Beschluss vom Hanseatisches Oberlandesgericht - 11 AR 13/18

Tenor

Das Landgericht Aurich wird als zuständiges Gericht bestimmt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin nimmt den Beklagten als Treugeberkommanditist der ... UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG aus abgetretenem Recht der Treuhandkommanditistin, der ... GmbH & Co. KG, in Höhe von € 9.191,61 nebst Zinsen auf die Erstattung gewinnunabhängiger Ausschüttungen in Anspruch.

2

Das Landgericht Hamburg hat die von der Klägerin mit Rücksicht auf den besonderen Gerichtsstand der Vermögensverwaltung gemäß § 31 ZPO in Hamburg erhobene Klage nach seitens des Beklagten erhobener Rüge der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts mit Beschluss vom 17. Mai 2018 auf den mit Schriftsatz vom 7. Mai 2018 nur höchst vorsorglich gestellten Verweisungsantrag der Klägerin gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das für den Wohnsitz des Beklagten zuständige Landgericht Aurich verwiesen.

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Zur Begründung seines Verweisungsbeschlusses hat das Landgericht Hamburg im Wesentlichen ausgeführt, der Gerichtsstand des § 31 ZPO sei nur in den Fällen eröffnet, in denen es um Klagen aus einer Vermögensverwaltung ginge, die entweder vom Geschäftsherrn gegen den Verwalter oder vom Verwalter gegen den Geschäftsherrn erhoben würden, Forderungen Dritter gegen den Vermögensverwalter seien demgegenüber nicht von § 31 ZPO erfasst. Hiernach komme Hamburg als besonderer Wahlgerichtsstand deshalb nicht in Betracht, weil die Klage der Sache nach darauf gerichtet sei, gesellschaftsrechtliche Forderungen der Klägerin gemäß §§ 161 Abs. 2, 128, 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB gegen die HCI Treuhand GmbH & Co. KG als Kommanditistin durchzusetzen.

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Nach Akteneingang beim Landgericht Aurich am 23. Mai 2018 hat dieses mit Beschluss vom 4. Juni 2018 die Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht Hamburg beschlossen.

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Das Landgericht Aurich hält die Verweisung des Rechtsstreits durch das Landgericht Hamburg für nicht bindend, weil die Verweisung willkürlich erfolgt sei und jeder rechtlichen Grundlage entbehre. Die Klägerin mache vorliegend ihr abgetretene Ansprüche aus einer Vermögensverwaltung, nämlich aus dem zwischen der ... GmbH & Co. KG und dem Beklagten zustande gekommenen Treuhandverhältnis, geltend. Von der Geltendmachung der Forderung seitens eines Dritten könne bei dieser Sachlage entgegen der Auffassung des Landgerichts Hamburg nicht die Rede sein, vielmehr handele es sich bei der Klägerin um die Rechtsnachfolgerin hinsichtlich der der ... GmbH & Co. KG aus dem Treuhandverhältnis gegenüber dem Beklagten zustehenden Ansprüche. Die Anwendbarkeit des § 31 ZPO auch auf den Rechtsnachfolger entspreche aber einhelliger Auffassung und sei auch in dem Beschluss des Landgerichts Hamburg ausdrücklich nicht in Abrede genommen worden.

II.

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a) Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO durch das Hanseatische Oberlandesgericht liegen vor.

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Das Landgericht Hamburg hat sich durch gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren Beschluss vom 17. Mai 2018 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Aurich verwiesen. Zwar dürfte es mit dem Beschluss des Landgerichts Aurich vom 4. Juni 2018, mit dem dieses - ausweislich des Akteninhalts ohne den Parteien zu der beabsichtigten Zurückverweisung zuvor rechtliches Gehör zu gewähren (vgl. insoweit Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 281 Rn. 17a) - die Zurückverweisung des Verfahrens beschlossen hat, an einer rechtskräftigen Unzuständigkeitserklärung fehlen, die insoweit wiederum nur durch einen die eigene örtliche Unzuständigkeit aussprechenden Beschluss hätte erfolgen können (Zöller/Greger, a.a.O., Rn. 12).

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Im Interesse einer raschen Klärung negativer Kompetenzkonflikte lässt die Rechtsprechung im Rahmen der analogen Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO aber bereits die tatsächliche beiderseitige Kompetenzleugnung ausreichen, wenn die wechselseitigen Kompetenzleugnungen nicht rein gerichtsintern geblieben, sondern den Parteien zumindest formlos bekannt gemacht worden sind (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschl. v. 2. August 2005 - 13 AR 26/05 -, OLGR Hamburg 2005, 805 f., m. w. N.). Diese Voraussetzung ist vorliegend aber schon in Ansehung dessen erfüllt, dass der Beschluss des Landgerichts Aurich vom 4. Juni 2018 den Parteien nach Aktenlage ebenso übersandt worden ist wie zuvor bereits der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Hamburg vom 17. Mai 2018.

9

b) Zuständig ist das Landgericht Aurich.

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aa) Hierfür bedarf es nicht der Entscheidung, ob dem Verweisungsbeschluss des Landgerichts Hamburg wegen etwaiger Begründungsmängel vorliegend entgegen § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO die Bindungswirkung zu versagen ist. Selbst wenn mit dem Landgericht Aurich hiervon auszugehen sein sollte, so wäre das Landgericht Aurich gleichwohl deshalb als zuständiges Gericht zu bestimmen, weil eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg vorliegend nicht besteht, die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Aurich demgegenüber aber schon gemäß § 13 ZPO eröffnet ist.

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bb) Die Voraussetzungen des § 31 ZPO als der für die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg einzig in Betracht kommenden Norm liegen nicht vor. Die Tätigkeit der ... GmbH & Co. KG als Treuhandkommanditistin der ... UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG stellt sich im Verhältnis zum Beklagten nicht als einen besonderen Gerichtsstand gemäß § 31 ZPO begründende Vermögensverwaltung dar.

12

(1) Der Begriff der Vermögensverwaltung hat weder in dem seit der Erstfassung der Zivilprozessordnung vom 30. Januar 1877 nahezu unverändert gebliebenen § 31 ZPO noch an anderer Stelle der Zivilprozessordnung eine nähere gesetzliche Konkretisierung erfahren.

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Es entspricht indes allgemeiner Meinung, dass zur Annahme einer Vermögensverwaltung im Sinne des § 31 ZPO nicht die Besorgung einzelner Angelegenheiten ausreicht (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl. 2014, § 31 Rn. 4; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 39. Aufl. 2018, § 31 Rn. 1), sondern es sich bei der Vermögensverwaltung vielmehr über einzelne Angelegenheiten hinaus um die Vornahme vielgestaltiger Rechtshandlungen handelt (Wieczorek/Schütze/Smid/ Hartmann, ZPO, 4. Aufl. 2015, § 31 Rn. 6; Musielak/Heinrich, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 31 Rn. 4), die unter anderem die Befugnis zum selbständigen Abschluss von Geschäften voraussetzt (MünchKomm/Patzina, ZPO, 5. Aufl. 2016, § 31 Rn. 2; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 31 Rn. 1). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die - wie vorliegend - auf einer vertraglichen Grundlage erbrachte Vermögensverwaltung im Sinne des § 31 ZPO weitergehend unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass der Verwalter berechtigt und verpflichtet ist, fortlaufend über das Vermögen des Kunden zu disponieren, d.h. ohne Einholung von Weisungen im Einzelfall tätig zu werden und selbständig Anlageentscheidungen zu treffen (BGH, Urt. v. 12. Juni 2006 - XI ZR 290/06 -, ZIP 2007, 1570 ff., juris Rn. 29; Urt. v. 28. Oktober 1997 - XI ZR 260/96 -, BGHZ 137, 69 ff., juris Rn. 24).

14

(2) Gemessen hieran sind die Voraussetzungen des § 31 ZPO vorliegend nicht erfüllt.

15

Auch wenn es einer Vermögensverwaltung im Sinne des § 31 ZPO nicht schon entgegensteht, dass diese sich wie hier lediglich auf einen einzelnen Vermögensgegenstand bezieht (OLG Brandenburg, Beschl. v. 6. Februar 2006 - 1 AR 77/05 -, OLGR Brandenburg 2006, 455 f., juris Rn. 7; Stein/Jonas/Roth, a.a.O.; Thomas/Putzo/Hüßtege, a.a.O.), ist auf der Grundlage des insoweit maßgeblichen Vorbringens der Klägerin vorliegend insbesondere nicht zu erkennen, dass die ... GmbH & Co. KG aufgrund des mit dem Beklagten zustande gekommenen Treuhandverhältnisses vertraglich eine Rechtsstellung erlangt hätte, die einer Befugnis zum selbständigen Geschäftsabschluss bzw. auch nur zur selbständigen Disposition über die für den Beklagten treuhänderisch gehaltene Kommanditbeteiligung auch nur annähernd entsprochen hätte.

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