlagefinanzierte Gruppenlebensversicherungsvertrag nach den Satzungsbestimmungen der Klägerin findet in den Vorschriften der §§ 159 ff. VVG a.F. kein Vorbild; im Gegenteil wird privatversicherungsrechtlich eine kapitalgedeckt finanzierte Lebensversicherung zugrunde gelegt (vgl. den das Kapitaldeckungsverfahren voraussetzenden § 174 VVG a.F.).
66 
Eine im Ausscheidensfalle des Beteiligten eingreifende, im erkennbaren Interesse der Klägerin stehende Finanzierungsregelung schränkt grundsätzlich wesentliche Rechte und Pflichten der Vertragspartner, die sich aus der Natur des Gruppenversicherungsvertrags ergeben auch nicht so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Zwar gilt auch für den Gruppenversicherungsvertrag im Umlagesystem das sog. Versicherungsprinzip, gesetzlich verankert in § 1 VVG a.F., wonach der Versicherer ein bestimmtes Risiko absichert und im Versicherungsfall bei einer Personenversicherung die vereinbarte Leistung bewirkt (§ 1 Abs. 1 S. 2 VVG a.F.), der Versicherungsnehmer dies durch Zahlung der vereinbarten Prämie entgeltet (§ 1 Abs. 2 S. 1 VVG a.F.). Soweit die Klägerin dem entgegenhält, angesichts des Umlageverfahrens mit seiner solidarischen Komponente unabhängig von individuellen Risiken finde das Versicherungsprinzip keine Anwendung, verkennt die Klägerin den Prämiencharakter der vom Beteiligten erbrachten, im Synallagma stehenden Umlagen und Sanierungsgelder. Bei den ähnlichen Beiträgen der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (§ 24 VAG) hat der Gesetzgeber deren Prämiencharakter sogar ausdrücklich bestimmt (vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 VVG a.F.). Auch kann die Klägerin nicht mit dem Argument durchdringen, die Finanzierungsbeiträge des Beteiligten könnten einem konkreten Versicherten oder den Versicherten des Beteiligten als Gruppe nicht zugerechnet werden. Die Umlagefinanzierung der Satzung der Klägerin selbst geht immanent von einem Prämiencharakter der Finanzierungsbeiträge mit individueller Zurechenbarkeit aus, wie die Regelungen der §§ 63 Abs. 2 S. 3, 64 Abs. 5 S. 2 VBLS und der Ausführungsbestimmungen IX Abs. 1 S. 3 belegen. Jedoch wird das Versicherungsprinzip und damit der Vertragszweck nicht durch jede im Ausscheidensfall begründete weitere Finanzierungsregelung gefährdet, nachdem der Ausscheidensfall für die Vertragsparteien im Umlagefinanzierungssystem nach der Satzung der Klägerin die auch den Beteiligten erkennbare Grundlage der Prämienbestimmung in Form der Umlagen während der Beteiligung stört.
67 
Im Ergebnis kann sich die Klägerin auf ein berechtigtes Interesse daran berufen, im Spannungsverhältnis zwischen künftig ausbleibenden Beitragszahlungen des ausscheidenden Beteiligten und bereits bestehenden Rentenlasten bzw. Anwartschaften eine Abwicklungsmodalität zu finden, die die Folgen des Ausscheidens nicht der Klägerin und damit mittelbar den übrigen Beteiligten allein aufbürdet.
68 
c) Auf Seiten der ausscheidenden Beteiligten ist hingegen das Interesse zu berücksichtigen, dass durch die Ausgestaltung der Beendigungsfolgen die zulässige, auch gesetzlich grs. vorgesehene (§ 8 Abs. 2 VVG a.F.) Kündigungsmöglichkeit nicht übermäßig behindert wird und dass die geleisteten Prämien in Form der Umlagen und Sanierungsgelder, mit denen der Versicherungsschutz bereits im Grundsatz erworben ist, nicht unberücksichtigt bleiben.
69 
d) In der Abwägung dieser Interessen benachteiligt die Regelung des § 23 Abs. 2 VBLS in den seit 01.01.1995 geltenden Fassungen den ausscheidenden Beteiligten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, da sie beim Ausscheiden eines Beteiligten die von der Klägerin übernommenen, versicherten Risiken einer durch die Gegenwertberechnung eigenständigen, vom Ausscheidenden aufzubringenden und auf dem Prinzip der Kapitaldeckung beruhenden Finanzierung unterstellt, ohne in irgend einer Weise die bisher im Umlagesystem vom Beteiligten geleisteten Zahlungen (Prämien) zu berücksichtigen. Dieser von der Satzung der Klägerin angeordnete Systemwechsel in der Finanzierung der versicherten Risiken bei Ausscheiden eines Beteiligten unter Außerachtlassen der bereits gezahlten Prämien ist nicht durch das Umlagefinanzierungssystem der Klägerin im bestehenden Beteiligungsverhältnis gerechtfertigt.
70 
aa) Es existieren zur Finanzierung von Versicherungssysteme verschiedene Arten von Systemen, die sich vergröbernd wie folgt darstellen lassen:
71 
Beim Umlageverfahren wird vom Zahlungsverpflichteten jährlich der Betrag erhoben, der für die anfallenden Leistungen benötigt wird. Charakteristisch für dieses Verfahren sind daher zum einen das Fehlen eines Zinsertrages, da die eingehenden Beiträge sofort zur Deckung der Ausgaben verwendet werden, zum anderen das Ansteigen der Belastung. In den ersten Jahren ist von einem eintretenden Beteiligten praktisch nichts zu zahlen, weil insbesondere bei Erfüllung einer Wartezeit als Voraussetzung für den Leistungsanspruch im Versicherungsfall - zunächst keine Ansprüche bestehen. Mit Zunahme der Leistungsfälle steigt dann der Finanzbedarf an. Je nach Zeitpunkt der Betrachtung ergibt sich daher für einen Beteiligten ein erhebliches negatives bzw. positives Saldo im Verhältnis der gezahlten Beiträge zu den ausbezahlten Renten. Dem System inhärent ist auch die Notwendigkeit ständig nachrückender neuer Beitragszahler, die wiederum die Renten für die ausgeschiedene Generation zahlen; das Ausscheiden einzelner Beteiligter ist daher eigentlich systemwidrig.
72 
Das Abschnittsdeckungsverfahren - wie es bei der Klägerin unter Berücksichtigung des verfügbaren Vermögens (§ 61 Abs. 1 VBLS) praktiziert wird - ist ein Unterfall des Umlageverfahrens, wobei allerdings die Prämie für einen Zeitraum von z.B. fünf oder zehn Jahre (§ 62 VBLS: 5 Jahre) im voraus festgesetzt wird und insoweit eine kurzfristige Kapitalbildung mit beschränkten Zinserträgen anfällt, die den Prämiensatz im Abschnitt verstetigen soll.
73 
Das Kapitaldeckungsverfahren hingegen beruht darauf, das durch die zu zahlenden Beiträge Kapital angesammelt wird, das bei Rentenbeginn bereitgestellt wird. Die Deckung der voraussichtlichen Kosten erfolgt daher über die Ansammlung von Kapital und nicht über neue Beiträge. Erhebliche Kapitalstöcke sowie Zinseinnahmen sind hiervon die Folge.
74 
bb) Scheidet ein Beteiligter aus einem umlagefinanzierten System, wie die Klägerin es betreibt, aus, gibt es aber - wie bereits in der mündlichen Verhandlung von der Kammer zur Diskussion gestellt (§ 139 IV ZPO) - verschiedene denkbare Wege, einen Ausgleich für die weiter bestehenden Versorgungslasten bei der Klägerin zu finden. So könnte der ausscheidende Beteiligte die ihm zuzurechnenden Rentenlasten ganz oder teilweise „mitnehmen“ und eventuell an einen Dritten weiterreichen und die Klägerin so ganz oder teilweise von den Verpflichtungen gegenüber den betroffenen Versicherten befreien. Dies hätte für den Beteiligten den Vorteil, dass er nicht sofort den gesamten Barwert der Rentenlasten auf einen Schlag finanzieren müsste und nur mit den bei der Durchführung der Versorgung tatsächlich anfallenden Kosten belastet würde. Eine Abwandlung dieses Modell könnte darin bestehen, nur die tatsächlichen Rentenlasten durch eine Gegenwertzahlung abzulösen und die Anwartschaften in der beschriebenen Weise zu übernehmen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der ausscheidende Beteiligte alle in der Zukunft anstehenden Rentenleistungen erstattet, die diese nach dem Ausscheiden an Rentenempfänger gezahlt hat. Auch hier müsste nicht der gesamte Barwert auf einmal gezahlt werden. Für die Klägerin würde sich in diesem Fall ein Delkredere-Risiko ergeben, welches die Klägerin aber bei einer fortbestehenden Beteiligung ebenfalls trägt. Grundlegend ist auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, zwar einen Gegenwert zu bestimmen, damit einhergehend aber die gesamten bisherigen Prämienleistungen, soweit hierfür keine Versicherungsleistungen erbracht worden sind (vgl. § 63 Abs. 2 VBLS zur Erstattung rechtsgrundlos geleisteter Prämienzahlung) in Anrechnung zu bringen, quasi das bisherige versicherungsrechtliche Beteiligungsverhältnis rückabzuwickeln im Zusammenhang mit der Neufinanzierung der versicherten Risiken auf kapitalgedeckter Basis zum Gegenwert. Im Rahmen dieser „Rückabwicklungslösung mit Gegenwert“ ist schließlich denkbar, die hier bezeichnete Rückabwicklung zu pauschalieren; etwa dergestalt, die Prämienzahlungen pauschal zu berücksichtigen durch Nichteinbeziehen der Anwartschaften in die Gegenwertberechnung, vergleichbar der Gegenwertermittlung nach § 23 Abs. 2 VBLS - Fassung 1976.
75 
cc) Vor dem Hintergrund der dargestellten verschiedenen Möglichkeiten, die den ausscheidenden Beteiligten unterschiedlich intensiv belasten, aber die Interessen der Klägerin maßgeblich berücksichtigen, erweist sich die Gegenwertregelung des § 23 Abs. 2 VBLS in den Fassungen seit 01.01.1995 als ungemessen, da er den Interessen der Klägerin einseitig den Vorzug gibt.
76 
Die Regelung des § 23 Abs. 2 VBLS sieht für den Fall eines Ausscheidens eines Beteiligten den Wechsel vom bisherigen Umlagesystem in Form des Abschnittsdeckungssystems zu einem Kapitaldeckungssystem vor, da der ausscheidende Beteiligte nunmehr sämtliche - nunmehr individuell zugeordneten - Risiken nach dem Prinzip der Kapitaldeckung auszufinanzieren hat. Dies geschieht ohne Berücksichtigung der vom Beteiligten während der Zeit des Umlageverfahrens geleisteten Umlagenzahlungen. Anders formuliert: Die Regelung blendet dies völlig aus. Damit vereint die Gegenwertregelung die Vorteile der Klägerin aus beiden Systemen. Während der Ansparphase in den ersten Jahren der Beteiligung profitiert die Klägerin vom Umlageverfahren, da der Beteiligte - wie oben dargestellt - systemimmanent volle Umlagen leistet, während auf ihn so gut wie keine Leistungsfälle zurückzuführen sind. Der neue Beteiligte ist in diesem Zeitraum Nettozahler. Scheidet er zu einem späteren Zeitpunkt aus, sorgt die Gegenwertregelung in § 23 VBLS dafür, dass die Klägerin nunmehr in den Genuss der Vorteile des Kapitaldeckungsverfahrens kommt, indem der ausscheidende Beteiligte nunmehr seine Risiken - in Bruch mit dem früher praktizierten Verfahren - sofort und voll ausfinanzieren muss. Eine weitere erhebliche Belastung für den ausscheidenden Beklagten stellt die Tatsache dar, dass der gesamte Gegenwert in einer Zahlung zu leisten ist, was eine erhebliche Kündigungserschwernis darstellt.
77 
Die Nichtberücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht systemgerecht. Zwar sind in der Tat die von einem Beteiligten geleisteten Umlagezahlungen in dem Sinne „verbraucht“, als sie dem Umlagefinanzierungsgedanken folgend für die Rentenzahlungen Dritter verwendet worden sind. Indes vermag die Besonderheit des Umlageverfahrens nichts daran zu ändern, dass der ausscheidende Beteiligte den Versicherungsschutz für seine versicherten Arbeitnehmer im Grundsatz durch die bereits geleisteten Finanzierungsbeiträge erworben hat.
78 
Das einseitige Aufbürden der Probleme und Friktionen des systematisch nicht vorgesehenen, aber rechtlich erlaubten Ausscheidens auf den Beteiligten ist nicht zu rechtfertigen. Der von der Klägerin aufgebrachte Gedanke der „Spurentilgung“ beim Ausscheiden eines Beteiligten hätte es cum grano salis jedenfalls erfordert, nicht nur die für die Klägerin negativen im System hinterlassenen Spuren zu löschen, sondern auch deren positive in irgendeiner Weise zu berücksichtigen. Ob ein vollständiger Ausgleich notwendig ist, kann hier dahinstehen. Jedenfalls ist eine völlige Nichtberücksichtigung mit § 307 Abs. 1 BGB unvereinbar. Aus der Vielzahl der denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten hat die Klägerin im Ergebnis diejenige ausgewählt, die die ausscheidenden Beteiligten allein und finanziell am stärksten belastet und diese sonach unangemessen benachteiligt im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB.
II.
79 
Der Verstoß von § 23 Abs. 2 VBLS in den Fassungen seit 01.01.1995 gegen § 307 Abs. 1 BGB führt zum ersatzlosen Wegfall einer Anspruchsgrundlage, da die Klausel insgesamt unwirksam ist, eine gesetzliche Regelung nicht vorliegt (1.) und auch eine ergänzende Vertragsauslegung, die zu einem entsprechenden Zahlungsanspruch führt, nicht in Betracht kommt (2.).
80 
1. Verstößt der Inhalt einer Klausel von allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen § 307 Abs. 1 BGB, so führt dies wegen des grundsätzlichen Verbots der geltungserhaltenden Reduktion zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel, während der Vertrag im übrigen nach § 306 Abs. 1 BGB wirksam bleibt. Der Inhalt des Vertrages richtet sich dann insoweit nach den gesetzlichen Vorschriften, § 306 Abs. 2 BGB. Das bedeutet in der Regel, dass anstelle der unwirksamen Klausel das dispositive Recht tritt. Eine gesetzliche Regelung für den Fall des Ausscheidens aus einem im Umlageverfahren ausgestalteten Zusatzversorgungssystem ist jedoch nicht vorhanden. Insbesondere finden auf den privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrag keine gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen wie §§ 738, 733, 735 BGB Anwendung.
81 
2. Fehlen für eine Vertragsergänzung geeignete Vorschriften oder Rechtsgrundsätze, ist die Lücke durch ergänzende Vertragauslegung zu füllen (BGHZ 90, 69, 75).
82 
a) Die ergänzende Vertragsauslegung knüpft an den im Vertrag enthaltenen Regelungsplan der Parteien an und versteht diesen als eine Rechtsquelle, aus der unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte Regelungen für offen gebliebene Punkte abgeleitet werden können. Die Vertragauslegung ist jedoch nicht unbeschränkt möglich. Sie muss den Grundsatz der Privatautonomie respektieren und darf nicht zu einer freien richterlichen Rechtsschöpfung ausufern. Hieraus ergibt sich insbesondere die Grenze, dass die ergänzenden Vertragsauslegung dann, wenn eine Regelungslücke in verschiedener Weise geschlossen werden kann und keine besonderen Anhaltspunkte dafür bestehen, für welche Alternative sich die Parteien entschieden hätten, ausgeschlossen ist (vgl. BGHZ 54, 106, 115).
83 
b) So verhält es sich hier. Für eine Neugestaltung der Folgen des Ausscheidens eines Beteiligten aus der Klägerin ohne unangemessene Benachteiligung lassen sich - wie oben dargestellt - mehrere Varianten denken. Angesichts der Vielzahl der möglichen Ausgestaltungen und der fehlenden Anhaltspunkte hinsichtlich des Willens der Vertragsparteien hat die Kammer keine ausreichenden Grundlagen für eine ergänzende Vertragauslegung.
84 
c) Ob die Parteien unter diesen Umständen zumindest eine Rückkehr zu der beim Eintritt der Beklagten geltenden Regelungen (§ 23 Abs. 2 VBLS - Fassung 1967) vereinbart hätten, wonach der Gegenwert nur auf Basis der Leistungsempfänger und ohne Anwartschaften berechnet wurde, also nur für die bereits bestehenden, aktuellen Rentenlasten ein Ausgleich zu gewähren war, kann dahinstehen, da ausweislich des Gegenwertgutachtens (Anlage K 2) auf die Leistungsempfänger lediglich ein Gegenwert in Höhe von 4.556.466,61 EUR entfällt, die Beklagte aber bereits mehr als 15.000.000,00 EUR an die Klägerin gezahlt hat.
III.
85 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.

Gründe

 
48 
Die zulässige Klage erweist sich als nicht begründet, weil § 23 Abs. 2 VBLS in seinen Fassungen seit der 27. Satzungsänderung (seit 01.01.1995) nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist (I.) und weder eine gesetzliche Regelung der Rechtsfolgen des Ausscheidens der Beklagten bei der Klägerin eingreift, noch eine die Klageforderung begründende ergänzende Vertragsauslegung möglich ist (II.).
I.
49 
Die der Klageforderung zugrunde liegende Regelung in § 23 Abs. 2 VBLS in den Fassungen seit 01.01.1995 benachteiligt die Beteiligten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist unwirksam nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.
50 
1. Auf das zwischen den Parteien erst zum 31.12.2003 beendete Dauerschuldverhältnis eines privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrags(vgl. dazu BGHZ 142, 103, 105 ff. m.w.N.) in Form der Beteiligung der Beklagten bei der Klägerin finden die §§ 305 ff BGB in ihrer Fassung nach der Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 Anwendung anstelle des AGB-Gesetzes (Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB).
51 
2. Die als allgemeine Geschäftsbedingung nach § 305 Abs. 1 BGB zu qualifizierende Regelung des § 23 Abs. 2 VBLS unterliegt der uneingeschränkten Inhaltskontrolle.
52 
a) § 23 Abs. 2 VBLS ist der Inhaltskontrolle weder direkt nach § 310 Abs. 4 S. 1 BGB noch nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB i.V.m. § 310 Abs. 4 S. 3 BGB entzogen. Soweit der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 14.11.2007 (BGHZ 174, 127-179) andeutet, aber dahinstehen lässt, ob den Satzungsbestimmungen der Klägerin im Verhältnis zu den Versicherten eine mit dem Verbot der Inhaltskontrolle einhergehende tarifvertragsgleiche Wirkung zuzugestehen ist, sieht die Kammer hierin keinerlei Ansatz für eine entsprechende Sichtweise bei den hier zur Beurteilung anstehenden Satzungsbestimmungen der Klägerin im Verhältnis zu den Beteiligten. Vielmehr ist von Folgendem auszugehen: Tarifvertragliche Regelungen sind der AGB-Kontrolle entzogen, weil der Gesetzgeber diesen mit Blick auf die Gewährleistungen des Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG in den Grenzen der Tarifmacht die Wirkung von Rechtsnormen zuerkannt (§ 4 Abs. 1 TVG), also Rechtssetzungsmacht auf die Tarifvertragsparteien delegiert hat. Diese Rechtsnormwirkung von Tarifverträgen zwischen beiderseits Tarifgebundenen wird unmittelbar und zwingend durch § 4 Abs. 2 TVG auch auf die Satzung einer im Tarifvertrag vorgesehenen und geregelten gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien sowie auf das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern erstreckt. Allenfalls in diesem Kontext können - nach Auffassung der Kammer - die Satzungsbestimmungen einer Zusatzversorgungseinrichtung im Verhältnis zu den Beteiligten als „tarifvertragliche Regelungen“ der AGB-Kontrolle nach § 310 Abs. 4 S. 1 / S. 3 BGB entzogen sein. Die Klägerin ist aber keine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien. Die Beitragspflicht eines Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes als Beteiligter der Klägerin ist zwar im Zusatzversorgungstarifvertrag geregelt, aber nur als Tarifvertrag zugunsten Dritter (vgl. Löwisch/Rieble, Tarifvertragsgesetz, 2. Aufl. 2004, § 4 Rz. 180).
53 
b) Die Bestimmung des § 23 Abs. 2 VBLS ist ebenso nicht der Inhaltskontrolle entzogen unter Berücksichtigung eines fortwirkenden Schutzes der nach Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG geschützten Tarifautonomie. Der Bundesgerichtshof (vgl. BGHZ 174, 127-179) erachtet es in ständiger Rechtsprechung als notwendig, Satzungsregelungen von der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle auszunehmen, insoweit sie auf einer maßgeblichen Grundentscheidung der Tarifpartner beruhen. Bei der Umsetzung und inhaltlichen Ausgestaltung solcher Grundentscheidungen genießt der Satzungsgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit, die die Gerichte zu respektieren haben zum Schutz der den Tarifvertragsparteien durch die Tarifautonomie für ihre Grundentscheidungen eröffneten besonderen Beurteilungs-, Bewertungs- und Gestaltungsspielräume. Eine solche Grundentscheidung der Tarifvertragsparteien des Tarifvertrags über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (ATV) für eine Gegenwertzahlung des ausscheidenden Beteiligten besteht nicht. Der ATV verhält sich zu einer Gegenwertverpflichtung oder einer sonstigen Ausgleichsverpflichtung anlässlich des Ausscheidens eines Beteiligten bei einer Zusatzversorgungseinrichtung nicht.
54 
Nach § 15 Abs. 1 S. 1 ATV regelt die jeweilige Zusatzversorgungseinrichtung die Finanzierung der Pflichtversicherung vielmehr eigenständig. §§ 15 Abs. 1 S. 2, 16 ATV setzen zwar ein - schrittweise durch kapitalgedeckte Finanzierung ablösbares - Umlagefinanzierungsmodell voraus, treffen aber keinerlei Aussage zu Finanzierungsverpflichtungen des Beteiligten bei Ausscheiden aus einer Zusatzversorgungseinrichtung. Die von der Klägerin aufgestellte Behauptung, die Umlagefinanzierung im modifizierten Abschnittsdeckungsverfahren ziehe die Gegenwertverpflichtung bei Ausscheiden eines Beteiligten systemkonsequent nach sich, ist angesichts der Vielzahl von denkbaren Gestaltungen (z.B. „Erstattungsmodell“) - wie nachstehend noch weiter auszuführen sein wird - im Hinblick auf etwaige nicht ausfinanzierte zurückbleibende Lasten für die Umlagegemeinschaft bei Ausscheiden eines Beteiligten unhaltbar. Sonach geht die nach § 23 Abs. 2 VBLS vorgesehene Gegenwertverpflichtung auch nicht mit einer etwaigen ursprünglichen Grundsatzentscheidung der Tarifpartner für ein Umlageverfahren einher. Soweit die Klägerin andeutet, die Gegenwertregelung stehe mit Beschlüssen der Tarifpartner im Einklang, genügt dies nicht, um eine tarifvertragliche Grundentscheidung schlüssig darzulegen. Derartige Grundentscheidungen genießen den Schutz der Tarifautonomie nur, soweit es sich um Tarifverträge nach § 1 TVG handelt. Eine tarifvertragliche Umsetzung, die der Schriftform bedarf (§ 1 Abs. 2 TVG), hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Schließlich dringt die Klägerin an dieser Stelle auch nicht mit dem Argument durch, die Finanzierungsregelungen seien tarifvertraglich vorgegeben, denn sie müssten „spiegelbildlich“ zu den aus dem Tarifvertrag folgenden Leistungsregelungen für die Versicherten nachempfunden werden. Abgesehen davon, dass der ATV der Klägerin - mit Ausnahme der §§ 17, 37 ATV (Sanierungsgelder, Sonderregelungen für die VBL) - keine Finanzierungsvorgaben macht (vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 ATV), genügt eine nicht andeutungsweise im ATV zum Ausdruck gekommene, den Tarifparteien - nach dem Vortrag der Klägerin - im Rahmen der Änderungen im Leistungsbereich der Zusatzversorgung vorschwebende Finanzierungssicherung durch Gegenwertzahlung im Falle des Ausscheidens eines Beteiligten nicht der für die tarifvertragliche Umsetzung einer „Grundentscheidung“ erforderlichen Schriftform (§ 1 Abs. 2 TVG).
55 
c) Die Regelung des § 23 Abs. 2 VBLS stellt sodann keine Preisvereinbarung dar, die nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB einer Inhaltskontrolle entzogen wäre.
56 
„Preisvereinbarungen“ unterliegen nicht der Inhaltskontrolle, soweit sie Art und Umfang der Gegenleistung unmittelbar regeln. Denn die Festlegung des unmittelbaren Gegenstandes der Hauptleistungspflichten als Teil der essentialia negotii ist grundsätzlich Sache der Vertragsparteien und der gerichtlichen Nachprüfung entzogen. Der Inhaltskontrolle unterworfen hingegen sind sog. „Preisnebenabreden“, die sich zwar mittelbar auf die Gegenleistung auswirken, an deren Stelle aber bei Fehlen einer wirksamen vertraglichen Regelung dispositives Gesetzesrecht treten kann (vgl. BGHZ 106, 46).
57 
§ 23 Abs. 2 VBLS ist keine Preisklausel im vorstehenden Sinne, sondern allenfalls als Preisnebenabrede zu qualifizieren. Die Gegenwertverpflichtung des ausscheidenden Beteiligten nach der Satzung der Klägerin stellt keine im Synallagma stehende Hauptleistungspflicht dar. Soweit die Klägerin auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs v. 07.05.1997 (BGHZ 135, 333) abstellt und darin eine Bestätigung des Gegenwerts als „Gegenleistung“ im Sinne der den Beteiligten obliegenden Hauptleistungspflichten erkennt, vermag die Kammer dies nicht im Ansatz nachzuvollziehen. Aber auch der Verweis der Beklagten auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur steuerrechtlichen Qualifikation des Gegenwerts ist ohne Relevanz, denn die steuerrechtliche Qualifikation als Arbeitslohn nach § 2 Abs. 1 LStDV, § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG fragt allein danach, ob die Gegenleistung dem Versicherten als Arbeitnehmer durch den Beteiligten als Arbeitgeber im Rahmen der Einkunftsart nichtselbständige Arbeit, also veranlasst durch die Beschäftigung des Versicherten zugewandt wird (§§ 8 Abs. 1, 19 Abs. 1 EStG). Nach dem Vertragsverhältnis der Klägerin zu ihren Beteiligten sind allein die Umlage und das Sanierungsgeld die sich unmittelbar ergebenden, im Synallagma zur Übernahme des Versicherungsrisikos durch die Klägerin stehenden Gegenleistungen, die insoweit mit der Versicherungsprämie gleichzusetzen sind. In dem als privatrechtlicher Gruppenversicherungsvertrag zu qualifizierenden Vertragsverhältnis (Beteiligungsvereinbarung i.V.m. VBLS) versichern die Beteiligten als Versicherungsnehmer (§§ 19, 24 Abs. 2 S. 1 VBLS) bei der Klägerin als Versicherer (§ 2 Abs. 1 VBLS) sämtliche Arbeitnehmer (ohne Rücksicht auf die individuellen Risiken), die nach dem ATV zu versichern sind (§ 20 Abs. 1 S. 3 VBLS). Die Klägerin, die im Versicherungsfall gegenüber den Bezugsberechtigten die Versicherungsleistungen erbringt (§§ 24 Abs. 2 S. 4, 25 VBLS), übernimmt nach dem Versicherungsvertrag gegenüber den Beteiligten die versicherten Risiken - unabhängig vom Fortbestand und Verbleib der Beteiligten bei der Klägerin. Der Beteiligte trägt im Gegenzug die sich nach §§ 21 Abs. 1 S. 1, 63 Abs. 1, 60 Abs. 1 VBLS ergebende Finanzierungspflicht, die im praktizierten Umlagesystem auf Zahlung der Umlage und im Abrechnungsverband West weiterhin auf Zahlung des Sanierungsgeldes gerichtet ist. Bei der Gegenwertforderung handelt es sich dem gegenüber vielmehr um eine entschädigungs- oder aufwandsersatzähnliche Zahlungsverpflichtung anlässlich der Beendigung des Beteiligungsverhältnisses. Mit dem Ausscheiden des Beteiligten enden die Pflichtversicherungen der beim Beteiligten im Arbeitsverhältnis stehenden Beschäftigten (§ 23 Abs. 1 S. 1 VBLS): neue zu versichernde Risiken können vom Beteiligten bei der Klägerin nicht mehr eingebracht werden; der ausscheidende Beteiligte ist keinen Finanzierungspflichten nach §§ 63 Abs. 1, 60 Abs. 1 VBLS mehr unterworfen; hinsichtlich im Ausscheidezeitpunkt eingetretener Versicherungsfälle (§§ 33 ff. VBLS) verbleibt es bei der Verpflichtung der Klägerin zur Erbringung der Versicherungsleistungen; im übrigen bleiben die Personenversicherungen als beitragsfreie Versicherung bestehen (§ 30 Abs. 1 VBLS). Die Gegenwertforderung wird - nachdem die Umlagefinanzierung der Klägerin aber den Fortbestand und Verbleib des Beteiligten mit einer Mindestzahl von Versicherten zur Grundlage hat (vgl. §§ 20 Abs. 2, 22 Abs. 3 VBLS), ein Ausscheiden des Beteiligten daher an sich systemwidrig ist - zur Deckung der weiter von der Klägerin zu erbringenden Versicherungsleistungen gegenüber den Versicherten (§§ 30 Abs. 1, 33 ff. VBLS) erhoben. Der Charakter der Gegenwertforderung als Aufwandsersatz oder Entschädigung für bei der Klägerin verbleibende - nicht „ausfinanzierte“ - Versicherungslasten wird auch durch die Berechnungsmodalität des Gegenwertes bestätigt, der sich nicht nach dem Barwert der in Zukunft entgehenden Umlagen des ausscheidenden Beteiligten bemisst, sondern am Barwert der in der Vergangenheit begründeten Rentenverpflichtungen und Anwartschaften orientiert ist.
58 
Wie auch § 308 Nr. 7 b BGB zeigt, können Klauseln über Aufwendungsersatz aus Anlass der Beendigung und Abwicklung von Verträgen einem Klauselverbot mit Wertungsmöglichkeit unterliegen, sind also nicht als von der Inhaltskontrolle ausgeschlossene Preisklauseln zu bewerten. Hinzu kommt schließlich, dass der beitretende Beteiligte der Ausgestaltung einer derartigen Regelung anlässlich der Beendigung eines Vertragsverhältnisses regelmäßig nicht die gleiche Aufmerksamkeit widmet wie der Ausgestaltung der grundlegenden Vertragsbestimmungen hinsichtlich der Hauptleistungspflicht, hier der Höhe und der Modalitäten der Finanzierungsbeiträge nach § 63 Abs. 1 VBLS. Dies gilt umso mehr, als das umlagefinanzierte System der Klägerin auf dauerhafte Beteiligung angelegt ist, ein Austreten einzelner Beteiligter systemfremd ist und angesichts des Ziels der Alterssicherung der Arbeitnehmer die Beteiligten beim Eintritt regelmäßige keine kurzfristige Mitgliedschaft, sondern eine langfristige Bindung anstreben und so die Modalitäten und Folgen einer Beendigung der Mitgliedschaft nicht im Mittelpunkt des Interesses stehen.
59 
3. Die Regelung in § 23 Abs. 2 VBLS in den Fassungen seit 01.01.1995 benachteiligt die ausscheidenden Beteiligten unangemessen, was zur Unwirksamkeit dieser Satzungsbestimmungen führt (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB), womit die weiteren Einwendungen der Beklagten gegen die Wirksamkeit der Regelung dahinstehen können.
60 
Im Verhältnis der Parteien zueinander ist allein auf eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB abzustellen (§ 310 Abs. 1 S. 1 BGB). Gegenstand der Inhaltskontrolle ist der ggf. durch Auslegung zu ermittelnde objektive Inhalt der Klausel, wobei von einer überindividuellen - generalisierenden Betrachtung auszugehen ist (BGHZ 110, 244). Unangemessen ist eine benachteiligende Klausel, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich die eigenen Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGHZ 90, 280, 284). Bei der Angemessenheitsprüfung ist der gesamte Vertragsinhalt einschließlich der Individualvereinbarung zu berücksichtigen.
61 
Nach diesen Grundsätzen ist nachfolgend festzustellen:
62 
a) Die Satzung der Klägerin sieht in § 23 Abs. 2 vor, sämtliche aus dem beendeten Beteiligungsverhältnis des ausscheidenden Beteiligten möglicherweise folgenden Leistungsverpflichtungen der Klägerin gegenüber den Versicherten durch Zahlung eines zu ermittelnden Barwerts auszufinanzieren. Mit dem Ausscheiden des Beteiligten werden sonach sämtliche auf seine Beteiligung zurückgehenden zukünftigen Leistungsansprüche der Bezugsberechtigten aus der Umlagefinanzierung herausgelöst und auf eine kapitalgedeckte Finanzierung umgestellt (vgl. auch § 23 Abs. 5 S. 1, S. 2 VBLS). Eine Berücksichtigung der vom Beteiligten im Beteiligungszeitraum gezahlten Umlagen und Sanierungsgelder findet nicht statt.
63 
b) An einer an das Ausscheiden des Beteiligten geknüpften Finanzierungsregelung für bei der Klägerin verbleibende Versicherungslasten hat die Klägerin zunächst ein berechtigtes Interesse. Eine solche Regelung weicht im Grundsatz auch weder von einer gesetzlichen Regelung und deren wesentlichen Grundgedanken ab, noch wird hierdurch grundsätzlich die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet (§ 307 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 BGB).
64 
Das Interesse der Klägerin an einer solchen Finanzierungsregelung zeigt sich unmittelbar bei der Kontrollüberlegung, dass alle Beteiligten gleichzeitig ausscheiden. Im Umlagefinanzierungssystem ist das Ausscheiden des Beteiligten an sich systemwidrig. Folgerichtig hat die Umlagefinanzierung nach der Satzung der Klägerin die dem beitretenden Beteiligten erkennbare Grundlage, dass der Fortbestand und Verbleib des Beteiligten mit einer Mindestzahl von Versicherten gesichert ist (vgl. §§ 20 Abs. 2, 22 Abs. 3 VBLS).
65 
Eine dispositive gesetzliche Regelung im Gesetz über den Versicherungsvertrag in der Fassung bis zum 31.12.2008 (VVG a.F.), von der die Satzung der Klägerin mit einer an das Ausscheiden des Beteiligten geknüpften Finanzierungsregelung abweicht, existiert nicht. Der umlagefinanzierte Gruppenlebensversicherungsvertrag nach den Satzungsbestimmungen der Klägerin findet in den Vorschriften der §§ 159 ff. VVG a.F. kein Vorbild; im Gegenteil wird privatversicherungsrechtlich eine kapitalgedeckt finanzierte Lebensversicherung zugrunde gelegt (vgl. den das Kapitaldeckungsverfahren voraussetzenden § 174 VVG a.F.).
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Eine im Ausscheidensfalle des Beteiligten eingreifende, im erkennbaren Interesse der Klägerin stehende Finanzierungsregelung schränkt grundsätzlich wesentliche Rechte und Pflichten der Vertragspartner, die sich aus der Natur des Gruppenversicherungsvertrags ergeben auch nicht so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Zwar gilt auch für den Gruppenversicherungsvertrag im Umlagesystem das sog. Versicherungsprinzip, gesetzlich verankert in § 1 VVG a.F., wonach der Versicherer ein bestimmtes Risiko absichert und im Versicherungsfall bei einer Personenversicherung die vereinbarte Leistung bewirkt (§ 1 Abs. 1 S. 2 VVG a.F.), der Versicherungsnehmer dies durch Zahlung der vereinbarten Prämie entgeltet (§ 1 Abs. 2 S. 1 VVG a.F.). Soweit die Klägerin dem entgegenhält, angesichts des Umlageverfahrens mit seiner solidarischen Komponente unabhängig von individuellen Risiken finde das Versicherungsprinzip keine Anwendung, verkennt die Klägerin den Prämiencharakter der vom Beteiligten erbrachten, im Synallagma stehenden Umlagen und Sanierungsgelder. Bei den ähnlichen Beiträgen der Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (§ 24 VAG) hat der Gesetzgeber deren Prämiencharakter sogar ausdrücklich bestimmt (vgl. § 1 Abs. 2 S. 1 VVG a.F.). Auch kann die Klägerin nicht mit dem Argument durchdringen, die Finanzierungsbeiträge des Beteiligten könnten einem konkreten Versicherten oder den Versicherten des Beteiligten als Gruppe nicht zugerechnet werden. Die Umlagefinanzierung der Satzung der Klägerin selbst geht immanent von einem Prämiencharakter der Finanzierungsbeiträge mit individueller Zurechenbarkeit aus, wie die Regelungen der §§ 63 Abs. 2 S. 3, 64 Abs. 5 S. 2 VBLS und der Ausführungsbestimmungen IX Abs. 1 S. 3 belegen. Jedoch wird das Versicherungsprinzip und damit der Vertragszweck nicht durch jede im Ausscheidensfall begründete weitere Finanzierungsregelung gefährdet, nachdem der Ausscheidensfall für die Vertragsparteien im Umlagefinanzierungssystem nach der Satzung der Klägerin die auch den Beteiligten erkennbare Grundlage der Prämienbestimmung in Form der Umlagen während der Beteiligung stört.
67 
Im Ergebnis kann sich die Klägerin auf ein berechtigtes Interesse daran berufen, im Spannungsverhältnis zwischen künftig ausbleibenden Beitragszahlungen des ausscheidenden Beteiligten und bereits bestehenden Rentenlasten bzw. Anwartschaften eine Abwicklungsmodalität zu finden, die die Folgen des Ausscheidens nicht der Klägerin und damit mittelbar den übrigen Beteiligten allein aufbürdet.
68 
c) Auf Seiten der ausscheidenden Beteiligten ist hingegen das Interesse zu berücksichtigen, dass durch die Ausgestaltung der Beendigungsfolgen die zulässige, auch gesetzlich grs. vorgesehene (§ 8 Abs. 2 VVG a.F.) Kündigungsmöglichkeit nicht übermäßig behindert wird und dass die geleisteten Prämien in Form der Umlagen und Sanierungsgelder, mit denen der Versicherungsschutz bereits im Grundsatz erworben ist, nicht unberücksichtigt bleiben.
69 
d) In der Abwägung dieser Interessen benachteiligt die Regelung des § 23 Abs. 2 VBLS in den seit 01.01.1995 geltenden Fassungen den ausscheidenden Beteiligten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, da sie beim Ausscheiden eines Beteiligten die von der Klägerin übernommenen, versicherten Risiken einer durch die Gegenwertberechnung eigenständigen, vom Ausscheidenden aufzubringenden und auf dem Prinzip der Kapitaldeckung beruhenden Finanzierung unterstellt, ohne in irgend einer Weise die bisher im Umlagesystem vom Beteiligten geleisteten Zahlungen (Prämien) zu berücksichtigen. Dieser von der Satzung der Klägerin angeordnete Systemwechsel in der Finanzierung der versicherten Risiken bei Ausscheiden eines Beteiligten unter Außerachtlassen der bereits gezahlten Prämien ist nicht durch das Umlagefinanzierungssystem der Klägerin im bestehenden Beteiligungsverhältnis gerechtfertigt.
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aa) Es existieren zur Finanzierung von Versicherungssysteme verschiedene Arten von Systemen, die sich vergröbernd wie folgt darstellen lassen:
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Beim Umlageverfahren wird vom Zahlungsverpflichteten jährlich der Betrag erhoben, der für die anfallenden Leistungen benötigt wird. Charakteristisch für dieses Verfahren sind daher zum einen das Fehlen eines Zinsertrages, da die eingehenden Beiträge sofort zur Deckung der Ausgaben verwendet werden, zum anderen das Ansteigen der Belastung. In den ersten Jahren ist von einem eintretenden Beteiligten praktisch nichts zu zahlen, weil insbesondere bei Erfüllung einer Wartezeit als Voraussetzung für den Leistungsanspruch im Versicherungsfall - zunächst keine Ansprüche bestehen. Mit Zunahme der Leistungsfälle steigt dann der Finanzbedarf an. Je nach Zeitpunkt der Betrachtung ergibt sich daher für einen Beteiligten ein erhebliches negatives bzw. positives Saldo im Verhältnis der gezahlten Beiträge zu den ausbezahlten Renten. Dem System inhärent ist auch die Notwendigkeit ständig nachrückender neuer Beitragszahler, die wiederum die Renten für die ausgeschiedene Generation zahlen; das Ausscheiden einzelner Beteiligter ist daher eigentlich systemwidrig.
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Das Abschnittsdeckungsverfahren - wie es bei der Klägerin unter Berücksichtigung des verfügbaren Vermögens (§ 61 Abs. 1 VBLS) praktiziert wird - ist ein Unterfall des Umlageverfahrens, wobei allerdings die Prämie für einen Zeitraum von z.B. fünf oder zehn Jahre (§ 62 VBLS: 5 Jahre) im voraus festgesetzt wird und insoweit eine kurzfristige Kapitalbildung mit beschränkten Zinserträgen anfällt, die den Prämiensatz im Abschnitt verstetigen soll.
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Das Kapitaldeckungsverfahren hingegen beruht darauf, das durch die zu zahlenden Beiträge Kapital angesammelt wird, das bei Rentenbeginn bereitgestellt wird. Die Deckung der voraussichtlichen Kosten erfolgt daher über die Ansammlung von Kapital und nicht über neue Beiträge. Erhebliche Kapitalstöcke sowie Zinseinnahmen sind hiervon die Folge.
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bb) Scheidet ein Beteiligter aus einem umlagefinanzierten System, wie die Klägerin es betreibt, aus, gibt es aber - wie bereits in der mündlichen Verhandlung von der Kammer zur Diskussion gestellt (§ 139 IV ZPO) - verschiedene denkbare Wege, einen Ausgleich für die weiter bestehenden Versorgungslasten bei der Klägerin zu finden. So könnte der ausscheidende Beteiligte die ihm zuzurechnenden Rentenlasten ganz oder teilweise „mitnehmen“ und eventuell an einen Dritten weiterreichen und die Klägerin so ganz oder teilweise von den Verpflichtungen gegenüber den betroffenen Versicherten befreien. Dies hätte für den Beteiligten den Vorteil, dass er nicht sofort den gesamten Barwert der Rentenlasten auf einen Schlag finanzieren müsste und nur mit den bei der Durchführung der Versorgung tatsächlich anfallenden Kosten belastet würde. Eine Abwandlung dieses Modell könnte darin bestehen, nur die tatsächlichen Rentenlasten durch eine Gegenwertzahlung abzulösen und die Anwartschaften in der beschriebenen Weise zu übernehmen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der ausscheidende Beteiligte alle in der Zukunft anstehenden Rentenleistungen erstattet, die diese nach dem Ausscheiden an Rentenempfänger gezahlt hat. Auch hier müsste nicht der gesamte Barwert auf einmal gezahlt werden. Für die Klägerin würde sich in diesem Fall ein Delkredere-Risiko ergeben, welches die Klägerin aber bei einer fortbestehenden Beteiligung ebenfalls trägt. Grundlegend ist auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, zwar einen Gegenwert zu bestimmen, damit einhergehend aber die gesamten bisherigen Prämienleistungen, soweit hierfür keine Versicherungsleistungen erbracht worden sind (vgl. § 63 Abs. 2 VBLS zur Erstattung rechtsgrundlos geleisteter Prämienzahlung) in Anrechnung zu bringen, quasi das bisherige versicherungsrechtliche Beteiligungsverhältnis rückabzuwickeln im Zusammenhang mit der Neufinanzierung der versicherten Risiken auf kapitalgedeckter Basis zum Gegenwert. Im Rahmen dieser „Rückabwicklungslösung mit Gegenwert“ ist schließlich denkbar, die hier bezeichnete Rückabwicklung zu pauschalieren; etwa dergestalt, die Prämienzahlungen pauschal zu berücksichtigen durch Nichteinbeziehen der Anwartschaften in die Gegenwertberechnung, vergleichbar der Gegenwertermittlung nach § 23 Abs. 2 VBLS - Fassung 1976.
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cc) Vor dem Hintergrund der dargestellten verschiedenen Möglichkeiten, die den ausscheidenden Beteiligten unterschiedlich intensiv belasten, aber die Interessen der Klägerin maßgeblich berücksichtigen, erweist sich die Gegenwertregelung des § 23 Abs. 2 VBLS in den Fassungen seit 01.01.1995 als ungemessen, da er den Interessen der Klägerin einseitig den Vorzug gibt.
76 
Die Regelung des § 23 Abs. 2 VBLS sieht für den Fall eines Ausscheidens eines Beteiligten den Wechsel vom bisherigen Umlagesystem in Form des Abschnittsdeckungssystems zu einem Kapitaldeckungssystem vor, da der ausscheidende Beteiligte nunmehr sämtliche - nunmehr individuell zugeordneten - Risiken nach dem Prinzip der Kapitaldeckung auszufinanzieren hat. Dies geschieht ohne Berücksichtigung der vom Beteiligten während der Zeit des Umlageverfahrens geleisteten Umlagenzahlungen. Anders formuliert: Die Regelung blendet dies völlig aus. Damit vereint die Gegenwertregelung die Vorteile der Klägerin aus beiden Systemen. Während der Ansparphase in den ersten Jahren der Beteiligung profitiert die Klägerin vom Umlageverfahren, da der Beteiligte - wie oben dargestellt - systemimmanent volle Umlagen leistet, während auf ihn so gut wie keine Leistungsfälle zurückzuführen sind. Der neue Beteiligte ist in diesem Zeitraum Nettozahler. Scheidet er zu einem späteren Zeitpunkt aus, sorgt die Gegenwertregelung in § 23 VBLS dafür, dass die Klägerin nunmehr in den Genuss der Vorteile des Kapitaldeckungsverfahrens kommt, indem der ausscheidende Beteiligte nunmehr seine Risiken - in Bruch mit dem früher praktizierten Verfahren - sofort und voll ausfinanzieren muss. Eine weitere erhebliche Belastung für den ausscheidenden Beklagten stellt die Tatsache dar, dass der gesamte Gegenwert in einer Zahlung zu leisten ist, was eine erhebliche Kündigungserschwernis darstellt.
77 
Die Nichtberücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht systemgerecht. Zwar sind in der Tat die von einem Beteiligten geleisteten Umlagezahlungen in dem Sinne „verbraucht“, als sie dem Umlagefinanzierungsgedanken folgend für die Rentenzahlungen Dritter verwendet worden sind. Indes vermag die Besonderheit des Umlageverfahrens nichts daran zu ändern, dass der ausscheidende Beteiligte den Versicherungsschutz für seine versicherten Arbeitnehmer im Grundsatz durch die bereits geleisteten Finanzierungsbeiträge erworben hat.
78 
Das einseitige Aufbürden der Probleme und Friktionen des systematisch nicht vorgesehenen, aber rechtlich erlaubten Ausscheidens auf den Beteiligten ist nicht zu rechtfertigen. Der von der Klägerin aufgebrachte Gedanke der „Spurentilgung“ beim Ausscheiden eines Beteiligten hätte es cum grano salis jedenfalls erfordert, nicht nur die für die Klägerin negativen im System hinterlassenen Spuren zu löschen, sondern auch deren positive in irgendeiner Weise zu berücksichtigen. Ob ein vollständiger Ausgleich notwendig ist, kann hier dahinstehen. Jedenfalls ist eine völlige Nichtberücksichtigung mit § 307 Abs. 1 BGB unvereinbar. Aus der Vielzahl der denkbaren Gestaltungsmöglichkeiten hat die Klägerin im Ergebnis diejenige ausgewählt, die die ausscheidenden Beteiligten allein und finanziell am stärksten belastet und diese sonach unangemessen benachteiligt im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB.
II.
79 
Der Verstoß von § 23 Abs. 2 VBLS in den Fassungen seit 01.01.1995 gegen § 307 Abs. 1 BGB führt zum ersatzlosen Wegfall einer Anspruchsgrundlage, da die Klausel insgesamt unwirksam ist, eine gesetzliche Regelung nicht vorliegt (1.) und auch eine ergänzende Vertragsauslegung, die zu einem entsprechenden Zahlungsanspruch führt, nicht in Betracht kommt (2.).
80 
1. Verstößt der Inhalt einer Klausel von allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen § 307 Abs. 1 BGB, so führt dies wegen des grundsätzlichen Verbots der geltungserhaltenden Reduktion zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel, während der Vertrag im übrigen nach § 306 Abs. 1 BGB wirksam bleibt. Der Inhalt des Vertrages richtet sich dann insoweit nach den gesetzlichen Vorschriften, § 306 Abs. 2 BGB. Das bedeutet in der Regel, dass anstelle der unwirksamen Klausel das dispositive Recht tritt. Eine gesetzliche Regelung für den Fall des Ausscheidens aus einem im Umlageverfahren ausgestalteten Zusatzversorgungssystem ist jedoch nicht vorhanden. Insbesondere finden auf den privatrechtlichen Gruppenversicherungsvertrag keine gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen wie §§ 738, 733, 735 BGB Anwendung.
81 
2. Fehlen für eine Vertragsergänzung geeignete Vorschriften oder Rechtsgrundsätze, ist die Lücke durch ergänzende Vertragauslegung zu füllen (BGHZ 90, 69, 75).
82 
a) Die ergänzende Vertragsauslegung knüpft an den im Vertrag enthaltenen Regelungsplan der Parteien an und versteht diesen als eine Rechtsquelle, aus der unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte Regelungen für offen gebliebene Punkte abgeleitet werden können. Die Vertragauslegung ist jedoch nicht unbeschränkt möglich. Sie muss den Grundsatz der Privatautonomie respektieren und darf nicht zu einer freien richterlichen Rechtsschöpfung ausufern. Hieraus ergibt sich insbesondere die Grenze, dass die ergänzenden Vertragsauslegung dann, wenn eine Regelungslücke in verschiedener Weise geschlossen werden kann und keine besonderen Anhaltspunkte dafür bestehen, für welche Alternative sich die Parteien entschieden hätten, ausgeschlossen ist (vgl. BGHZ 54, 106, 115).
83 
b) So verhält es sich hier. Für eine Neugestaltung der Folgen des Ausscheidens eines Beteiligten aus der Klägerin ohne unangemessene Benachteiligung lassen sich - wie oben dargestellt - mehrere Varianten denken. Angesichts der Vielzahl der möglichen Ausgestaltungen und der fehlenden Anhaltspunkte hinsichtlich des Willens der Vertragsparteien hat die Kammer keine ausreichenden Grundlagen für eine ergänzende Vertragauslegung.
84 
c) Ob die Parteien unter diesen Umständen zumindest eine Rückkehr zu der beim Eintritt der Beklagten geltenden Regelungen (§ 23 Abs. 2 VBLS - Fassung 1967) vereinbart hätten, wonach der Gegenwert nur auf Basis der Leistungsempfänger und ohne Anwartschaften berechnet wurde, also nur für die bereits bestehenden, aktuellen Rentenlasten ein Ausgleich zu gewähren war, kann dahinstehen, da ausweislich des Gegenwertgutachtens (Anlage K 2) auf die Leistungsempfänger lediglich ein Gegenwert in Höhe von 4.556.466,61 EUR entfällt, die Beklagte aber bereits mehr als 15.000.000,00 EUR an die Klägerin gezahlt hat.
III.
85 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 ZPO.

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