Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 2 WF 278/16

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den gemäß § 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG durch Übergabe an die Geschäftsstelle am 26.09.2016 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Karlsruhe vom 22.09.2016 (2 F 1131/16) wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

 
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Höhe des Verfahrenswerts für ein einstweiliges Anordnungsverfahren auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses.
Das Amtsgericht hat mit am 26.09.2016 erlassenem Beschluss vom 22.09.2016 den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet, an die Antragstellerin einen Verfahrenskostenvorschuss in Höhe von 9.582,48 EUR für ein laufendes Güterrechtsverfahren zu bezahlen, und ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt. Den Verfahrenswert für das einstweilige Anordnungsverfahren hat das Amtsgericht in Höhe des geltend gemachten Verfahrenskostenvorschusses auf 9.582,48 EUR festgesetzt.
Mit der hiergegen beim Amtsgericht eingelegten Beschwerde verfolgt der Antragsgegner eine Reduzierung des Verfahrenswerts auf die Hälfte des verlangten Vorschussbetrags.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen des Amtsgerichts über die Nichtabhilfe vom 23.11.2016 sowie auf das Beschwerdevorbringen der Beteiligten Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde ist gemäß §§ 59 Abs. 1, 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Der nach § 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG maßgebliche Beschwerdewert von 200,00 EUR ist erreicht.
2. Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht den Verfahrenswert für den im Verfahren der einstweiligen Anordnung geltend gemachten Verfahrenskostenvorschuss nach dem vollen Wert des verlangten Vorschusses festgesetzt.
Im Verfahren der einstweiligen Anordnung ist der Verfahrenswert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen. Dabei ist von der Hälfte des für die Hauptsache bestimmten Werts auszugehen, § 41 FamGKG.
Wird ein Anspruch auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses nicht im Hauptsacheverfahren, sondern - wie regelmäßig und auch hier - im Wege der einstweiligen Anordnung geltend gemacht, ist die Bemessung des Verfahrenswertes allerdings umstritten:
a) Teilweise wird vertreten, dass der Verfahrenswert wie regelmäßig im einstweiligen Anordnungsverfahren mit der Hälfte des für die Hauptsache bestimmten Werts anzusetzen sei. Zur Begründung wird ausgeführt, einstweilige Anordnungen hätten - auch soweit sie einen Verfahrenskostenvorschuss zum Gegenstand haben - gegenüber Hauptsacheentscheidungen geringere Bedeutung. Die auf Grundlage der einstweiligen Anordnung erfolgten Zahlungen hätten noch keine Erfüllungswirkung. Die Regelung im Rahmen der einstweiligen Anordnung erwachse nicht in materieller Rechtskraft und könne jederzeit vom Familiengericht aufgehoben oder abgeändert werden (§ 54 FamFG). Eine Überprüfung der familiengerichtlichen Entscheidung durch das Oberlandesgericht könne wegen der fehlenden Anfechtbarkeit der Entscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren (§ 57 FamFG) nur im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens erreicht werden, sodass die Einleitung eines Hauptsacheverfahrens auf Verfahrenskostenvorschuss gegebenenfalls erforderlich sein könne. Der Umstand, dass diese Verfahrensmöglichkeit in der Praxis wenig genutzt werde und einstweilige Anordnungen zum Verfahrenskostenvorschuss keine vorläufigen Regelungen, sondern Zahlungsverpflichtungen aussprechen (§ 246 Abs. 1 FamFG), rechtfertige keine andere Beurteilung der im Vergleich zur Hauptsache beschränkten Wirkung der einstweiligen Anordnung (so OLG Zweibrücken, FamRZ 2017, 54; OLG Frankfurt, FamRZ 2016, 163; OLG Celle FamRZ 2014, 690).
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b) Weite Teile der Rechtsprechung und die überwiegende Literatur bewerten bei diesen Verfahren den Verfahrenswert allerdings nicht gemäß § 41 FamGKG gegenüber der Hauptsache geringer, sondern mit dem vollen Betrag des geltend gemachten Kostenvorschusses (OLG Frankfurt, FamRZ 2015, 527; OLG Frankfurt, FamRZ 2014, 689; OLG Bremen, FamRZ 2015, 526; OLG Bamberg, FamRB 2011, 343; Schneider/Volpert/Fölsch/H.Schneider, Gesamtes Kostenrecht, 2. Auflage 2017, § 41 Rn. 2, Rn. 10; Prütting/Helms/Klüsener, FamFG, 3. Auflage 2014, § 41 FamGKG Rn. 8), weil die einstweilige Anordnung auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses hier die Hauptsache vorwegnehme.
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c) Der Senat folgt mit dem Amtsgericht letzterer Auffassung, weil sich im konkreten Fall durch die einstweilige Anordnung infolge ihrer schnellen Vollstreckbarkeit eine Hauptsacheentscheidung erübrigt und mit ihr dadurch nicht nur eine vorläufige, sondern eine endgültige Regelung erfolgt. Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass zwar gemäß § 41 FamGKG bei einstweiligen Anordnungen der Wert „in der Regel“ auf die Hälfte zu ermäßigen ist, es allerdings in der Praxis kaum vorkommt, dass ein Verfahrenskostenvorschuss im Hauptsacheverfahren geltend gemacht wird. Hierdurch stellt sich das einstweilige Anordnungsverfahren in seiner wirtschaftlichen Bedeutung wertgleich mit einem Hauptsacheverfahren dar. Da der Gesetzgeber mit der Regelung in § 41 FamGKG auch vorgesehen hat, von der Ermäßigung des Regelwertes abzusehen, kann dem dadurch Rechnung getragen werden, dass der Verfahrenswert für das einstweilige Anordnungsverfahren nicht schematisch festgelegt wird, sondern im jeweiligen konkreten Fall im Rahmen des eingeräumten Ermessens geprüft wird, ob durch die Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Anordnung zum Beispiel die Hauptsacheregelung vorweggenommen und hierdurch eine Gleichwertigkeit hergestellt wird (vgl. Stockmann, juris PR-FamR 12/2016 Anm. 4 unter D zu OLG Frankfurt, B. v. 03.07.2015 - 6 WF 136/15). Die einstweilige Anordnung auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses kommt in ihrer Bedeutung der Hauptsache gleich, da keine vorläufige Regelung, sondern Zahlung begehrt wird, so dass im Fall des Erfolgs des einstweiligen Anordnungsverfahrens aus dem Zahlungstitel zeitnah vollstreckt werden kann und das Hauptsacheverfahren damit obsolet wird. Deshalb erscheint eine Herabsetzung des Verfahrenswerts nicht angebracht. Der Hauptsachewert der bezifferten Geldforderung ergibt sich aus § 35 FamGKG und beträgt demgemäß 9.582,48 EUR.
III.
12 
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 59 Abs. 3 FamGKG).
13 
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§§ 59 Abs. 1 Satz 5, 57 Abs. 7 FamGKG).

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