Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - VI-3 Kart 57/13 (V)
Tenor
Ziffer 3 des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 05.02.2013, BK7-12-031, wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass – zum Zeitpunkt des Zertifizierungsbescheides – und – vorbehaltlich einer Einordnung der jeweiligen Fachbereichsleiterstellen als „2. Führungsebene“ derzeit - die jeweilige Leitung der Bereiche
„Gasdisposition (GTD)“
„Kapazitätsmanagement (GTK)“
„Marktgebietsmanagement (GTM)“
„Betriebstechnik Ost (GNO)“
„Betriebstechnik West (GNW)“
„Vertragsenergieermittlung (GTE)“
„Anlagentechnik (GNA)“
„Montage (GNM)“
„Trassenengineering (GNT)“
„IT-Management (GTI)“
„Einkauf (GTB)“
den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterliegt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander auf- gehoben.
Der Beschwerdewert wird auf 50.000 Euro festgesetzt. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
Gründe
2A.
3Die Bundesnetzagentur hat die Antragstellerin mit Bescheid vom 05.02.2013 gemäß § 4a EnWG als Transportnetzbetreibern zertifiziert. Mit der Beschwerde greifen die Antragstellerin und die Beigeladenen zu 2 bis 20 ausschließlich die Tenorziffern 3 und 6 des Beschlusses an, mit denen für einige Unternehmensbereiche festgestellt wird, dass die Leiter dieser Abteilungen vor und nach Übernahme ihrer Funktion für eine gewisse Zeit nicht bestimmte Aufgaben im Konzernverbund übernehmen dürfen. Ferner war ein Antrag abgelehnt worden, die cooling-off-Regeln nicht auf die am- tierende 2. Führungsebene anzuwenden.
4Die Antragstellerin betreibt bundesweit ein … km langes Gasfernleitungsnetz, das in das Marktgebiet A.integriert ist. Sie ist ein 100%-iges Tochterunternehmen der B. KG, die über verschiedene Unternehmen im Erdgashandel, -vertrieb und der Speicherung aktiv ist. Die Anteile an der B. KG werden zu 50,02% von der zum C.-Konzern gehörenden D. GmbH und zu 49,98% von der H. GmbH gehalten. Die H. GmbH gehört über die I. zur russischen J..
5Der Beigeladene zu 2 ist und der Beigeladene zu 3 war bis zum 30.09.2013 Geschäftsführer der Antragstellerin. Die Beigeladenen zu 4 bis 20 gehörten der 2. Führungsebene an. Zum 01.10.2013 hat die Antragstellerin ihre Führungsstruktur verändert (s. hierzu unten).
6Auf einen Antrag der Antragstellerin vom 02.03.2012 zertifizierte die Bun- desnetzagentur diese am 05.02.2013 als Unabhängige Transportnetzbetreiberin. Die Zertifizierung wurde unter dem Vorbehalt des Widerrufs (Ziffer 5.) und verschiedener Auflagen erteilt (Ziffer 2 des Bescheides), etwa bestimmte Dienstleistungen nicht im Konzernverbund erbringen zu lassen, den Firmennamen zu ändern, konzerninterne Regelungen und Verträge anzupassen, oder Geschäftsführerverträge den entflechtungs- rechtlichen Vorgaben entsprechend zu ändern.
7In Ziffer 3 des Tenors stellt die Bundesnetzagentur ferner fest, dass die jeweilige Leitung von 17 der insgesamt 20 Bereichen
8- 9
„Recht und Versicherungen (GTJ)“
- 10
„Einkauf (GTB)“
- 11
„Controlling (GTC)“
- 12
„Gasdisposition (GTD)“
- 13
„Vertragsenergieermittlung (GTE)“
- 14
„Finanzen und Steuern (GTF)“
- 15
„Personal und Verwaltung (GTH)“
- 16
„IT Management (GTI)“
- 17
„Kapazitätsmanagement (GTK)“
- 18
„Marktgebietsmanagement (GTM)“
- 19
„Regulierungsmanagement (GTR)“
- 20
„Leitungsrechte und -dokumentation (GNL)“
- 21
„Anlagentechnik (GNA)“
- 22
„Montage (GNM)“
- 23
„Trassenengineering (GNT)“
- 24
„Betriebstechnik Ost (GNO)“
- 25
Betriebstechnik West (GNW)“
den Vorgaben des § 10 Buchst. c Abs. 6 EnWG unterliegen.
27Aus der Aufgabenverteilung ergebe sich bei der Antragstellerin, dass nicht nur die Leiter der Bereiche
28- 29
„Gasdisposition (GTD)“
- 30
„Kapazitätsmanagement (GTK)“
- 31
„Marktgebietsmanagement (GTM)“
- 32
„Betriebstechnik Ost (GNO)”
- 33
Betriebstechnik West (GNW)“
für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich seien, sondern auch die anderen genannten Organisationsbereiche. Lediglich die drei Fachbereiche
35- 36
„Kommunikation (GT/S)“
- 37
„Qualitätsmanagement (GT-QM)“
- 38
„Sicherheit, Umwelt und Gesundheit (HSE)“
übten netzfremde, nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasste Tätigkeiten aus.
40Die Bundesnetzagentur geht in dem Bescheid von einem weiten Verständnis des § 10c Abs. 6 EnWG aus und versteht unter „für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich“ nicht nur technische, sondern auch rechtliche, kommerzielle wie auch technische Verantwortungsbereiche. „Verantwortlich“ seien nicht nur die Abteilungen, die eine direkte Zuständigkeit und Entscheidungsbefugnisse für die drei genannten Bereiche hätten.
41Hierfür spreche schon, dass sie der Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt seien. So verfügten auch Personen der 2. Führungsebene, die nicht für den technischen, sondern für einen kommerziellen oder rechtlichen Bereich verantwortlich seien, in der Regel über umfangreiche diskriminierungsrelevante Erkenntnisse des Netzes. Im Zweifel fiele daher die gesamte 2. Führungsebene unter § 10c Abs. 6 EnWG.
42Das Merkmal „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ verliere auch nicht seine Bedeutung, weil es von der unternehmensinternen Organisation abhänge, wie ein Netzbetreiber seine Aufgaben verteile. So existierten Unabhängige Transportnetzbetreiber, bei denen die Leiter einiger Fachbereiche zwar der Unternehmensleitung unterstellt seien, diese aber nur netzfremde Aufgaben zu verantworten hätten, etwa „Zentrale Dienste“, Facility Management“, „Assistance“ oder „Sicherheit, Umwelt und Gesundheit“.
43Auch die Gesetzesbegründung lege eine weite Auslegung nahe, weil die- se an die Möglichkeit der Einflussnahme und die Verantwortung für einen der drei, umfangreiche Netzkenntnisse vermittelnden Bereiche „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ anknüpfe. Es sollten nicht nur die Unternehmensleitung, sondern auch Personen erfasst werden, die zwar nicht zur Leitung gehörten, aber eine vergleichbare Stellung wie die Unternehmensleitung mit entsprechendem Einfluss und Kenntnissen der technischen Eigenschaften des Netzes und seines Zustandes hätten.
44§ 10c Abs. 6 EnWG beschränke zwar die Berufswahlfreiheit der betroffenen Personen, sei aber im Hinblick auf das Ziel, einen diskriminierungs- freien Betrieb des Transportnetzes zu gewährleisten, verhältnismäßig.
45Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsauffassungen von Antragstellerin und Bundesnetzagentur seien aus Gründen der Rechtssicherheit – insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung der Einhaltung der cooling-off- Vorgaben aus § 10c Abs. 5, 6 EnWG - in Ziffer 3 des Tenors des Bescheides die Leitungspositionen festgestellt worden, für die die Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG gelten.
46Mit der Tenorziffer 6 des Bescheides hat die Bundesnetzagentur ferner einen Antrag der Antragstellerin abgelehnt, mit dem diese erreichen wollte, dass die cooling-on/cooling-off-Regeln für die 2. Führungsebene nicht anzuwenden seien.
47Mit Beschluss vom 09.01.2013 waren die Beigeladene zu 1 und am 31.01.2013 die Beigeladenen zu 2 bis 20, Geschäftsführer der Antragstellerin und die Leiter der hier streitigen Fachbereiche, beigeladen worden. Diese hatten im Verwaltungsverfahren beantragt, feststellen oder bestimmen zu lassen, dass die cooling-off-Regelung für die Beigeladenen nicht gelte, hilfsweise die cooling-off-Zeit maximal ein halbes Jahr betrage.
48Die Europäische Kommission hatte am 03.12.2012 zu dem Antrag Stellung genommen (Bl. 4014 VV). Sie bezweifelt u.a., dass die deutsche Definition des „vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens“ im EnWG mit der Europäischen Richtlinie übereinstimme und fragt, ob nicht auch die C. und die J. Teil des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens seien. Die C. sei in begrenztem Umfang, wenn überwiegend auch nur zum Eigenverbrauch, in den Bereichen Stromerzeugung und –versorgung tätig. Ferner sei hin- sichtlich der Dienstleistungen, die vom vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen für die Antragstellerin erbracht werden, eine weitere Prüfung erforderlich. Darüber hinaus sei der IT-Bereich nicht ausreichend unabhängig. Die Europäische Kommission bezweifelt im Hinblick auf die Inanspruchnahme von externen Auftragnehmern und Wirtschaftsprüfern, dass das EnWG den Vorgaben der europäischen Richtlinie entspreche. Auf die von der Bundesnetzagentur gewählte Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG ging die Europäische Kommission nicht ein.
49Die Antragstellerin greift isoliert die Tenorziffern 3 und 6 des Bescheides an.
50Neben dem Anfechtungsantrag sei auch der Feststellungsantrag statthaft. Im Zertifizierungsverfahren sei zu prüfen, ob die Entflechtungsregeln ein- gehalten würden. Die Rechtslage sei hinsichtlich der 2. Führungsebene unklar. Aufgrund der ungeklärten Rechtslage seien die betroffenen Stellen bereits jetzt unattraktiv und es werde so die Nachwuchssuche erschwert. Ein Abwarten sei unzumutbar und sei nicht mit der Rechtsschutzgarantie nach Art. 19 Abs. 4 GG und dem allgemeinen Justizgewährungsanspruch aus Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar. Es sei daher so früh wie möglich zu klären, welcher Personenkreis von den cooling-on/cooling-off-Regeln erfasst sei. Sinnvollerweise müsse dies im Zertifizierungsverfahren erfolgen. Es gehe auch nicht vorbeugend um die Rechtslage für die Zukunft, sondern um die jetzige Situation. Der Anfechtungsantrag zu Ziffer 1 betreffe nur bestimmte Positionen, hingegen solle mit dem Feststellungsantrag zu 2 die Rechtslage für die gesamte 2. Führungsebene geklärt werden.
51Der Feststellungsantrag sei gegenüber der Anfechtung auch nicht subsidiär. Die Feststellungsbeschwerde sei die einzige Rechtsschutzmöglichkeit, mit der die Rechtsanwendung der Bundesnetzagentur überprüft wer- den könne. Im Falle einer bloßen Aufhebung stünde nicht fest, welche Funktionen und Personen den cooling-Vorgaben unterfielen.
52Entscheidungen mit Bezug zu Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes träfen neben der Geschäftsleitung nur die Leiter der fünf Bereiche
53- 54
„Gasdisposition (GTD)“,
verantwortlich für Steuerung und Überwachung des Leitungsnetzes einschließlich der Fahrweise und Mengenplanung
56- 57
„Kapazitätsmanagement (GTK)“,
verantwortlich für den kommerziellen Betrieb des Netzes, Daten- kommunikation mit Transportkunden und Verwaltung der Allokati- onsdaten
59- 60
„Marktgebietsmanagement (GTM)“,
verantwortlich für strategische Entwicklung, Kapazitäts- und Netz- ausbauplanung
62- 63
„Betriebstechnik Ost (GNO)“,
verantwortlich für technischen Betrieb und Wartung des Netzes und Verfügbarkeit des Pipelinesystems, GDRM-Stationen und LWL- System
65- 66
„Betriebstechnik West (GNW)“,
verantwortlich für technischen Betrieb und Wartung des Netzes und Verfügbarkeit des Pipelinesystems, GDRM-Stationen und LWL- System.
68Die übrigen von der Bundesnetzagentur unzutreffend unter § 10c Abs. 6 EnWG eingestuften Leiter der Bereiche seien nicht für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich. Die weite Auslegung der Bundesnetzagentur, wonach eine bloße Mitwirkung an Entscheidungen in den drei relevanten Bereichen ausreiche, bedeute, dass faktisch die gesamte oder nahezu gesamte 2. Führungsebene von § 10c Abs. 6 EnWG betroffen sei.
69Die Führungskräfte, die nicht zu den genannten Bereichen gehörten, seien zwar der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt, nicht aber für „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich“. Sie hätten per se keine unmittelbare Entscheidungsbefugnis und Entscheidungsverantwortlichkeit für die drei relevanten Tätigkeitsbereiche. Sie wirkten nur an Entscheidungen der Geschäftsführung oder der für den „Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes“ verantwortlichen Bereiche mit, sei es durch Vorbereitung, Unterstützung oder Beratung. Die Bundesnetzagentur habe jedoch im Wesentlichen auch die Leitungen der Bereiche, die dem „Kaufmännischen Geschäftsbereich“ zuzurechnen seien, § 10c Abs. 6 EnWG unterstellt.
70Der Fachbereich „Einkauf (GTB)“ trage die Verantwortung für die Beschaffung und Betreuung von Material und Dienstleistungen für Projekte, für die Instandhaltung der Betriebe, für spezifische IT-Systeme sowie für den all- gemeinen Bedarf der Antragstellerin. Er arbeite nur nach Vorgaben der anderen Bereiche.
71Der Fachbereich „Controlling (GTC)“ sei verantwortlich für die Koordination und Durchführung der operativen und kollidierenden Planung, das Kosten- und Risikomanagement sowie die Unterstützung von operativen Entscheidungen durch betriebswirtschaftliche Analysen. Außerdem erarbeite der Fachbereich die regulatorisch erforderlichen Entgelt- und Investitionsbudgetanträge. Der derzeitige Stelleninhaber, der Beschwerdeführer zu 7, sei zwar auch Prokurist, die Funktion jedoch nicht an den Fachbereich, sondern an die Person gebunden.
72Der Leiter des Fachbereichs „Vertragsenergieermittlung (GTE)“ sei für die Gasmessung und Gasabrechnung verantwortlich. Dies umfasse auch die Erstellung von Konzepten von Messanlagen für Gasmengen und Gasbeschaffenheit. Der Fachbereich steuere nicht das Netz. Vielmehr unterstütze der Bereich nur den Netzbetrieb und trete als Dienstleister insbesondere für den Bereich „Kapazitätsmanagement (GTK)“ auf.
73Der Fachbereich „Finanzen und Steuern (GTF)“ sei für die Rechnungsprüfung und Leistungsfakturierung sowie die Archivierung der erforderlichen Unterlagen zuständig.
74Der Fachbereich „Personal und Verwaltung (GTH)“ unterstütze die einzelnen Fachbereiche bei der Personalbeschaffung und sei im Rahmen der Personalbetreuung Ansprechpartner für Geschäftsführer und Mitarbeiter in allen personalbezogenen Themen.
75Der Fachbereich „IT-Management (GTI)“ optimiere die IT-Prozesse, ins- besondere die gaswirtschaftlichen Prozesse, und sei für die optimale Unterstützung dieser Prozesse durch geeignete IT-Lösungen verantwortlich. Die Abteilung arbeite nach Vorgaben der jeweiligen Anforderer.
76Der Fachbereich „Regulierungsmanagement (GTR)“ verantworte die Mitarbeit, Bewertung und Umsetzung des deutschen und europäischen Regulierungsrahmens.
77Der Fachbereich „Leitungsrechte und Liegenschaften (GNL)“ kümmere sich um die Liegenschaften, die Beschaffung und Dokumentation der privatrechtlichen Genehmigungen für die vertragliche und dingliche Sicherung der Leitungs- und Wegerechte und gewährleiste so den dauerhaften vertraglichen Bestand des Transportnetzes. Der Bereich arbeite nach Vorgaben der Netzentwicklungsplanung und unterstütze nur.
78Der Fachbereich „Anlagentechnik (GNA)“ sei für die technische Planung von Netzausbau- und -umbaumaßnahmen zuständig. Hierzu zählten gastechnische Anlagen für die Aufbereitung, Verdichtung, Transport und Messung von Erdgas sowie Pipelines und Anschlussleitungen. Er setze hierbei nur die Vorgaben der Fachbereiche „Marktgebietsmanagement (GTM)“ und „Kapazitätsmanagement (GTK)“ um.
79Der Fachbereich „Montage (GNM)“ führe Netzausbau- und -umbaumaßnahmen durch. Wesentliche Tätigkeit sei die Führung und Beaufsichtigung von Kontraktoren im Bereich Bau und Montage, die Koordination der beteiligten Gewerke sowie die Vor-Ort-Abstimmung mit Behörden und den Beteiligten. Wie der Fachbereich „Anlagentechnik (GNA)“ entscheide er nicht selbst, wie das Netz um- oder auszubauen sei.
80Das „Trassenengineering (GNT)“ sei für die Entwicklung von Leitungstrassen und Durchführung der öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahren sowie insbesondere der Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren zuständig. Dort werde aber nicht entschieden, wie das Netz konkret auszubauen sei.
81Der Fachbereich „Recht und Versicherungen (GTJ)“ sei verantwortlich für die Erstellung, Prüfung und Beratung bei der Abwicklung von Kapazitätsverträgen, Netzkopplungsvereinbarungen und Netzanbindungsverträgen. Der Fachbereich vertrete nach außen in Behörden- und Gerichtsterminen. Darüber hinaus würden Netzentgeltgenehmigungen und Investitionsbudgetanträge geprüft und bei der Netzentgeltkalkulation beraten.
82Mit Schriftsatz vom 17.01.2014 hat die Antragstellerin mitgeteilt, dass sie mit Wirkung zum 01.10.2013 ihre Geschäftsverteilung neu organisiert habe. Hintergrund sei die „Optimierung und Effizienzsteigerung der unternehmensinternen Organisation“. Mit der Umstellung der Geschäftsverteilung wurde als weitere Führungsebene zwischen der Geschäftsführung und der Fachbereichsebene eine neue, nunmehr „neue 2. Führungsebene“, mit 3 Ressorts eingerichtet:
83- 84
Ressort 1, Steuerung und Finanzen (Dr. K.)
- 85
Ressort 2, Netz (M.)
- 86
Ressort 3, Kapazität und Entwicklung (N.).
Die beiden Geschäftsführer Dr. K. und N. haben nach dem vorgelegten Organigramm neben ihrer Geschäftsführertätigkeit auch jeweils eine Ressortleitung übernommen. Einer der beiden bisherigen Geschäftsführer, M., ist aus der Geschäftsführung ausgeschieden und leitet nunmehr – wie schon zuvor in seiner Funktion als Geschäftsführer - das Ressort 2. Die bisherige 2. Führungsebene mit den Fachabteilungen ist nach dem Organigramm diesen Ressorts als nunmehr 3. Führungsebene untergeordnet.
88Die Antragstellerin weist in ihrem Schreiben darauf hin, dass durch die neu eingeführte Führungsebene sämtliche Fachbereichsleiter „nicht mehr der obersten Unternehmensleitung unmittelbar unterstellt“ seien und daher nicht mehr von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst seien. So seien etwa die bisher unstreitig von § 10c Abs. 6 EnWG erfassten Bereiche „Betriebstechnik Ost (GNO)“ und „Betriebstechnik West (GNW)“ aus dem Ressort 2 (Netz) nach der Umorganisation nicht mehr Teil der 2., sondern nunmehr 3. Führungs- ebene.
89Nachdem die Antragstellerin der Bundesnetzagentur die Umorganisation mitgeteilt und beantragt hatte, dass die cooling-on/cooling-off- Bestimmungen auf die nunmehr den Ressortleitern unterstellten Fachbereichsleiter, hilfsweise nur für die Leiter der dem Ressort 2 nachgeordneten Fachbereiche, keine Anwendung mehr finden sollten, hatte die Bundesnetzagentur den Antrag am 02.12.2013 als unzulässig abgewiesen (Anlage BF3). Die Behörde hatte erklärt, dass es am Sachentscheidungsinteresse bzw. Rechtsschutzbedürfnis fehle. Die Feststellung aus dem Zertifizierungsbescheid habe nur die Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung berücksichtigt, nachträgliche Änderungen seien nicht erfasst. Im Übrigen ergäben sich die Vorgaben unmittelbar aus dem Gesetz. Aus dem Umstand, dass die Bundesnetzagentur einmal, bei Erlass des Zertifizierungsbescheides eine Feststellung erlassen habe, könne nicht gefolgert werden, dass es nun bei jeder Änderung der 2. Führungsebene einer solchen Feststellung bedürfe. Bei geplanten Änderungen könne eine nachträgliche Auflage nach § 4d EnWG erfolgen, die dann ggfs. gerichtlich angegriffen werden könne.
90In einem weiteren Schreiben vom 02.12.2013 (Anlage BF4) hat die Bun-desnetzagentur dann eine „unverbindliche Rechtsauskunft“ zum Anwen- dungsbereich der cooling-on/cooling-off-Regelungen erteilt. Danach unter- fielen die Leiter der Fachabteilungen, die den beiden amtierenden Geschäftsführern und den von ihnen verantworteten Ressorts unterstellt seien (Ressort 1 und 3) weiterhin den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG, weil sie weiterhin unmittelbar der Geschäftsführung nachgeordnet seien. Jedenfalls seien die Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG entsprechend anzuwenden, weil die Vorgaben durch die von der Antragstellerin gewählte Organisationsstruktur, Zwischenschaltung einer „Bündelungsebene“ nicht umgangen werden dürften. So sei auch eine förmliche Trennung von „Geschäftsführung“ und „Ressort“ bei Personenidentität des Handelnden tatsächlich nicht bzw. nur äußerlich durchzuhalten. Hingegen werde das Ressort 2 nicht durch einen amtierenden Geschäftsführer, sondern durch den aus der Geschäftsführung ausgeschiedenen Geschäftsführer M. geleitet. Da M. nun der Geschäftsführung unterstellt sei, sei er als 2. Führungsebene einzustufen und die Fachbereichsleiter ihm nachgeordnet. Die Fachbereichsleiter des Ressorts 2 unterfielen daher nicht mehr den cooling-Vorgaben, weshalb für diese nunmehr die „Abkühlungszeit“ begonnen habe.
91Die Antragstellerin geht davon aus, dass die neue Geschäftsverteilung auf den Rechtsstreit keine Auswirkung habe. Hinsichtlich der – vorgerichtlich kontrovers diskutierten - Frage, ob die den Ressorts 1 und 3 unterstellten Fachbereiche noch Teil der 2. Führungsebene seien, wende sich die Antragstellerin nicht gegen die Bewertung durch die Bundesnetzagentur und diese Frage solle nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden. Aber auch für die nunmehr dem Ressort 2 unterstellten Fachbereiche bleibe die Frage der Anwendbarkeit der cooling-Vorgaben von Bedeutung, weil die Fachbereichsleiter jedenfalls bis zum 30.09.2013 eine Funktion im Rahmen des § 10c Abs. 6 EnWG wahrgenommen hätten, die „Abkühlungs“-, cooling-off-Zeit noch bis zum 30.09.2017 liefe.
92Die cooling-on/cooling-off-Regelungen, beruhend auf zwei europäischen Richtlinien (Richtlinie 2009/73/EG vom 13.07.2009 (GasRL), Richtlinie 2009/72/EG vom 13.07.2009 (StromRL)), schränkten ganz erheblich und rechtswidrig die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten der betroffenen Personen ein.
93Die Karenzzeiten erschwerten den Wechsel in die Unternehmensleitung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers oder den Wechsel von dort in Führungspositionen des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens oder dessen Mehrheitsanteilseignern. Der berufliche Aufstieg der betroffenen Personen im vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen werde faktisch verhindert. Durch die cooling-off-Regelung wer- de darüber hinaus ein Wechsel auf eine weniger bedeutsame Stelle im Unternehmensverbund des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens unmöglich gemacht, weil die cooling-off-Regelung jegliche Tätigkeit in den relevanten Unternehmensbereichen verbiete. Die Karenzzeiten ließen sich daher auch nicht sinnvoll in den Karriereweg der Betroffenen einplanen. Es sei auch wenig praktikabel, die betroffenen Personen auf „Abkühlungsstellen“ beim unabhängigen Transportnetzbetreiber zu „parken“, um sie dann nach vier Jahren anderweitig einzusetzen. Führungspositionen außerhalb der relevanten Bereiche (im Elektrizitätsbereich: Erzeugung, Verteilung, Lieferung oder Kauf, im Gasbereich: Gewinnung, Verteilung, Lieferung, Kauf oder Speicherung von Erdgas) seien im Übrigen auch nur bei Mehrspartenunternehmen vorhanden, die auch elektrizitäts- und erdgasfremde Geschäfte betrieben.
94Für Führungskräfte sei es daher wenig attraktiv, bei einem Unabhängigen Transportnetzbetreiber zu arbeiten, weil sich dies als „Sackgasse“ darstelle, dort die Entwicklungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen beschränkt seien. Wechselten sie den Arbeitgeber, müssten sie - obwohl nicht zum „obersten Management“ gehörend - in einem größeren Maße als andere Arbeitnehmer Umzüge und die damit einhergehenden Folgen für das Privat- und Familienleben in Kauf nehmen. Die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten würden noch weiter dadurch verschärft, dass mit den cooling- on/cooling-off Regelungen nicht nur eine Anstellung beim vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen oder deren verbundenen Unternehmen, sondern daneben Interessen- und Geschäftsbeziehungen verboten seien.
95Die Karenzzeiten seien auch für das Energieversorgungsunternehmen gravierend. Die Beschränkungen machten die betroffenen Stellen beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber unattraktiv und erschwerten die Nachwuchssuche und -förderung. Es werde eine langfristige Personalplanung verhindert. Ferner entstehe ein „Karrierestau“ beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber, weil Stelleninhaber, die die Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG zu beachten hätten, in der Regel auf ihrer Position bis zum Ruhestand verblieben. So verschlechterten sich für andere Mitarbeiter die Karrierechancen und es entstünden statische und damit nicht nachhaltige Strukturen beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber. Diese Auswirkungen stünden im Widerspruch zum EnWG, wonach die Energieversorgung möglichst preisgünstig und effizient sein (§ 1 Abs. 1 EnWG) und ein langfristiger, leistungsfähiger und zuverlässiger Betrieb des Netzes erreicht werden solle (§ 1 Abs. 2 EnWG). Auch im Hinblick auf die Anreizregulierung könnten sich Nachteile ergeben, wenn die fehlende Attraktivität der Stellen beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber durch höhere Vergütungen ausgeglichen werden müsste.
96Die Antragstellerin hält die cooling-on/cooling-off-Bestimmungen für Personen der 2. Führungsebene daher für verfassungs- und europarechtswidrig.
97So verletzten die cooling-on/cooling-off-Bestimmungen (§ 10c Abs. 2, 5, 6 EnWG und Art. 19 Abs. 3, 7, 8 GasRL) das Grundrecht der Berufsfreiheit des Netzbetreibers aus Art. 12 Abs. 1 GG (Berufswahlfreiheit), die Eigentumsgarantie des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und seiner Gesellschafter aus Art. 14 GG, die Berufsfreiheit der betroffenen Personen aus Art. 12 Abs. 1 GG sowie den Gleichheitssatz. Diese Grundrechte seien auch durch Art. 15 Abs. 1, 16, 17 und 20 GRCh geschützt. Nach Art. 51 Abs. 1 GRCh hätten die mitgliedstaatlichen Organe die Charta bei der Durchführung des Unionsrechts zu beachten.
98Der Eingriff durch die Sperrfristen-Regeln in den Schutzbereich der Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG/Art. 16 GRCh sei nicht gerechtfertigt. Der Unabhängige Transportnetzbetreiber sei gehindert, bestimmte, seinen Vorstellungen entsprechende Personen einzustellen. Das Grundrecht stehe zwar unter einem Gesetzesvorbehalt, die Norm sei allerdings zu unbestimmt und unverhältnismäßig, zur Zielerreichung nicht geeignet, nicht erforderlich und nicht verhältnismäßig im engeren Sinne.
99Die cooling-on/cooling-off-Regelung sei im Hinblick auf den Kreis der Betroffenen ausufernd und konturenlos. Es sei unklar, welcher Personenkreis der 2. Führungsebene mit direkter Entscheidungsbefugnis und -verantwortlichkeit für Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes gemeint sei. Die Dauer der Sperrfristen sei ferner unverhältnismäßig. Die Karenzzeiten sollten Diskriminierungen und den Austausch wettbewerbsrelevanter Informationen durch eine möglicherweise noch bestehende Verbundenheit mit früheren Mitarbeitern verhindern. Jedoch ließen schon die übrigen gesetzlichen Vorschriften keinen Raum für solche Diskriminierungen. Die Gefahr der Weitergabe von Informationen bestehe nicht nur auf der Führungs- sondern ebenfalls auf der Sachbearbeiter-Ebene. Ein Diskriminierungspotential bestünde im Übrigen auch bei einem Wechsel von einem fremden vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber, einem Wechsel vom vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen zu einem Wettbewerber oder einem Wechsel von einem Transportkunden zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber.
100Die angeordneten Karenzzeiten von sechs Monaten, drei und vier Jahren seien nicht geeignet, das Diskriminierungspotential zu eliminieren. Es sei nicht ersichtlich, warum gerade diese Zeiträume Diskriminierungen verhindern sollten. Eine generelle Regelung ohne Einzelfallbetrachtung sei ungeeignet.
101Die Sperrfristen seien auch nicht erforderlich, weil zahlreiche Maßnahmen und Vorschriften des EnWG Transparenz und einen diskriminierungsfreien Netzbetrieb und damit einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb in der Gasversorgung gewährleisteten:
102- 103
informatorisches Unbundling (Art. 16 Abs. 1 GasRL, § 6a Abs. 1 EnWG)
- 104
diskriminierungsfreie Handhabung von Informationen (Art. 16 Abs. 2 GasRL, § 6a Abs. 2 EnWG)
- 105
rechtliche und organisatorische Entflechtung (Art. 9 ff. GasRL,
- 108
Zertifizierungspflicht (Art. 10 GasRL, § 4a EnWG)
- 109
Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzanschlusses, Netzzugangs sowie Entgeltbedingungen (Art. 23, 32, 41 Abs. 1 a) GasRL, §§ 17, 20, 21 EnWG, GasNZV)
- 110
Bestellung eines Gleichbehandlungsbeauftragten beim Netzbetrei- ber und beim vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen (Art. 21, 26 GasRL, §§ 10e Abs. 2, 7a Abs. 5 EnWG)
- 111
staatliche Entgeltregulierung – Anreizregulierung
- 112
Missbrauchs- und Diskriminierungsverbot (Art. 41 Abs. 13 GasRL,
- 115
Eingriffsbefugnisse der Regulierungsbehörden.
Auch der Netzzugang sei weitgehend standardisiert, so dass Angehörige des Unabhängigen Transportnetzbetreibers keinen Einfluss mehr auf die Vergabe von Kapazitäten hätten (z. B. Kapazitätsplattform Prisma). Zahl- reiche Aufgaben im Rahmen des Netzzugangs habe der Marktgebietsverantwortliche gemäß § 2 Nr. 11 GasNZV übernommen (Bilanzkreismanagement, virtueller Handelspunkt, Regelenergiebeschaffung). Darüber hinaus müssten die Handelnden mit arbeitsrechtlichen Sanktionen rechnen. Wechselten Führungskräfte zu einem neuen Arbeitgeber, seien sie auch diesem gegenüber zur Loyalität verpflichtet und aus arbeitsrechtlichen Gründen gehindert, ihren früheren Arbeitgeber zu bevorzugen.
117Jedenfalls seien die Fristen zu lang. So würden spezielle Kenntnisse aufgrund der sich schnell ändernden tatsächlichen und rechtlichen Umstände im Energiemarkt deutlich schneller an Relevanz verlieren. Es sei daher eine Frist von maximal einem halben Jahr für alle Angehörigen der Unternehmensleitung einschließlich der 2. Führungsebene angemessen. Es sei davon auszugehen, dass sich Führungskräfte ihrem neuen Arbeitgeber gegenüber von vornherein loyal verhalten würden. Wettbewerbsverbote und Karenzzeiten seien nur dann zulässig, wenn sie örtlich, zeitlich und gegenständlich auf das notwendige Maß beschränkt seien. Diese Voraussetzungen lägen in Bezug auf § 10c Abs. 2, 5, 6 EnWG nicht vor. So seien die handelsrechtlichen Wettbewerbsverbote enger und in ihren Wirkungen beschränkter und – anders als die cooling-off-Regelungen – entschädigungspflichtig (vgl. § 74 Abs. 2 HGB).
118Die Bestimmungen seien aus den dargestellten Gründen daher auch nicht verhältnismäßig im engeren Sinne, weil die Vorschriften die 2. Führungsebene beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber übermäßig belasteten. Diese Führungskräfte würden faktisch ihrer Aufstiegschancen beraubt. Im Falle einer eigentumsrechtlichen Entflechtung könnten Führungskräfte im Übrigen, ohne Karenzzeiten einzuhalten, zur früheren Muttergesellschaft wechseln.
119Die Karenzregeln verletzten auch die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 S. 1 GRCh des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens, des Unabhängigen Transportnetzbetreibers so- wie deren Gesellschafter. Die Vorschriften beschränkten die Verfügungsbefugnis der Beteiligten bei der Besetzung von Stellen auf der 2. Führungsebene und griffen daher ohne Rechtfertigung in das Eigentumsrecht ein. Aus den bereits genannten Gründen seien die cooling-on/cooling-off- Regelungen nicht geeignet, nicht erforderlich und nicht verhältnismäßig im engeren Sinne.
120Darüber hinaus werde auch die Berufswahlfreiheit der betroffenen Personen verletzt (Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 15 Abs. 1 GRCh), das Recht, Vertragspartner und Arbeitgeber frei zu wählen.
121Außerdem verstießen die Bestimmungen gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 20 GRCh). Die cooling-on/cooling-off-Regeln diskriminierten die Angehörigen der 2. Führungsebene gegenüber Führungskräften anderer Fernleitungsnetzbetreiber. Andere Führungskräfte seien nicht gehindert, ohne Einhaltung einer Sperrfrist eine unter die Karenzvorschriften fallende Position bei der Antragstellerin oder dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen anzunehmen, obwohl bei ihnen das gleiche Diskriminierungsrisiko bestehe. Außerdem würden die Angehörigen der 2. Führungsebene im Vergleich zu Personen mit Entscheidungsbefugnissen und/oder relevanten Erkenntnissen benachteiligt, die nicht der obersten Unternehmensleitung oder der 2. Führungsebene an- gehörten. Außerdem seien die betroffenen Personen gegenüber Führungskräften, die bei einem eigentumsrechtlich entflochtenen Transportnetzbetreiber oder unabhängigen Systembetreiber angestellt seien und für die keine Sperrfristen gelten, zu Unrecht benachteiligt. Auch sei ein Unter- schied der Unternehmensleitung einschließlich der 2. Führungsebene einerseits und den nachgeordneten Mitarbeitern mit Entscheidungsbefugnissen andererseits nicht erkennbar. Das Diskriminierungspotenzial habe nichts mit der formalen Stellung in der Unternehmenshierarchie zu tun.
122Die Bundesnetzagentur habe die cooling-on/cooling-off-Regelungen rechtswidrig erweiternd ausgelegt, so dass im Wesentlichen die gesamte 2. Führungsebene von den Karenzregeln erfasst sei.
123Sie gehe unzutreffend davon aus, dass „im Zweifel sämtliche Personen, die der 2. Führungsebene angehören“, unter die Sperrfristen fielen. So sei die Behörde ohne nähere Begründung und Prüfung davon ausgegangen, dass die hier strittigen Bereiche originäre Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse hätten, die eine eigene Verantwortlichkeit im Sinne des § 10c Abs. 6 EnWG begründeten. Die jeweiligen Leiter der hier streitigen Stellen seien jedoch nicht - wie es § 10c Abs. 6 EnWG fordere - für bestimmte Bereiche, für „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“, verantwortlich und hätten für die relevanten Aufgaben keine Entscheidungsbefugnisse. Sie wirkten allenfalls an Entscheidungen mit Bezug zu „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ mit, verantworteten solche Entscheidungen aber nicht selbst unmittelbar oder abschließend.
124Die Bundesnetzagentur nehme zu Unrecht an, dass für eine „Verantwortlichkeit“ bereits eine bloße Mitwirkung an Entscheidungen oder eine Art „Mitverantwortung“ ausreiche. Im Ergebnis stelle die Behörde darauf ab, ob in einer Abteilung diskriminierungsrelevantes Wissen vorhanden sei. Außerdem lege die Bundesnetzagentur das einschränkende Merkmal „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ so weit aus, dass nahezu jegliche Tätigkeit bei dem unabhängigen Transportnetzbetreiber, jede im allerweitesten Sinne dem Netzbetrieb dienende Tätigkeit, erfasst sei.
125Jedoch verdeutliche der Wortlaut des § 10c Abs. 6 EnWG, dass gerade nicht sämtliche Mitglieder der 2. Führungsebene von den Sperrfristen erfasst werden sollten. Der Begriff „Verantwortlichkeit“ mache deutlich, dass nur solche Stelleninhaber betroffen sein sollten, die eine Entscheidung träfen, nicht hingegen diejenigen, die an Entscheidungen mitwirkten oder diese vorbereiteten. So müsse sich die Tätigkeit gerade auf die Bereiche „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ beziehen. Die Begriffe „Wartung und Entwicklung des Netzes“ wären aber überflüssig, wenn mit dem „Betrieb“ jegliche Tätigkeit des Unabhängigen Transportnetzbetreibers gemeint sei. So erbringe der Unabhängige Transportnetzbetreiber regelmäßig keine transportnetzfremden Tätigkeiten.
126Auch die Gesetzessystematik spreche gegen die erweiternde Auslegung der Bundesnetzagentur. So zeige § 10 Abs. 1 S. 2 EnWG, der die Aufgaben des Unabhängigen Transportnetzbetreibers aufliste und Einrichtungen wie Rechtsabteilung, Buchhaltung und die IT-Abteilung ausdrücklich nenne (§ 10 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 EnWG), dass mit „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ nicht jegliche, sondern nur ein Ausschnitt der Tätigkeit des Unabhängigen Transportnetzbetreibers gemeint sei. Ferner mache die gesonderte Nennung der „Erstellung des Netzentwicklungsplans“ neben dem „Netzbetrieb“ in § 10b Abs. 2 EnWG und in § 10d Abs. 2 EnWG deutlich, wie eng der Gesetzgeber den Begriff „Betrieb des Netzes“ gesehen habe.
127Die Gesetzeshistorie zeige, dass der von der Regelung erfasste Personenkreis nicht über Gebühr habe ausgedehnt, sondern auf Personen habe beschränkt werden sollen, die „ebenfalls erheblichen Einfluss und umfangreiche Erkenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes“ hätten (BT-Drs. 17/6072, S. 64). So werde in der Begründung beispielhaft auf den „Hauptbereichsleiter Netz“ verwiesen.
128Auch Sinn und Zweck der Regelung sprächen gegen eine erweiternde Auslegung. So werde in § 10c EnWG maßgeblich auf die Entscheidungsbefugnis der Unternehmensleitung im Sinne des § 3 Nr. 29b und § 3 Nr. 33a EnWG abgestellt. Hieraus folge, dass auch für die Personen der 2. Führungsebene, die von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst werden sollten, eine bloße Kenntnis bestimmter diskriminierungsrelevanter Umstände allein nicht ausreichend sei. Im Übrigen bestehe im cooling-on-Fall, bei einem Wechsel vom vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen zum Unabhängigen Transportnetzbetreiber, schon kein Diskriminierungs- potential, weil Informationen aus der Tätigkeit beim vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen für die Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebes nicht relevant seien. So müsse ein Netzbetreiber ohne- hin alle Informationen erhalten, die zur Umsetzung des Netzzugangs erforderlich seien. Mögliche Loyalitätskonflikte bestünden auch bei einem Wechsel von einem anderen Gasversorgungsunternehmen (Gashändler, Vertriebsgesellschaft). Scheide der betroffene Leiter aus, könne dieser nicht mehr diskriminieren, sondern allenfalls die beim Unabhängigen Transportnetzbetreiber verbleibenden Kollegen, ggfs. auch die dortigen Sachbearbeiter ohne Führungsverantwortung. Wie im cooling-on-Fall sei das Diskriminierungspotential unabhängig davon, ob ein Wechsel zum vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen oder zu einem anderen Wettbewerber erfolge. Die Karenzzeiten rechtfertigten sich auch nicht deshalb, weil eine Führungskraft ggfs. im Hinblick auf eine spätere „Belohnung“, etwa durch eine entsprechend wohlwollende künftige berufliche Entwicklung, das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen bevorzugen könnte.
129Im Übrigen seien die Bestimmungen grundrechtskonform eng auszulegen. Das weite Verständnis der Bundesnetzagentur verletzte die Berufswahlfreiheit der betroffenen Personen, die Berufsausübungsfreiheit des Netzbetreibers, das Eigentumsrecht des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen sowie seiner Gesellschafter und den Gleichheitssatz. Die Rechtsanwendung durch die Bundesnetzagentur sei ausufernd und konturenlos, das einschränkende Merkmal für die 2. Führungsebene verliere seine Bedeutung. Die Auslegung der Bundesnetzagentur sei weder geeignet, erforderlich noch verhältnismäßig im engeren Sinne. Eine mögliche Diskriminierung setze eine Entscheidungsbefugnis in den drei relevanten Bereichen voraus. Wettbewerbsrelevante Informationen hätten auch Mitarbeiter ohne Entscheidungsverantwortung. Im Hinblick auf die zahlreichen Regelungen und Verbote des EnWG sei eine extensive Auslegung zudem nicht erforderlich.
130Die Auslegung der Bundesnetzagentur sei auch nicht richtlinienkonform. So nenne Art. 17 Abs. 2 e) GasRL/Art. 17 Abs. 2 e) StromRL ausdrücklich den „Betrieb, die Wartung und den Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Fernleitungsnetzes“ neben der sonstigen Geschäftstätigkeit (Art. 17 Abs. 2 h) GasRL: u.a. Rechtsabteilung, Buchhaltung, IT- Dienste). Auch die englische und französische Fassung der Richtlinie („directly reporting to“, „rendent directement compte“) spreche für eine enge Auslegung.
131Da die cooling-on/cooling-off-Regelungen Grundrechte der Antragstellerin verletzten, die EnWG-Vorschriften die europäischen Richtlinienbestimmungen „Eins zu Eins“ umsetzten, sei die Sache daher ggfs. dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV und - für den Fall, dass der Senat keine Verwerfungskompetenz des Europäischen Gerichtshof annehmen sollte - dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG, § 80 BVerfGG, zur Entscheidung vorzulegen. Die Antragstellerin beantragt,
1321. Ziffer 3 des Beschlusses der Bundesnetzagentur vom 05.02.2013, BK7-12-031 (Zertifizierungsbescheid), inso- weit aufzuheben, als sich die Feststellung auf die Leitung der Bereiche
133- 134
„Recht und Versicherungen (GTJ)“
- 135
„Einkauf (GTB)“
- 136
„Controlling (GTC)“
- 137
„Vertragsenergieermittlung (GTE)“
- 138
„Finanzen und Steuern (GTF)“
- 139
„Personal und Verwaltung (GTH)“
- 140
„IT Management (GTI)“
- 141
„Regulierungsmanagement (GTR)“
- 142
„Leitungsrechte und –dokumentation (GNL)“
- 143
„Anlagentechnik (GNA)“
- 144
„Montage (GNM)“
- 145
„Trassenengineering (GNT)“ bezieht,
2. unter Aufhebung der Ziffer 6 des Zertifizierungsbeschei- des festzustellen, dass die cooling-Regelungen für die Geschäftsführung und die Mitglieder der 2. Führungsebe- ne der Antragstellerin nicht gelten,
147hilfsweise,
148dass die cooling-off-Zeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahre liegenden Zeit- raum, beträgt.
149Die Beigeladenen zu 4 bis 15 beantragen,
150Ziffer 3 des Zertifizierungsbescheides aufzuheben, als sich die Feststellung zu ihren Lasten auf die cooling-off- Regelung bezieht.
151Die Beigeladenen zu 2 bis 20 beantragen,
152unter Aufhebung der Ziffer 6 des Zertifizierungsbeschei- des festzustellen, dass die cooling-Regelungen für die Beigeladenen zu 2 bis 20 nicht gelten,
153hilfsweise,
154dass die cooling-off-Zeit maximal ein halbes Jahr, höchst hilfsweise einen anderen unter vier Jahre liegenden Zeit- raum, beträgt.
155Die Bundesnetzagentur beantragt,
156die Beschwerde zurückzuweisen.
157Der Aufhebungsantrag sei nach der Umstrukturierung teilweise unzulässig. So hätten die Beigeladenen ausschließlich die sie belastenden cooling-off-Vorgaben angegriffen. Durch die Umstrukturierung sei die Feststellung zu 3. aber gegenstandslos geworden. Eine (Nach)-Wirkung bestehe hinsichtlich der Beigeladenen zu 4 bis 11 nicht, weil diese sich nach der Umstrukturierung derzeit nicht in der cooling-off-Phase befänden, sondern weiterhin den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterlägen. Eine solche (Nach)-Wirkung komme allenfalls für die Beigeladenen zu 12 bis 15, 19 und 20, in Betracht, weil diese nicht mehr unmittelbar der Geschäftsleitung unterstellt seien, sondern dem Ressortleiter 2 (Netz). Diese Leiter befänden sich daher in der „Abkühlungsphase“.
158Hinsichtlich der Anfechtungsanträge sei auf den Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung, also den Organisationsaufbau vor der Umstrukturierung, abzustellen, hinsichtlich der Feststellungsanträge auf den Zeitpunkt der letzten gerichtlichen mündlichen Verhandlung. So sei hinsichtlich der Feststellungsanträge die seit 01.10.2013 eingetretene organisatorische Veränderung zu berücksichtigen. Nach der Umorganisation seien der Leiter des Ressort 2 (Netz) sowie die den Ressort 1 und 3 unterstellten Fachbereichsleiter von den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG erfasst. Die nun dem Ressort 2 (Netz) untergeordneten Fachbereiche gehörten nicht mehr zur 2. Führungsebene.
159Die Feststellungsanträge seien auch bereits unzulässig, weil der Antragstellerin und den Beigeladenen das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Sie begehrten vorbeugenden Rechtsschutz. Es sei zumutbar, einen personellen Wechsel anzuzeigen und dann ggfs. einen späteren Verwaltungsakt abzuwarten, etwa eine nachträgliche Auflage nach § 4d EnWG oder eine Untersagungsverfügung nach §§ 65, 10c Abs. 6 EnWG. Gegen diesen könne dann ggfs. im Wege des Eilrechtsschutzes vorgegangen werden. Außerdem stehe dem Feststellungsantrag die Subsidiarität der Feststellungsbeschwerde entgegen, weil die Aufhebungsanträge ausreichenden Rechtsschutz gewährten.
160Die Antragstellerin und die Beigeladenen begehrten mit ihrem Anfechtungsantrag die Aufhebung der Tenorziffer 3 des Bescheides. Die Feststellung in Ziffer 3 beziehe sich aber nur auf die Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung. Eine Feststellung für zukünftige Sachverhalte sei damit nicht verbunden. Soweit bekannt, halte die Antragstellerin die cooling- on/cooling-off-Vorgaben derzeit auch ein. Aus der Ziffer 3 ergäben sich ferner keine Ge- und Verbote. Die Bundesnetzagentur habe nur die kraft Gesetzes geltende Rechtslage klargestellt.
161Die cooling-on/cooling-off-Regelungen verstießen nicht gegen das Grund- recht der Berufsfreiheit. Da die Leiter der betroffenen Abteilungen die Möglichkeit hätten, außerhalb des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens und deren Tochterunternehmen zu arbeiten, seien sie nicht grundsätzlich in ihrem Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes betroffen. Außerdem greife das Verbot nur innerhalb der dort festgelegten Fristen. Der Eingriff in das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt, erfolge nur mit geringer Intensität. Den betroffenen Personen werde nicht die Ausübung ihres jeweiligen Berufsbildes an sich unmöglich gemacht, sondern lediglich der sofortige Wechsel zu einem bestimmten Arbeitgeber unterbunden. Die Regelung verlange nicht, dass die betroffenen Personen den Konzern verließen. Der Eingriff sei geeignet, Transparenz herzustellen sowie die diskriminierungsfreie Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebes und damit einen wirksamen und unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten. „Abkühlungsphasen“ oder Karenzzeiten seien als geeignetes Mittel allgemein anerkannt, um persönliche Interessenkonflikte zu vermeiden (vgl. z.B. § 74 HGB, § 90a HGB). Auch die zeitliche Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit von 6 Monaten, 3 und 4 Jahren stehe im Hinblick auf die Vernetzung der Führungskräfte im vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen nicht außer Verhältnis.
162Die übrigen Maßnahmen des EnWG, um die Unabhängigkeit des Netzbetreibers zu erreichen, stünden dem nicht entgegen. Vielmehr seien die cooling-on/cooling-off-Regelungen als Teil eines „Gesamtpaketes“ zu sehen, um das Diskriminierungspotenzial zu minimieren. So käme als gleich wirksame Maßnahme die eigentumsrechtliche Entflechtung nach § 8 EnWG in Betracht, die ggfs. aber stärker in die unternehmerische Freiheit und Berufsausübungsfreiheit eingreife. Dann aber stünden den Führungskräften des eigentumsrechtlich entflochtenen Transportnetzbetreibers ebenfalls nicht mehr die regelmäßig innerhalb eines Konzerns bestehen den vielfältigen Karrieremöglichkeiten offen. Diese Karrieremöglichkeiten blieben den Führungskräften im Fall des Unabhängigen Transportnetzbetreibers jedoch erhalten, wenn auch mit einem gewissen zeitlichen Verzug.
163Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Entflechtungsregeln durch das Dritte EU-Energiebinnenmarktpaket und die Änderungen des EnWG 2011 gerade deshalb verschärft worden seien, weil die bisherigen Regelungen nicht zu einer effektiven Entflechtung der Netzbetreiber geführt hätten. So habe der Gesetzgeber mit § 10c EnWG darauf reagiert, dass Managementfunktionen von Muttergesellschaft und Netztochter von den gleichen Personen wahrgenommen und so eine Steuerung der Netztochter ermöglicht worden sei. Darüber hinaus sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz berücksichtigt worden, indem Übergangsvorschriften geschaffen worden seien, mit denen etwa die cooling-on-Regelungen auf Ernennungen vor dem 03.03.2012 keine Anwendung fänden (§ 10c Abs. 2 S. 3 EnWG).
164Es sei fraglich, ob der Schutzbereich des Art. 14 GG überhaupt tangiert sei, weil dieser allenfalls dann berührt wäre, wenn die Handlungspflichten so weit gingen, dass ein Eingriff in die Substanz des Gewerbebetriebes gegeben sei. Ein derart existenzieller, substanzgefährdender Eingriff liege hier schon nicht vor.
165Ferner verstießen die Karenzzeiten nicht gegen den Gleichheitssatz. Ziel sei, Energiekonzerne „intern“ zu entflechten, so dass nur im Konzern tätige Personen betroffen seien. Auch seien die Führungskräfte, einschließlich der 2. Führungsebene, nicht mit anderen Personen vergleichbar. Die Führungskräfte der 1. und 2. Ebene zeichneten sich durch eine eigenverantwortliche Entscheidungs- und Letztentscheidungsbefugnis aus. Mit dieser Entscheidungskompetenz sei ein besonderes Diskriminierungspotential verbunden. Die 2. Führungsebene verfüge darüber hinaus über ein ähnlich umfangreiches diskriminierungsrelevantes Wissen wie die oberste Unternehmensleitung selbst. Es sei daher gerechtfertigt, die 2. Führungsebene mit der Unternehmensleitung gleichzustellen.
166Wenn die Regelung anhand der Grundrechtecharta der Europäischen Union zu prüfen sei, reichten die geltend gemachten europäischen Grundrechte jedenfalls nicht über die in Art. 12, 14 und Art. 3 GG verbürgten Gewährleistungen hinaus.
167Die Bundesnetzagentur meint, dass das Merkmal „Verantwortlichkeit für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ in einem weiten Sinne auszulegen sei. Hierunter seien rechtliche, kommerzielle und technische Verantwortungsbereiche zu verstehen. Eine Begrenzung auf rein technische Aufgaben sei nicht sachgerecht. Vielmehr seien unter § 10 Abs. 6 EnWG im Zweifel sämtliche Personen der 2. Führungsebene zu subsumieren. Eine zu enge Auslegung führe das Entflechtungsmodell ad absurdum. So verfügten auch Personen der 2. Führungsebene, die für den kommerziellen oder rechtlichen Bereich verantwortlich seien, in der Regel über umfangreiche diskriminierungsrelevante Kenntnisse des Netzes.
168„Verantwortlich“ im Sinne des § 10c Abs. 6 EnWG sei derjenige, der eine direkte Zuständigkeit für und Entscheidungsbefugnisse im Hinblick auf einen der genannten Bereiche habe. „Verantwortlichkeit“ sei von der tatsächlichen Durchführung bestimmter Aufgaben zu unterscheiden. Eine bloß unterstützende Einbeziehung in einzelne Entscheidungsprozesse reiche für eine Verantwortlichkeit im Sinne des § 10c Abs. 6 EnWG nicht aus. Allerdings komme es nicht auf eine Letztverantwortung für den Betrieb, die Wartung und die Entwicklung des Netzes an. Diese liege bei der Unternehmensleitung. Es genüge vielmehr jede Art von Verantwortlichkeit für einen der drei relevanten Bereiche, auch für einzelne Teilaspekte. Es sei nicht entscheidend, wer bestimmte Tätigkeiten für das Netz erbringe, sondern wer aufgrund seiner Stellung im Unternehmen ein Diskriminierungspotenzial in sich trage, das dem Entflechtungsgedanken des EnWG widerspreche. Es genüge eine Verantwortlichkeit für einen „den Netzbetrieb unterstützenden Bereich“. So stelle etwa die Verantwortung für die IT, die für den Netzbetrieb elementar sei, eine „vollwertige Verantwortlichkeit“ im Sinne des § 10c Abs. 6 EnWG dar. Es könnten im Übrigen - je nach der Organisationsstruktur – durchaus Fachbereiche unmittelbar der obersten Unternehmensleitung unterstellt sein, aber dennoch nur netzfremde Dienstleistungen zu verantworten haben (z.B. „Zentrale Dienste“, „Facility Management“, „Assistance“ oder „Sicherheit, Umwelt“ oder „Gesundheit“).
169So sei auch der Begriff „Betrieb des Netzes“ sprachlich weit gefasst und nicht auf technische Abläufe beschränkt. Er sei vielmehr synonym zu den Begriffen „Arbeitsablauf“ oder „Funktionsablauf“ zu verstehen. Auch der Begriff „Entwicklung“ sei in einem planerisch-ökonomischen Sinn auszulegen. Lediglich der Begriff „Wartung“ sei vorrangig technisch, auf die tatsächliche Instandhaltung des Netzes gerichtet, gemeint.
170Auch die Gesetzesbegründung zeige, dass relevante Querschnittsaufgaben als für den Transportbetrieb zugehörig eingestuft werden sollten (BT- Drs. 17/6072, S. 59: „die Einrichtung und den Unterhalt von erforderlichen Einrichtungen für den Transportbetrieb (z.B. Rechtsabteilung)…“). Die Aufzählung der Aufgaben in § 10 Abs. 1 S. 2 EnWG stehe dem nicht entgegen. Auch werde der betroffene Personenkreis nicht über Gebühr ausgedehnt. Soweit in der Gesetzesbegründung beispielhaft auf den „Hauptbereichsleiter Netz“ verwiesen werde, sei nur ein besonders eingängiger Fall für die von § 10c Abs. 6 EnWG erfassten Tätigkeiten herausgegriffen worden, ohne andere Bereich ausschließen zu wollen.
171Sinn und Zweck der Regelung sprächen ebenfalls für eine weite Auslegung. So sei Anknüpfungspunkt die Möglichkeit, Einfluss auf und Verantwortung für einen der drei relevanten Bereiche, Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes, zu nehmen. Derartige Kenntnisse lägen jedoch auch bei Personen der 2. Führungsebene vor, die für einen kommerziellen oder rechtlichen Bereich verantwortlich seien. Sie könnten ihre Aufgabe nur dann sinnvoll erfüllen, wenn sie über umfangreiche Netzkenntnisse verfügten. Diese Auslegung entspreche dem Ziel der Entflechtung. Das Modell des unabhängigen Transportnetzbetreibers stelle hierbei den mildesten Eingriff dar. Im Unternehmensverbund sei ein Diskriminierungspotenzial angelegt und charakteristisch. Der von den Karenzregelungen er- fasste Personenkreis müsse daher so vollständig sein, wie es die auf Transparenz und Vermeidung von Diskriminierungspotenzial ausgerichtete Entflechtung erfordere. Mit der Gesetzesänderung habe der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass die zuvor geltenden Regeln nicht ausreichend gewesen seien. Auch eine richtlinienkonforme Auslegung belege, dass der Begriff „verantwortlich“ weit auszulegen sei. So werde in der Richtlinie die Formulierung „befasst“ verwendet (vgl. auch Erwägungsgründe 8 und 16 GasRL).
172Bei der Antragstellerin seien daher die Leiter der hier im Streit stehenden Abteilungen unter die cooling-on/cooling-off-Regelungen des § 10 c Abs. 6 EnWG zu fassen.
173Die Fachbereiche „Leitungsrechte und –dokumentation (GNL)“, „Anlagentechnik (GNA)“, „Montage (GNM)“, „Trassenengineering (GNT)“ seien untrennbarer Teil des technischen Betriebs des Netzes und des Netzausbaus. Der Fachbereich „Leitungsrechte und –dokumentation (GNL)“ sei für die Vermessung und Dokumentation des Leitungsnetzes verantwortlich. Diese Netzinformationen seien integraler Bestandteil einer umfangreichen Leitungsdokumentation und stellen den Lage- und Bestandsnachweis so- wie die Netzzusammenhänge dar. Der Bereich gewährleiste den dauerhaften vertraglichen Bestand des Transportnetzes. Der Fachbereich „Anlagentechnik (GNA)“ kümmere sich um die technische Planung von Netz- ausbau- und –umbaumaßnahmen, von gastechnischen Anlagen für die Aufbereitung, Verdichtung, Transport und Messung von Erdgas, Pipelines und Anschlussleitungen. Der Bereich sei auch für die Instandhaltung und Optimierung bestehender gastechnischer Anlagen verantwortlich. Der Fachbereich „Montage (GNM)“ setze die Netzausbau und -umbaumaßnahmen um. Die Entwicklung von Leitungstrassen und Durchführung der Genehmigungsverfahren erfolge verantwortlich durch den Fachbereich „Trassenengineering (GNT)“.
174Der Leiter „Vertragsenergieermittlung (GTE)“ sei ebenfalls von den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG erfasst, denn der Bereich sei operativ für die technische Mengenermittlung, Gasmessung und Gasabrechnung, für messtechnische Standards, Inbetriebnahme und Eichungen von Gasmessanlagen verantwortlich. Dazu gehöre auch die Brennwertrekonstruktion, die Aufbereitung der Mengen- und Qualitätsdaten für den Transit und die Erprobung neuer Messverfahren.
175Der Leiter „Einkauf (GTB)“ sei nicht nur für den Einkauf der netzfremden, sondern auch von Gegenständen für die Gasversorgung (Leitungen, Verdichtern usw.) verantwortlich. Der Bereich berge daher Diskriminierungspotential.
176Der Fachbereich „IT Management (GTI)“ sei für die Optimierung aller IT- Prozesse, insbesondere auch der gaswirtschaftlichen Prozesse, verantwortlich. Der Fachbereich unterstütze den Betrieb des Gasnetzes und sei Grundvoraussetzung für den eigentlichen technischen Netzbetrieb.
177Die Leiter der Fachbereiche „Recht und Versicherungen (GTJ)“, „Controlling (GTC)“, „Finanzen und Steuern (GTF)“, „Personal und Verwaltung (GTH)“, „Regulierungsmanagement (GTR)“ seien als Zentralbereiche zwingend erforderlich, um den technischen Netzbetrieb sicherzustellen und die Netzentwicklung zu gewährleisten. Sie bestimmten maßgeblich die Funktionsweise und Funktionsfähigkeit der unmittelbar für den technischen Netzbetrieb verantwortlichen Bereiche, sei es durch die eigenständige Bewertung rechtlicher oder regulatorischer Rahmenbedingungen, Einschätzung der finanziellen Möglichkeiten oder durch die Verantwortung für das gesamte Personal.
178Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit Anlagen, den bei- gezogenen Verwaltungsvorgang der Bundesnetzagentur sowie das Protokoll der Senatssitzung vom 04.06.2014 Bezug genommen.
179B.
180Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
181Die Umsetzung der cooling-on/cooling-off-Bestimmungen im EnWG ist verfassungs- und europarechtlich nicht zu beanstanden. Jedoch geht die Bundesnetzagentur von einem zu extensiven Verständnis des § 10c Abs. 6 EnWG aus.
182Es sind lediglich die im Tenor genannten Leiter der 2. Führungsebene von den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG erfasst.
183I.
184Die Anfechtungs- und Feststellungsbeschwerden sind zulässig.
1851.
186Die isolierte Anfechtung der Tenorziffern 3 und 6 des Bescheides, trennbare Nebenbestimmungen, ist zulässig (vgl. BGH, WM 1984, 1294; Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage, 2014, § 36, Rn. 54 ff.).
1872.
188Die Anfechtungsanträge der Antragstellerin und der Beigeladenen sind zulässig, weil die cooling-on/cooling-off-Bestimmungen sie in ihren Rechten berühren, die Antragstellerin bei der Auswahl des benötigten Personals einschränken und die Beigeladenen bei der Auswahl einer gewünschten Stelle beeinträchtigen.
189Mit der Feststellung im Tenor zu Ziffer 3. des Zertifizierungsbescheides will die Bundesnetzagentur auch eine verbindliche Rechtsfolge setzen.
190Ob und wie weit eine verbindliche Regelung getroffen werden soll, entscheidet die Behörde (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2014, VI-3 Kart 277/12 (V)). Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert, d.h. der am objektiven Inhalt zu messende Bindungswille. Entsprechend § 133 BGB ist im Wege der Auslegung daher zu ermitteln, wie ihn der durch die Erklärung Betroffene bei verständiger Würdigung verstehen durfte (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.04.2014, VI-3 Kart 277/12 (V); OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.09.2009, VI-3 Kart 25/08 (V) m.w.N.). Unklarheiten bezüglich der Frage, ob die Behörde die Verwaltungsaktform gewählt hat, gehen zu Lasten der Verwaltung (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage, § 35, Rn. 73a). Im Streitfall ist zwischen einem feststellenden Verwaltungsakt, der lediglich eine bestehende Rechtslage - allerdings rechtsverbindlich – feststellt und einem schlichten Hinweis auf die Rechtslage, der bloßen Mitteilung oder Auskunft ohne Regelungscharakter, zu unterscheiden (vgl. Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. Ergänzungslieferung, § 42, Rn. 26).
191Hier war erkennbar, dass die Bundesnetzagentur mit ihrer Anordnung eine Rechtsfolge setzen wollte. Dafür spricht bereits, dass sie die Formulierung, welche Abteilungen nach ihrer Auffassung unter die Sperrfristen-Regeln fallen sollen, in den Tenor aufgenommen hat. In der Begründung zum Beschluss hat die Bundesnetzagentur dann ausgeführt, dass die Feststellung im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsauffassungen „zur Schaffung von Rechtssicherheit“ getroffen worden sei.
192Es ist daher nicht plausibel, dass die Bundesnetzagentur nur die geltende Rechtslage habe unverbindlich klarstellen wollen. Es ist der Antragstellerin angesichts der im Bescheid erkennbaren Regelungswirkung daher auch nicht zumutbar, etwa die angefochtene Entscheidung rechtskräftig werden zu lassen und sich erst in einem späteren Verfahren gegen die entsprechende Bestimmung wehren zu müssen. Hätte die Bundesnetzagentur keine Rechtsfolge verbindlich bestimmen wollen, wäre auch nicht nachvollziehbar, warum eine solche Feststellung überhaupt getroffen worden ist. So hätte es im Bescheid keinerlei Ausführungen zur cooling-on-Frist bedurft, weil die eingesetzte 2. Führungsebene nicht betroffen ist, denn die Bestimmungen gelten nur für Personen, die erst nach dem 02.03.2012 ihre Position angetreten haben.
1933.
194Auch die Feststellungsanträge (Ziffern 2 und 4) sind zulässig.
195Ein Feststellungsantrag ist in energiewirtschaftsrechtlichen Verwaltungsverfahren möglich, wenn auch das EnWG diese Möglichkeit nicht ausdrücklich nennt (BGH, Beschluss vom 14.08.2008, KVR 42/07, „Rhein- hessische Energie“, Rn. 80, zit. nach juris).
196Die Antragstellerin hat plausibel dargelegt, dass ein Feststellungsinteresse besteht. Sie durfte davon ausgehen, dass die Bundesnetzagentur mit der Tenorziffer 3 verbindlich die Rechtslage und die aktuellen und künftigen Auswirkungen für die Antragstellerin feststellen wollte, nicht nur unverbindlich auf die nach ihrer Auffassung bestehende Rechtslage hinweisen wollte.
197Das Feststellungsinteresse als besonderes Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn der Betroffene ein besonderes Interesse an der baldigen Feststellung hat, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (Pietzker in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung 25. Ergänzungslieferung 2013, § 43, Rn. 32 f.). So kann Anlass für einen Feststellungsantrag sein, etwa ungünstige Nachwirkungen im beruflichen oder gesellschaftlichen Leben feststellen oder eine Rechtslage klären zu lassen (Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 25. Ergänzungslieferung 2013, § 113, Rn. 92 f.). Auch bei einem Streit über die Auslegung eines Verwaltungsaktes kann ein Feststellungsantrag in Betracht kommen (Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 25. EL 2013, § 43, Rn. 47). An einem Feststellungsinteresse kann es dann fehlen, wenn die zuständige Behörde eine eindeutige Erklärung abgegeben hat und eine streitige Rechtsfrage oder die Rechtswidrigkeit eines Bescheides klargestellt hat (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.05.2013 - VI-3 Kart 462/11 (V); Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 25. Ergänzungslieferung 2013, § 113, Rn. 90).
198Grundsätzlich ist ein konkretes und streitiges Rechtsverhältnis erforderlich, wobei in engen Grenzen auch zukünftige Fragen ggfs. geklärt werden können (Pietzker in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung 25. Ergänzungslieferung 2013, § 43, Rn. 12, 17). So ist es einem Betroffenen grundsätzlich zumutbar, einen späteren Verwaltungsakt abzuwarten und dann gegen diesen vorzugehen, auch wenn dies gegebenenfalls mit Nachteilen verbunden sein kann (vgl. BGH, Beschluss vom 14.08.2008, KVR 42/07, „Rheinhessische Energie“, Rn. 82 ff., zit. nach juris).
199Hier haben die Antragstellerin und die Beigeladenen ein Feststellungsinteresse ausreichend dargelegt. Ihnen geht es um die Klärung der Frage, inwieweit die cooling-on/cooling-off-Regeln anzuwenden sind. Dies berührt künftige Besetzungen der maßgeblichen Stellen, wirkt sich aber bereits unmittelbar aus. So ist die Antragstellerin schon derzeit durch die Regeln beeinträchtigt, weil bereits jetzt ggfs. veränderte Planungen, etwa im Hinblick auf künftige Stellenbesetzungen oder Nachwuchsförderung, erforderlich sein können. Es steht daher nicht entgegen und lässt das Feststellungsinteresse nicht entfallen, dass die Bundesnetzagentur darauf hinge- wiesen hat, die Antragstellerin beachte derzeit die cooling-on/cooling-off- Vorgaben für die 2. Führungsebene.
200Ferner sind die Beigeladenen zu 2 bis 20 durch die cooling-Vorgaben betroffen und haben ein Feststellungsinteresse dargelegt. Hinsichtlich der Beigeladenen, deren Fachbereiche den Ressorts 1 und 3 untergeordnet sind, gehen alle Beteiligten davon aus, dass die dort amtierenden Leiter als 2. Führungsebene einzustufen seien, weil sie weiterhin den beiden Geschäftsführern unmittelbar unterstellt seien. Dass diese Beigeladenen sich derzeit weder in der cooling-off- noch in der cooling-on-Phase befinden, lässt ihr Feststellungsinteresse nicht entfallen. So sind sie schon durch die „latente Gefahr“ bei einem Arbeitsplatzwechsel die cooling-off- Vorgaben beachten zu müssen, in ihren Rechten tangiert. Bereits jetzt sind ihre beruflichen Möglichkeiten eingeschränkt, könnten etwa nicht frei auf etwaige Arbeitsplatzangebote aus dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen eingehen.
201Aber auch die Fachbereichsleiter des Ressorts 2 (Netz) sind weiterhin durch die cooling-off-Vorgaben betroffen. Sie sollen zwar nicht mehr der 2. Ebene zugeordnet werden, weil zwischen ihnen und der Geschäftsführung der Ressortleiter M. eingesetzt worden sei. Selbst wenn diese Fachbereichsleiter nun der 3. Ebene zuzuordnen sein sollten, sind sie weiterhin von den Sperrfristen-Vorgaben erfasst, weil für sie die 4-jährige cooling-off-Zeit jedenfalls noch nicht abgelaufen ist.
202Es ist auch sinnvoll, im Rahmen des erstmaligen Zertifizierungsverfahrens die praktisch relevante und im Rahmen der Personalplanung und Personalfluktuation regelmäßig auftretende Frage zu klären, unter welchen Voraussetzungen Führungsstellen neu besetzt werden können. Hiervon ist auch die Bundesnetzagentur ausgegangen, die selbst ein entsprechendes Feststellungsinteresse angenommen und gerade zur Klärung der Rechtslage die Feststellung getroffen hat. So war bereits im Antragszeitpunkt klar, dass Personen der 2. Führungsebene irgendwann ausscheiden und dann für sie die cooling-off-Bestimmungen zu beachten sein werden.
203Die Feststellungsanträge sind auch nicht subsidiär zur Anfechtung. So genügt die bloße Anfechtung der Tenorziffer 3 nicht in vollem Umfang dem Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin und der Beigeladenen. Sie verweisen nachvollziehbar darauf, die Rechtslage für die 2. Führungsebene insgesamt klären lassen zu wollen. So schließt auch ein Anfechtungsantrag dann nicht einen Feststellungsantrag aus, wenn etwa Streit über die Auslegung eines Verwaltungsaktes besteht (Pietzcker in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 25. EL 2013, § 43, Rn. 15, 47). Dass hier die Rechtslage mit der Feststellung geklärt werden sollte, davon geht ersichtlich auch die Bundesnetzagentur aus. So verweist sie in ihrem Bescheid darauf, dass aus Gründen der Rechtssicherheit die Leitungsbereiche aufgezählt worden seien, die zur 2. Führungsebene gehörten.
204II.
205Die Beschwerde ist teilweise begründet.
2061.
207Die cooling-on/cooling-off-Bestimmungen sind verfassungsgemäß und greifen nicht in unzulässiger Weise in Grundrechte, sei es aus dem Grundgesetz oder der Grundrechtecharta abgeleiteten Rechten, ein.
208aa)
209Da die detaillierten europäischen Vorgaben dem deutschen Gesetzgeber kaum einen Umsetzungsspielraum lassen, spricht einiges dafür, dass die Vorschriften (vorrangig) an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu messen sind (vgl. hierzu: weites Verständnis der Anwendung europäischen Rechts: EuGH, EuZW 2013, 302, C-617/10; „Rechtssache Åkerberg Fransson“; EuGH, Urteil vom 30.04.2014, C-390/12; einschrän- kend: BVerfG, NJW 2013, „Antiterrordatei“; vgl. hierzu: Winter, NZA 2013, 473; Rabe, NJW 2013, 1407; Thym, NVwZ 2013, 889). So geht die Gesetzesbegründung zu § 10c EnWG davon aus, dass die europäischen Regeln im Wesentlichen eins zu eins umgesetzt würden, der deutsche Gesetzgeber keinen erkennbaren wesentlichen Umsetzungsspielraum habe (Begr. BR-Drs. 343/11, S. 119).
210Die Frage kann jedoch dahinstehen, weil die hier ggfs. betroffenen Grundrechte, die nach deutschem und europäischen Recht weitgehend ähnliche Schutzbereiche aufweisen, weder nach deutschem noch europäischem Recht in unverhältnismäßiger Weise berührt sind.
211bb)
212Die cooling-on/cooling-off-Bestimmungen greifen in den Schutzbereich der unternehmerischen Freiheit nach Art. 16 GRCh, der Berufsausübungsfreiheit der betroffenen Netzbetreiber und die Berufswahlfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG der jeweiligen Leiter der 2. Führungsebene ein.
213Die cooling-on/cooling-off-Regeln schränken die unternehmerische Freiheit und Berufsausübung des betroffenen Netzbetreibers und des vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmens ein. So verweist die Antragstellerin etwa nachvollziehbar darauf, dass die Personal- und Nachwuchsplanung erschwert werde. Es kann ggfs. zu verzögerten Beförderungen kommen, wenn Stelleninhaber möglichst lange auf einer von § 10c Abs. 6 EnWG erfassten Stellen verbleiben wollen, um nicht in die cooling-off-Zeit zu fallen. Die betroffenen Führungskräfte werden in ihrer Berufswahl eingeschränkt, können eine angestrebte Position nicht bzw. erst mit erheblichem zeitlichen Verzug annehmen und müssen daher Nachteile in Kauf nehmen, dürfen innerhalb der Fristen keine Interessen- oder Geschäftsbeziehungen im Unternehmensverbund unterhalten. So kann etwa ein Wechsel zu einem externen Arbeitgeber oder ein Umzug erforderlich werden.
214Der Eingriff durch die Karenzzeiten-Bestimmungen ist aber – auch im Hinblick auf die erhöhte Rechtfertigungsschwelle für den Eingriff in die Berufswahlfreiheit - gerechtfertigt. Die Karenzzeiten-Regeln sind geeignet, das Diskriminierungspotential innerhalb des Unternehmensverbundes zu vermindern. Ein vollständiger Ausschluss möglicher Diskriminierungen kann zwar kaum erreicht werden, ist aber auch zur Zielerreichung nicht erforderlich. In nachvollziehbarer Weise konzentriert sich die Regelung auf die Verbindungen innerhalb eines Unternehmensverbundes. Es liegt auf der Hand, dass innerhalb eines Konzerns, schon aufgrund einer oft jahrelangen Zusammenarbeit in verschiedenen Positionen im Unternehmen, ein relevantes Diskriminierungspotential bestehen kann. Die europäischen Regelungen und mit ihnen das EnWG haben dies gesehen und deshalb für das Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers besondere Bestimmungen geschaffen. Die Regeln dienen den Zielen des § 1 EnWG, u.a. eine preisgünstige und verbraucherfreundliche Versorgung sowie unverfälschten und wirksamen Wettbewerb sicherzustellen.
215Die Auffassung der Antragstellerin, das Diskriminierungspotential sei bei dem Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers nicht erhöht, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr besteht aufgrund der rechtlichen Gestaltung, anders als etwa bei dem Modell des eigentumsrechtlich entflochtenen Netzbetreibers, eine erhöhte Gefahr von Diskriminierungen. Das Netz bleibt im Unternehmensverbund, was an sich schon dem Grundgedanken einer vollständigen Entflechtung widerspricht. So ist das Entflechtungsmodell auch erst auf Druck u.a. Deutschlands und Frankreichs „als dritte Option“ in die beiden europäischen Richtlinien auf- genommen worden, um letztlich eine „vollständige Entflechtung“ zu vermeiden (vgl. Säcker/Mohr, Energierecht, 3. Auflage, § 10 EnWG, Rn. 1, 4). Durch die strikte Trennung des Personals von Unabhängigem Transportnetzbetreiber und vertikal integriertem Energieversorgungsunternehmen und die dadurch bewirkte Aufgabentrennung sollten die Voraussetzungen für ein ausschließlich an marktüblichen Preisen orientiertes Wettbewerbs- verhalten des Managements des Unabhängigen Transportnetzbetreibers geschaffen werden (vgl. Säcker/Mohr, N&R 2012, Beilage 2/2012, S. 1). Es ist daher naheliegend, dass für dieses „unvollkommene“ Entflechtungsmodell besondere gesetzliche Anforderungen normiert werden, um die Unabhängigkeit der Beteiligten sicher zu stellen.
216Es ist deshalb plausibel, dass die cooling-on/cooling-off-Regeln nicht auch auf Personen ausgeweitet worden sind, die vom Drittunternehmen zum vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen oder Unabhängigen Transportnetzbetreiber wechseln, wenn auch Loyalitätskonflikte mit einem früheren Arbeitgeber nicht ausgeschlossen sind. Die Sperrfristen-Regeln wollen aus den erläuterten Gründen vor allem Diskriminierungspotentiale innerhalb eines Unternehmensverbundes erfassen, weil diese dort typischerweise wahrscheinlicher sind. Auch würde ein umfassendes Verbot, für einen bestimmten Zeitraum vor und nach der Tätigkeit bei einem Unabhängigen Transportnetzbetreiber überhaupt im Energiebereich zu arbeiten, besonders gravierend die Berufswahl und –ausübungsmöglichkeiten beschränken. Der Anwendungsbereich der Sperrfristen-Norm wäre ferner nur schwer abgrenzbar.
217Die Richtlinien und das EnWG gehen ferner lebensnah davon aus, dass das Diskriminierungspotenzial umso stärker ausgeprägt sein wird, je her- vorgehobener die Position der Agierenden im Unternehmen ist. Die gesetzliche Regelung unterscheidet hierbei im Wesentlichen zwischen Aufsichtsrat, Unternehmensleitung, 2. Führungsebene und sonstigen Mitarbeitern und sieht nachvollziehbar für diese Gruppen jeweils unterschiedliche Anforderungen vor.
218Die Bestimmungen sind auch erforderlich, um das Risiko möglicher Dis-kriminierungen im Konzernverbund zu vermindern. So sind die Europäische Union und mit ihr der deutsche Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die Entflechtung bislang noch nicht in dem notwendigen Maße umgesetzt worden sei, weshalb strengere Entflechtungsregeln erforderlich seien.
219So kommt auch in den Gas- und Stromrichtlinien zum Ausdruck, dass es noch „Hindernisse für den Verkauf von Erdgas/Strom … zu gleichen Bedingungen und ohne Diskriminierung oder Benachteiligung“ gebe (Erwägungsgrund 4 GasRL/StromRL). Ohne eine wirksame Trennung des Netzbetriebs von der Gewinnung und Versorgung („wirksame Entflechtung“) bestehe die Gefahr einer Diskriminierung nicht nur in der Ausübung des Netzgeschäfts, sondern auch in Bezug auf die Schaffung von Anreizen für vertikal integrierte Unternehmen, ausreichend in ihre Netze zu investieren (Erwägungsgrund 6 GasRL, Erwägungsgrund 9 StromRL). Beide Richtlinien gehen davon aus, dass die bisherigen Regeln nicht zu einer tatsächlichen Entflechtung der Übertragungsnetzbetreiber geführt hätten (Erwägungsgrund 7 GasRL, Erwägungsgrund 10 StromRL). Daher müssten mit dem wirksamsten Mittel, der Entflechtung, die bestehenden Anreize für vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen beseitigt werden, Wettbewerber zu diskriminieren (Erwägungsgrund 8 GasRL, Erwägungsgrund 11 StromRL).
220Diese Wertung der europäischen Richtlinien ist jedenfalls nachvollziehbar. In der Begründung zum Gesetzentwurf wird darauf verwiesen, dass die vorhandene Trennung zwischen Netzgesellschaft und in Wettbewerbsbereichen tätigen Konzerngesellschaften verbesserungswürdig sei (Begr. Gesetzentwurf, BR-Drs. 343/11, S. 1). Die Bundesregierung sah die drei Entflechtungsalternativen als „gleichwertig“ an (Begr. Gesetzentwurf, BR- Drs. 343/11, S. 2, 109). Ziel sei es, den Wettbewerb auf vor- und nachgelagerten Märkten zu stärken (Begr. Gesetzentwurf, BR-Drs. 343/11, S. 5, 109, 117). So war die Änderung erfolgt, um die nicht unübliche Praxis vertikal integrierter Energieversorgungsunternehmen, Managementfunktionen von Muttergesellschaft und Netztochter von der gleichen Person wahrnehmen zu lassen, künftig zu unterbinden und so eine unerwünschte „Wissens- bzw. Informationsschnittstelle“ auszuschalten (Bourwieg/Miller, RdE 2008, 230; Säcker/Mohr in Energierecht, 3. Auflage, § 10c, Rn. 1). Durch die Personenidentität war zuvor eine über die Kontrolle der Rentabilität der Netztochter hinausgehende Unternehmenssteuerung möglich gewesen (Bourwieg/Miller, RdE 2008, 230; Säcker/Mohr in Energierecht, 3. Auflage, § 10c, Rn. 1).
221Die Bestimmungen sind auch nicht deshalb von vornherein entbehrlich, weil es zahlreiche andere Vorschriften und Verbote im Energierecht gibt, die ebenfalls das Ziel haben, Diskriminierungen zu vermeiden (u.a. informatorische, rechtliche und organisatorische Entflechtung, Zertifizierung, Gleichbehandlungsbeauftragter, allgemeines Diskriminierungsverbot). Mit den cooling-on/cooling-off-Bestimmungen soll „präventiv“ verhindert werden, dass Diskriminierungen in besonders sensiblen Unternehmensbereichen überhaupt erst entstehen. Diese Form der Regulierung geht daher über bloße Verbote oder anderen Vorgaben, die zum Teil vergleichsweise einfach übertreten werden können und oft auch nur schwer zu kontrollieren sein werden, in vertretbarer Weise hinaus.
222Es ist daher plausibel, dass durch organisatorische Maßnahmen im Führungskräftebereich die Entflechtung abgesichert werden soll. So sollen durch die berufliche Handlungsunabhängigkeit der Führung des Unabhängigen Transportnetzbetreibers zusammen mit den formalen personellen Entflechtungsregeln Anreize unterbunden werden, das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen aus Gründen der persönlichen Karrierechancen oder Vergütung zu bevorzugen (vgl. Säcker/Mohr, N&R 2012, Beilage 2/2012, S. 1). Die beiden Richtlinien verweisen ebenfalls darauf, dass die Unabhängigkeit des Unabhängigen Transportnetzbetreibers gerade auch durch Karenzzeiten sichergestellt werden solle (Erwägungsgrund 16 GasRL, Erwägungsgrund 19 StromRL). Die Bundesnetzagentur erläutert zutreffend, dass die Entflechtungsregeln Teil eines „Gesamtpakets“ seien, um mögliche Diskriminierungen zu vermeiden. Der Erforderlichkeit steht auch nicht entgegen, dass das Diskriminierungspotential zunehmend sinkt, der Ablauf des Netzzugangs und der Netzbetrieb standardisiert werden, einem Netzbetreiber weniger Einfluss auf die Vergabe von Kapazitäten verbleibt. Dies macht vielmehr deutlich, dass der Prozess der Entflechtung fortschreitet.
223Die cooling-on/cooling-off-Regelungen für die 2. Führungsebene sind auch verhältnismäßig im engeren Sinne.
224Wie bereits erörtert, sind die Bestimmungen geschaffen worden, um das Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers umsetzen und gleichzeitig dem Entflechtungsgedanken Rechnung tragen zu können. Die Richtlinien gehen ersichtlich davon aus, dass nur durch die Sperrfristen-Regeln ein solches Maß an Unabhängigkeit erreicht werde, das dem Gedanken einer vollständigen Entflechtung nahe kommt. Die weiterhin erhebliche strukturelle und rechtliche Verbundenheit im Unternehmensverbund und das damit verbundene Diskriminierungspotenzial sollen durch teilweise einschneidende Bestimmungen zur Unabhängigkeit des Personals, einschließlich der cooling-on/cooling-off-Bestimmungen reduziert werden. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass für die weiterhin bestehende Unternehmensverbindung die Führungskräfte „im Gegenzug“ in ihren persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten beschränkt werden. Um überhaupt den Zielen der Entflechtung gerecht zu werden, sind die Sperrfristen-Regeln für Führungskräfte, nach Hierarchieebenen abgestuft, geschaffen worden.
225Die Antragstellerin weist zutreffend darauf hin, dass es durch die cooling- on/cooling-off-Bestimmungen zu Schwierigkeiten auf dem Karriereweg kommen kann. Sie erläutert nachvollziehbar, dass es meist wenig praktikabel sein wird, die Betroffenen auf „Abkühlungsstellen“ zu parken, um sie dann für einen künftigen Einsatz im Unternehmensverbund einsetzen zu können. Es besteht auch die Gefahr, dass sich der Einsatz auf einer Führungsstelle i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG als „Sackgasse“ im Unternehmensverbund erweisen oder die berufliche Entwicklung verzögern kann. Diese Beschränkungen gehen jedoch nicht so weit, dass den Betroffenen eine Tätigkeit in ihrem Fachgebiet unmöglich gemacht wird. Vielmehr werden sie in verhältnismäßiger Weise in ihrem Recht beschränkt, ihre Arbeitsstelle für bestimmte Zeiträume und bei einem bestimmten Arbeitgeber frei zu wählen.
226So beziehen sich die Sperrfristen nur auf Tätigkeiten im Unternehmensverbund und entsprechende Interessen- und Geschäftsbeziehungen. Den betroffenen Führungskräften ist es möglich und zumutbar, außerhalb des Unternehmens eine neue Position zu suchen. Ein entsprechender Wechsel beeinträchtigt die Führungskräfte der 1. und 2. Ebene nicht in unverhältnismäßiger Weise. Vielmehr ist ein Wechsel auch gerade zwischen verschiedenen Unternehmen für das Berufsbild von Führungskräften nicht untypisch. Führungskräften der 1. und 2. Ebene ist daher ggfs. auch ein Umzug zumutbar. Die deutsche Regelung sieht außerdem Übergangsvorschriften vor, die ebenfalls dem Ziel dienen, eine angemessene und verhältnismäßige Regelung zu schaffen. Auch der Antragstellerin ist es zumutbar, ggfs. außerhalb des Unternehmensverbundes nach geeigneten Führungskräften zu suchen. Außerdem wird es, jedenfalls bei Mehrspartenunternehmen, im Verbund selbst ggfs. geeignete Führungskräfte oder –stellen geben, die nicht unter die cooling-on/cooling-off-Vorschriften fallen.
227Soweit § 10c Abs. 5 und 6 EnWG davon ausgeht, dass etwa nach dem Ausscheiden aus der Führungsstelle bei dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber auch bloße Interessen- und Geschäftsbeziehungen zum vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen und dessen Unternehmen schädlich sind (vgl. auch § 10c Abs. 2 EnWG), führt dies ebenfalls nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Regelung. So kommen als Geschäftsbeziehungen nur solche infrage, die von einigem Gewicht sind, etwa Dienst-, Werk- oder Beraterverträge (vgl. Säcker/Mohr in Säcker, Energie- recht, 3. Auflage, § 10c EnWG, Rn. 23). Unter „Interessenbeziehung“ sind etwa finanzielle Beteiligungen zu fassen (vgl. Säcker/Mohr in Säcker, Energierecht, 3. Auflage, § 10c EnWG, Rn. 23).
228Es ist auch gut nachvollziehbar, dass die cooling-on/cooling-off-Regeln nicht auf die Sachbearbeiter-Ebene ausgedehnt worden sind. Zwar besteht auch auf dieser Ebene relevantes Wissen. Für einen Sachbearbeiter wird es aber gegenüber einer Führungskraft regelmäßig deutlich schwieriger sein, das relevante Wissen auch in diskriminierender Weise zu verwerten. So fehlt einem Sachbearbeiter die Entscheidungsbefugnis, ggfs. durch entsprechende Anordnungen potentiell diskriminierungsrelevantes Wissen auch tatsächlich in eine diskriminierende Maßnahme umzusetzen. Eine Ausdehnung der Sperrfristen-Bestimmungen auf die Sachbearbeiter- Ebene würde im Ergebnis dazu führen, dass in ausufernder Weise praktisch alle Arbeitnehmer eines Netzbetreibers von den Sperrfristen erfasst wären.
229Auch die vorgesehenen „Abkühlungszeiten“ von 3 und 4 Jahren sind im Hinblick auf die verfolgten Ziele noch verhältnismäßig.
230Die Einschränkungen sind differenziert. So wird für die 2. Führungsebene der Anwendungsbereich – wie später näher erläutert – insgesamt erheblich durch das Merkmal „für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich“ eingeschränkt. Darüber hinaus wird nicht grundsätzlich eine Tätigkeit im Unternehmensverbund untersagt, sondern nur in den relevanten Bereichen und nur für bestimmte Zeiträume. Jedenfalls in einem Mehrspartenkonzern bestehen damit weiterhin Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmensverbund. Von vornherein ist ein Betroffener nicht gehindert, sich eine Führungsaufgabe außerhalb des Unternehmensverbundes zu suchen. Wenig praktikabel ist es auch, etwa anstelle „starrer Fristen“ eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen.
231Der 3- und 4-Jahresfrist steht nicht entgegen, dass aktien- und handelsrechtliche Vorschriften kürzere Karenzzeiten von zwei Jahren vorsehen (vgl. die 2-Jahres-Frist gemäß § 100 II Nr. 4 AktG für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat einer börsennotierten Aktiengesellschaft, vgl. auch §§ 74, 90a HGB). Es ist hierbei die unterschiedliche Zielrichtung zu beachten. So dienen die cooling-on/cooling-off-Bestimmungen gemäß § 10c EnWG dazu, das Diskriminierungspotential im öffentliche Interesse der Allgemeinheit zu minimieren, hingegen die aktien- und handelsrechtlichen Bestimmungen vorrangig dazu, Einzel- und Partikularinteressen der noch oder früher im Unternehmen Beschäftigten und der beteiligten Un- ternehmen selbst zu schützen. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass mit den EnWG-Bestimmungen ein diskriminierungsfreier Netzbetrieb von Gas und Strom gewährleistet werden soll. Der Betrieb eines solchen Netzes ist regelmäßig als „monopolistischer Engpass“ („Bottleneck“) ein natürliches Monopol, bei dem von vornherein ein erhebliches Diskriminierungspotenzial bestehen kann (vgl. auch die Begründung zum Gesetzentwurf, BR- Drs. 343/11, S. 109; Säcker/Mohr, N&R 2012, Beilage 2/2012, S. 1). Da- rüber hinaus ist das Gas- und Elektrizitätsnetz ein besonders sensibler Bereich der Daseinsvorsorge, der von hoher gesamtwirtschaftlicher Bedeutung ist.
232Die dargestellten Gründe gelten sinngemäß auch für den betroffenen Netzbetreiber und das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen. Das Modell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers ist auch insoweit verhältnismäßig im engeren Sinne und stellt gegenüber dem eigentumsrechtlich entflochtenen Netzbetrieb den milderen Eingriff dar. So hat auch die Antragstellerin sich für die Entflechtungsvariante des Unabhängigen Transportnetzbetreibers entschieden, obwohl es möglich gewesen wäre, eine der beiden anderen Entflechtungsmöglichkeiten zu wählen. Da die eigentums- und rechtliche Entflechtung bei diesem „dritten“ Modell nur unvollständig erfolgt, sind Einschränkungen im Hinblick auf die Beschäftigungsmodalitäten der Führungskräfte hinzunehmen. Auch der Kreis der Betroffenen ist weder ausufernd noch konturenlos, sondern wie erläutert auf bestimmte Führungskräfte beschränkt.
233cc)
234Soweit die cooling-on/cooling-off-Regeln als zukunftsgerichtete und ggfs. die künftigen Erwerbschancen beeinträchtigende Normen überhaupt die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 S. 1 GRCh tangieren sollten (vgl. hierzu: BVerfGE 30, 292, „Erdölbevorratung“; Schmidt in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 14. Auflage 2014, Art. 14 GG, Rn. 5), ist dieser Eingriff jedenfalls aus den erörtern Gründen rechtmäßig.
235dd)
236Auch der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG/Art. 20 GRCh ist nicht verletzt.
237Wie bereits dargestellt, ist es sachgerecht, die Wechselmöglichkeiten innerhalb des Unternehmensverbundes, aber nicht zu Drittunternehmen zu beschränken. Im Unternehmensverbund ist das Diskriminierungspotential aufgrund der Verbundenheit innerhalb des Konzerns strukturell größer als bei einem Wechsel von oder nach außen.
238Auch eine mögliche Ungleichbehandlung mit Führungskräften der beiden anderen Entflechtungsvarianten, von eigentumsrechtlich entflochtenen Transportnetzbetreibern oder unabhängigen Systembetreibern, ist gerechtfertigt. Mit den cooling-on/cooling-off-Bestimmungen soll mit dem eigentlich unvollkommenen Entflechtungsmodell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers gleichwohl eine weitgehende Entflechtung erreicht wer- den. Hierzu sind strenge Vorschriften an die persönliche Unabhängigkeit der Führungskräfte sinnvoll. Darüber hinaus sind auch bei den beiden anderen Entflechtungsvarianten Vorschriften zu beachten, die die persönliche Unabhängigkeit der Handelnden gewährleisten sollen (vgl. z.B. § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 2 S. 1 EnWG).
239Eine unterschiedliche Behandlung von Führungskräften einerseits und sonstigem Personal, etwa Sachbearbeitern, andererseits ist ebenfalls sachgerecht. Beide Gruppen sind nicht vergleichbar. Wie erläutert, besteht bei Führungskräften aufgrund ihrer Entscheidungsmöglichkeiten die erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass sie relevante Informationen auch in diskriminierender Weise tatsächlich verwenden könnten.
240Es ist auch plausibel, dass die cooling-on/cooling-off-Bestimmungen nicht für alle Netzbetreiber gelten, sondern nur für die „großen“ Transportnetzbetreiber. Für Verteilernetzbetreiber gelten die Entflechtungsregeln insgesamt nur in einem deutlich reduzierten Umfang (vgl. §§ 7 ff. EnWG). Der deutsche und der europäische Normengeber haben die Bestimmungen nach der Bedeutung und dem ggfs. bestehenden Diskriminierungspotential differenziert. So gehen auch die beiden Richtlinien davon aus, dass die Diskriminierungsproblematik sich weniger auf der Ebene der Verteilung als vielmehr auf der Ebene der Fernleitung stelle, „wo Engpässe und der Einfluss von Gewinnungsinteressen im Allgemeinen ausgeprägter als auf der Verteilerebene“ seien (Erwägungsgrund 25 GasRL, Erwägungsgrund 26 StromRL).
2412.
242Darüber hinaus schränkt § 10 Buchst. c Abs. 6 EnWG den Anwendungsbereich der cooling-on/cooling-off-Regelungen für die 2. Führungsebene erheblich dadurch ein, dass nur die Leiter erfasst werden, die für „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich sind“. Das weite Verständnis der Bundesnetzagentur, wonach „im Zweifel die gesamte 2. Führungsebene“ erfasst sei, entspricht nicht der Auslegung des Merkmals nach Wortlaut, Historie, Systematik und Sinn und Zweck der Vorschrift und würde die als Einschränkung gedachte Bestimmung weitgehend leerlaufen lassen.
243So zeigt bereits der Wortlaut des §§ 10 Buchst. c Abs. 6 EnWG, dass nur ganz bestimmte Betriebsbereiche erfasst werden sollen, „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“. Der Anwendungsbereich soll ersichtlich durch den Begriff „verantwortlich“ weiter eingeschränkt werden. Es wird der Begriff „verantwortlich“, nicht etwa Bezeichnungen wie „Mitverantwortung“, „beteiligt“ o.ä. verwandt. Es sollen auch nicht alle Mitglieder der 2. Führungsebene erfasst werden, sondern nur Personen, die eine persönliche und sachliche Verantwortung für die drei relevanten Bereiche über- nehmen. Dies macht deutlich, dass „im Zweifel“ nicht die gesamte 2. Führungsebene den Sperrfristen unterliegen soll. Der Wortlaut deutet auch nicht auf eine erweiterte Darlegungslast der jeweils betroffenen Unternehmen hin, etwa durch beweis- oder darlegungslastausdrückende Formulierungen (z.B. „es sei denn…“), mit der Folge, dass insoweit grundsätzlich von einer Zweifelsregelung zum Nachteil des jeweiligen Unabhängigen Transportnetzbetreibers ausgegangen werden könnte. Dass die Bundesnetzagentur von einer unzutreffenden Darlegungslastverteilung ausgeht, macht etwa der Zertifizierungsbescheid in der Sache „terranets bw GmbH“ vom 09.11.2012, BK7-12-033, deutlich. Dort wird in der Begründung (S. 49) darauf verweisen, dass „grundsätzlich alle Fachbereichsleiter, die einen kommerziellen, rechtlichen oder technischen Verantwortungsbereich leiten, als Personen dieser sog. zweiten Führungsebene einzustufen seien, es sei denn, sie sind für offensichtlich netzfremde Dienstleistungen verantwortlich“.
244Vielmehr legt auch die Systematik der Sperrfristen-Regeln eine entsprechend engere Auslegung der Vorschrift nahe. So machen die einschränkenden Begriffe „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ deutlich, dass mit „Betrieb“ nicht der „Netzbetrieb“ des Netz-„betreiber“s gemeint sein kann. Da das vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen den Netzbetrieb als – alleinige – Aufgabe auf den Unabhängigen Transportnetzbetreiber ausgelagert hat, dieser damit faktisch nichts anderes als den „Betrieb eines Netzes“ ausübt, wären bei einem weiten Verständnis die als Einschränkung gewollten Merkmale „Wartung oder Entwicklung“ ohne Bedeutung.
245Dieses Ergebnis wird auch durch die Wertung des § 10d EnWG bestätigt. So gelten die – nach der Gesetzesbegründung „strengen Vorgaben“ des § 10c EnWG - Karenzzeiten von drei und vier Jahren nicht einmal für die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder (§ 10d Abs. 3 EnWG „für die Hälfte der Mitglieder abzüglich eines entsprechend…“, Art. 20 Abs. 3 GasRL/StromRL; vgl. auch S. 161 Begr. Gesetzentwurf, BR-Drs. 343/11; vgl. auch Pisal, Diss. 2011, Entflechtungsoptionen nach dem Dritten Energiebinnenmarktpaket, S. 269 ff.). Bewusst sollte für den Aufsichtsrat keine „lupenreine“ Unabhängigkeit geschaffen werden. Vielmehr hatte der Gesetzgeber beabsichtigt, dass den Repräsentanten der Anteilseigner, dem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen, eine knappe Mehrheit im Aufsichtsrat verbleiben solle (Säcker/Mohr, N&R 2012, Beilage 2/2012, S. 1).
246Das extensive Verständnis der Bundesnetzagentur des § 10c Abs. 6 EnWG bedeutet aber im Ergebnis, dass im Regelfall faktisch - bis auf wenige, eher unbedeutende Abteilungen wie „Zentrale Dienst“ oder „Facility Management“ – die 2. Führungsebene insgesamt von der dreijährigen cooling-on-Zeit erfasst wäre. Im Ergebnis ergäben sich dann für die Gruppe der 2. Führungsebene insgesamt strengere cooling-on-Zeiten, als etwa für den Aufsichtsrat. Ein derartiges Verständnis überzeugt daher nicht. So weist die Gesetzesbegründung zutreffend darauf hin, dass die 2. Führungsebene im Hinblick auf Einfluss und Kenntnisse mit der Unternehmensleitung vergleichbar sei - allerdings nur „eingeschränkt“ (Begr. Ge- setzentwurf BT-Drs. 343/11, S. 160). Der von der Regelung erfasste Per- sonenkreis dürfe nicht über Gebühr ausgedehnt werden, weil beide Per- sonengruppen nur „unvollständig vergleichbar“ seien (Begr. Gesetzentwurf BT-Drs. 343/11, S. 160). Auch dies macht deutlich, dass die Karenzregeln für die 2. Führungsebene jedenfalls im Ergebnis nicht strenger als für Unternehmensleitung und Aufsichtsrat sein sollen, sondern tendenziell eher geringer.
247Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur genügt es für eine Anwendung des § 10c Abs. 6 EnWG auch nicht, dass die jeweiligen Bereiche den Netzbetrieb – irgendwie oder in allgemeiner Form - unterstützen. Soweit die Behörde auf die Gesetzesbegründung verweist, wonach relevante Querschnittsaufgaben als für den Transportbetrieb zugehörig eingestuft werden sollten (S. 147 f., Begr. Gesetzentwurf BT-Drs. 343/11: „..die Einrichtung und den Unterhalt von erforderlichen Einrichtungen für den Transportbetrieb (z.B. Rechtsabteilung)…“), greift diese Argumentation nicht. So sollen nach der Gesetzesbegründung zu § 10 EnWG „im Ergebnis … damit dem Unabhängigen Transportnetzbetreiber alle Aufgaben mit wesentlichem Bezug zum Transportnetzbetrieb übertragen werden“ (Begr. Gesetzentwurf BT-Drs. 343/11, S. 147 f.). Zu diesen Aufgaben gehören auch die zum Betrieb benötigten Querschnittsaufgaben, um überhaupt einen „vollwertigen“ Netzbetreiber zu schaffen.
248Es ist nicht plausibel, weshalb überhaupt noch eine Einschränkung in § 10c Abs. 6 EnWG auf „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ erforderlich wäre, wenn alle Querschnittsaufgaben als sperrfristenrelevant gelten sollten. Eine derartige Auslegung führte dazu, dass im Ergebnis (fast) die gesamte 2. Führungsebene unter die Regeln des § 10c Abs. 6 EnWG fiele, weil - wie bereits erläutert - bei einem Netzbetreiber praktisch alle Abteilungen „für den Netzbetrieb da sind“, diesen unterstützen. Auch eine Abteilung „Facility Management“ wäre in diesem Sinne für den Netz- betrieb essentiell, ein Netzbetrieb ohne diese Abteilung jedenfalls langfristig nicht möglich. Ausgehend von der Ansicht der Bundesnetzagentur überzeugt es daher nicht, gerade diese Abteilung aus dem Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG herauszunehmen.
249Das engere Verständnis wird auch dadurch bestätigt, dass in § 10 Abs. 1 S. 2 EnWG – neben den „Aufgaben nach Teil 3 Abschnitt 1 bis 3 (Netzbetrieb, Netzanschluss, Netzzugang) des EnWG (vgl. § 10 Abs. 1 S. 2 EnWG) - einzelne Abteilungen wie Rechtsabteilung, Buchhaltung oder IT eines Netzbetreibers genannt werden. So wird etwa in Teil 3 Abschnitt 1, § 11 Abs. 1 EnWG der „Betrieb einer Energieversorgungsnetzes“ als Aufgabe genannt. Dies macht deutlich, dass mit „Betrieb eines Netzes“ i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG nicht die übergeordnete Geschäftstätigkeit „Netzbetrieb“ eines Netzbetreiber gemeint sein kann. Auch die einschlägige Richtlinie nennt ausdrücklich den „Betrieb, die Wartung und den Ausbau eines sicheren, effizienten und wirtschaftlichen Fernleitungsnetzes“ neben der sonstigen Geschäftstätigkeit (Art. 17 Abs. 2 e) - Art. 17 Abs. 2 h) GasRL/StromRL: u.a. Rechtsabteilung, Buchhaltung, IT-Dienste).
250Auch die historische Entwicklung der Vorschriften spricht dafür, dass mit dem Zusatz „für Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich“ eine maßgebliche Einschränkung für die 2. Führungsebene geschaffen werden sollte. So ist schon nicht erkennbar, warum eine entsprechende Vorschrift in die Gas- und Stromrichtlinie hätte aufgenommen werden sollen, wenn diese im Ergebnis weitgehend bedeutungslos wäre. Es ist darüber hinaus zu sehen, dass das Modell des Unabhängigen Transporttransportnetzbetreibers als „dritter Weg“ ausgestaltet worden ist. Ersichtliches Ziel war es, mit dem Modell des Unabhängigen Transportnetzbetreibers das Entflechtungsregime zwar voranzutreiben, gleichwohl jedoch keine vollständige, „ideale“ Entflechtung zu schaffen. So weist die Gesetzesbegründung darauf hin, dass der Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG auf Personen beschränkt werden solle, die „erheblichen Einfluss und umfangreiche Erkenntnisse der technischen Eigenschaften des Transportnetzes und seines Zustandes“ hätten (Begr. Gesetzentwurf, BR-Drs. 343/11, S. 159 f.).
251Ferner deutet der Wortlaut der englischen und französischen Übersetzung beider Richtlinien eher auf eine enge Auslegung des Begriffs „verantwortlich“ hin. Der Bundesnetzagentur verweist zunächst zutreffend darauf, dass der Begriff in der deutschen Richtlinie „befasst“ für ein weites Verständnis des § 10c Abs. 6 EnWG sprechen könnte. So lautet Art. 19 Abs. 8 S. 3 GasRL/StromRL:
252„Unterabsatz 1 sowie die Absätze 4 bis 7 finden Anwendung auf al- le Personen, die der obersten Unternehmensleitung angehören, sowie auf die ihnen unmittelbar unterstellten Personen, die mit dem Betrieb, der Wartung oder der Entwicklung des Netzes befasst sind.“
253Jedoch legen der Wortlaut der englischen und französischen Fassung mit den Formulierungen „reporting“ und „rendent directement compte“ eher ein enges Verständnis nahe, machen deutlich, dass eine echte Verantwortung für die drei relevanten Bereiche gemeint ist („…to those directly reporting to them on matters related to the operation, maintenance or development of the network.“ und „celles qui leur rendent directement compte àpropos de questions liées à la gestion, à la maintenance ou audéveloppement du réseau“).
254Im Ergebnis kommt eine andere Auslegung auch nicht aus Sinn und Zweck der Bestimmung in Betracht. Die Bundesnetzagentur verweist zu- nächst zutreffend darauf, dass nach Sinn und Zweck ein weites Verständnis des § 10c Abs. 6 EnWG durchaus dem Ziel der Entflechtung stärker dienen mag. Allerdings kommt eine solche Auslegung nur dann in Betracht, wenn sie mit den übrigen Auslegungsgrundsätzen vereinbar ist und darf sich nicht über das vom europäischen und deutschen Normsetzungsgeber Gewollte hinwegsetzen. Darüber hinaus führt ein engeres Verständnis entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur die gesetzliche Regelung nicht „ad absurdum“.
255Aus den dargelegten Gründen ist hier ein engeres Verständnis sachgerecht und entspricht Sinn und Zweck der Regelung. So ist schon nicht plausibel, dass die 2. Führungsebene im Ergebnis faktisch strengere Vorgaben als etwa der Aufsichtsrat beachten soll. § 10c Abs. 6 EnWG verweist auch nicht allgemein auf die 2. Führungsebene, sondern schränkt den Anwendungsbereich durch zwei erhebliche Tatbestandsmerkmale ein.
256Diese beiden bewusst auf europäischer Ebene vorgesehenen und vom deutschen Gesetzgeber umgesetzten Einschränkungen sind zu beachten, wenn es auch de lege ferenda möglicherweise sinnvoll erscheinen mag, insbesondere kaufmännische Bereiche, die ebenfalls über diskriminierungsrelevantes Wissen verfügen, vom Anwendungsbereich der cooling- on/cooling-off-Regeln zu erfassen. Ein derart breiter Anwendungsbereich kann aber nicht dadurch geschaffen werden, dass der Begriff „verantwortlich“ extensiv ausgelegt wird, damit jede „Mitverantwortung“ für einen Bereich, der den Netzbetrieb „irgendwie unterstützt“, gemeint sein kann.
257Die Auslegung der Bundesnetzagentur führt dazu, dass allenfalls nur noch untergeordnete „Randabteilungen“, wie etwa „Facility Management/Hausverwaltung“, vom Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ausgenommen wären. Dass dies keineswegs theoretisch ist, zeigen die beim Senat anhängigen Verfahren. So ist die Bundesnetzagentur in diesen Verfahren von einem so weiten Verständnis des Anwendungsbereich des § 10c Abs. 6 EnWG ausgegangen, dass bis auf die genannten „Randabteilungen“ im Wesentlichen die Leiter aller anderen Bereiche die Sperrfristen-Vorgaben zu beachten hätten. In der Sache „…“, VI-3 Kart 300/12 (V), ist die Bundesnetzagentur sogar davon ausgegangen, dass alle Abteilungen des Unabhängigen Transportnetzbetreibers die Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG zu beachten hätten. Dies macht auch deutlich, dass bei einem derart weiten Verständnis die Voraussetzung „für Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes verantwortlich“ ohne praktische Relevanz wäre.
258Ferner sind die Fristen von drei und vier Jahren vergleichsweise lang (vgl. die 2-Jahres-Frist gemäß § 100 II Nr. 4 AktG für den Wechsel vom Vorstand in den Aufsichtsrat einer börsennotierten Aktiengesellschaft, vgl. auch §§ 74, 90a HGB), weshalb im Sinne einer grundrechtsschonenden Auslegung hier ein erweiterndes Verständnis nicht überzeugt. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und der Erheblichkeit des Eingriffs ist daher eine engere, sich am Wortlaut und Systematik orientierende Auslegung sachgerecht.
2593.
260Ausgehend von der erörterten Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG ergibt sich im vorliegenden Fall, dass bei der Antragstellerin – vorbehaltlich etwaiger späterer Änderungen der Zuständigkeiten – die Leiter einiger Fachbereiche von den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG erfasst werden.
261a)
262Da hinsichtlich der Anfechtungs- und Feststellungsbeschwerden auf verschiedene Zeitpunkte, den Zeitpunkt der Zertifizierungsentscheidung und auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, abzustellen ist, ergibt sich eine abweichende Tenorierung (vgl. etwa zur Feststellungsklage: VG Gelsenkirchen, Urteil 12.12.1989, 14 K 1728/87).
263Die Beteiligten stellen nicht infrage, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Zertifizierungsbescheides die Leiter aller Fachbereiche der 2. Führungsebene zuzuordnen waren. Zur Klarstellung und im Hinblick auf die Anfechtungsanträge werden die Fachabteilungen aufgeführt, die zum Zeitpunkt des Zertifizierungsbescheides den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG unterfielen.
264Die Antragstellerin und die Beigeladenen haben hinsichtlich der Feststellungsbeschwerden ihr Feststellungsinteresse auf die Frage beschränkt, welche Fachabteilungen für „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich“ sind. Sie stellen die Auffassung der Bundesnetzagentur, dass die den Ressorts 1 und 3 untergeordneten Fachabteilungen weiterhin der 2. Führungsebene unterliegen, nicht infrage.
265Die Bundesnetzagentur hat zu erkennen gegeben, dass die nunmehr dem Ressort 2 (Netz) unterstellten Fachbereiche nicht mehr unter die Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG fallen sollen.
266Da sich das Feststellungsinteresse auf die Klärung richtet, welche Fachbereiche für „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes verantwortlich“ sind, und die derzeitige Einordnung der Leiter bestimmter Fachabteilungen unter die 2. oder 3. Führungsebene nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden soll, erfolgt im Hinblick auf die Feststellungsanträge die Feststellung für den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung unter dem Vorbehalt, dass die jeweiligen Fachbereiche der 2. Führungsebene zuzuordnen sind.
267a)
268Im vorliegenden gehen die Beteiligten davon aus, dass zum Zeitpunkt der Zertifizierungsentscheidung unstreitig die Leiter der Fachbereiche
269- 270
„Gasdisposition (GTD)“
- 271
„Kapazitätsmanagement (GTK)“
- 272
„Marktgebietsmanagement (GTM)“
- 273
„Betriebstechnik Ost (GNO)“
- 274
„Betriebstechnik West (GNW)“
i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG für „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ verantwortlich sind.
276Aber auch die Leiter der Bereiche
277- 278
„Vertragsenergieermittlung GTE)“
- 279
„Anlagentechnik (GNA)“
- 280
„Montage (GNM)“
- 281
„Trassenengineering (GNT)“
- 282
„IT-Management (GTI)“
- 283
„Einkauf (GTB)“
fallen - hinsichtlich der derzeitigen Organisation vorbehaltlich der Einordnung der Fachbereiche in die 2. Führungsebene - unter die Sperrfristen- Regelung.
285Der Leiter des Fachbereichs „Vertragsenergieermittlung (GTE)“ ist für die technische Gasmessung und Gasabrechnung, die Gasbeschaffenheit und die Messanlagen, etwa Nacheichungen, zuständig. Hierbei handelt es sich um Aufgaben, die in einem engen Zusammenhang zu „Betrieb und Wartung des Netzes“ stehen. Der Umstand, dass der Bereich für andere Abteilungen tätig ist, lässt die Zuordnung nicht entfallen.
286Auch die Leiter der Bereiche „Anlagentechnik (GNA)“ und „Montage (GNM)“ sind von den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG erfasst. Diese beiden Bereiche sind für die Konstruktion, die technische Planung, den Bau und Inbetriebnahme der Gasleitungen verantwortlich und führen diese Maßnahmen durch. Sie sind daher im engeren Sinne für „Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes“ verantwortlich.
287Der Leiter des Bereichs „Trassenengineering (GNT)“ hat ebenfalls die Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG zu beachten. Die Abteilung ist für die Entwicklung und Planung neuer Leitungstrassen, einschließlich der Durchführung der entsprechenden Genehmigungsverfahren und ökologische Begleitung in der Bauphase, verantwortlich und damit im engeren Sinne für die „Entwicklung des Netzes“ im Sinne des § 10c Abs. 6 EnWG zuständig.
288Die Verantwortlichkeit für die IT, die für ein Funktionieren des Unabhängigen Transportnetzbetreibers unabdingbar ist und den Netzbetrieb im engeren Sinne so unterstützt, ist allein nicht ausreichend, um diesen Bereich als „für Betrieb, Wartung und Entwicklung des Netzes“ i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG einzustufen. Dies ist allerdings anders zu beurteilen, wenn die IT-Abteilung gerade auch in engem Sinne netzbezogene Software entwickelt. So liegt der Fall hier. Die Abteilung „IT-Management“ ist dafür verantwortlich alle IT-Prozesse zu optimieren, „insbesondere gaswirtschaftliche Prozesse“. Dies wird auch anhand der Stellenbeschreibung (Schreiben der Antragstellerin vom 02.03.2012) deutlich, wonach der zum „IT- Management“ gehörende „Applikationsbetrieb“ den reibungslosen Betrieb aller gaswirtschaftlichen Systeme umfasst und ggfs. geeignete gaswirtschaftliche Softwarelösungen durch das „IT-Management“ zu entwickeln sind. Soweit die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass IT-Experten auch in anderen Abteilungen arbeiteten, lässt dies Einordnung des Leiters der Abteilung unter § 10c Abs. 6 EnWG nicht entfallen.
289Auch der Leiter „Einkauf (GTB)“ hat die cooling-Vorgaben zu beachten. Ein Einkaufs- oder Beschaffungsleiter wird dann nicht von § 10c Abs. 6 EnWG erfasst, wenn er für die „allgemeine Beschaffung von Material“ zu- ständig ist. So hat die Bundesnetzagentur auch in einigen anderen Verfahren den Leiter „Einkauf“ oder „Beschaffung“ als nicht von den cooling-Vorgaben erfasst angesehen. Die allgemeine Beschaffung von Material fällt nicht unter „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“. Dies ist allerdings – wie hier - dann anders, wenn die Einkaufsabteilung dezidiert auch in die Beschaffung spezieller netzspezifischer Komponenten eingebunden ist. So ist die Abteilung insbesondere auch für die Beschaffung netznaher Technik, gasspezifischer IT-Systeme, und etwa auch von Verdichtern und Turbinen, - sogar für die gesamte D.-Gruppe - verantwortlich. So macht der Umstand, dass die Abteilung die Beschaffung für die gesamte D.-Gruppe übernimmt, deutlich, dass dieser Bereich maßgeblich und übergreifend in den „Betrieb, die Wartung und Entwicklung des Netzes“ im engeren Sinne eingebunden ist. Dass auch die Antragstellerin von einer „Netznähe“ ausgeht, zeigt auch die neue Organisationsstruktur, die die Einkaufsabteilung, wie das IT-Management, dem netznahen Ressort 3 „Kapazität und Entwicklung“ zuordnet.
290b)
291Hingegen sind die Leiter der zwischen den Beteiligten strittigen Bereiche
292- 293
„Controlling (GTC)“
- 294
„Finanzen und Steuern (GTF)“
- 295
„Personal und Verwaltung (GTH)“
- 296
„Regulierungsmanagement (GTR)“
- 297
„Recht und Versicherungen (GTJ)“
- 298
„Leitungsrechte und Liegenschaften (GNL)“
- hinsichtlich der derzeitigen Organisation vorbehaltlich der Einordnung der Fachbereiche in die 2. Führungsebene - nicht von den cooling-on/cooling-off-Bestimmungen erfasst. Die Bereiche und damit die jeweiligen Leiter sind nicht in dem hier zugrunde zulegenden engeren Sinne für „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ verantwortlich. Die Leitung von Abteilungen, die andere „netznahe Abteilungen“ allgemein unter- stützen, führt nicht dazu, dass diese Leiter § 10c Abs. 6 EnWG zu beachten haben. Dass in diesen Abteilungen, wie bei dem Netzbetreiber insgesamt, durchaus auch diskriminierungsrelevantes Wissen vorhanden sein kann, kann aus den erörterten Gründen eine erweiterte Auslegung des § 10c Abs. 6 EnWG nicht rechtfertigen.
300So genügt der Einfluss im Unternehmen auf finanzielle Mittel, auf Buchhaltung und Jahresabschluss sowie Personal nicht, um eine Steuerung des Netzbetriebs oder der Netzentwicklung i.S.d. § 10c Abs. 6 EnWG anzunehmen. Eine Verantwortlichkeit für die Bearbeitung von Rechtsfragen reicht ebenfalls nicht aus, um die Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG beachten zu müssen. Dieser Abteilungen sind nicht für den „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ verantwortlich. Auch soweit die Bundesnetzagentur mit Schriftsatz vom 11.07.2014 darauf hinweist, dass die Nichtbeachtung von Handlungsempfehlungen der Rechtsabteilung für die Geschäftsleitung mit besonderen Haftungsrisiken verbunden sein könne, die Unternehmensleitung daher faktisch die Vorgaben der Rechtsabteilung zu beachten habe, führt dies ebenfalls nicht zur Anwendbarkeit des § 10c Abs. 6 EnWG auf den jeweiligen Leiter der Rechtsabteilung. Die Rechtsabteilung ist nicht in dem hier erörterten engen Sinne für „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ verantwortlich. So kann und wird sich eine Geschäftsleitung durchaus auch über eine von der Rechtsabteilung geäußerte Auffassung hinwegsetzen, wenn dies auch – wie bei der Nichtbeachtung von Hinweisen anderer Fachabteilungen – zu erhöhten Haftungsrisiken führen kann.
301Daher sind die Leiter der Bereiche „Controlling (GTC)“, Finanzen und Steuern (GTF)“, „Personal und Verwaltung (GTH)“ und „Recht und Versicherungen (GTJ)“ nicht von den cooling-on/cooling-off-Vorgaben erfasst. Dies gilt auch für den Leiter der Fachabteilung „Regulierungsmanagement (GTR)“. Soweit ersichtlich, handelt es sich hierbei um eine Abteilung, die im Wesentlichen auch juristisch beratende Aufgaben wahrnimmt. Auch sie sind damit nicht im engeren Sinne für den „Betrieb, Wartung oder Entwicklung des Netzes“ verantwortlich.
302Der Leiter „Leitungsrechte und Liegenschaften (GNL)“ wird ebenfalls nicht von den Vorgaben des § 10c Abs. 6 EnWG erfasst. Die Abteilung ist für die Vermessung und Dokumentation der Leitungsrechte verantwortlich. Die Abteilung erfüllt daher vor allem Archivaufgaben und solche Tätigkeiten, die etwa hinsichtlich der vertraglichen und dinglichen Sicherung von Leitungsrechten einen engeren Bezug zur juristischen Tätigkeit, dem Zentralbereich „Recht und Versicherungen (GTJ)“ haben.
303III.
304Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 Satz 1 EnWG.
305Den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren setzt der Senat im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung und nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten auf 50.000 Euro fest (§ 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO).
306Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen, weil die streitgegenständliche Frage grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG hat und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs entsprechend § 86 Abs. 2 Nr. 2 EnWG erfordert.
307Rechtsmittelbelehrung:
308Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 S. 2, 80 S. 2 EnWG).
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