Urteil vom Oberlandesgericht Hamm - 1 RVs 112/14
Tenor
Die Revision wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Angeklagte.
1
Gründe
2I.
3Das Amtsgericht hatte den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und wegen Beleidigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht mit der Maßgabe verworfen, dass dieser wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 10 Euro verurteilt wird. Zuvor hatte es in der Berufungshauptverhandlung das Verfahren wegen des anderen Vorwurfs abgetrennt und das abgetrennte Verfahren nach § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Sodann hatte der Angeklagte die Berufung mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
4Die Feststellungen zum Tatgeschehen, die das Amtsgericht getroffen hat, lauten wie folgt:
5„Am 31.03.2012 hielten sich die Angeklagten gegen 15:10 Uhr in einer aus vier Personen bestehenden Gruppe auf der Rheinischen Straße in Dortmund auf. Für sämtliche Umstehenden gut wahrnehmbar riefen auf ungefährer Höhe der Hausnummer 199 der Rheinischen Straße zunächst der Angeklagte T und sodann der Angeklagte L die Worte „Sieg Heil“.
6Im Rahmen der anschließenden Identitätsfeststellung bezeichnete der Angeklagte L die Polizeibeamten PK’in C, PK N, PK I, PK D und PK Q als „Legasteniker“, um so seine Missachtung gegenüber den Polizeibeamten zu bekunden.“
7Gegen das landgerichtliche Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision mit der die Verletzung „formellen und materiellen Rechts“ rügt. Er rügt im Einzelnen eine fehlerhafte (Nicht-)Anwendung des § 42 StGB (Ratenzahlung) und eine fehlerhafte Anwendung des § 46 StGB, weil der Angeklagte wegen einer bloßen Beleidigung eine gleich hohe Strafe erhalten habe, wie der nichtrevidierende ehemalige Mitangeklagte wegen des schwereren Delikts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.
8Die Generalstaatsanwaltschaft hat zunächst beantragt, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch betreffend den Angeklagten insoweit aufzuheben, als eine Entscheidung über Zahlungserleichterungen unterblieben ist und dem Angeklagten durch Entscheidung des Revisionsgerichts Ratenzahlung in Höhe von 50 Euro/Monat zu gestatten.
9In der Revisionshauptverhandlung hat sie den Antrag gestellt, die Revision zu verwerfen.
10II.
11Die Revision des Angeklagten ist zulässig aber unbegründet.
12Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der allein zulässig erhobenen Sachrüge hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
131.
14Es bedarf keiner näheren Erörterung, ob die erfolgte Abtrennung des Verfahrens bzgl. eines Teilvorwurfs hier überhaupt zulässig war. Eine Abtrennung von Verfahrensteilen ist grds. nur dann zulässig, wenn es sich bei dem abgetrennten Verfahrensstoff um selbständige prozessuale Taten handelt (BGH NStZ 2002, 105). Das könnte hier zweifelhaft sein. Indes wurden darauf gerichtete Verfahrensrügen nicht erhoben.
152.
16Im Übrigen bedürfen nur die in der Revisionsbegründung angesprochenen Punkte näherer Erörterung.
17a) Dass das Landgericht keine Zahlungserleichterungen nach § 42 StGB angeordnet hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß § 42 S. 1 StGB ist dem Angeklagten zu gestatten, die Geldstrafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen, wenn ihm eine sofortige Zahlung nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist. Die Vorschrift ist zwingender Natur (BGH, Beschl. v. 17.08.1984 - 3 StR 283/84 - juris; BGH bei Detter NStZ 1900, 578; KG Berlin StV 2006, 191; OLG Naumburg, Beschl. v. 10.05.2012 - 1 Ss 8/12 = BeckRS 2012, 20554; OLG Stuttgart, Urt. v. 21.07.2008 - 2 Ss 346/08 = BeckRS 2009, 08549). Angesichts des zwingenden Charakters der Regelung kann von einer Entscheidung nach § 42 StGB, soweit Anlass zu ihr besteht, nicht etwa deswegen abgesehen werden, weil auch die Vollstreckungsbehörde noch Zahlungserleichterungen nach § 459a StPO bewilligen darf (OLG Hamm, Beschluss vom 05.06.2014 – III-1 RVs 48/14 - juris). Bei der Prüfung der Zumutbarkeit der sofortigen Zahlung ist auch zu berücksichtigen, dass es zur Vollstreckung der Geldstrafe erfahrungsgemäß erst geraume Zeit nach Rechtskraft der Entscheidung kommt, da es wegen der Nachbearbeitung bei Gericht (z.B. Kosten) etwas Zeit in Anspruch nimmt, bis die Akten an die Vollstreckungsbehörde zurückgelangen, von der dann erst die Vollstreckung eingeleitet werden kann. Insoweit kann berücksichtigt werden, ob der Angeklagte - wenn er Kenntnis von seiner (rechtskräftigen) Zahlungsverpflichtung erhält - die Möglichkeit hat, die Geldstrafensumme bis zur voraussichtlichen Vollstreckung anzusparen. Hat er diese Möglichkeit, so ist ihm die Zahlung der Gesamtsumme zumutbar (OLG Hamm, Beschluss vom 05.06.2014 – III-1 RVs 48/14 – juris).
18Bei Anwendung dieser Grundsätze bestand hier noch kein Anlass zur Erörterung und Bewilligung von Ratenzahlung nach § 42 StG. Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil bezieht der Angeklagte zwar „sogenannte Hartz IV – Leistungen“, wobei er Unterhaltsleistungen für ein Kind nicht erbringt. Dies könnte zwar an sich ein Grund sein, die Gewährung von Zahlungserleichterungen zu prüfen. Im konkreten Fall ist es aber so, dass die Summe der Geldstrafe im Verhältnis zu den Einkünften des Angeklagten nicht so hoch ist, als dass ein „Ansparen“ bis zum voraussichtlichen Zeitpunkt der Vollstreckung nicht möglich ist. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich der Angeklagte ausweislich der Feststellungen im angefochtenen Urteil durchaus als fähig erwiesen hat, größere Geldsummen auf einmal zu zahlen. So hat er die Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 Euro aus dem Urteil des Amtsgerichts Gießen vom 09.12.2013 „am 24.04.2014 vollständig“ (also zeitnah zum Urteil des Berufungsgerichts) gezahlt. Angesichts dieser Umstände und der Tatsache, dass der Angeklagte weitere Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen nicht gemacht hat, waren hier, trotz seiner geringen festgestellten Einkünfte, Ausführungen zu Zahlungserleichterungen ausnahmsweise entbehrlich, denn das Landgericht hatte damit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte zum voraussichtlichen Zeitpunkt der Vollstreckung der Geldstrafe nicht zu ihrer Zahlung in der Lage sein würde. Soweit der Angeklagte in der Revisionshauptverhandlung durch seinen Verteidiger weitere Umstände vorgetragen hat, etwa, dass die frühere Geldstrafe aus seinen letzten Ersparnissen nach Verlust seines Arbeitsplatzes getilgt worden sei, sind diese für das Revisionsgericht im Rahmen der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge hin unbeachtlich. Überprüfungsgrundlage sind insoweit allein die Feststellungen im angefochtenen Urteil. Danach hat der Angeklagte aber nur ganz knappe Angaben zu seinen Einkommens- bzw. Vermögensverhältnissen gemacht und die nunmehr vorgebrachten Umstände gerade nicht behauptet.
19b) Ein Erörterungsmangel bzgl. der Relation der Strafen des Angeklagten und des ehemaligen Mitangeklagten liegt ebenfalls nicht vor. Der Gesichtspunkt, dass gegen Mittäter verhängte Strafen auch in einem gerechten Verhältnis zueinander stehen sollten, kann zwar nicht völlig unbeachtet bleiben. Deswegen müssen Unterschiede jedenfalls dann erläutert werden, wenn sie sich nicht aus der Sache selbst ergeben (BGH NStZ-RR 2009, 71). Hier ergeben sich aber solche Unterschiede aus der Sache selbst. Zwar ist die Beleidigung im Vergleich zu § 86a StGB der mit einer geringeren Strafandrohung versehene Straftatbestand. Allerdings ist lediglich die Strafobergrenze beider Straftatbestände unterschiedlich. Die Strafuntergrenze, an der sich die verhängten Strafen aufhalten, ist gleich. Das Landgericht hat zudem bei der Strafzumessung insbesondere auch das Bewährungsversagen und die Vorbelastungen des Angeklagten berücksichtigt. Insoweit ist zu sehen, dass der ehemalige Mitangeklagte weniger Vorstrafen aufweist und die Tat nicht unter laufender Bewährung stehend begangen hat.
20III.
21Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
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