| 1. Die nach §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers zu 2, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß § 143 SGG statthaft und zulässig. Sie bedarf nicht der Zulassung gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG, da die Klage weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, sondern Feststellungen zur Sozialversicherungspflicht betrifft. |
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| Auch die Berufung des Klägers zu 1, über die der Senat ebenfalls im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig. Zwar hat der Kläger zu 1 seine Berufung entgegen § 151 Abs. 1 SGG nicht innerhalb eines Monats eingelegt, da ihm das Urteil des SG ausweislich der Postzustellungsurkunde am 22. Dezember 2018 zugestellt worden ist, er die Berufung beim LSG aber erst am 4. Februar 2019 mit auf den 25. Januar 2019 datierten Schreiben eingelegt hat. Dem Kläger zu 1 kommt jedoch zugute, dass der Kläger zu 2 fristgerecht Berufung gegen das Urteil des SG eingelegt hat (s.o.) und zwischen dem Kläger zu 1 und dem Kläger zu 2 eine notwendige Streitgenossenschaft besteht. Nach dem gemäß § 74 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbaren § 62 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) wird im Falle der notwendigen Streitgenossenschaft der säumige durch den nichtsäumigen Streitgenossen als vertreten angesehen, sodass die Berufungseinlegung des einen für und gegen den anderen mit der Folge wirkt, dass die rechtzeitige Berufung des einen die Berufungsfrist für den anderen wahrt (BSG, Urteil vom 3. Februar 1988 – 9/9a RV 36/86 – juris, Rn. 14 ff.; Urteil vom 26. April 1979 – 5 RKn 22/77 – juris, Rn. 15; vgl. auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 21. Oktober 1997 – 2 U 200/96 – juris, Rn. 6). Zwar handelt es sich bei beim Kläger zu 1 und dem Kläger zu 2 nicht um eine anfängliche notwendige Streitgenossenschaft (vgl. BSG, Beschluss vom 12. September 2002 – B 7 SF 52/02 S – juris, Rn. 2). Durch den Verbindungsbeschluss des SG vom 1. Juni 2018 ist jedoch eine prozessual bedingte notwendige Streitgenossenschaft entstanden (BSG, Urteil vom 3. Februar 1988 – 9/9a RV 36/86 – juris, Rn. 16; Beschluss vom 12. September 2002 – B 7 SF 52/02 S – juris, Rn. 2; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 113 Rn. 4; Berchtold, NZS 2014, 885, 888). |
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| 2. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide der Beklagten vom 16. November 2017 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 5. April 2018 (§ 95 SGG), mit denen die Beklagte zum einen gegenüber dem Kläger zu 1 und zum anderen gegenüber dem Kläger zu 2 entschieden hat, dass der Kläger zu 1 seine Tätigkeit als Mund-Kiefer-Gesichtschirurg für den Kläger zu 2 seit dem 1. Februar 2016 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt und dementsprechend seit dem 1. Februar 2016 Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Als Verwaltungsakt mit Doppelwirkung belastet den Kläger zu 1 als Dritten gleichermaßen auch der an den Kläger zu 2 gerichtete Bescheid vom 16. November 2017 und umgekehrt. Der Senat legt das Begehren der Kläger daher dahingehend aus (§ 123 SGG), dass sie die Bescheide der Beklagten vom 16. November 2017 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 5. April 2018 einerseits originär und andererseits als Drittbetroffene angefochten haben. Streitgegenständlicher Zeitraum ist nur die Zeit vom 1. Februar 2016 bis 31. Januar 2020. Denn ab dem 1. Februar 2020 ist der Kläger zu 1 nach Abschluss des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 2020 bei dem Kläger zu 2 abhängig beschäftigt. Davon gehen die Kläger übereinstimmend aus und haben deswegen ihr (Berufungs-)Begehren ausdrücklich auf den genannten Zeitraum beschränkt. |
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| 3. Die Berufung der Kläger ist nicht begründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklagen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, § 56 SGG) zulässigen Klagen zur Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 16. November 2017 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 5. April 2018 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in eigenen Rechten. Die Beklagte ging zutreffend davon aus, dass der Kläger zu 1 seine Tätigkeit als Mund-Kiefer-Gesichtschirurg für den Kläger zu 2 ab dem 1. Februar 2016 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt hat und in dieser Beschäftigung Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. |
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| a) Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hat im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs. 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Mit dem rückwirkend zum 1. Januar 1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. 2000 I, S. 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit der Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drs. 14/1855, S. 6). |
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| Die Beklagte war für die von den Klägern beantragte Feststellung zuständig, weil für die streitige Zeit zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der hierfür zuständigen Beklagten am 3. Juli 2017 (insofern kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Einreichens der Standardformulare zu § 7a SGB IV beim unzuständigen Versorgungswerk der Landeszahnärztekammer Hessen am 31. Oktober 2016 an) kein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet war. Entsprechende Anhaltspunkte liegen nicht vor. Etwas Gegenteiliges wird von den Beteiligten auch nicht behauptet. |
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| b) Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. |
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| Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23, BSG, Urteil vom 30. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 15, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – juris, Rn. 6 ff.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 ff. – jeweils m.w.N.). |
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| Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 11 RAr 49/94 – juris, Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rn. 17, jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 16). |
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| c) Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Kläger zu 1 beim Kläger zu 2 im streitigen Zeitraum vom 1. Februar 2016 bis 31. Januar 2020 abhängig beschäftigt. |
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| aa) Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung sind die im Folgenden dargestellten Umstände, die der Senat aufgrund des Gesamtinhalts des Verfahrens, insbesondere den Regelungen des zwischen den Klägern geschlossenen Vertrags über die Tätigkeit als freier Mitarbeiter vom 14. Dezember 2015 sowie den Angaben der Kläger im Rahmen des Verwaltungs-, Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahrens feststellt. |
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| Der Kläger zu 1 war vom 1. Februar 2016 bis 31. Januar 2020 als Mund-Kiefer-Gesichtschirurg in der vom Kläger zu 2 betriebenen privatärztlichen Praxis („Tagesklinik K.“) tätig. Rechtliche Grundlage der Tätigkeit des Klägers zu 1 war in diesem Zeitraum der zwischen den Klägern geschlossene „Vertrag über die Tätigkeit als freier Mitarbeiter“ vom 14. Dezember 2015. Die Tätigkeit des Klägers zu 1 umfasste die Planung und Durchführung der privatärztlichen Behandlung von Patienten sowie die weitere zahnärztliche Tätigkeit nach Absprache (§ 1 Abs. 1 des Vertrags). Im o.g. Zeitraum war der Kläger zu 1 nach den übereinstimmenden Angaben der Kläger an durchschnittlich drei Tagen pro Monat in der Praxis des Klägers zu 2 tätig (§ 2 Abs. 3 Satz 2 des Vertrags: ca. zwei Tage pro Monat). Hierzu teilte der Kläger zu 1 dem Kläger zu 2 vorab – mindestens zwei Monate (§ 3 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags), faktisch sechs bis acht Monate im Voraus – mit, an welchen zwei bis vier Tagen im Monat er Patienten in der Tagesklinik K. behandeln wollte. Die vom Kläger zu 1 vorgeschlagenen Behandlungstage wurden vom Kläger zu 2 innerhalb von zwei Wochen (insbesondere unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit von Behandlungszimmern) akzeptiert oder verworfen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags). Wurde ein Behandlungstag akzeptiert, hielt das Praxisteam des Klägers zu 2 in dieser Zeit für den Kläger zu 1 einen Behandlungsraum in der Tagesklinik K. vor. |
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| Patienten, die sich in der Tagesklinik K. privatärztlich behandeln lassen wollten, wurden von dieser gebeten, zunächst einen Erfassungsbogen sowie Röntgenbilder der Zähne vorzulegen. Aus den vorgelegten Unterlagen wählte der Kläger zu 2 mit Rücksicht auf die fachliche Indikation sowie einen etwaigen Arzt- oder Terminwunsch des Patienten eine Zahl von Fällen aus, die er sodann dem Kläger zu 1 zusammen mit einer kurzen individuellen Fallbeschreibung als Behandlungsvorschlag unterbreitete. Der Kläger zu 1 hatte daraufhin 14 Tage Zeit, die Behandlungsvorschläge anzunehmen oder zu verwerfen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 des Vertrags). Er war nicht verpflichtet, Aufträge anzunehmen (§ 3 Abs. 3 Satz 1 des Vertrags). Nahm er einen Behandlungsvorschlag an, plante er den Ersttermin und die weiteren Behandlungstermine mithilfe des im EDV-System des Klägers zu 2 bereitgestellten online-Terminkalenders (§ 3 Abs. 2 des Vertrags). Außerdem führte er die schriftliche Aufklärung der von ihm zur Behandlung vorgesehenen Patienten durch. Die weitere Behandlung der Patienten legte er in Absprache mit dem Patienten fest, wobei er die Belange der Praxis des Klägers zu 2 beispielsweise in zeitlicher Hinsicht zu berücksichtigen hatte (§ 3 Abs. 1 Satz 5 und 6 des Vertrags). |
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| Der Kläger zu 1 übte seine Tätigkeit höchstpersönlich aus, wozu er auch vertraglich verpflichtet war (§ 1 Abs. 3 des Vertrags). Dabei nutzte er die in der Praxis des Klägers zu 2 vorhandenen Behandlungsräume, deren Ausstattung (z.B. Behandlungsstuhl, Verbrauchsmaterialien) und das EDV-System des Klägers zu 2. Selbst brachte er seine – abweichend vom sonstigen Praxispersonal blaue – Arbeitskleidung, sein Operationsbesteck sowie seine Lupenbrille, Osteosyntheseschrauben und Schraubendreher mit. Im Regelfall assistierten ihm bei der Behandlung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klägers zu 2. Er war befugt, diese nach seinem Ermessen einzusetzen (§ 3 Abs. 4 Satz 2 des Vertrags) und übte über sie das fachliche Weisungsrecht aus. Insbesondere war er verpflichtet, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu Arbeitszeit und Arbeitsschutz durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klägers zu 2 zu überwachen und durchzusetzen (§ 3 Abs. 4 Satz 3 des Vertrags). Zwar hätte er für seine Tätigkeit in der Tagesklinik K. auch eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf eigene Rechnung beschäftigen und Leistungen an diese delegieren dürften (§ 3 Abs. 4 Satz 4 und 5 des Vertrags), verzichtete darauf jedoch wegen des nur geringen zeitlichen Umfangs seiner Tätigkeit für den Kläger zu 2. |
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| Die Tätigkeit des Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen für den Kläger zu 2 übte der Kläger zu 1 in eigener Verantwortung aus, wobei er die Interessen der Tagesklinik zu wahren hatte (§ 3 Abs. 5 Satz 1 und 2 des Vertrags). Er unterlag keinen Weisungen des Klägers zu 2 bezüglich der Planung und Durchführung oder des Orts der Behandlungen (vgl. § 3 Abs. 5 Satz 3 des Vertrags). Teamarbeit mit den in der Tagesklinik tätigen Zahnärzten erfolgte, sofern der Kläger dies für sinnvoll hielt, nur nach seinen Vorgaben. Teilweise behandelte er Patienten der Tagesklinik im Anschluss an den stets in K. durchgeführten Ersttermin auch in M. oder O. in Praxen anderer Zahnärzte, bei denen er neben seiner Tätigkeit für den Kläger zu 2 angestellt war. Zur Dokumentation der von ihm durchgeführten Behandlungen nutzte er das EDV-System des Klägers zu 2. |
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| Der Behandlungsvertrag der Patienten kam jeweils mit dem Kläger zu 2 zustande. Die an die Patienten versandten Kostenvoranschläge und Rechnungen für privatärztliche Behandlungen durch den Kläger zu 1 trugen den Briefkopf der Praxis des Klägers zu 2. Die dem Kostenvoranschlag zugrundeliegende Preisgestaltung nahm der Kläger zu 1 zuvor bei der Erstellung des Behandlungsplans vor. Die von ihm erbrachten Leistungen rechnete er gegenüber dem Kläger zu 2 ab. Hierzu stellte er an die Tagesklinik K. adressierte Rechnungen aus (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 5 des Vertrags). Der Kläger zu 1 erhielt vom Kläger zu 2 ein Honorar, das sich an den von ihm erwirtschafteten ärztlichen Honorarumsätzen orientierte (§ 4 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags). Im Zeitraum vom 1. Februar bis 31. Dezember 2016 betrug sein Honoraranspruch 50 Prozent und seit 1. Januar 2017 40 Prozent der von ihm erwirtschafteten Honorarumsätze (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 3 des Vertrags). Insgesamt durfte das Honorar des Klägers zu 1 den Differenzbetrag zwischen den von ihm erwirtschafteten Einnahmen und den ihm zurechenbaren (Betriebs-)Kosten nicht überschreiten (§ 4 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags). Das Inkasso der erwirtschafteten Honorare erfolgte durch den Kläger zu 2 (§ 4 Abs. 4 Satz 1 des Vertrags), wobei sich in der Praxis die Frage nach dem Inkasso oder offenen Rechnungen nicht stellte, da für die privatärztlichen Behandlungen in der Tagesklinik von den Patienten typischerweise Vorauszahlungen verlangt und geleistet wurden. Gleichwohl hatte der Kläger zu 1 das Risiko der fruchtlosen Eintreibung offener Rechnungen (§ 4 Abs. 1 Satz 4 des Vertrags) sowie das Risiko, keine Vergütung für Leistungen zu erhalten, die er aus Kulanz oder zur Mängelbeseitigung eines Behandlungsfehlers erbrachte, zu tragen. Der Kläger zu 1 erzielte für die Tätigkeit beim Kläger zu 2 Vergütungen in Höhe von insgesamt 50.550,33 EUR im Jahr 2016, 66.872,45 EUR im Jahr 2017, 67.364,96 EUR im Jahr 2018 und 39.047,48 EUR im Jahr 2019. |
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| War der Kläger zu 1 wegen Krankheit oder aus sonstigen Gründen an der Leistung der Dienste verhindert, musste er dies dem Kläger zu 2 schnellstmöglich anzeigen (§ 6 Abs. 1 des Vertrags). Ansprüche auf Honorarzahlungen im Urlaubs- oder Krankheitsfall wurden vertraglich ausgeschlossen. Der Kläger war auch nicht verpflichtet, Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen zu leisten oder am zahnärztlichen Notdienst teilzunehmen (§ 6 Abs. 3 des Vertrags). Auch an Teambesprechungen der Tagesklinik K. nahm er nicht teil. Außerhalb der von ihm selbst vorgegebenen Arbeitszeiten bestand für ihn keine Anwesenheitspflicht in der Tagesklinik. |
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| Im Internetauftritt der Praxis des Klägers zu 2 (www.tagesklinik-K.de) wurde er in der Rubrik „Team“ zusammen mit dem Kläger zu 2 und einer weiteren Zahnärztin abgebildet und unter Hinweis auf seine Qualifikation als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie als Kooperationspartner der Tagesklinik vorgestellt. |
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| bb) Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen ist der Senat unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalles zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger zu 1 in seiner Tätigkeit als Mund-Kiefer-Gesichtschirurg im Zeitraum vom 1. Februar 2016 bis 31. Januar 2020 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Kläger zu 2 stand. |
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| Für die Beurteilung ist auf die jeweiligen Einzeldienste des Klägers zu 1 abzustellen. Nach der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Klägern und ihrem übereinstimmenden Vorbringen führte der Kläger zu 1 mund-kiefer-gesichtschirurgische Behandlungen für den Kläger zu 2 an dessen Patienten durch, ohne zur Übernahme deren Behandlung verpflichtet gewesen zu sein. Der Kläger zu 1 konnte im Einzelfall die Übernahme von ihm angebotenen Behandlungen ohne Angabe von Gründen ablehnen. Bei derartigen vertraglichen Beziehungen, denen ein sog. Rahmenvertrag zugrunde liegt, der die allgemeine Grundlage für die Abwicklung einzelner Aufträge enthält, ist jeweils auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Auftrags während dessen Durchführung bestehen (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 3/17 R – juris, Rn. 16; Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 19). Soweit die Kläger daher geltend gemacht haben, der Kläger zu 1 könne seine Dienste frei und unabhängig selbst bestimmen, indem er sich für Dienste bereit erkläre, es für ihn jedoch keine Verpflichtung gebe, einen bestimmten Dienst oder eine bestimmte Anzahl von Diensten zu übernehmen und er auch keinen Anspruch darauf habe, an den von ihm gewünschten Behandlungstagen Behandlungsaufträge durchzuführen, lässt sich hieraus kein Gesichtspunkt herleiten, der für die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit spricht. |
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| Im Hinblick auf die Gewichtung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte sind vorliegend ebenso wie in den vom BSG am 4. Juni 2019 entschiedenen Verfahren (B 12 R 12/18 R; B 12 KR 14/18 R; B 12 R 22/18 R) die Besonderheiten gerade der ärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 16. Oktober 2020 – L 4 BA 732/19 – juris, Rn. 79 – dazu auch im Folgenden). In den erwähnten Entscheidungen hat das BSG in Bezug auf die ärztliche Tätigkeit im Krankenhaus insoweit deutlich gemacht, dass einzelne Gesichtspunkte, die sonst eine Tätigkeit als abhängig oder selbständig kennzeichnen, von vorneherein nicht als ausschlaggebende Abgrenzungskriterien herangezogen werden können. So handeln Ärzte bei medizinischen Heilbehandlungen und Therapien grundsätzlich frei und eigenverantwortlich. Hieraus kann aber nicht ohne weiteres auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden. Dies schon deshalb nicht, weil nach ganz herrschender Meinung selbst Chefärzte als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind. Umgekehrt kann auch nicht allein wegen der Benutzung von Einrichtungen und Betriebsmitteln des Krankenhauses zwingend eine abhängige Beschäftigung angenommen werden (BSG, Urteile vom 4. Juni 2019 – B 12 R 12/18 R – juris, Rn. 26, – B 12 KR 14/18 R – juris, Rn. 31, – B 12 R 22/18 R – juris, Rn. 26). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen auch für die Tätigkeit des Klägers zu 1 für die Tagesklinik K. und damit den Kläger zu 2. Auch der Kläger zu 1 ist hinsichtlich seiner medizinischen Maßnahmen zur Behandlung und Versorgung der Patienten frei und eigenverantwortlich und keinen Weisungen unterworfen. Entsprechend ist in § 3 Abs. 4 Satz 3 des Vertrags über die Tätigkeit als freier Mitarbeiter ausdrücklich ausgeführt, dass der Kläger zu 1 bei der Durchführung der von ihm übernommenen Aufträge keinem Weisungs- und Direktionsrecht durch den Kläger zu 2 unterliegt, er mithin in seiner ärztlichen Therapiefreiheit nicht weisungsgebunden ist. |
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| Diese Weisungsfreiheit steht der Eingliederung eines auf Honorarbasis tätigen Arztes in den Betrieb seines Auftraggebers nicht entgegen (Senatsurteil vom 16. Oktober 2020 – L 4 BA 732/19 – juris, Rn. 79). In den erwähnten Urteilen vom 4. Juni 2019 hat das BSG deutlich gemacht, dass Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb weder in einem Rangverhältnis zueinander stehen noch stets kumulativ vorliegen müssen. Eine Eingliederung geht auch nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht des Praxisinhabers einher. Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur „Anhaltspunkte“ für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung, jedoch keine abschließenden Bewertungskriterien. Das BSG hat bereits 1962 im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu Chefärzten ausgeführt, dass das Weisungsrecht insbesondere bei sog. Diensten höherer Art, wobei man heute von Hochqualifizierten oder Spezialisten sprechen würde, aufs stärkste eingeschränkt sein könne. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in deren Dienst die Arbeit verrichtet wird. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich in solchen Fällen zur „funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“. Dieses vom BSG entwickelte Kriterium der Weisungsgebundenheit hat der Gesetzgeber wie das der Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ausdrücklich aufgegriffen (BSG, Urteile vom 4. Juni 2019 – B 12 R 12/18 R – juris, Rn. 29, – B 12 KR 14/18 R – juris, Rn. 34, – B 12 R 22/18 R – juris, Rn. 30). |
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| (1) Ausgehend hiervon teilt der Senat die Auffassung der Beklagten, dass die ärztliche Tätigkeit des Klägers zu 1 ihr Gepräge durch die Ordnung des Betriebs des Klägers zu 2 erhält und er im Rahmen der Durchführung seiner Behandlungsaufträge in deren Strukturen eingegliedert ist, was maßgebliches Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist. |
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| Der Kläger zu 1 behandelte im Rahmen seiner Tätigkeit nur Patienten des Klägers zu 2, deren Behandlung ihm seitens des Klägers zu 2 angetragen wurde. Der erste Kontakt des Klägers zu 1 mit einem Patienten kam jeweils erst zustande, nachdem der Kläger zu 2 den Patienten nach bestimmten Kriterien ausgewählt und dem Kläger zu 1 die Übernahme seiner Behandlung vorgeschlagen hatte. Auch der Behandlungsvertrag mit den Patienten kam, wie der Kläger zu 2 im Klageverfahren mitgeteilt hat, stets mit der Tagesklinik K. zustande. Soweit der Kläger zu 2 im Berufungsverfahren zuletzt die Auffassung vertreten hat, ein wirksamer Behandlungsvertrag sei mangels Aufklärung über die geplante Behandlung nicht mit der Tagesklinik K., sondern erst mit dem Kläger zu 1 geschlossen worden, da dieser die Aufklärung der Patienten durchgeführt habe, überzeugt diese Rechtsauffassung nicht. Denn die Erfüllung der in § 630e Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelten Aufklärungspflichten ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung, sondern Gegenstand eines wirksamen Behandlungsvertrags. Durch den Behandlungsvertrag wird der Behandelnde „zur Leistung der versprochenen Behandlung“ verpflichtet (vgl. § 630a Abs. 1 BGB). Diese umfasst im Zweifel, orientiert an der Art der Erkrankung und der Indikation der Maßnahmen, die Anamnese, Untersuchung, Diagnosestellung und Therapie nach dem Standard, aber auch die sich aus den §§ 630a ff BGB ergebenden sonstigen Pflichten, insbesondere zur Information (§ 630c BGB), zur Aufklärung (§ 630e BGB) und Dokumentation (§ 630f BGB) (vgl. Rehborn/Gescher, in: Erman BGB, Kommentar, 16. Aufl. 2020, § 630a Rn. 10). |
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| Der Kläger zu 1 war nach Übernahme einer ihm angetragenen Behandlung in die Ordnung des Betriebs des Klägers zu 2 eingegliedert. So nutzte er die in der Praxis des Klägers zu 2 vorgehaltene Ausstattung, insbesondere die entsprechend ausgestatteten Behandlungsräume zur Durchführung der übernommenen Behandlungen. Die Einbindung des Klägers zu 1 in die Arbeitsabläufe der Praxis und deren Organisation zeigt sich gerade darin, dass er in der Praxis des Klägers zu 2 nicht über einen eigenen Behandlungsraum verfügte, den er jederzeit ohne weiteres und ohne Abstimmung mit anderen in der Praxis tätigen Ärzten zur Durchführung seiner Behandlungen hätte in Anspruch nehmen können, sondern vielmehr die vom Kläger zu 1 vorgeschlagenen Behandlungstermine einer Bestätigung der Tagesklinik bedurften, um die Verfügbarkeit eines Behandlungsraums sicherzustellen. Ferner nutzte der Kläger zu 1 die von der Tagesklinik vorgehaltene EDV-Ausstattung sowohl zur Terminplanung, dabei insbesondere den online-Terminkalender, als auch zur Dokumentation der Behandlung. Das arbeitsteilige Zusammenwirken des Klägers zu 1 mit den personellen Ressourcen der Tagesklinik zeigt sich zudem darin, dass ihm bei der Durchführung der Behandlung regelmäßig Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klägers zu 2 assistierten und dabei nicht nur seinen fachlichen Weisungen, sondern hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu Arbeitszeit und Arbeitsschutz auch seiner Fürsorge unterlagen. Schließlich betont auch die im Vertrag über die Tätigkeit als freier Mitarbeiter mehrfach verankerte Verpflichtung des Klägers zu 1, bei der Durchführung der Aufträge die Interessen der Tagesklinik zu wahren, die Maßgeblichkeit der organisatorischen, sächlichen und personellen Strukturen der Tagesklinik für die Tätigkeit des Klägers zu 1. |
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| Soweit die Kläger im Rahmen des geschlossenen Vertrags über die Tätigkeit als freier Mitarbeiter vereinbart haben, dass der Kläger zu 1 im Rahmen seiner Tätigkeit nicht weisungsgebunden sei, er vielmehr die Aufträge in eigener Verantwortung durchführe (vgl. § 1 Abs. 2 und § 3 Abs. 5 des Vertrages), steht die insoweit vereinbarte Weisungsfreiheit der Eingliederung des Klägers zu 1 in die Praxis des Klägers zu 2 nicht entgegen. Denn die Weisungsgebundenheit und die Eingliederung in den Betrieb stehen – wie bereits dargelegt – weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen (s.o.). |
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| (2) Erhebliche Indizien, die für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sprechen, vermag der Senat nicht zu erkennen. |
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| Der Kläger zu 1 trug im Rahmen seiner Tätigkeit für den Kläger zu 2 kein nennenswertes, das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägendes Unternehmerrisiko, was im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist (BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris, Rn. 10; ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Urteil vom 8. Juli 2016 – L 4 R 4979/15 – juris, Rn. 46). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 36). Vorliegend trug der Kläger zu 1 kein relevantes Verlustrisiko. Seine Tätigkeit für den Kläger zu 2 erforderte keine relevanten Betriebsmittel und seine Arbeitskraft setzte er nicht mit der Gefahr des Verlustes ein. So erhielt er für die erbrachten Behandlungsleistungen eine Vergütung in Höhe von zunächst 50 Prozent und seit 1. Januar 2017 in Höhe von 40 Prozent des für seine Leistungen vom Kläger zu 2 abgerechneten Honorars. Das Risiko, nicht wie gewünscht arbeiten zu können, weil Patienten Termine so kurzfristig absagten, dass keine Behandlung eines anderen Patienten mehr anberaumt werden konnte, stellt kein Unternehmerrisiko dar, sondern eines, das auch jeden Arbeitnehmer trifft, der nur Zeitverträge bekommt oder auf Abruf arbeitet und nach Stunden bezahlt wird oder unständig Beschäftigter ist (vgl. Senatsurteile vom 23. Januar 2004 – L 4 KR 3083/02 – juris, Rn. 20 und 27. März 2015 – L 4 R 5120/13 – nicht veröffentlicht). Es muss deshalb ein Wagnis bestehen, das über dasjenige hinausgeht, kein Entgelt zu erzielen. Zum echten Unternehmerrisiko wird dieses Risiko deshalb regelmäßig erst, wenn bei Arbeitsmangel nicht nur kein Einkommen oder Entgelt aus Arbeit erzielt wird, sondern zusätzlich auch Kosten für betriebliche Investitionen und/oder Arbeitnehmer anfallen oder früher getätigte Investitionen brachliegen (Senatsurteile vom 23. Januar 2004 – L 4 KR 3083/02 –, 27. März 2015 – L 4 R 5120/13 – a.a.O. und 18. Mai 2018 – L 4 KR 3961/15 – juris, Rn. 52; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. Dezember 2009 – L 16 R 5/08 – juris, Rn. 38). Dies war bei dem Kläger zu 1 nicht der Fall. Er verfügte in der Praxis des Klägers zu 2 weder über eigene von ihm zu unterhaltende Räumlichkeiten noch beschäftigte er im Rahmen seiner Tätigkeit eigene Mitarbeiter. Für seine Tätigkeit setzte er auch keine Betriebsmittel ein, die zu einem unternehmerischen Risiko führen würden. So brachte er zur Durchführung von Behandlungsaufträgen in der Tagesklinik lediglich Arbeitskleidung, seine eigenen Operationsbestecke sowie seine Lupenbrille, Osteosyntheseschrauben und Schraubendreher mit, weshalb sich deren Brachliegen nicht als Verwirklichung eines echten Unternehmensrisikos darstellt, da nicht erkennbar ist, dass er diese Arbeitsmittel nicht auch in den anderen Zahnarztpraxen, in denen er tätig war, einsetzen konnte. Auch die mit der An- und Abreise des Klägers zu 1 von seinem Wohnort in W. zur Tagesklinik K. verbundenen Kosten bedingen kein unternehmerisches Risiko. Kosten zur Erreichung des Arbeitsplatzes sowie, bei weiter entfernten Arbeitsplätzen, zur Übernachtung am Einsatzort sind regelhaft auch von abhängig Beschäftigten zu tragen. |
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| Soweit der Kläger zu 1 im Hinblick auf § 4 Abs. 1 Satz 4 des Vertrages über die Tätigkeit als freier Mitarbeiter für die von ihm erbrachten Behandlungen vom Kläger zu 2 dann kein Honorar beanspruchen konnte, wenn dieser seinerseits keine Zahlung von den Privatpatienten erhielt, handelt es sich zwar um eine für eine abhängige Beschäftigung untypische Vereinbarung, die für den Kläger zu 1 das Risiko begründete, für erbrachte Behandlungen keine Vergütung zu erhalten. Ein echtes Unternehmerrisiko liegt darin jedoch nicht, da diesem Risiko keine zusätzlichen Kosten für brachliegende betriebliche Investitionen gegenüberstanden. Auch größere Verdienstchancen bestanden nicht (vgl. BSG, Urteil vom 31. März 2017 – B 12 KR 16/14 R – juris, Rn. 33 m.w.N.). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass sich die Frage nach dem Risiko eines Zahlungsausfalls in der Praxis nicht stellte, da nach den übereinstimmenden Angaben der Kläger für die privatärztlichen Behandlungen in der Tagesklinik von den Patienten typischerweise Vorauszahlungen verlangt und geleistet wurden. |
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| Ein echtes Unternehmensrisiko lässt sich schließlich auch nicht aus der vom Kläger zu 1 abgeschlossenen Berufshaftpflichtversicherung herleiten. Denn solcher Versicherungen zur Absicherung der mit der Erbringung von ärztlichen Leistungen verbundenen Risiken bedienen sich durchaus auch Ärzte in einem Beschäftigungsverhältnis. Im Übrigen begründet eine den Kläger zu 1 treffende Gefahr der Haftung für durch schuldhaftes Verhalten entstandene Schäden kein Unternehmerrisiko (BSG, Urteil vom 23. März 2021 – B 12 R 15/19 R – juris, Rn. 29). |
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| Soweit die Kläger darauf hingewiesen haben, dass dem Einsatz eigenen Kapitals im Dienstleistungssektor eine geringere Bedeutung als beispielsweise im verarbeitenden Gewerbe zukomme, trifft dies insoweit zu, als der Einsatz eigenen Kapitals oder eigener Betriebsmittel keine notwendige Voraussetzung für eine selbständige Tätigkeit ist (BSG, Urteil vom 27. März 1980 – 12 RK 26/79 – juris, Rn. 23), weil anderenfalls geistige oder andere betriebsmittelarme Tätigkeiten nie selbständig ausgeübt werden könnten (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 R 3/12 R – juris, Rn. 25; Urteil des Senats vom 16. April 2016 – L 4 KR 1612/15 – juris, Rn. 95). Allerdings handelt es sich bei der Tätigkeit eines Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen nicht um eine solche Tätigkeit, da die Ausübung dieser Tätigkeit im Allgemeinen die Unterhaltung von Räumlichkeiten sowie eine umfangreiche sächliche Ausstattung erfordert, um eine adäquate Behandlung der Patienten zu gewährleisten. |
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| Für eine selbständige Tätigkeit spricht der Umstand, dass der Kläger zu 1 seine Behandlungstermine in zeitlicher Hinsicht sowie die Behandlungsmethode in Absprache mit den Patienten im Wesentlichen frei bestimmen konnte. |
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| Für eine selbständige Tätigkeit kann darüber hinaus zwar auch der in dem geschlossenen „Vertrag über die Tätigkeit als freier Mitarbeiter“ klar formulierte Wille der Kläger sprechen, keine abhängige Beschäftigung zu begründen (vgl. § 1 Abs. 2 des Vertrags). Allerdings kommt es auf eine entsprechende vertragliche Abrede nur dann entscheidend an, wenn die tatsächlichen Umstände in etwa gleichermaßen für eine Selbständigkeit oder für eine Beschäftigung sprechen (BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 R 3/17 R – juris, Rn. 13; Urteil vom 26. Januar 1982 - 12 BK 44/81 – juris, Rn. 3). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall (s.o.). |
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| Relevante weitere, für eine selbständige Tätigkeit sprechende Gesichtspunkt sind nicht ersichtlich. Indiz für eine selbständige Tätigkeit kann zwar sein, dass arbeitnehmertypische Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht vereinbart waren, allerdings ist das Fehlen solcher Ansprüche als Vertragsgestaltung konsequent, wenn beide Seiten eine selbständige freie Mitarbeit wollen (vgl. Senatsbeschluss vom 20. August 2015 – L 4 R 861/13 – juris, Rn. 67 m.w.N.). Angesichts dessen lässt sich auch aus dem Umstand, dass die Beteiligten im „Vertrag über die Tätigkeit als freier Mitarbeit“ Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ausdrücklich ausschlossen (vgl. § 6 Abs. 1 und 2) und aus § 5 Abs. 2 zu schließen ist, dass der Kläger zu 1 selbständig für seine soziale Absicherung, insbesondere für eine ausreichende Krankenversicherung und evtl. weitere Altersversorgung zu sorgen und die aus dem Honorar zu entrichtende Einkommensteuer selbst abzuführen hat, kein relevanter, für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sprechender Gesichtspunkt herleiten. |
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| (3) Unter Abwägung aller Merkmale führt das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers zu 1 für den Kläger zu 2 zum Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Ausschlaggebend dafür ist in erster Linie der Grad der Einbindung des Klägers zu 1 in die Organisationsstruktur der Tagesklinik K. Mit der Übernahme der Behandlungen an Patienten des Klägers zu 2 diente der Kläger zu 1 dem Betriebszweck der Praxis des Klägers zu 1, in deren Organisation er eingebunden war. Die für eine Selbständigkeit sprechenden Aspekte können den vor diesem Hintergrund bestehenden Eindruck einer abhängigen Beschäftigung nicht durchgreifend erschüttern, zumal kein nennenswertes Unternehmerrisiko vorliegt. |
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| Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Kläger – nach Abschluss des Arbeitsvertrags vom 1. Februar 2020 – die Tätigkeit des Klägers zu 1 ab dem 1. Februar 2020 übereinstimmend als abhängige Beschäftigungsverhältnis ansehen. Es ist aber schon nicht ersichtlich, dass sich die konkrete Tätigkeit des Klägers zu 1 (auch nach dem Willen der Vertragsparteien) in der Tagesklinik des Klägers zu 2 wesentlich geändert hat. So ist der Kläger zu 1 (weiterhin) zur Erfüllung zahnärztlich-kieferchirurgischer Aufgaben zuständig (vgl. § 2 des genannten Vertrags) und er erhält seit dem 1. Juni 2020 eine Vergütung in Höhe von 40 Prozent des Umsatzes bezüglich der vom Kläger zu 1 behandelten Patienten (§ 5 Abs. 2 des genannten Vertrags). |
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| (4) In der Tätigkeit als Mund-Kiefer-Gesichtschirurg für den Kläger zu 2 bestand für den Kläger zu 1 Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Als abhängig Beschäftigter ist der Kläger zu 1 gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 Halbsatz 1 SGB VI versicherungspflichtig. Über den Befreiungsantrag des Klägers zu 1 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vom 31. Oktober 2016 hat die Beklagte ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakte noch nicht entschieden. Gegenteiliges wird auch von dem Kläger zu 1 nicht geltend gemacht. |
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| Der Bescheid der Beklagten vom 29. Mai 2015 im Hinblick auf die Befreiung des Klägers zu 1 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Wirkung ab 1. April 2015 ändert an der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bezüglich seiner hier streitigen abhängigen Beschäftigung beim Kläger zu 2 nichts. Die Befreiung von der Versicherungspflicht wirkt nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI nicht personenbezogen, sondern tätigkeitsbezogen und gilt nur für diejenige konkrete Tätigkeit, für die sie erteilt ist (BSG, Beschluss vom 13. Juli 2009 – B 12 R 30/08 B – juris, Rn. 6). Der Befreiungsbescheid vom 29. Mai 2015 bezog sich ausdrücklich nur auf die Tätigkeit des Klägers zu 1 als Zahnarzt bei der „M. R.-N., 69509 M.“, mithin auf ein anderes abhängiges Beschäftigungsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber. Eine einmal erteilte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht entfaltet aber keine Wirkung für ein späteres Beschäftigungsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber, selbst wenn dabei ebenfalls – wie hier – eine berufsgruppenspezifische Tätigkeit ausgeübt wird (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 R 3/11 R – juris, Rn. 17; Gürtner, in: Kasseler Kommentar, Stand Mai 2021, § 6 SGB VI Rn. 31). Auch eine Erstreckung der Befreiung gemäß § 6 Abs. 5 Satz 2 SGB VI kommt vorliegend nicht in Betracht, da die Tätigkeit des Klägers zu 1 für den Kläger zu 2 ab dem 1. Februar 2016 nicht im Voraus zeitlich begrenzt war (§ 2 des Vertrags über die Tätigkeit als freier Mitarbeiter; vgl. allgemein hierzu BSG, Urteil vom 11. März 2021 – B 5 RE 2/20 R – juris, Rn. 19 ff.; Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 12 R 3/11 R – juris, Rn. 30). |
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| (5) Versicherungspflichtig ist der Kläger zu 1 gleichermaßen in der Arbeitslosenversicherung (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Eine geringfügige Beschäftigung, die nach § 27 Abs. 2 SGB III zur Versicherungsfreiheit des Beschäftigten führen kann, lag beim Kläger zu 1 in der für den Kläger zu 2 ausgeübten Tätigkeit nicht vor, da der Kläger zu 1 diese Tätigkeit berufsmäßig ausgeübt hat und dabei regelmäßig Arbeitsentgelt erzielt hat, das den Betrag von 450,00 EUR monatlich weit überstieg (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB IV). Dies entnimmt der Senat den Angaben der Kläger im Antragsformular der Beklagten („Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status“) und den im Berufungsverfahren getätigten Angaben des Klägers zu 1. Danach hat er allein aus der am 1. Februar 2016 aufgenommenen Tätigkeit als Mund-Kiefer-Gesichtschirurg für die Tagesklinik K. Honorare in Höhe von insgesamt 50.550,33 EUR im Jahr 2016, 66.872,45 EUR im Jahr 2017, 67.364,96 EUR im Jahr 2018 und 39.047,48 EUR im Jahr 2019 erzielt (vgl. Bl. 90 f. der Senatsakte). |
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| Eine unständige, in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfreie Tätigkeit nach § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III lag ebenfalls nicht vor. Danach sind versicherungsfrei Personen in einer unständigen Beschäftigung, die sie berufsmäßig ausüben (Satz 1). Unständig ist eine Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist (Satz 2). Eine solche Beschränkung auf weniger als eine Woche ist nicht vereinbart. Der zwischen den Klägern geschlossene Vertrag enthält keine entsprechende Regelung. Auch aus der Natur der Sache ergab sich eine zwingende Begrenzung auf unter eine Woche nicht. |
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| 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1, Abs. 4 SGG. Die Kostenprivilegierung des Klägers zu 1 (§ 183 SGG) erstreckt sich durch die Verbindung der beiden Verfahren gemäß § 113 Abs. 1 SGG durch das SG auf den grundsätzlich nicht privilegierten Kläger zu 2 (vgl. BSG, Urteil vom 7. Juli 2020 – B 12 R 17/18 R – juris, Rn. 39 m.w.N.; Urteil vom 12. Mai 2020 – B 12 R 11/19 R – juris, Rn. 27; Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 43; Senatsurteil vom 16. Juli 2021 – L 4 BA 75/20 – juris; Senatsurteil vom 10. Oktober 2014 – L 4 R 2204/13 – juris, Rn. 76; dem folgend Wehrhahn, in: Schlegel/Voelzke, juris-PK SGG, Stand Mai 2021, § 193 Rn. 10). Die Kostenentscheidung kann für den jeweiligen Rechtszug nur einheitlich ergehen (vgl. Gutzler, in: Roos/Wahrendorf/Müller, beck-online Großkommentar zum SGG, Stand Januar 2021, § 197a Rn. 6 m.w.N.). Dann kommt es insgesamt, also auch bei den nicht privilegierten Beteiligten und unabhängig davon, ob die subjektive Klagehäufung von Anfang an oder erst später – wie hier – durch eine Verbindung durch das Gericht bestand, nicht zu einer Anwendung des § 197a SGG (Gutzler, a.a.O., Rn. 7). Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten, da sie keinen Antrag gestellt hat (vgl. § 154 Abs. 3 Halbsatz 1 V wGO). |
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| 5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen. |
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