Endurteil vom Landgericht München II - 31 S 3302/20

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 13.02.2020, Az. 418 C 13096/19, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts München ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 847,14 € festgesetzt.

Tatbestand

I.

Die Parteien stritten in erster Instanz um drei Positionen der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2018 (Bl. 43 d.A.). Diese enthielt die zwischen den Parteien umstrittenen Positionen für Gartenpflege/Jahresrückschnitt (847,14 Euro), für Überprüfung und Reinigung der Wasserversorgungs- und Wasserentsorgungsanlage (100,32 Euro), sowie für sonstige Hausmeisterkosten (188,26 Euro). Als Saldo wurde auf Basis eines von den Beklagten zu tragenden Betrages in Höhe von 3.023,47 Euro und von den Beklagten leisteten Vorauszahlungen in Höhe von insgesamt 2.160,- Euro ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 863,47 Euro ausgewiesen.

Der Betrag für die Kostenposition Gartenpflege/Jahresrückschnitt in Höhe von 847,14 Euro brutto beruhte ausweislich der Rechnung vom 13.08.2018 (Anlage K4 zu Bl. 65-67 d.A.) auf folgenden - nach den im Berufungsverfahren nicht angegriffenen Feststellungen des Amtsgerichts unbestritten durchgeführten - Maßnahmen: „Fällen zweier abgestorbenen Ebereschen; Fällen einer absterbenden Kirsche und eines Goldregens im SO Eck; Totholzentfernung an einer Birke und einer Esche an der Straße in Klettertechnik; Laden, abfahren und entsorgen des angefallenen und vorh. Schnittguts“.

Das Amtsgericht hat die Beklagten und Berufungskläger mit Urteil vom 13.02.2020 als Gesamtschuldner zur Zahlung von 574,89 Euro an den Kläger verurteilt und die (Dritt-)Widerklage abgewiesen.

Das Amtsgericht vertrat (gestützt auf Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 556 BGB Rn. 156 f.) die Auffassung, dass das Fällen und der Abtransport kranker oder morscher Bäume zu den Kosten der Gartenpflege gemäß § 2 Nr. 10 BetrKV gehört. Die zwei übrigen Kostenpositionen sah das Amtsgericht als nicht begründet an und kürzte deshalb den Nachzahlungsbetrag von 863,47 Euro um 288,58 Euro (100,32 Euro + 188,26 Euro) auf 574,89 Euro.

Im Berufungsverfahren strittig ist nur noch die Kostenposition Gartenpflege/Jahresrückschnitt. Die Beklagten und Widerkläger sind insoweit der Auffassung, diese Kostenposition sei nicht umlagefähig, so dass sich auf Basis der geleisteten Vorauszahlungen und den vom Amtsgericht vorgenommenen Kürzungen ein Rückzahlungsbetrag in Höhe von 272,25 Euro ergebe (3.023,47 Euro ‒ 100,32 Euro ‒ 188,26 Euro ‒ 847,14 Euro ‒ 2.160,00 Euro = ‒ 272,25 Euro).

Die Beklagten begründen ihre Ansicht, dass Kosten für das Fällen von Bäumen und die Entfernung von Totholz, nicht nach § 2 Nr. 10 BetrKV umlagefähig seien, wie folgt (Bl. 103-105 d.A.):

Grundsätzlich schulde der Vermieter die Instandhaltung und Instandsetzung des Mietobjekts, wofür er als Äquivalent den Mietzins erhalte. Diese originär ihn treffende Verpflichtung könne er nur in sehr engem Rahmen auf den Mieter abwälzen. Die Rechtsprechung zu den Schönheitsreparaturen zeige, dass anders lautende Regelungen restriktiv anzuwenden bzw. auszulegen seien.

§ 2 Nr. 10 BetrKV sei im Lichte von § 1 BetrKV zu sehen: Nach § 1 Abs. 1 BetrKV könnten nur laufend entstehende Kosten umgelegt werden; Baumfällkosten würden jedoch nicht laufend entstehen. Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung könnten gemäß § 1 Abs. 2 BetrKV nicht umgelegt und auf den Mieter abgewälzt werden; das Fällen von kranken oder bruchgefährdeten Bäumen sei eine Maßnahme der Instandsetzung, da hierdurch ein Mangel beseitigt werde.

Die Beklagten stützen sich bei ihrer Argumentation auf die Entscheidungen des LG Krefeld vom 17.03.2010 (Az. 2 S 56/09) und des AG Hamburg-Blankenese vom 14.01.2015 (Az. 531 C 227/13, vgl. insoweit die Anmerkung von Scholz, WuM 2016, 94-96).

Im Übrigen sei das Fällen von Bäumen auch nicht vom Wortlaut des § 2 Nr. 10 BetrKV umfasst. Erneuerung bedeute, dass etwas Altes entfernt und etwas Neues dafür angepflanzt werde. Hier seien jedoch nur Baumfällarbeiten abgerechnet worden, ohne dass eine Neuanpflanzung erfolgt ist.

Die Beklagten und Widerkläger beantragen,

Unter Abänderung des am 13.02.2020 verkündeten Urteils des AG München, Az. 418 C 13096/19 wird die Klage abgewiesen und der Kläger, Widerbeklagte und Berufungsbeklagte gesamtschuldnerisch mit der Drittwiderbeklagten verurteilt, 272,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit der Widerklage an die Beklagten zur gesamten Hand zu bezahlen.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger und die Drittwiderbeklagte begründen ihre Ansicht, dass Kosten für das Fällen von Bäumen und die Entfernung von Totholz, nach § 2 Nr. 10 BetrKV umlagefähig sind, wie folgt (Bl. 108-109 d.A.):

Es komme nicht auf die Intervalle an, in denen bestimmte Arbeiten zu erledigen sind, sondern allein darauf, ob bestimmte Maßnahmen zu einer ordnungsgemäßen, laufend ausgeführten Gartenpflege gehören. Es handele sich um den aperiodischen Anstieg von Kosten innerhalb periodisch anfallender Betriebskosten. Im Rahmen von § 2 BetrKV würden mehrfach auch Instandsetzungskosten als umlagefähige Kosten benannt.

Sie verweisen im Übrigen auf Stimmen in der Literatur (Schmidt-Futterer, § 556 Rn. 156 ff.; Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, A. III. 7a Rn. 146) sowie auf die Urteile des AG Hamburg-Wandsbek vom 04.12.2013 (Az. 715 C 283/13), des AG Düsseldorf vom 19.07.2002 (Az. 33 C 6544/02) und des AG Sinzig vom 18.02.2004 (Az. 14 C 879/03).

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll zur mündlichen Berufungsverhandlung Bezug genommen.

Gründe

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg, da die angefochtene Entscheidung weder auf einer Rechtsverletzung i.S.d. § 546 ZPO beruht, noch die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen, § 513 ZPO.

Die Kammer schließt sich der Ansicht des Amtsgerichts an, dass die Kosten für das Fällen von - wie im vorliegenden Fall - abgestorbenen bzw. absterbenden Bäumen nach § 2 Nr. 10 BetrKV umlagefähig sind. Denn unter dem Begriff „Gartenpflege“ in § 2 Nr. 10 BetrKV kann auch das Fällen von kranken, morschen und abgestorbenen Bäumen subsumiert werden. Die Frage der Ersatzfähigkeit aufgrund von Sturmschäden oder plötzlichen unerwarteten bzw. unvorhersehbaren Ursachen entstandener Baumfällkosten stellt sich im hier zu entscheidenden Rechtsstreit nicht. Auch steht keine Umgestaltung des Gartens in Rede.

1. Der aktuelle Meinungsstand stellt sich wie folgt dar:

Der Bundesgerichtshof hat diese Frage in seinem Beschluss vom 29.09.2008 (Az. VIII ZR 124/08, BeckRS 2008, 24721, Rz. 2) offengelassen (vgl. Lindner et. al./Beyerle, Geschäftsraummiete, Kapitel 11 Rn. 129).

Die Instanzgerichte sehen Baumfällkosten teils als umlagefähig (etwa LG Frankfurt a.M., Urteil vom 02.11.2004 - 2-11 S 64/04, BeckRS 2004, 17896; LG Hamburg, Urteil vom 13.07.1989 - 7 S 185/88, BeckRS 1989, 30991375; AG Sinzig, Urteil vom 18.02.2004 - 14 C 879/03, BeckRS 2004, 31001288; AG Düsseldorf, Urteil vom 19.07.2002 - 33 C 6544/02, BeckRS 2003, 851; AG Köln, Urteil vom 27.09.2000 - 207 C 213/00, BeckRS 9998, 18302) und teils als nicht umlagefähig (etwa LG Krefeld, Urteil vom 17.03.2010 - 2 S 56/09, BeckRS 2010, 10986; LG München II, Urteil vom 12.02.2008 - 12 S 3615/07, BeckRS 2010, 7128; LG Tübingen, Urteil vom 18.10.2004 - 1 S 29/04, BeckRS 2004, 30956846; AG Dinslaken, Urteil vom 22.12.2008 - 30 C 213/08, BeckRS 2009, 6895; AG Hamburg, Urteil vom 14.09.1989 - 38 C 829/89, BeckRS 1989, 05723) an.

Nach der herrschenden Ansicht in der Literatur sind Baumfällkosten gemäß § 2 Nr. 10 BetrKV umlagefähig (MüKo-BGB/Zehelein, 8. Aufl. 2020, § 2 BetrKV Rn. 54; Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl. 2020, § 556 BGB Rn. 72; BeckOGK-BetrKV/Drager, Stand: 01.10.2020, § 2 Rn. 71; BeckOK-BGB/Wiederhold, 55. Ed. - Stand: 01.08.2020, § 556 Rn. 35; BeckOK-MietR/Pfeifer, 21. Ed. - Stand: 01.08.2020, § 556 BGB Rn. 813; Guhling/Günter/Both, Gewerberaummiete, 2. Aufl. 2019, § 2 BetrKV Rn. 115; Schmidt-Futterer/Langenberg, 14. Aufl. 2019, BGB § 556 Rn. 156; Langenberg/Zehelein, Betriebs-/HeizkostenR, 9. Aufl. 2019, Kapitel A. Rn. 150).

Nach einer differenzierenden Ansicht sind Baumfällkosten nur dann umlagefähig, wenn eine Ersatzbepflanzung erfolgt (Bub/Treier/Emmerich, MietR-HdB, 5. Aufl. 2019, Kapitel III. A. 1.2.4 Rn. 149). Es wird auch vertreten, dass Baumfällkosten nicht umlagefähig sind, wenn das Fällen auf einer Krankheit beruht oder einer Verkehrssicherungspflicht Rechnung trägt (MüAnwHdb-Mietrecht/Gies, 5. Aufl. 2019, 9. Abschnitt § 24 Rn. 114). Schließlich wird eine Umlagefähigkeit von Baumfällkosten auch generell verneint (Bausch, NZM 2006, 366).

2. Aus den Gesetzgebungsmaterialien lassen sich folgende Erkenntnisse gewinnen:

§ 2 Nr. 10 BetrKV hat denselben Wortlaut wie § 2 Nr. 10 der Anlage 3 zu § 27 II. Berechnungsverordnung. Gemäß der Gesetzesbegründung in der Drucksache 568/03 des Deutschen Bundesrates vom 15.08.2003 betreffend die Verordnung der Bundesregierung zur Berechnung der Wohnfläche, zur Aufstellung von Betriebskosten und zur Änderung anderer Verordnungen war dies beabsichtigt. Dort heißt es auf S. 32 zu Nummer 10 von § 2 (Aufstellung der Betriebskosten) wie folgt:

„Nummer 10 regelt die Kosten der Gartenpflege und entspricht unverändert der Formulierung aus Nummer 10 der Anlage 3 zur II. BV. Hierzu gehört auch das Schneiden und Ausasten von Bäumen. Eine entsprechende Klarstellung im Verordnungstext ist nicht erforderlich.“

Zur Abgrenzung der Betriebskosten von Verwaltungskosten sowie von Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten wird auf S. 29 zu Absatz 2 von § 1 (Betriebskosten) folgendes ausgeführt:

„Wie in der Zweiten Berechnungsverordnung sind Betriebskosten von Verwaltungskosten sowie von Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten abzugrenzen. Dem dient Absatz 2, wobei die Begriffsbestimmungen den §§ 26 und 28 II. BV entsprechen.“

3. Gegen die Umlagefähigkeit von Baumfällkosten werden verschiedene Argumente vorgebracht.

Es fehle an der immer wiederkehrenden Entstehung, da die Kosten nach mehreren Jahrzehnten, also nach sehr langen Zeiträumen auftreten könnten; der Umstand allein, dass die Verkehrssicherungspflicht das Fällen gebiete und der Zustand des Baumes nicht auf ein Verschulden des Vermieters zurückzuführen ist, genüge nicht, um das Kriterium der fortlaufenden Wiederholbarkeit zu erfüllen (AG Hamburg, BeckRS 1989, 05723, Rz. 2).

Das Fällen eines kranken oder abgängigen Baumes stelle bereits nach der Art der Maßnahme eine nicht umlagefähige Instandsetzungsmaßnahme i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV dar, da durch das Fällen ein am Grundstück bestehender sonstiger Mangel beseitigt werde; § 2 Nr. 10 BetrKV führe zu keinem anderen Ergebnis, da der Ausnahmecharakter der Vorschrift eine restriktive Auslegung im Lichte der allgemeinen Definition des § 1 BetrKV gebiete und die Aufstellung in § 2 Nr. 10 BetrKV lediglich den allgemeinen Betriebskostenbegriff konkretisiere; es sei nicht zu erkennen, warum für Bäume als wesentliche Grundstücksbestandteile ein anderer Maßstab als für andere Gebäude- oder Grundstücksbestandteile gelten soll; bei den Baumfällkosten fehle es an der Erwartbarkeit; in der Bundesrats-Drucksache 658/03 seien nur die Kosten für das Schneiden und Ausasten von Bäumen erwähnt, nicht aber auch die Baumfällkosten; ein Mieter rechne auf Grund der jahrzehntelangen Lebensdauer von Bäumen nicht mit der Belastung von eventuellen Fällkosten und sei insoweit schutzwürdig (LG Krefeld, BeckRS 2010, 10986).

Die ungewöhnliche Höhe von Baumfällkosten zeige, dass es sich nicht um laufende Kosten handele (AG Dinslaken, BeckRS 2009, 6895).

4. Hinsichtlich dieser Argumente ist folgendes anzumerken.

Das Argument, es handele sich bei Bäumen um wesentliche Grundstücksbestandteile, überzeugt nicht. Sämtliche eingepflanzte Pflanzen in einem Grundstück stellen wesentliche Grundstücksbestandteile dar, § 94 Abs. 1 S. 2 BGB. Unter den Begriff der Pflanze i.S.d. § 94 Abs. 1 S. 2 BGB subsumiert der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ausdrücklich auch Bäume (vgl. BGH, Beschluss vom 17.03.2016 - V ZR 185/15, BeckRS 2016, 6849, Rz. 4). Die Umlagefähigkeit der Kosten für die Erneuerung von Pflanzen wird in § 2 Nr. 10 BetrKV ausdrücklich geregelt; hieraus ergibt sich der im Vergleich zu Gebäudeteilen andere Maßstab.

Deshalb greift auch der Einwand, die Umlagefähigkeit scheide aus, weil die Baumfällkosten nach mehreren Jahrzehnten, also nach sehr langer Zeit auftreten könnten, nicht durch. Die Erneuerung einer Pflanze ist im Sinne eines Austauschs zu verstehen, umfasst also die Entfernung der alten Pflanze und die Einbringung der neuen Pflanze. Die „Erneuerung“ eines Baumes setzt folglich zwangsläufig das Fällen des alten Baumes voraus.

Ob ein neuer Baum angepflanzt wird, kann für die Ersatzfähigkeit der Baumfällkosten keine Rolle spielen. Wenn § 2 Nr. 10 BetrKV die teurere Erneuerung (Fällen und Neuanpflanzung) als umlagefähig regelt, dann ist damit auch die günstigere Alternative (Fällen ohne Neuanpflanzung) umfasst. Die Frage, ob die Mieter einen Anspruch auf Neuanpflanzung haben, ist eine Frage der mietvertraglichen Vereinbarung. Besteht ein solches Recht, haben die Mieter für den Fall der Geltendmachung die Kosten der Neuanpflanzung zu tragen, weil diese Kosten zur Erneuerung i.S.d. § 2 Nr. 10 BetrKV gehören. Machen die Mieter einen solchen etwaigen Anspruch auf Neuanpflanzung nicht geltend, kann dies nicht dazu führen, dass auch die Baumfällkosten nicht umlagefähig sind.

Dass Baumfällkosten im Regelfall erst nach Jahrzehnten entstehen, begründet auch keine besondere Schutzwürdigkeit des Mieters. Der Mieter kann bei Abschluss des Mietvertrags entsprechende Informationen einholen. Insoweit besteht aber auch die Gelegenheit, durch einen bloßen Blick auf den Baum und dessen Zustand eine entsprechende Einschätzung vorzunehmen.

Bei Baumfällkosten handelt es sich auch nicht um außergewöhnlich auftretende Kosten, denen es an einer gewissen Berechenbarkeit fehlt. Ein Absterben von Bäumen - wie im vorliegenden Fall - stellt eine in Betracht zu ziehende durchaus natürliche Entwicklung dar. Dass die Kosten insoweit höher sind, als bei Rückschnittarbeiten, ist auch nicht ungewöhnlich, sondern ergibt sich aus dem größeren Umfang der insoweit zu verrichtenden Arbeiten.

Der Einwand, § 2 Nr. 10 BetrKV sei im Lichte von § 1 BetrKV auszulegen, überzeugt zwar im Ausgangspunkt. Allerdings bezweckt der Katalog ausweislich BR-Drs. 568/03 die Abgrenzung der Betriebskosten von den Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Pflanzen nicht ohne weiteres mit technischen oder baulichen Gegebenheiten vergleichbar sind. § 2 Nr. 10 BetrKV stellt daher hinsichtlich der Gartenbepflanzung eine spezielle Sonderregelung dar, mithin eine lex specialis im Regelungsgefüge der Betriebskostenverordnung.

Zwar ist in BR-Drs. 568/03 nur vom „Schneiden“ und „Ausasten“ von Bäumen die Rede. Dass insoweit aber eine abschließende Aufzählung beabsichtigt war und speziell das Fällen von Bäumen ausgenommen sein sollte, lässt sich dem nicht entnehmen. Eine entsprechende Klarstellung in § 2 Nr. 10 BetrKV wurde gerade für entbehrlich gehalten.

5. Ergänzend stützt sich die Kammer bei ihrer rechtlichen Bewertung auf die überzeugenden Argumente, die von den Vertretern der herrschenden Ansicht in der Literatur vorgebracht werden.

Beim Fällen eines kranken bzw. morschen Baumes handelt es sich hiernach um eine Maßnahme, die für die Erhaltung einer gärtnerisch angelegten Fläche notwendig ist, anderenfalls würde sie diesen Charakter verlieren; bei der Entfernung eines Baumes steht die Pflege des Gartens weiterhin im Vordergrund; § 2 Nr. 10 BetrKV erweitert das Umlagerecht des Vermieters, verpflichtet ihn jedoch nicht dazu, entfernte Teile durch neue zu ersetzen (Langenberg/Zehelein, Kapitel A. Rn. 146).

Der Verweis darauf, dass die Baumfällkosten erst nach Jahrzehnten anfielen, berücksichtigt nicht, dass es nicht auf die Intervalle ankommt, in denen bestimmte Arbeiten zu erledigen sind, sondern allein darauf, ob bestimmte Maßnahmen zu einer ordnungsgemäßen, laufend ausgeführten Gartenpflege gehören (Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 BGB Rn. 157); sachlich handelt es sich um den aperiodischen Anstieg von Kosten innerhalb periodisch anfallender Betriebskosten (Langenberg/Zehelein, Kapitel A. Rn. 148; Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 BGB Rn. 157). Die Häufigkeit bestimmter pflegerischer Arbeiten stellt kein geeignetes Abgrenzungskriterium dar (Langenberg/Zehelein, Kapitel A. Rn. 152; Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 BGB Rn. 157).

Die Bezeichnung Gehölz ist neutral und bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass nur kleine bis mittlere Gewächse gemeint sind; für die Antwort auf eine solche Streitfrage fehlt jedes verlässliche Abgrenzungskriterium (Langenberg/Zehelein, Kapitel A. Rn. 149; Schmidt-Futterer/Langenberg, § 556 BGB Rn. 157).

Zwar widerspricht die Umlagefähigkeit von Erneuerungskosten nach § 2 Nr. 10 BetrKV offensichtlich der Vorgabe in § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV; legt man aber die Regelung des § 2 Nr. 10 BetrKV als wirksam zugrunde, kann es keinen Unterschied begründen, ob es sich um die Erneuerung von Rasen, Blumen, Sträuchern oder Bäumen handelt (Langenberg/Zehelein, Kapitel A. Rn. 150).

Der Verweis auf entgegenstehende Interessen der Mieter und eine mangelnde Erwartung der Kostenbelastung übersieht, dass es keine allgemeine Interessenabwägung im Betriebskostenrecht gibt und eine solche auch nicht in die Bestimmung der Tatbestände hineingelesen werden kann; der BGH stellt gerade nicht auf konkrete Zeitabschnitte ab, sondern darauf, ob diese überhaupt als solche feststellbar sind; dass in Gartenanlagen vorhandene Bäume aus unterschiedlichen Gründen gefällt werden müssen, ist diesen inhärent; die Möglichkeit, mit solchen Kosten belastet zu werden, ist daher grundsätzlich bekannt, zumal sie dem Mieter durch die Übertragung der Kosten der Gartenpflege auch bewusst sein muss (MüKo-BGB/Zehelein, § 2 BetrKV Rn. 54).

Der Verweis auf eine Instandsetzung nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV greift nicht durch, da die in dem Katalog des § 2 BetrKV aufgeführten Positionen ihrerseits Rückausnahmen beinhalten, welche auch nach § 1 Abs. 2 BetrKV an sich nicht den Betriebskosten zugehörige Kosten für umlagefähig erklären; § 2 Nr. 10 BetrKV schließt über die Erneuerungen Instandsetzungsarbeiten ein (MüKo-BGB/Zehelein, § 2 BetrKV Rn. 54).

Die Erneuerung von Gehölzen findet regelmäßig im Abstand von mehreren Jahren statt; eine Einschränkung auf kleinere Pflanzen ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus der Ermächtigungsgrundlage oder der Entstehungsgeschichte (MüKo-BGB/Zehelein, § 2 BetrKV Rn. 55).

Eine Unterscheidung zwischen kurzlebigen und langlebigen Gehölzen ist der Regelung nicht zu entnehmen; sie ist aus Gründen der Praktikabilität auch nicht angezeigt (Blank/Börstinghaus, § 556 BGB Rn. 72).

Nach dem Wortlaut des § 2 Nr. 10 BetrKV gehören auch die Kosten der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen zu den umlegbaren Positionen; da die Erneuerung eines Baumes die Beseitigung der alten voraussetzt, sind Baumfällkosten umlegbar; die Erneuerung muss jedoch gärtnerisch notwendig sein, was bei einem abgestorbenen Baum der Fall ist (BeckOK-MietR/Pfeifer, § 556 BGB Rn. 813; BeckOGK-BetrKV/Drager, § 2 Rn. 71).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.

Der Streitwert wurde nach §§ 47, 48 GKG festgesetzt.

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