Beschluss vom Landgericht Wuppertal - 16 T 33/14
Tenor
Das Rechtsmittel wird auf Kosten der Beschwerdeführerin zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen
1
Gründe:
2I.
3Mit Schreiben vom 10.10.2013 begehrte die Beschwerdeführerin von dem Beschwerdegegner die Umschreibung der Klausel bezüglich der Grundschuldbestellungsurkunde ###, Grundbuch von K, Amtsgericht Remscheid, Bl.xxx , Abteilung III lfd. Nr. 3, F , xstraße in S von dem ursprünglich darin bezeichneten Insolvenzverwalter auf den Insolvenzschuldner. Die Löschung des Insolvenzvermerks wurde am 08.12.2009 im Grundbuch eingetragen.
4Die Gläubigerin trägt vor, das beschlagnahmte Grundstück sei vom Insolvenzverwalter zu Gunsten des Insolvenzschuldners freigegeben worden. Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, zum Nachweis der Rechtsnachfolge auf Schuldnerseite (vom Insolvenzverwalter auf den Schuldner) im Sinne des § 727 ZPO reiche eine Kopie des Grundbuchauszugs aus.
5Der Beschwerdegegner meint, es sei eine öffentlich beglaubigte Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters sowie ein Nachweis der Zustellung der Freigabeerklärung an den Schuldner in öffentlicher Form (Gerichtsvollzieherprotokoll) erforderlich, um den Nachweis zu führen, dass der Insolvenzbeschlag aufgehoben worden sei. Dementsprechend hat er mit Schreiben vom 02.01.2014 die begehrte Klauselumschreibung abgelehnt.
6Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde, die an ihrer Rechtsauffassung festhält.
7Der Beschwerdegegner hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit
8Schreiben vom 17.01.2014 der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
9Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
10II.
11Die nach § 54 BeurkG i.V.m. § 63 ff. FamFG zulässige Beschwerde, hat in der Sache keinen Erfolg.
12Zutreffend hat der Beschwerdegegner die begehrte Klauselumschreibung abgelehnt. Die Voraussetzungen für die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung gemäß § 52 BeurkG, §§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 790, 727 Abs. 1 ZPO sind nicht erfüllt.
13Zwar handelt es sich bei dem Wechsel in der Verfügungsbefugnis vom Insolvenzschuldner auf den Insolvenzverwalter (vgl. § 80 Abs. 1 InsO) und nach einer Freigabe erneut auf den Insolvenzschuldner nicht um eine Rechtsnachfolge im eigentlichen Sinn. Denn Rechtsinhaber bleibt während des gesamten Insolvenzverfahrens der Insolvenzschuldner. Die Rechtsprechung wendet jedoch auf diesen Fall § 727 ZPO zumindest analog an, solange noch keine Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Verfügungsbefugten eingeleitet worden ist.
14Gemäß § 727 Abs. 1 ZPO kann eine vollstreckbare Ausfertigung für den Rechtsnachfolger erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältnis bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Übergang der Verfügungsmacht vom Insolvenzverwalter (vergleiche § 80 Abs. 1 InsO) auf den Schuldner ist weder offenkundig noch nachgewiesen.
15Die Erforderlichkeit der Klauselumschreibung steht zwischen den Teilen nicht im Streit, so dass nicht davon auszugehen ist, dass die Beschwerdeführerin bereits gegen den Insolvenzverwalter die Vollstreckung mit der Folge eingeleitet hat, dass diese in ihrer Wirkung bestehen bleiben würde und eine Umschreibung des Titels auf den Schuldner ebenso wenig erfordern würde wie eine erneute Zustellung (vergleiche BGH, Beschluss 14.04.2005 – 5 ZB 20.005).
16Die Wirksamkeit der Freigabeerklärung, die zumindest die Erklärungen und den Zugang an den Schuldner (und gemäß § 160 InsO möglicherweise die Beteiligung von Gläubigern) voraussetzt, wurde von der Gläubigerin nicht in der geforderten Form nachgewiesen. Die Vorlage eines beglaubigten Grundbuchauszuges vermag diesen Nachweis auch im Hinblick auf § 29 GBO nicht zu führen. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Löschung des Insolvenzvermerks im Grundbuch lediglich deklaratorischen Charakter hat. Die Funktion des Insolvenzvermerks beschränkt sich nämlich darauf, den nach § 892 Absatz ein S. 2 BGB geschützten öffentlichen Glauben an die unbeschränkte Verfügungsmacht des eingetragenen Eigentümers zu zerstören (vergleiche Landgericht Köln, Beschluss vom 26. 11. 2012 – 11 T 90 / 12). Aus dem Fehlen des Vermerks folgt nicht, dass die Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters nicht besteht. Deshalb lässt sich die Wirksamkeit bzw. das Vorliegen der Freigabeerklärung nicht aus dem Löschungsvermerk herleiten.
17Aus diesen Gründen ist die Freigabe seitens des Insolvenzverwalters auch nicht offenkundig. Insoweit teilt die Kammer die Rechtsauffassung des Landgerichts Köln (aaO) denn der Umstand der Löschung als solche mag ausweislich des Grundbuchs offenkundig sein nicht jedoch die wirksame Freigabe durch den Insolvenzverwalter.
18Für eine Entbehrlichkeit der Klauselumschreibung im Hinblick auf § 288 ZPO fehlt es an entsprechender Darlegung.
19Die Kammer hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 54 Abs. 2 BeurkG, 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG zugelassen, da die Entscheidung grundsätzliche Bedeutung hat. Es ist zu erwarten, dass die entscheidungserhebliche Frage nach der Bedeutung des Löschungsvermerks im Grundbuch im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 727 ZPO sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen mit vergleichbaren Sachverhalten stellt. Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt diesbezüglich noch nicht vor und es werden unterschiedliche Rechtsansichten zu der Frage vertreten (vgl. auch Heßler in Zöller ZPO 30. Auflage, § 543 Rnr. 11).
20Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 54 Abs. 2 BeurkG, 84 FamFG.
21Wert des Beschwerdegegenstandes: 10.700,00 € (10 % des Grundschuldwertes)
22Gegen diesen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft.
23Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45a, 76133 Karlsruhe einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und die Erklärung enthalten, dass Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt werde. Sie ist zu unterschreiben.
24Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Rechtsbeschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat nach schriftlicher Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses zu begründen. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
251. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
262. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
27a) die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
28b) soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
29Die Beteiligten müssen sich vor dem Rechtsbeschwerdegericht durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Rechtsbeschwerdeschrift und die Begründung der Rechtsbeschwerde von einem solchen unterzeichnet sein. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.
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Referenzen
- InsO § 80 Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts 2x
- ZPO § 790 (weggefallen) 1x
- InsO § 160 Besonders bedeutsame Rechtshandlungen 1x
- FamFG § 54 Aufhebung oder Änderung der Entscheidung 1x
- BeurkG § 52 Vollstreckbare Ausfertigungen 1x
- ZPO § 288 Gerichtliches Geständnis 1x
- ZPO § 727 Vollstreckbare Ausfertigung für und gegen Rechtsnachfolger 5x
- ZPO § 794 Weitere Vollstreckungstitel 1x
- FamFG § 84 Rechtsmittelkosten 1x
- GBO § 29 1x
- BeurkG § 54 Rechtsmittel 2x
- BGB § 892 Öffentlicher Glaube des Grundbuchs 1x
- FamFG § 63 Beschwerdefrist 1x