Anerkenntnisurteil vom Oberlandesgericht Hamm - 15 W 579/15
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 2) trägt die der Beteiligten zu 1) im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.954,46 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
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G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligte zu 1) ist die Ehefrau des Erblassers, die Beteiligte zu 2) seine Tochter.
4Die Beteiligte zu 1) hatte unter Berufung auf ein von ihr und dem Erblasser errichtetes Ehegattentestament vom 11.06.2003 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie als Alleinerbin nach dem Erblasser ausweisen sollte.
5Die Beteiligte zu 2) war der Erteilung des Erbscheins mit Schriftsatz vom 17.03.2015 entgegen getreten und hatte zur Begründung ausgeführt, dass sie die Echtheit des Testaments bestreite. Die Handschrift stamme weder vom Erblasser noch von der Beteiligten zu 1), ihrer Mutter. Zudem sei ihrer Tochter B im Jahre 2008 von den Großeltern ein Testament gezeigt worden, dass auf kariertem Papier geschrieben gewesen sei und einen anderen Inhalt gehabt habe.
6Das Nachlassgericht hatte daraufhin Termin anberaumt und den Beteiligten Auflagen gemacht. Die Beteiligte zu 1) beauftragte nunmehr ihre Verfahrensbevollmächtigten mit ihrer Vertretung und trat den Ausführungen der Beteiligten zu 2) entgegen.
7Die Beteiligte zu 2) lies sodann über ihre Verfahrensbevollmächtigten erklären, dass sie die Echtheit des Testaments nicht länger bestreiten wolle und keine Einwendungen gegenüber dem Erbscheinsantrag mehr erhebe.
8Das Nachlassgericht erlies am 30.04.2015 einen Feststellungsbeschluss und erteilte unter dem gleichen Datum den Erbschein antragsgemäß.
9Der Feststellungsbeschluss enthält keine Kostenentscheidung; seine förmliche Zustellung an die Beteiligten unterblieb.
10Mit Schriftsatz vom 12.05.2015 hat die Beteiligte zu 1) beantragt, der Beteiligten zu 2) die Kosten des Verfahrens einschließlich ihrer notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Die Beteiligte zu 2) ist dem Kostenantrag entgegen getreten.
11Mit Beschluss vom 24.06.2015 hat das Nachlassgericht der Beteiligten zu 2) die der Beteiligten zu 1) entstandenen außergerichtlichen Kosten auferlegt.
12Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 2), der das Nachlassgericht mit Beschluss vom 7.12.2015 nicht abgeholfen und dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.
13II.
14Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert des § 61 Abs. 1 FamFG erreicht, da die der Beteiligten zu 1) entstandenen außergerichtlichen Kosten 1.954,46 € betragen.
15In der Sache ist die Beschwerde nicht begründet.
161.
17Das Nachlassgericht war am 24.06.2015 noch berechtigt eine Kostenentscheidung für das Erbscheinsverfahren zu treffen.
18Der Feststellungsbeschluss vom 30.04.2015 enthält keine ausdrückliche Kostenentscheidung, obwohl § 82 FamFG anordnet, dass über die Kosten in der Endentscheidung zu befinden ist. Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG ist auch der von dem Nachlassgericht am 30.04.2015 erlassene Feststellungsbeschluss (Münchener Kommentar zum FamFG - J. Mayer, 2. Auflage, § 352 Rn.8; Staudinger-Herzog, BGB, Neubearbeitung 2010, § 2359 Rn.31; a. A. Keidel-Zimmermann, FamFG, 18. Auflage, § 352 Rn.137 – ohne nähere Begründung). Mit dem Erlass des Feststellungsbeschlusses wird das Verfahren auf Erteilung des Erbscheins erledigt (§ 38 Abs. 1 FamFG). Die Anordnung, dass der entsprechende Erbschein erteilt wird, ist nur noch eine den Feststellungsbeschluss vollziehende Handlung, nicht aber selbst eine Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG.
19Unterbleibt – wie im vorliegenden Fall – eine ausdrückliche Entscheidung über die Kosten in dem Feststellungsbeschluss, hat das zur Folge, dass der Antragsteller die Gerichtskosten trägt und eine Erstattung der den Beteiligten entstandenen außergerichtlichen Kosten nicht stattfindet. Die fehlende ausdrückliche Entscheidung über die Kosten kann ihre Ursache zum einen darin haben, dass der Nachlassrichter eine nach Aktenlage erforderliche Entscheidung unbeabsichtigt nicht getroffen hat, und zum anderen darin, dass der Nachlassrichter eine stillschweigende Entscheidung getroffen hat, dass eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten nicht stattfindet.
20Der von der unterbliebenen oder stillschweigenden Entscheidung über die Gerichtskosten / Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten in seinen Rechten beeinträchtigte Beteiligte kann den Feststellungsbeschluss auf den Kostenpunkt beschränkt in zulässiger Weise (Keidel=Meyer-Holz, a. a. O., § 58 Rn.95) mit der Beschwerde anfechten. Der Nachlassrichter kann im Rahmen der ihm auf eine Beschwerde gegebenen Abhilfebefugnis (§ 68 Abs. 1 FamFG) eine Kostenentscheidung treffen.
21Im vorliegenden Fall ist der Schriftsatz der Beteiligten zu 1) vom 12.05.2015 als Beschwerde gegen den keine ihr günstige Entscheidung zur Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten enthaltenden Feststellungsbeschluss vom 30.04.2015 zu sehen, der die Nachlassrichterin mit Beschluss vom 24.06.2015 abgeholfen hat. Gegen diesen ihr ungünstigen Abhilfebeschluss steht der Beteiligten zu 2) nun ihrerseits die Beschwerde zu, über die nach Nichtabhilfeentscheidung nunmehr der Senat zu entscheiden hat.
222.
23Die Entscheidung des Nachlassgerichts, dass die Beteiligte zu 2) die der Beteiligten zu 1) entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat, erweist sich als ermessensfehlerfrei.
24§ 81 Abs.1 Satz 1 FamFG eröffnet dem erstinstanzlichen Gericht einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum. Aus diesem Grund ist die Kostenentscheidung des Amtsgerichts durch das Beschwerdegericht nur auf das Vorliegen von Ermessensfehlern zu prüfen. Zu einer eigenen Ermessensausübung ist das Beschwerdegericht nur befugt, soweit die amtsgerichtliche Kostenentscheidung auf einem Ermessensfehler beruht. Zu einer fehlerfreien Ausübung des Ermessens zählt auch eine Begründung, die den notwendigen Abwägungsvorgang wenigstens im Wesentlichen erkennbar und für das Beschwerdegericht nachvollziehbar macht. Fehlt es hieran, so kann hier-aus, je nach Lage der Dinge auf einen Fehlgebrauch des Ermessens, i.d.R. einen Nichtgebrauch desselben geschlossen werden.
25Das Amtsgericht hat als Grundlage für seine Entscheidung zur Anordnung der Erstattung der außergerichtlichen Kosten angeführt, dass diese billigem Ermessen entspricht, da die Beteiligte zu 2) mit ihren – letztlich haltlosen - Einwendungen zur Echtheit des Testaments die Beteiligte zu 1) einer Straftat bezichtigt und die erst darauf hin erfolgende Beauftragung von Anwälten durch die Beteiligte zu 1) damit herausgefordert habe.
26Die Nachlassrichterin hat ihre Ermessensentscheidung – entgegen den Ausführungen der Beteiligten zu 2) - auf eine korrekte Tatsachengrundlage gestützt.
27Die Beteiligte zu 2) hat in ihrer anwaltlich verfassten Eingabe vom 17.03.2015 nicht nur die Existenz eines weiteren Testaments in den Raum gestellt, sondern in Bezug auf das von der Beteiligten zu 1) zur Stützung ihres Erbscheinsantrags vorgelegten Testaments behauptet, das Ehegattentestament vom 11.06.2003 sei nicht echt, weil es weder von dem Erblasser noch von der Beteiligten zu 1) geschrieben worden sei.
28Da die Beteiligte zu 1) bei der Stellung ihres Erbscheinsantrags an Eides Statt versichert hatte, dass das fragliche Testament von ihr und ihrem verstorbenen Ehemann verfasst und unterschrieben worden sei, hat die Beteiligte zu 2) ihrer Mutter damit Straftaten nach § 156 StGB (falsche Versicherung an Eides Statt) und § 267 Abs. 1 StGB (Gebrauchtmachen von einer unechten Urkunde) bezichtigt. Der mit Schriftsatz vom 12.01.2016 erhobene Einwand, sie – die Beteiligte zu 2) – habe ja nicht behauptet, dass die Beteiligte zu 1) Kenntnis von der Unechtheit der Urkunde gehabt habe, ist angesichts der Mitwirkung der Beteiligten zu 1) an der Erstellung des Ehegattentestaments absurd.
29Die auf diese Tatsachengrundlage gestützte Ermessensentscheidung des Nachlassgerichts lässt einen Ermessensfehlgebrauch nicht erkennen.
30Die Entscheidung zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 84 FamFG.
31Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.954,46 € und entspricht den außergerichtlichen Kosten der anwaltlich vertretenen Beteiligten zu 1).
32Die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs.2 FamFG liegen nicht vor.
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Referenzen
- FamFG § 38 Entscheidung durch Beschluss 3x
- § 84 FamFG 1x (nicht zugeordnet)
- StGB § 267 Urkundenfälschung 1x
- FamFG § 61 Beschwerdewert; Zulassungsbeschwerde 1x
- FamFG § 81 Grundsatz der Kostenpflicht 1x
- StGB § 156 Falsche Versicherung an Eides Statt 1x
- FamFG § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde 1x
- FamFG § 82 Zeitpunkt der Kostenentscheidung 1x
- FamFG § 68 Gang des Beschwerdeverfahrens 1x