Beschluss vom Hanseatisches Oberlandesgericht - 2 Ws 294 - 296/15

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer, vom 14. Dezember 2015 - betreffend die Aufhebung des Reststrafenaussetzungsbeschlusses vom 4. Dezember 2015 - aufgehoben.

2. Der Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg auf Anordnung, dass der Verurteilte vorerst nicht aus der Haft zu entlassen ist, wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten in diesem entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe

I.

1

Durch am selben Tag rechtskräftig gewordenes Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 7. Februar 2012 ist der Verurteilte wegen Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus den Urteilen vom 22. März 2011 und 20. Juni 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr drei Monaten und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten, jeweils unter Vollstreckungsaussetzung zur Bewährung, verurteilt und zugleich angeordnet worden, dass die Verwaltungsbehörde vor Ablauf einer Frist von neun Monaten keine Fahrerlaubnis erteilen darf. Mit seit dem 4. April 2015 rechtskräftigem Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hamburg sind die dem Verurteilten durch das amtsgerichtliche Urteil vom 7. Februar 2012 gewährten Vollstreckungsaussetzungen wegen erneuter Straftatbegehung innerhalb der Bewährungszeiten widerrufen worden.

2

Durch am 11. Dezember 2014 rechtskräftig gewordenes weiteres Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 3. Dezember 2014 ist der Verurteilte zudem wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz in drei Fällen „unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts Hamburg vom 09.01.2014“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten, ohne Vollstreckungsaussetzung zur Bewährung, verurteilt worden.

3

Nach in der Zeit vom 29. August 2013 bis zum 20. Oktober 2013 in einer der verfahrensgegenständlichen Sachen erlittenen Untersuchungshaft verbüßt der Verurteilte seit dem 21. Oktober 2013, zuletzt im Berufsfreigang des offenen Strafvollzugs der Justizvollzugsanstalt G, die vorgenannten Gesamtfreiheitsstrafen. Der gemeinsame so genannte Zweidrittelzeitpunkt war am 4. Oktober 2015 erreicht. Anschließend ist für die Zeit bis zum 25. Januar 2016 die Verbüßung des Restes der Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten, für die daran anschließende Zeit bis zum 16. März 2016 die Verbüßung des Restes der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten und für die daran anschließende Zeit bis zum 16. August 2016 die Verbüßung des Restes der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr drei Monaten notiert.

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Mit Beschluss vom 4. Dezember 2015 hat das Landgericht Hamburg, Große Strafkammer als Strafvollstreckungskammer, die Vollstreckung der Reste der drei vorgenannten Gesamtfreiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt und zugleich angeordnet, dass Entlassungstermin der 18. Dezember 2015 sein soll, die Bewährungszeitdauer auf vier Jahre festgesetzt, die Bestellung eines Bewährungshelfers angeordnet sowie dem Verurteilten Bewährungsweisungen erteilt. Gemäß richterlicher Zustellungsanordnung ist der Aussetzungsbeschluss am 9. Dezember 2015 dem Verurteilten und am 7. Dezember 2015 der Staatsanwaltschaft zugestellt worden. Die Staatsanwaltschaft hat gemäß am 15. Dezember 2015 beim Landgericht Hamburg eingegangener Verfügung den Verzicht auf Rechtsmittel gegen den Aussetzungsbeschluss erklärt. Im Übrigen ist ein Rechtsmittel gegen den Aussetzungsbeschluss weder von Seiten der Staatsanwaltschaft noch durch den Verurteilten eingelegt worden.

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Am 14. Dezember 2015 ist der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hamburg durch E-Mail eines Bediensteten der Justizvollzugsanstalt G mitgeteilt worden, es bestehe die Gefahr, dass der Verurteilte mit einem Personenkraftwagen BMW Kombi von Ga zur Justizvollzugsanstalt G gefahren sei; nach Angaben eines weiteren Bediensteten der Justizvollzugsanstalt G habe ein entsprechendes Fahrzeug auf einem dortigen Parkplatz gestanden und sei der Verurteilte auf der Fahrerseite in dieses Fahrzeug eingestiegen sowie damit losgefahren; bei einer darauf veranlassten polizeilichen Überprüfung des Fahrzeugs sei der Verurteilte am Steuer angetroffen worden; es sei Strafanzeige wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegen ihn gestellt worden, die unter dem Aktenzeichen …/2015 bei der Polizei in N bearbeitet werde. Zugleich ist angefragt worden, ob an der für den 18. Dezember 2015 vorgesehenen Entlassung des Verurteilten festgehalten werde.

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Die Strafvollstreckungskammer hat ohne weitere Aufklärungen und ohne vorherige Anhörung von Staatsanwaltschaft, Verurteiltem und Justizvollzugsanstalt mit Beschluss vom selben Tage, dem 14. Dezember 2015, ihren Beschluss vom 4. Dezember 2015 betreffend die Vollstreckungsaussetzungen zur Bewährung aufgehoben und zugleich angeordnet, dass der Verurteilte nicht am 18. Dezember 2015 vorzeitig aus der Strafhaft zu entlassen ist.

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Gegen diesen gemäß richterlicher Zustellungsanordnung dem Verurteilten am 18. Dezember 2015 in der Justizvollzugsanstalt zugestellten Beschluss hat dieser mit bereits am 17. Dezember 2015 beim Landgericht eingegangenem Schreiben sofortige Beschwerde eingelegt, die er mit seinem Beschwerdeschreiben und einem weiteren, am 21. Dezember 2015 eingegangenen Schreiben zusammengefasst damit begründet hat, dass er im Jahr 2013 in Tschechien einen Führerschein erworben und deshalb keine neue Straftat begangen habe.

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Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg hat darauf angetragen, auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten anzuordnen, dass er vorerst nicht aus der Haft zu entlassen ist, im Übrigen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 14. Dezember 2015 aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hamburg zurückzuverweisen sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten in diesem entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen.

II.

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Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss vom 14. Dezember 2015 ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

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1. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten ist gemäß § 454a Abs. 2 S. 1 2.Hs. StPO i.V.m. § 454 Abs. 3 S. 1 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO). Dass die Einlegung hier noch vor Zustellung der angefochtenen Entscheidung an den Verurteilten erfolgt ist, hindert die Zulässigkeit nicht; eine Beschwerde kann lediglich nicht bereits vor Erlass einer Entscheidung eingelegt werden (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 306 Rn. 4; Vor § 296 Rn. 4 m.w.N.).

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2. Die gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 insgesamt gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten ist auch begründet. Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Die von der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg beantragte Anordnung, dass der Verurteilte vorerst nicht aus der Haft zu entlassen ist, und eine Zurückverweisung der Sache zu erneuter Prüfung und Entscheidung durch die Strafvollstreckungskammer über eine Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses vom 4. Dezember 2015 nimmt der Senat nicht vor.

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a) Die angefochtene Aufhebungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 nach § 454a Abs. 2 StPO ist bereits nicht zulässig ergangen, weil bei ihrem Erlass die dadurch aufgehobene Aussetzungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 4. Dezember 2015 noch nicht rechtskräftig war. Weder war bei Beschlussfassung die Rechtsmittelverzichtserklärung der Staatsanwaltschaft dem Landgericht Hamburg zugegangen (zur Wirksamkeit eines Rechtsmittelverzichts erst mit Zugang der Erklärung vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 302 Rn. 8 m.w.N.), noch waren die Anfechtungsfristen abgelaufen.

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Das Verfahren nach § 454a Abs. 2 StPO gestattet eine ausnahmsweise Durchbrechung der Rechtskraft einer Aussetzungsentscheidung, wenn - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nach § 454 a Abs. 2 S. 1 1.Hs. StPO - sich die Entscheidungsgrundlage nachträglich als verändert darstellt (vgl. OLG Schleswig in NStE Nr. 1 zu § 454a StPO; OLG Dresden in NStZ 2000, 614). Gegenüber einer sofortigen Beschwerde ist es subsidiär, da bis zum Eintritt der Rechtskraft sämtliche neuen Umstände im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden könnten (KG, Beschluss vom 25. November 2003, Az.: 5 Ws 560/03; OLG Saarbrücken in NStE Nr. 4 zu § 454a StPO; OLG Frankfurt in NStZ-RR 1997, 176). Unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer sofortigen Beschwerde gegen einen Aussetzungsbeschlusses stellt sich dessen Aufhebung nach § 454a Abs. 2 StPO als Ausnahme gegenüber der Regel dar, dass ein Gericht Beschlüsse, die mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind, in der Regel nicht selbst abändern darf (vgl. § 311 Abs. 3 S. 1 StPO, KG, a.a.O.; Meyer-Goßner, a.a.O., Vor § 296 Rn. 24). Diese Ausnahme ist insbesondere mit Blick auf die Gefahr divergierender Entscheidungen verschiedener Gerichte im Falle gleichzeitiger Eröffnung zweier Rechtswege nur unter engen Voraussetzungen dann zuzulassen, wenn ein unabweisbares Bedürfnis hierfür besteht; daran fehlt es, solange die Möglichkeit einer sofortige Beschwerde eröffnet ist (KG, a.a.O.; OLG Dresden, a.a.O.; OLG Frankfurt, a.a.O.; vgl. auch LR/Graalmann-Scheerer § 454a Rn. 15, 17).

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Nach zwischenzeitlichem Eintritt der Rechtskraft der der angefochtenen Aufhebungsentscheidung Grunde liegenden Aussetzungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 4. Dezember 2015 kann der Senat allerdings gleichwohl in der Sache entscheiden.

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b) Der angefochtene Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 ist bereits wegen gravierender Verfahrensmängel, die hier nicht nach § 309 Abs. 2 StPO durch den Senat im Beschwerdeverfahren zu beheben sind, aufzuheben.

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Der angefochtene Aufhebungsbeschluss der Strafvollstreckungskammer nach § 454a Abs. 2 StPO ist insoweit verfahrensfehlerhaft ergangen, als im Prüfverfahren der Strafvollstreckungskammer weder eine Aufklärung der für eine Aufhebungsentscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO erforderlichen Tatsachen erfolgt ist noch die erforderlichen Anhörungen durchgeführt worden sind. Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation mehrerer grundlegender und gravierender Verfahrensmängel ist eine Nachholung durch den Senat als Beschwerdegericht im Rahmen einer eigenen Sachentscheidung nach § 309 Abs. 2 StPO nicht mehr vertretbar.

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aa) Die Strafvollstreckungskammer hat vor Erlass der angefochtenen Aufhebungsentscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO für die ihrer Entscheidung zu Grunde gelegte Annahme der Begehung einer neuen „Straftat gemäß § 21 StVG“ durch den Verurteilten „sogar noch vor seiner Haftentlassung“, obwohl sich aus den Akten Tatsachen, die diese Annahme zu tragen vermocht hätten, nicht ergaben, keine ihre Annahme stützenden Tatsachen ermittelt, so dass ein erheblicher Aufklärungsmangel vorliegt.

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(1) Im Vollstreckungsverfahren besteht ebenso wie im Erkenntnisverfahren grundsätzlich eine Pflicht der entscheidenden Gerichte zu effektiver Sachaufklärung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Oktober 2011, Az. 2 BvR 259/11; MüKo/StGB-Groß § 57 Rn. 54), auf Grund derer die Richter sich um eine möglichst breite Tatsachenbasis zu bemühen und sich so ein umfassendes Bild zu verschaffen haben (BVerfG, a.a.O.; ständige Rechtsprechung auch des Senats, vgl. etwa Beschluss vom 21. Oktober 2015, Az. 2 Ws 163/15).

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Wie weit diese Aufklärungspflicht geht und welche Aufklärungsmaßnahmen sie im Einzelnen erfordern kann, kann hier dahin gestellt bleiben, da vorliegend die Strafvollstreckungskammer für ihre Aufhebungsentscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO überhaupt keine diese tragenden Tatsachen ermittelt hat, so dass der Aufklärungspflicht auf jeden Fall nicht genügt ist.

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(2) Die Strafvollstreckungskammer hat vorliegend, obwohl die Annahme erneuter Straftatbegehung durch den Verurteilten tragende Tatsachen sich aus den Akten nicht ergaben, in keiner Weise solche Tatsachen ermittelt bzw. zu ermitteln versucht.

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Die Aussetzungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer stützt sich nach Aktenlage und auch nach den Gründen des angefochtenen Beschlusses in tatsächlicher Hinsicht allein auf die E-Mail-Nachricht der Justizvollzugsanstalt G vom 14. Dezember 2015, deren wörtliche Wiedergabe einen Großteil der Entscheidungsbegründung ausmacht. Aus dieser Nachricht ergeben sich indes Tatsachen für eine Straftatbegehung durch den Verurteilten nicht. Tatsachen werden lediglich für das Vorliegen einer Autofahrt des Verurteilten als Fahrer eines Personenkraftfahrzeugs mitgeteilt. Daraus ergeben sich allerdings weder für sich genommen noch im Zusammenhang mit der übrigen Aktenlage hinreichende Tatsachen auch für die Annahme einer Straftatbegehung hier in Gestalt eines Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach § 21 StVG. Tatsachen, die jedenfalls einen Schluss auf ein Fahren ohne Fahrerlaubnis im Sinne des § 21 StVG tragen könnten, ergeben sich insbesondere aus der bloßen weiteren Mitteilung des Vorliegens einer Strafanzeige und eines diesbezüglichen Aktenzeichens der Polizei in N nicht.

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Maßnahmen zur Aufklärung der Frage, ob der Verurteilte im Zeitpunkt der betreffenden Autofahrt über eine gültige Fahrerlaubnis verfügt hat, hat die Strafvollstreckungskammer unterlassen. Weder ist der tatsächliche Hintergrund der in der E-Mail-Nachricht vom 14. Dezember 2015 mitgeteilten Strafanzeige aufgeklärt worden, noch hat die Strafvollstreckungskammer sonstige, außerhalb jenes Ermittlungsverfahrens liegende eigene Ermittlungen hinsichtlich einer etwaigen Fahrerlaubnis des Verurteilten angestellt.

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Tatsachen für eine solche Annahme ergeben sich zudem auch nicht ohne weitere Aufklärung aus den Akten. Der Umstand, dass mit dem seit dem 7. Februar 2012 rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom selben Tage bezüglich des Verurteilten eine neunmonatige Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet worden war, kann die Annahme eines im Dezember 2015 begangenen Fahrens ohne Fahrerlaubnis im Sinne des § 21 StVG schon deshalb nicht tragen, da danach jene Sperrfrist bereits seit Anfang November 2012 abgelaufen ist. Eine etwaige weitere nachfolgende Sperrfrist zur Erteilung einer Fahrerlaubnis ergibt sich aus den Akten nicht. Eine Anfrage an die für den Verurteilten zuständige Fahrerlaubnisbehörde oder an den Verurteilten selbst, ob er nach Ablauf der vorgenannten Sperrfrist eine gültige Fahrerlaubnis erworben hat, ist nicht erfolgt.

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Die Strafvollstreckungskammer hat vielmehr, wie der Zusammenhang der Beschlussgründe der angefochtenen Aufhebungsentscheidung erbringt, ihren danach sogar „dringenden“ Verdacht einer neuen Straftat des Verurteilten gemäß § 21 StVG lediglich aus den in der E-Mail-Mitteilung der Justizvollzugsanstalt G vom 14. Dezember 2015 enthaltenen Tatsachen der Autofahrt des Verurteilten und einer diesbezüglichen Strafanzeige wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis geschlussfolgert. Bloße Schlussfolgerungen bzw. ein nicht tatsachenbasierter bloßer Verdacht können aber die erforderliche Tatsachenaufklärung nicht ersetzen, so dass ein erheblicher Aufklärungsmangel vorliegt.

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bb) Außerdem hat die Strafvollstreckungskammer vor Erlass der angefochtenen Aufhebungsentscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO die gesetzlich vorgesehenen Anhörungspflichten vollständig außer Acht gelassen und sämtliche erforderlichen Anhörungen nicht durchgeführt.

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(1) § 454a Abs. 2 S. 1 2.Hs StPO sieht für das Prüfverfahren vor Erlass einer Aufhebungsentscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO eine entsprechende Anwendung der Regelungen des § 454 Abs. 1 S. 1 und 2 StPO vor. Danach trifft das Gericht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss (§ 454 Abs. 1 S. 1 StPO) und sind die Staatsanwaltschaft, der Verurteilte sowie die Vollzugsanstalt - vor der Entscheidung - zu hören (§ 454 Abs. 1 S. 2 StPO). Eine Verweisung auch auf die Pflicht zu mündlicher Anhörung des Verurteilten nach § 454 Abs. 1 S. 3 StPO enthält die Vorschrift des § 454a Abs. 2 StPO hingegen nicht.

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(2) Vorliegend sind die danach erforderlichen Anhörungen von Verurteiltem, Staatsanwaltschaft und Vollzugsanstalt gänzlich unterblieben und hat die Strafvollstreckungskammer unter vollständiger Außerachtlassung des durch die vorgenannten Vorschriften vorgeschriebenen Anhörungsverfahrens allein aufgrund der E-Mail-Mitteilung vom 14. Dezember 2015 entschieden. Dabei wiegt insbesondere die Unterlassung einer Anhörung des durch die Aufhebungsentscheidung vom 14. Dezember 2015 besonders betroffenen Verurteilten, der somit seinen Einwand, im Jahr 2013 in Tschechien eine gültige Fahrerlaubnis erworben zu haben, erst mit seiner sofortigen Beschwerde vorbringen konnte, schwer.

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cc) Sachliche Gründe, von der erforderlichen Tatsachenaufklärung und den gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungen abzusehen, sind nicht erkennbar, so dass dahin gestellt bleiben kann, ob solche Gründe und gegebenenfalls welche Gründe ein Absehen von der erforderlichen Tatsachenaufklärung und den gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungen zu rechtfertigen vermocht haben könnten.

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Insbesondere bestand kein Erfordernis, wie hier geschehen, noch am Tag des Erhalts der Informationen über eine Autofahrt des Angeklagten und eine diesbezüglich erstattete Strafanzeige wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, dem 14. Dezember 2015, eine Sachentscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO zu treffen. Zum einen fehlte es, wie dargelegt, im Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung vom 14. Dezember 2015 ohnehin noch an der für eine solche Entscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO erforderlichen Rechtskraft des Aussetzungsbeschlusses vom 4. Dezember 2015. Zudem war der Termin für die Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft mit der Aussetzungsentscheidung vom 4. Dezember 2015 erst auf den 18. Dezember 2015, den Freitag der am 14. Dezember 2015, einem Montag, beginnenden Arbeitswoche, festgesetzt, bis zu dem noch mehrere Tage für Aufklärungen und Anhörungen zur Verfügung gestanden hätten. Im Übrigen bestand für die Strafvollstreckungskammer die Möglichkeit, zum Zwecke der Klärung der nach § 454a Abs. 2 S. 1 1.Hs. StPO erforderlichen neuen bzw. neu bekannt gewordenen Tatsachen bezüglich der Prognoseentscheidung und damit mittelbar auch im Hinblick auf die durchzuführenden Anhörungen, die neben dem Aspekt der Gehörsgewährung auch der Tatsachenaufklärung hätten dienen können, einen vorläufigen Aufschub der Haftentlassung des Verurteilten anzuordnen (vgl. dazu die u.a. in NStZ 1999, 55 f. veröffentlichte Senatsentscheidung vom 28. August 1998; im Anschluss an die vorgenannte Senatsentscheidung ebenso OLG Nürnberg, Beschluss vom 13. November 2012, Az. 2 Ws 558/12; unter Bezugnahme auf die vorgenannte Senatsentscheidung auch Meyer-Goßner/Schmitt § 454a Rn. 6)

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dd) Folge der vorliegenden Verfahrensfehler hat hier eine Aufhebung des angefochtenen Aufhebungsbeschlusses vom 14. Dezember 2015 zu sein.

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Zwar trifft nach § 309 Abs. 2 StPO das Beschwerdegericht, wenn es eine Beschwerde für begründet erachtet, grundsätzlich selbst die in der Sache erforderliche Entscheidung. Hiervon ist jedoch nach zutreffender allgemeiner Auffassung in eng begrenzten Ausnahmefällen abzuweichen, etwa wenn ein Verfahrensmangel vorliegt, den das Beschwerdegericht, wie etwa das Unterlassen einer zwingend vorgeschriebenen mündlichen Anhörung, nicht beheben kann, oder der so schwer wiegt, dass von einer ordnungsgemäßen Justizgewährung nicht mehr gesprochen werden kann, beispielsweise wenn das untere Gericht bestimmte Tatsachen oder Beweismittel nicht berücksichtigt hat und das Beschwerdegericht deshalb weitgehend über einen anderen Sachverhalt entscheiden würde oder das untere Gericht einen Antrag zu Unrecht als unzulässig abgelehnt hat, so dass es an einer sachlichen Entscheidung des unteren Gerichts völlig fehlt (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 309 Rn. 8 m.w.N.). Desgleichen kommt eine Ausnahme in Betracht, wenn eine Beschwerde erhebliches neues Vorbringen enthält, dass einer Klärung bedarf (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., Rn. 10).

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Nach diesen Maßstäben kommt hier eine eigene Sachentscheidung des Senates gemäß § 309 Abs. 2 StPO nicht in Betracht, weil dies unter Berücksichtigung der vorstehend ausgeführten Verfahrensmängel jedenfalls in deren Gesamtheit dazu führen würden, dass das von der Strafvollstreckungskammer in Ermangelung sowohl einer Tatsachenaufklärung als auch der gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungen im Ergebnis nicht durchgeführte Prüfverfahren zur Vorbereitung der Aufhebungsentscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO von der primär zunächst zuständigen Strafvollstreckungskammer weg faktisch vollständig in das Beschwerdeverfahren verlagert werden würde. Diese Konstellation kommt in ihrem Gewicht den in Rechtsprechung und Literatur angenommenen Ausnahmefällen mindestens gleich, so dass auch vorliegend im Beschwerdeverfahren eine eigene Sachentscheidung des Senates als Beschwerdegericht nicht getroffen werden kann.

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c) Im Übrigen hält die angefochtene Aufhebungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 auch sachlich-rechtlicher Überprüfung durch das Beschwerdegericht nicht stand, wie sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen zur unterbliebenen Aufklärung von die Annahme eines auch nur begründeten - erst Recht eines dringenden - Verdachts einer Straftatbegehung durch den Verurteilten begründenden Tatsachen ableitet. Daraus folgt, dass es an neu eingetretenen oder neu bekannt gewordenen Tatsachen, auf Grund derer die am 4. Dezember 2015 beschlossene Aussetzung der Vollstreckung der Reststrafen zur Bewährung unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit im Sinne des § 454a Abs. 2 S 1 StPO nicht mehr verantwortet werden kann, fehlte und fehlt.

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d) Die von der Staatsanwaltschaft beantragte Anordnung, dass der Verurteilte vorerst nicht aus der Haft zu entlassen ist, kann nach dem bisherigen Verfahrensverlauf hier nicht erfolgen.

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Für eine derartige Anordnung des Senats fehlt es bereits an einer Rechtsgrundlage und im Übrigen jedenfalls derzeit auch an hinreichenden Tatsachen, die einen derartigen Eingriff in den Bestand der rechtskräftigen Aussetzungsentscheidung vom 4. Dezember 2015 rechtfertigen würden.

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aa) Die das Aufhebungsverfahren nach § 454a StPO und das diesbezügliche Beschwerdeverfahren betreffenden Vorschriften - in Gestalt hier insbesondere der Vorschrift des § 307 StPO - erbringen eine Grundlage für eine einstweilige Anordnung des Senats, den Verurteilten trotz Aufhebung der Aufhebungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015, Rechtskraft der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 4. Dezember 2015 betreffend die Aussetzung der Vollstreckung der restlichen Gesamtfreiheitsstrafen zur Bewährung und Überschreitung des darin festgesetzten Entlassungszeitpunktes einstweilen nicht aus der Haft zu entlassen, nicht.

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(1) § 454a StPO, der die Möglichkeit frühzeitiger Entscheidung über eine Reststrafenaussetzung bereits längere Zeit vor dem Entlassungszeitpunkt und in seinem der angefochtenen Aufhebungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 zu Grunde liegenden Absatz 2 auch die Möglichkeit vorsieht, die Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe bis zur Entlassung eines Verurteilten wieder aufzuheben, wenn die Aussetzung auf Grund neu eingetretener oder bekannt gewordener Tatsachen unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit nicht mehr verantwortet werden kann, enthält eine Regelung über eine aufschiebende Wirkung eines gegen eine Entscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO eingelegten Rechtsmittels oder eine spezielle Regelung über eine vorläufige Aufrechterhaltung der Haft des Verurteilten in einem solchen Falle nicht. Die Verweisungen auf andere Vorschriften in § 454a Abs. 2 S. 1 2.Hs und S. 2 StPO enthalten eine Verweisung auf § 454 Abs. 3 S. 2 StPO, der für das Verfahren über die Aussetzung von Strafresten eine aufschiebende Wirkung von Beschwerden der Staatsanwaltschaft gegen Beschlüsse mit einer Anordnung der Aussetzung eines Strafrestes, nicht; insoweit ist in § 454a Abs. 3 StPO vielmehr allein auf § 454 Abs. 3 S. 1 StPO verwiesen, der als statthaftes Rechtsmittel die sofortige Beschwerde vorsieht.

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Nach den Regelungen des speziell die Aufhebung von Strafaussetzungen zur Bewährung betreffenden § 454a Abs. 2 StPO ist deshalb Folge einer wie hier vorangehend im Beschwerdeverfahren erfolgten Aufhebung einer Aufhebungsentscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO bei wie hier vorliegender Rechtskraft der Aussetzungsentscheidung und Überschreitung des damit rechtskräftig bestimmten Entlassungszeitpunktes, dass auf der Grundlage des rechtskräftigen Aussetzungsbeschlusses ein Verurteilter aus der Strafhaft zu entlassen ist.

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(2) Anderes ergibt sich auch nicht aus den allgemeinen Beschwerdevorschriften und insbesondere § 307 StPO.

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§ 307 Abs. 1 StPO, der bestimmt, dass, sofern nicht andere spezielle Vorschriften eingreifen, durch Einlegung einer Beschwerde der Vollzug der angefochtenen Entscheidung nicht gehemmt wird, hat im vorliegenden Fall bewirkt, dass während der Entscheidung über die sofortige Beschwerde des Verurteilten der Vollzug der mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 erfolgten Aufhebung ihrer vorangehenden Aussetzungsentscheidung vom 4. Dezember 2015 nicht gehemmt war, so dass der Verurteilte während des Beschwerdeverfahrens weiter in Haft zu verbleiben hatte. Eine Grundlage für eine über die nunmehrige Hauptsacheentscheidung des Senates mit der Aufhebung der Aufhebungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 hinausgehende Aufrechterhaltung der Haft des Verurteilten erbringt diese Vorschrift nicht.

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Gleiches gilt für § 307 Abs. 2 StPO, der vorsieht, dass sowohl das Gericht, das eine angefochtene Entscheidung erlassen hat, als auch das Beschwerdegericht die Aussetzung der Vollziehung einer angefochtenen Entscheidung anordnen kann. Diese Regelung ermöglicht eine vorläufige Aussetzung der Vollziehbarkeit eine Entscheidung lediglich für die Zeit eines laufenden Beschwerdeverfahrens, jedoch nicht für den vorliegend fraglichen Zeitraum nach dessen mit der Hauptsacheentscheidung hier des Senats über die Aufhebung des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 erfolgten Abschluss.

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Eine entsprechende Anwendung des § 307 Abs. 2 StPO auf den vorliegenden Fall eines abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens kommt nicht in Betracht. Für die Frage der Aussetzung einer angefochtenen Entscheidung nach § 307 Abs. 2 StPO - im laufenden Beschwerdeverfahren - soll nach zutreffender Auffassung insbesondere die Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels maßgeblich sein (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 307 Rn. 2). Über die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 ist indes zu Gunsten des Verurteilten als Beschwerdeführer entschieden worden, so dass schon vom Ansatz her eine entsprechende Anwendung des § 307 Abs. 2 StPO auf die Zeit nach Abschluss eines Beschwerdeverfahrens nicht in Frage kommt.

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bb) Auch eine Anordnung im Sinne eigener Sachentscheidung des Senats nach § 309 Abs. 2 StPO im Beschwerdeverfahren über eine in der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 liegende Anordnung vorläufigen weiteren Vollzuges der Strafhaft kommt nicht in Betracht.

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(1) Für die Strafvollstreckungskammer hätte nach den Grundsätzen der angeführten Senatsentscheidung vom 28. August 1998 (in NStZ 1999, 55 f.) im Aufhebungsprüfverfahren nach § 454a Abs. 2 StPO die Möglichkeit bestanden, zum Zwecke weiterer Aufklärung der Entscheidungsvoraussetzungen einen vorläufigen Aufschub der Haftentlassung des Verurteilten anzuordnen. In diesem Falle wäre das von dem Verurteilten unbeschränkt gegen den Beschluss vom 14. Dezember 2015 eingelegte Rechtsmittel als gegen diese Anordnung gerichtet anzusehen und die Haftfortdaueranordnung der Strafvollstreckungskammer im Beschwerdeverfahren eigenständig zu überprüfen gewesen. Vorliegend hat jedoch die Strafvollstreckungskammer von der Möglichkeit vorläufiger Haftfortdaueranordnung zur Prüfung der Voraussetzungen eine Aufhebungsentscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO gerade nicht Gebrauch gemacht, sondern am 14. Dezember 2015 sogleich in der Sache entschieden und seine vorangegangene Aussetzungsentscheidung vom 4. Dezember 2015 aufgehoben.

45

(2) Auch aus sonstigen Gründen im Beschwerdeverfahren im Rahmen eigener Sachentscheidung des Senates gemäß § 309 Abs. 2 StPO über die mit der Aufhebungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 verbundene weitere Haft des Verurteilten auf dessen sofortige Beschwerde eine vorläufige Fortdauer der Haft anzuordnen, kommt im Ergebnis ebenfalls nicht in Betracht.

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Zwar enthält die angefochtene Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 neben der Entscheidung über die Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses vom 4. Dezember 2015 eine dahingehende ausdrückliche Anordnung, dass der Verurteilte nicht am 18. Dezember 2015 vorzeitig aus der Strafhaft zu entlassen ist. Diesem Ausspruch kommt indes hier eigenständiger Regelungsgehalt nicht zu, weil trotz erfolgter Anfechtung der Aufhebungsentscheidung vom 14. Dezember 2015 durch den Verurteilten in Ermangelung einer aufschiebenden Wirkung seines Rechtsmittels im Hinblick auf die mit dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 vorbehaltlich des Ausgangs des Beschwerdeverfahrens jedenfalls vorläufig einhergehende Suspendierung des Aussetzungsbeschlusses vom 4. Dezember 2015 für die Zeit des laufenden Beschwerdeverfahrens der Verurteilte auch ohne gesonderten diesbezüglichen Ausspruch nicht aus der Haft zu entlassen war.

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Soweit die mit dem angefochtenen Beschluss vom 14. Dezember 2015 erfolgte Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses vom 4. Dezember 2015 als „Minus“ zugleich eine Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Haft des Verurteilten enthält, folgt daraus für eine eigene Sachentscheidung des Senates im Beschwerdeverfahren hinsichtlich einer vorläufigen Anordnung der Aufrechterhaltung der Haft im Ergebnis Abweichendes ebenfalls nicht.

48

Eine derartige Entscheidung verbietet sich bereits aus Gründen der Verhältnismäßigkeit bzw. Billigkeit. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die vorangehend dargelegten Verfahrensfehler bei der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer nach § 454a Abs. 2 StPO gravierend sind, seit der Unterlassung der nach Erhalt der E-Mail-Nachricht der Justizvollzugsanstalt G am 14. Dezember 2015 möglichen und erforderlichen Aufklärung sowie Anhörungen im Prüfverfahren nach § 454a Abs. 2 StPO als Folge der verfahrensfehlerhaft ohne Prüfverfahren sogleich von der Strafvollstreckungskammer erlassenen Aufhebungsentscheidung vom 14. Dezember 2015 bereits, ohne dass dies dem zu Recht beschwerdeführenden Verurteilten anzulasten wäre, erhebliche Zeit verstrichenen ist, ohne diese für die erforderlichen Aufklärungen zu nutzen, eine tatsächliche Grundlage für die Annahme einer neuen Straftatbegehung durch den Verurteilten in Gestalt eines unerlaubten Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach Aktenlage bisher nicht ersichtlich ist und die von der Strafvollstreckungskammer ohne ausreichende Tatsachengrundlage angenommene neue Straftat des Verurteilten zudem von allenfalls mittelschwerem Gewicht wäre, zumal nach Aktenlage dem Verurteilten nicht angelastet wird, bei seiner Autofahrt Menschen oder auch nur Sachen konkret gefährdet zu haben. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Verurteilte sich bereits seit längerer Zeit im Berufsfreigang des offenen Strafvollzuges befunden hat, wobei es bis auf den jedenfalls bisher nicht durch Tatsachen untermauerten Vorwurf des Führens eines Kraftfahrzeugs ohne Fahrerlaubnis zu Beanstandungen nicht gekommen ist, so dass einer Sicherung der Allgemeinheit vor einer Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft auf Grund der rechtskräftigen Aussetzungsentscheidung vom 4. Dezember 2015 jedenfalls bis zu einer etwaigen späteren Widerrufsentscheidung nach §§ 57 Abs. 5, 56f Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 StGB, 453 StPO hier ein gegenüber anderen Fällen (vgl. etwa den der Entscheidung des OLG Nürnberg vom 13. November 2012, Az. 2 Ws 558/12, zu Grunde liegenden Sachverhalt) vergleichsweise geringes Gewicht zukommt.

49

cc) Der auf Erlass einer Anordnung, dass der Verurteilte vorerst nicht aus der Haft zu entlassen ist, gerichtete Antrag der Generalstaatsanwaltschaft muss nach den vorstehenden Ausführungen zurückgewiesen werden.

50

e) Eine Zurückverweisung der Sache zu erneuter Prüfung und Entscheidung der Strafvollstreckungskammer über eine Aufhebungsentscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO findet, nachdem eine Anordnung, dass der Verurteilte vorerst nicht aus der Haft zu entlassen ist, nicht erfolgen kann, so dass der Verurteilte auf Grund der rechtskräftigen Aussetzungsentscheidung vom 4. Dezember 2015 mit der darin erfolgten Festsetzung des Entlassungstermins auf den bereits verstrichenen 18. Dezember 2015 zu entlassen ist, nicht statt, da eine Aufhebungsentscheidung nach § 454a Abs. 2 StPO nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut nur bis zur Entlassung eines Verurteilten ergehen kann (vgl. Schmitt, a.a.O., § 454a Rn. 3 m.w.N., wonach dazu auf die tatsächliche Entlassung abzustellen ist), so dass mit der Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft in Folge der vorliegend vom Senat ausgesprochenen Aufhebung der Aufhebungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 14. Dezember 2015 und der Überschreitung des in der Aussetzungsentscheidung der Strafvollstreckungskammer vorgesehenen Termins für eine bedingte Entlassung des Verurteilten aus der Strafhaft der Anwendungsbereich des § 454a Abs. 2 StPO nicht mehr eröffnet ist.

51

Vielmehr wird die Strafvollstreckungskammer zu erwägen haben, ob ein Widerrufsprüfverfahren nach § 453 StPO i.V.m. §§ 57 Abs. 5, 56f StGB eingeleitet werden soll.

III.

52

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.

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