Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 6 U 149/20

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 21. August 2020, Az. 2 O 136/18, im Kostenpunkt aufgehoben, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt,

a) es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren zu unterlassen, mobile Endgeräte, die ausgebildet sind, das folgende Verfahren auszuführen

Verfahren, umfassend die nachfolgenden Schritte, die von einem mobilen Endgerät durchgeführt werden: Empfangen eines Steuerkanalsignals von einer Basisstation, wobei das Steuerkanalsignal einen MCS-Index (Modulation and Coding Scheme MCS, Modulations- und Codierschema), Information über Ressourcenblöcke, die zur Übertragung von dem mobilen Endgerät an die Basisstation verwendet werden, und einen Kanalgüteinformationsauslöser zum Auslösen einer Übertragung eines aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren des Weiteren umfasst: Bestimmen ob der Kanalgüteinformationsauslöser gesetzt ist und ob das Steuerkanalsignal einen vorbestimmten Wert des MCS-Indexes anzeigt und eine Anzahl von Ressourcenblöcken, die kleiner oder gleich einer vorbestimmten Ressourcenblockanzahl ist, anzeigt, wobei das Steuerkanalsignal nur für den Fall als Befehl zur Übertragung eines aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation ohne Multiplexieren des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes mit Uplink-Shared-ChannelDaten interpretiert wird, dass der Bestimmungsschritt ein positives Ergebnis bringt, demzufolge der Kanalgüteinformationsauslöser gesetzt und das Steuerkanalsignal den vorbestimmte Wert des MCS-Indexes und eine Anzahl von Ressourcenblöcken, die kleiner oder gleich der vorbestimmten Ressourcenblockanzahl ist, anzeigt, und Übertragen des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation ohne Multiplexieren des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes mit Uplink-Shared-Channel Daten für den Fall, dass der Bestimmungsschritt das positive Ergebnis bringt

(Verfahren gemäß Anspruch 1)

umfassend einen Empfänger, der ausgelegt ist zum Empfangen eines Steuerkanalsignals von einer Basisstation, wobei das Steuerkanalsignal einen MCS-Index (Modulation and Coding Scheme MCS, Modulations- und Codierschema), Information über Ressourcenblöcke, die zur Übertragung von dem mobilen Endgerät an die Basisstation verwendet werden, und einen Kanalgüteinformationsauslöser zum Auslösen einer Übertragung eines aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation umfasst, wobei das Endgerät des Weiteren umfasst einen Prozessor, der ausgelegt ist zum Bestimmen, ob der Kanalgüteinformationsauslöser gesetzt ist und ob das Steuerkanalsignal einen vorbestimmten Wert des MCS-Indexes anzeigt und eine Anzahl von Ressourcenblöcken, die kleiner oder gleich einer vorbestimmten Ressourcenblockanzahl ist, anzeigt, wobei das Steuerkanalsignal nur für den Fall als Befehl zur Übertragung eines aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation ohne Multiplexieren des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes mit UplinkSharedChannel-Daten interpretiert wird, dass der Bestimmungsschritt ein positives Ergebnis bringt, demzufolge der Kanalgüteinformationsauslöser gesetzt und das Steuerkanalsignal den vorbestimmten Wert des MCS-Indexes und eine Anzahl von Ressourcenblöcken, die kleiner oder gleich der vorbestimmten Ressourcenblockanzahl ist, anzeigt, und einen Sender, der ausgelegt ist zum Senden des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation ohne den aperiodischen Kanalgüteinformationsbericht mit Uplink-Shared-Channel-Daten zu multiplexen, falls die Bestimmung das positive Ergebnis bringt,

(Anspruch 9)

in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.

b) die vorstehend zu lit. a) bezeichneten, seit dem 7. November 2012 im Besitz gewerblicher Abnehmer, die nicht Letztverbraucher sind, befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen;

c) die in der Bundesrepublik Deutschland im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz bzw. Eigentum der Beklagten zu 1) befindlichen Erzeugnisse gemäß lit. a) zu vernichten.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtstreits, einschließlich der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung aus Ziffer 1. des Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von insgesamt 1.000.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen können die Beklagten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.000.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
A.
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung wegen Patentverletzung geltend.
Die Klage wird gestützt auf den deutschen Teil des europäischen Patents EP [...], welches die Steuerkanalsignalisierung in einem eine Basisstation und ein Endgerät umfassenden Kommunikationssystem betrifft (im Folgenden: Klagepatent). Das Patent wurde am 2. April 2009 durch die [...] angemeldet. Die Anmeldung wurde am 16. März 2011 veröffentlicht. Der Hinweis auf dessen Erteilung mit Wirkung u.a. für Deutschland wurde am 7. November 2012 veröffentlicht. Die Klägerin ist seit dem 3. Juli 2014 als Inhaberin des Klagepatents im Register des DPMA eingetragen.
Der Patentanspruch 9, der den Wortlaut des Verfahrensanspruchs 1 aufgreift, hat nach der erteilten Fassung des Klagepatents folgenden Wortlaut:
"A mobile terminal comprising:
a receiver adapted to receive a control channel signal from a base station, wherein the control channel signal comprises a Modulation and Goding Scheme, MCS, Index, information an resource blocks used for the transmission from the mobile terminal to the base station, and a channel quality information trigger for triggering a transmission of an aperiodic channel quality information report to the base station,
characterized in that the terminal further comprises
a processor adapted to determine whether the channel quality information trigger is set and whether the control channel signal indicates a predetermined value of the MCS Index and indicates a number of resource blocks that is smaller than or equal to a predetermined resource block number, and a transmitter adapted to transmit the aperiodic channel quality information report to the base station without multiplexing the aperiodic channel quality information report with Uplink Shared Channel data, in case the determination yields a positive result.”
Gegen das Klagepatent war eine Nichtigkeitsklage anhängig. Das Bundespatentgericht hielt das Klagepatent lediglich in folgender eingeschränkten Fassung aufrecht (Urteil vom 19. September 2019 – 2 Ni 14/17 (EP) und 2 Ni 20/17 (EP)), was auch der Formulierung der zuletzt gestellten Anträge zugrunde lag:
"A mobile terminal adapted to perform the method of claim 1 comprising:
a receiver adapted to receive a control channel signal form a base station, wherein the control channel signal comprises a Modulation and Coding Scheme, MCS, Index, information on resource blocks used for the transmission from the mobile terminal to the base station, and a channel quality information trigger for triggering a transmission of an aperiodic channel quality information report to the base station,
characterized in that the terminal further comprises
a processor adapted to determine whether the channel quality information trigger is set and whether the control channel signal indicates a predetermined value of the MCS[*] Index and indicates a number of resource blocks that is smaller than or equal to a predetermined resource block number, and only interpreting the control channel signal as commanding that the aperiodic channel quality information report be transmitted to the base station without multiplexing the aperiodic channel quality information report with Uplink Shared Channel data in case said determining yields a positive result according to which the channel quality information trigger is set and the control channel signal indicates the predetermined value of the MCS Index and indicates a number of resource blocks that is smaller than or equal to the predetermined resource block number,
a transmitter adapted to transmit the aperiodic channel quality information report to the base station without multiplexing the aperiodic channel quality information report with Uplink Shared Channel data, in case the determination yields a the positive result.“
(Anmerkung des Senats: soweit es an der oben mit * gekennzeichneten Stelle in Anspruch 9 aus dem Tenor des patentgerichtlichen Urteils MOS statt MCS heißt, handelt es sich um einen offensichtlichen Tippfehler)
Nach Schluss der hiesigen mündlichen Verhandlung hat der Bundesgerichtshof die Berufungen der Nichtigkeitsklägerinnen zurückgewiesen und die Nichtigkeitsklage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen (Urteil vom 18. Januar 2022 – X ZR 14/20, vgl. Anlage [...] 14).
Der in Bezug genommene Verfahrensanspruch 1 weist in der vom Patentgericht aufrechterhaltenen Fassung Änderungen auf, die den Änderungen aus Anspruch 9 entsprechen.
Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Klagepatentschrift wird auf Anlage K 1 und auf die Übersetzung Anlage K 2 Bezug genommen.
10 
Die Beklagten gehören zum [...]/[...]-Konzern. Ihre Konzernmuttergesellschaft ist die [...] (nachfolgend auch [...]) mit Sitz in [...]. Die Beklagte zu 1, deren Muttergesellschaft die Beklagte zu 2 ist, vertreibt u.a. in der Bundesrepublik Deutschland über das Internet Mobilfunkgeräte, die kompatibel mit dem Long-Term-Evolution-Standard (nachfolgend LTE-Standard) sind. Die Beklagte zu 2 koordiniert den europaweiten Vertrieb dieser Geräte, bewirbt sie auf der Webseite www.[...].eu u.a. in deutscher Sprache und bringt diese Geräte in Deutschland in den Verkehr. Die LTE-fähigen Mobilgeräte werden außerhalb [Herstellungsland] teils unter den Marken „[...]" und „[...]" vertrieben sowie teils an Netzwerkbetreiber wie „[...]" zum Vertrieb unter deren Eigenmarke abgegeben.
11 
Zum LTE-Standard gehören u.a. die technischen Spezifikationen des European Telecommunication Standards Institute (ETSI) der 136.-Serie (seit Release 8), insbesondere TS 136.212 (v8.8.0), TS 136.213 (v8.8.0) sowie TS 136.300 (v8.12.0). Wegen des relevanten Inhalts dieser Spezifikationen wird auf die Anlagen K 6, 6a, 7, 7a, 8 und 8a vorgelegten Auszüge verwiesen.
12 
Mit Urteil vom 8. Juli 2020 (Az.: 6 U 133/17) hat der Senat in einem weiteren von der Klägerin geführten Rechtsstreit die Beklagten wegen Verletzung der auch hier gegenständlichen Klagepatentansprüche 1 und 9 in der eingeschränkten Fassung des Bundespatentgerichts zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verurteilt sowie die Schadensersatzpflicht festgestellt. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Beklagte Beschwerde bei dem Bundesgerichtshof eingelegt (Az. X ZR 76/20), über die noch nicht entschieden ist.
13 
Die Parteien führen, teilweise über [...], bislang erfolglose Verhandlungen über den Abschluss einer FRAND-Lizenz an dem sog. [...]-Portfolio der Klägerin bestehend aus standardessentiellen Patenten auf dem Gebiet der Mobilfunktechnologie, zu dem auch das Klagepatent gehört.
14 
Erstmals wandte sich die Klägerin mit Schreiben vom 15. Dezember 2014 (Anlage K 16; in deutscher Übersetzung: Anlage K 16a) an --. Darin wies sie darauf hin, dass nach ihren Informationen bestimmte Produkte von [...] die US-Patente [...] und [...] verletzten. Sie forderte [...] auf, in Verhandlungen über eine Lizenzvereinbarung zu treten. Mit Schreiben vom 16. Januar
15 
2015 (Anlage K 17), vom 21. Januar 2015 (Anlage K 18) sowie vom 6. April 2015 (Anlage K 19) erinnerte die Klägerin [...] an das Schreiben vom 15. Dezember 2014. [...] reagierte hierauf nicht.
16 
Am 24. Juli 2015 leitete die Klägerin gegen [...] in […] ein Verletzungsverfahren wegen [...]-Patenten ein.
17 
Mit Schreiben vom 1. Februar 2016 übermittelte die Klägerin [...] das erste
18 
Angebot zum Abschluss einer FRAND-Lizenzvereinbarung für das sog. [...]-Portfolio (Anlagenkonvolut K 20, Seiten 1-109). Diesem Angebot war eine Liste der zu lizensierenden Patente beigefügt, darunter das Klagepatent. In einem sog. „Claim Chart“ wurde für das Klagepatent Anspruch 9 Auszügen aus den oben genannten LTE-Standarddokumenten gegenübergestellt (K 20, S. 79 = AS I „Sonderband Klägerin“ 134). Dem Angebot lag eine Lizenzgebühr von [...] pro Einheit für alle Patente der Standards GSM, WCDMA und LTE zugrunde.
19 
Am 29. Februar 2016 leitete die Klägerin gegen die Beklagten das vorstehend bereits erwähnte Klageverfahren, zunächst gerichtet ausschließlich auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht sowie Auskunft und Rechnungslegung, vor dem Landgericht Mannheim wegen Verletzung des Klagepatents ein (2 O 48/16, Berufungsverfahren: 6 U 133/17).
20 
Auf eine Erinnerung der Klägerin teilte [...] ihr mit E-Mail vom 11. März 2016 (Anlage K 21) mit, dass um weitere Informationen zum Angebot gebeten werde.
21 
[...] habe Schwierigkeiten festzustellen, ob das Angebot FRAND sei. In einem Treffen hätten die Vertreter der Klägerin auf Analysen über den Wert des Portfolios Bezug genommen. Hierzu werde um weitere Einzelheiten gebeten. Schließlich schlug [...] vor, dass man auf das Thema zurückkommen könne, sobald die Parteien in dem in den Vereinigten Staaten geführten Rechtstreit “infringement and invalidity contentions” ausgetauscht hätten.
22 
Mit E-Mail vom 15. März 2016 (Anlagenkonvolut K 20, S. 111 = AS 166) antwortete die Klägerin, dass umfangreiche Informationen gegeben worden und acht Monate seit der Klageerhebung in […] vergangen seien. Wenn [...] in echte Lizenzverhandlungen treten wolle, möge sie die Klägerin kontaktieren.
23 
Mit E-Mail vom 22. März 2016 (Anlagenkonvolut K 20, S.112 = AS 167) zeigte die Kanzlei [...] gegenüber den Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Vertretung der Beklagten in dem Verfahren vor dem Landgericht Mannheim unter dem Az. 2 O 48/16 an. Zugleich wurde im Namen der Beklagten die Bereitschaft erklärt, „eine Lizenz zu FRAND-Bedingungen an den Klagepatenten zu verhandeln bzw. abzuschließen“.
24 
Mit Schreiben vom 11. April. 2016 (Anlagenkonvolut K 20, S. 113 = AS 168) wies die Klägerin auf das nicht angenommene Angebot vom 1. Februar 2016 hin. Zugleich wurde [...]/[...] nochmals aufgefordert in ernsthafte Lizenzverhandlungen einzutreten.
25 
Mit Schreiben vom 20. April 2016 (Anlagenkonvolut K 20, S. 115 = AS 170) erklärten die Beklagten ihre Bereitschaft, eine FRAND-Lizenz u.a. für das Klagepatent abzuschließen. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass kein konkretes Angebot (“specific offer”) vorliege, da es in verschiedener Hinsicht unvollständig erscheine. Das Angebot sei aus mehreren Gründen auch nicht FRAND. Es sehe kein Kündigungsrecht vor, wenn sich herausstelle, dass die Patente sich als ungültig oder nicht verletzt herausstellten, sowie keinen Mechanismus, wenn dies bei einem oder mehreren Patenten der Fall wäre. Weiter fehle eine Garantie der Nicht-Diskriminierung und Mechanismus gegen “royalty stacking” (also die Gefahr überhöhter Gesamtzahlungen von Lizenzgebühren an mehrere SEP-Inhaber, wenn in einem Produkt eine größere Anzahl von SEPs umgesetzt wird, die mehrere Standards abdecken). Außerdem sei die Information hinsichtlich der Lizenzgebühr unvollständig, so dass es nicht möglich sei, die Berechnung der Klägerin zu verstehen.
26 
Mit Schreiben vom 17. Mai 2016 (Anlagenkonvolut K 20, S. 118 = AS 173) erwiderte die Klägerin, dass es sich um ein konkretes Angebot handele, das Platzhalter enthalte, die aber einfach ausgefüllt werden könnten, wenn [...]/[...] bereit wäre, das Angebot zu akzeptieren. Insbesondere sei es möglich, anhand der angegebenen Lizenzsätze auf der Grundlage der eigenen Verkaufszahlen die konkreten Lizenzgebühren zu berechnen. Das Angebot sei auch FRAND. In den Lizenzsätzen sei im Hinblick auf die Größe dieses Portfolios bereits berücksichtigt, dass manche Patente erfolgreich angegriffen würden. In Klausel 5.6.2 werde bereits angesprochen, dass die Beklagte gegen die Gültigkeit und die Verletzung vorgehen könne, nachdem sie eine Lizenzvereinbarung geschlossen habe. Sollte [...] einen Gegenvorschlag mit Zusätzen, die man für nicht erforderlich erachte, unterbreiten, so werde man dies berücksichtigen. Schließlich teilte die Klägerin konkrete Zahlen zu der vorgenommenen Berechnung der Lizenzgebühr mit.
27 
Mit Schreiben vom 1. Juni 2016 (Anlagenkonvolut K 20, S. 120 = AS 175) wiederholten die Beklagten, dass das Angebot vom 1. Februar 2016 nicht konkret und unterschriftsreif (“ready to sign”) sei. Sie rügten zudem, dass insbesondere die Klausel 5.6.2 nicht FRAND sei.
28 
Auf eine erneute Erwiderung und Fristsetzung der Klägerin mit Schreiben vom 13. Juni 2016 (Anlagenkonvolut K 20, S. 122 = AS 177) entgegneten die Beklagten mit Schreiben vom 24. Juni 2016 (Anlagenkonvolut K 20, S. 124 = AS 179), dass Klausel 5.6.2 nicht FRAND sei und es die Pflicht der Klägerin sei, ein konkretes schriftliches Lizenzangebot auf der Grundlage von FRAND-Bedingungen zu unterbreiten, es aber nicht die Pflicht der Beklagten sei, auf ein Angebot zu reagieren, das offensichtlich (“clearly”) nicht FRAND sei.
29 
Am 8. Juli 2016 erweiterte die Klägerin die Klage im Verfahren 2 O 48/16 vor dem Landgericht Mannheim um einen Unterlassungsanspruch. In der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2017 wies das Landgericht darauf hin, dass es die Klausel 5.6.2 des Lizenzvertragsangebots vom 1. Februar 2016 als einseitig zugunsten der Klägerin und unangemessen erachte. Hierauf nahm die Klägerin in jenem Verfahren den Unterlassungsantrag zurück, der nun im vorliegenden Verfahren (erneut) geltend gemacht wird.
30 
Unter dem 19. Mai 2017 unterbreitete die Klägerin [...] das zweite Lizenzangebot (Anlage B 2, S. 1-50 = AS 29-78), das insbesondere eine Änderung der Klausel 5.6.2 vorsah, während die Lizenzgebühren und der Weg zu ihrer Ermittlung im Wesentlichen unverändert blieben. Beigefügt waren weitere Erläuterungen zur Ermittlung der Höhe der Lizenzgebühr.
31 
Durch Urteil vom 23. Mai 2017 wies das Landgericht Mannheim in einem Verletzungsverfahren der Parteien, das ein anderes Patent betraf, (2 O 98/16, Anlage [...] 10) die Klage ab, da das Angebot vom 1. Februar 2016 im Hinblick auf Klausel 5.6.2 nicht FRAND gewesen sei. Ein Gegenangebot sei nicht erforderlich gewesen, da es offensichtlich gewesen sei, dass das Angebot nicht FRAND gewesen sei.
32 
Mit Schreiben vom 16. Juni 2017 (Anlage B 2, S. 52 = AS 80) lehnten die Beklagten das Angebot vom 19. Mai 2017 ab, da die Klausel 5.6.2 weiterhin nicht FRAND sei. Zudem wurden Nachfragen zu den umfassten Patenten gestellt.
33 
Mit Schreiben vom 25. Juli 2017 erwiderte die Klägerin hierauf. Sie erläuterte den Umfang des Portfolios und wies darauf hin, dass mit dem Angebot alle vermeintlichen Zweifel, die die Beklagten in der Vergangenheit vorgebracht hätten (“ready to sign”, umfasste Patente, Garantie der Nicht-Diskriminierung, Mechanismus bzgl. “Royalty Stacking”), nun ausgeräumt worden seien.
34 
Mit Schreiben vom 25. August 2017 lehnte die Beklagte hierauf das Angebot weiterhin ab, weil die Klausel 5.6.2 nicht FRAND sei.
35 
Durch Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12. September 2017 (2 O 48/16) wurden die Beklagten zur Auskunft und Rechnungslegung verurteilt sowie ihre Schadensersatzpflicht festgestellt.
36 
Mit Schreiben vom 30. April 2018 übersandte die Klägerin [...] das dritte Lizenzangebot (Anlagenkonvolut K 22).
37 
Dieses Angebot enthielt zwei verschiedene Modelle für die Beklagten zur Auswahl, nämlich zum einen eine Stücklizenz mit einer laufenden Lizenzgebühr (“running royalty”) in Höhe von […] $ pro Einheit für die Standards GSM, WCDMA und LTE sowie zum anderen eine hieraus abgeleitete Pauschallizenz (“lumpsum payment”) für einen Betrag in Höhe von […] $ für die Zeit ab 30. Juni 2018. Dabei bot die Klägerin den Beklagten einen tabellarisch gestaffelten Mengenrabatt an.
38 
Zur Bestimmung der jeweiligen Lizenzgebühren hat die Klägerin in beiden Fällen den sog. „Top-Down-Ansatz“ herangezogen. Dieser setzt bei einem Anteil an, der für die kumulierten Lizenzgebühren für einen Standard angemessen erscheint (T). Dabei wird in den Blick genommen, wie hoch die Last an Lizenzgebühren insgesamt für das gesamte geistige Eigentum in Bezug auf einen Telekommunikationsstandard in einem mobilen Gerät sein sollte. Ausgehend von diesem Anteil können diese Lizenzgebühren über alle Patentinhaber nach dem Verhältnis verteilt werden, in welchem der Wert des einzelnen Patentportfolios zu dem relevanten Portfolio aller essentiellen Patente für diesen Standard steht (S). Die FRAND-Rate besteht dann in dem Produkt von T und S (vgl. UK High Court, Urteil vom 30.11.2017 – [2017] EWHC 711 (Pat), [...] v. [...], Rn. 178). Auf dieser Grundlage bestimmte die Klägerin den Gesamtanteil für das standardessentielle geistige Eigentum auf 10 %. Diesen Anteil multiplizierte sie mit einem durchschnittlichen Verkaufspreis (average selling price, ASP) von LTE-fähigen Mobiltelefonen in Höhe von […] $, errechnet aus Daten für die Jahre 2011 bis 2016. Den Anteil ihres eigenen Portfolios an allen standardessentiellen Patenten in diesem Bereich bestimmt sie mit […] %. Daraus errechnet sie für die Patente der Standards GSM, WCDMA und LTE eine Lizenzgebühr in Höhe von […] $ pro Einheit, die für die gesamte Laufzeit des Vertrages bis zum 30. Juni 2026 gelten sollte, was sie folgendermaßen veranschaulichte:
39 
Mit Schreiben vom 30. Mai 2018 (Anlage K 24) lehnten die Beklagten dieses Angebot ab. Die Klausel 5.6.1 (früher 5.6.2) sei weiterhin nicht FRAND. Außerdem sei die Höhe der Lizenzgebühr nicht gerechtfertigt. Die durchschnittlichen Verkaufspreise der LTE-fähigen Mobilgeräte der Beklagten lägen unter […] $.
40 
Mit zwei Schreiben vom 6. Juni 2018 (Anlagen K 23 und K 25) verteidigte die Klägerin ihr Angebot und übersandte zwei Lizenzverträge, die sie mit [...] und [...] geschlossen hatte, zum Vergleich und erläuterte diese.
41 
Mit Schreiben vom 20. Juni 2018 (Anlage K 26) erwiderten die Beklagten, dass das Angebot nicht akzeptabel sei. Die Klausel 5.6.1 sei weiterhin nicht FRAND. Außerdem sei die Berechnung der Lizenzgebühr nicht FRAND aufgrund der großen Differenz zwischen dem durchschnittlichen Verkaufspreis für LTE-Mobilgeräte weltweit einerseits und jenem für die Produkte der Beklagten andererseits. Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schreiben vom 29. Juni 2018 (Anlage K 27) und verteidigte ihr Angebot.
42 
Mit Schreiben vom 7. August 2018 (Anlage K 28) unterbreitete die Klägerin den Beklagten das vierte Lizenzangebot, das insbesondere Anpassungen an Klausel 5.6.1, nicht aber bei den Lizenzgebühren vorsah. Die Beklagten nahmen das Angebot mit Schreiben vom 14. August 2018 (Anlage K 29) aus den genannten Gründen nicht an.
43 
Am 26. April 2019 wurden die Beklagten in den in […] geführten Verfahren zum Schadensersatz sowie wegen der Verletzung von zwei Patenten zu einer laufenden Stücklizenzgebühr von jeweils […] für jedes der beiden [...]-Patente verurteilt (Anlage [...] 3).
44 
Mit Schreiben vom 17. Mai 2019 unterbreitete die Klägerin den Beklagten das fünfte Lizenzangebot (Anlage K 32), das Anpassungen wegen Themen vorsah, die nicht die Differenzen zwischen den Parteien betrafen. Die Beklagte reagierte hierauf nicht.
45 
Mit Schreiben vom 16. August 2019 (Anlage [...] 1) legte die Klägerin gegenüber den Beklagten offen, dass sie dem Patentpool „[...]“ beigetreten sei, aber eine direkte Lizenz – wie angeboten – weiterhin möglich bleibe. Unter Hinweis auf das Urteil in dem Patentverletzungsverfahren in […] stellte die Klägerin klar, dass sie bereit seien, die Angebote zu diskutieren, wenn die Beklagten dies als förderlich ansehen würden.
46 
Mit Schreiben vom 26. August 2019 (Anlage [...] 2) bekräftigten die Beklagten, dass sie daran interessiert seien, eine FRAND-Lizenz an dem [...]-Portfolio zu erwerben. Man sehe aber keine neue Entwicklung, die eine neue Grundlage für die Lizenzverhandlungen mit der Klägerin darstellen würde.
47 
In der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2019 im vorliegenden Rechtstreit wies die Zivilkammer 2 des Landgerichts Mannheim darauf hin, dass der industrieweite Durchschnittsverkaufspreis der Jahre 2011 bis 2016 nach ihrer vorläufigen Auffassung nicht als Berechnungsgrundlage für künftige Lizenzen dienen könne und FRAND-Kriterien evident nicht entspreche.
48 
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2019 (Anlage K 37) unterbreitete die Klägerin den Beklagten das sechste Lizenzangebot. Dieses sah für die Laufzeit des Vertrages nach folgenden Tabellen jährlich angepasste Lizenzgebühren aufgrund einer jährlichen Staffelung der durchschnittlichen Verkaufspreise für LTE-fähige Mobilgeräte vor, bei denen zudem ein Anpassungsrecht bestand, sollten diese (geschätzten) Preise um […] % oder mehr vom tatsächlichen durchschnittlichen Verkaufspreis abweichen.
49 
[…]
50 
So wird bspw. für das Jahr 2020 ein durchschnittlicher Verkaufspreis in Höhe von […] $ je Einheit angenommen, woraus sich mit den – unveränderten – Faktoren […] % (T) und […] % als Produkt eine Lizenzgebühr für das Jahr 2020 in Höhe von […] $ pro Einheit errechnet. Darüber hinaus bot die Klägerin den Beklagten einen tabellarisch gestaffelten Mengenrabatt an.
51 
Mit Schreiben vom 31. Januar 2020 (Anlage K 38) unterbreiteten die Beklagten das erste Gegenangebot. Es legt zur Berechnung der Lizenzgebühr ebenfalls den sog. „Top-Down-Ansatz“ zugrunde. Abweichend vom Angebot der Klägerin halten die Beklagten dabei aber einen Anteil für die Gesamtbelastung durch Lizenzgebühren für den Standard (T) in Höhe von […] % (statt […] %) für angemessen. Den Anteil der Klägerin an allen standardessentiellen Patenten (S) in Höhe von […] % übernehmen die Beklagten. Im Unterschied zu der Klägerin soll der so errechnete prozentuale Anteil von […] % für die laufende Lizenzgebühr nicht auf den weltweiten durchschnittlichen Verkaufspreis der LTE-fähigen Mobilgeräte angewendet werden, um eine Lizenzgebühr pro Einheit zu errechnen, sondern auf die tatsächlichen Netto-Verkaufspreise jedes lizensierten Produktes der Beklagten. Dabei legten die Beklagten für die Vergangenheit auch ihre Verkaufszahlen in folgenden Tabellen offen:
52 
[…]
53 
Legt man – zu Vergleichszwecken – diese Verkaufszahlen für die Jahre 2015 bis einschließlich 2019 zugrunde, so errechnen sich Lizenzgebühren zwischen […] $ (im Jahr 2019) und […] $ (im Jahr 2017), worauf die Beklagte dann noch den im Angebot der Klägerin enthaltenen Mengenrabatt angewendet sehen will.
54 
Mit Schreiben vom 4. März 2020 unterbreitete die Klägerin den Beklagten das siebte Lizenzangebot (Anlagenkonvolut K 39), bei dem sie die im Gegenangebot genannten Verkaufszahlen für die Berechnung der Pauschalgebühr berücksichtigte. Indem sie die von den Beklagten mitgeteilten Verkaufszahlen für das Jahr 2019 fortschrieb, was für die Zeit ab dem 1. Januar 2020 zu einem Betrag in Höhe von […] $ führte.
55 
Mit Schreiben vom 11. März 2020 (Anlage K 40) lehnten die Beklagten unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 31. Januar 2020 auch das neue Angebot der Klägerin ab und unterbreiteten ein zweites Gegenangebot, das in den Klauseln Änderungen vorsah, die Lizenzgebühren jedoch unverändert beließ. Zudem übermittelten die Beklagten detaillierte Informationen über die Verkaufsaktivitäten von [...] im Zeitraum von Dezember 2014 bis einschließlich 2019.
56 
Mit Schreiben vom 19. März 2020 wies die Klägerin auch dieses Gegenangebot der Beklagten aus den bereits in einem Schreiben vom 10. Februar 2020 genannten Gründen zurück (Anlage K 41).
57 
Am 7. April 2020 leistete [...] auf der Grundlage ihres Gegenangebots Sicherheit, indem sie der Klägerin eine Bankbürgschaftsurkunde über einen Betrag in Höhe von […] Mio. $ übersandte (Anlage B 6), die nach Rechnungslegung für das Jahr 2020 auf […] Mio. $ erhöht wurde.
58 
Mit E-Mail vom 7. August 2020 (Anlage [...] 4, S. 4) unterbreitete die Klägerin das achte Angebot, das eine Reduktion des Pauschalbetrages zur Abgeltung der Ansprüche für die Vergangenheit und die Zukunft von […] $ um […] % auf […] Mio. $ und einen „Standstill“ in Bezug auf 5G-Produkte vorsah. Mit E-Mail vom 18. August 2020 (Anlage [...] 4, S. 3) lehnten die Beklagten dieses Angebot ab und schlugen ihrerseits mit dem dritten Gegenangebot einen Pauschalbetrag in Höhe von […] $ vor. Hierauf antwortete die Klägerin mit E-Mail vom 21. August 2020 (Anlage [...] 4, S. 2), dass sie in diesem Gegenangebot keinen erheblichen Schritt auf sich zu erkennen könne. Die weiteren am 2. und 14. September 2020 ausgetauschten E-Mails führten zu keiner weiteren Annäherung.
59 
Mit E-Mail vom 17. September 2020 (B 10, S. 4) teilten die Beklagten mit, dass der Nachlass von fast […] % angesichts der Ausführungen des Landgerichtes in der angefochtenen Entscheidung das Angebot nicht zu einem FRAND-Angebot machen könne. Sie verwiesen auf ihr Angebot vom 18. August 2020.
60 
Mit Schreiben vom 30. November 2020 (Anlage [...] 6) übersandte die Klägerin den Beklagten eine Lizenzvereinbarung, die sie mit dem Unternehmen [...] getroffen hatte, um ihnen durch einen Vergleich die Prüfung zu ermöglichen, dass das Angebot FRAND sei.
61 
Hierauf erwiderten die Beklagten mit Schreiben vom 9. Dezember 2020 (B 10, S. 1-3), dass die mit dem neuen Lizenzsucher vereinbarten Lizenzbedingungen irrelevant seien, da es auf den durchschnittlichen Verkaufspreis abstelle und so kein FRAND-konformes Angebot gegenüber [...] sein könne. Allerdings sei [...] willens, eine höhere Pauschalsumme zu erwägen (“would therefore also be willing to consider increasing the lump sum offer…”).
62 
Zuletzt bot die Muttergesellschaft der Beklagten [...] im Jahr 2021 mit einem dritten Gegenangebot eine pauschale Lizenzzahlung von etwas mehr als […] Mio. $ an. Dieses Angebot orientierte sich an dem zweiten Gegenangebot und sah noch die Übertragung von drei SEP-Patentfamilien an die Klägerin vor. Weitere Einzelheiten zu diesem dritten Gegenangebot wurden nicht vorgetragen, da insoweit Vertraulichkeit vereinbart wurde. Die Klägerin hat dieses Angebot mit E-Mail vom 21. Juli 2021 abgelehnt.
63 
Die Klägerin hat geltend gemacht, ein standardkonformes mobiles Endgerät verwirkliche die Lehre des beschränkten Patentanspruchs 9 des Klagepatents.
64 
Sie sei an der Durchsetzung der sich aus der Patentverletzung ergebenen Ansprüche auf Unterlassung, Rückruf und Vernichtung nicht durch den von den Beklagten erhobenen FRAND-Einwand gehindert.
65 
Bei der Beklagten bzw. deren Muttergesellschaft handele es sich um sog. „Patent-Hold-Outs“, die offensichtlich nicht lizenzbereit seien. So hätten die Beklagten insbesondere trotz der jahrelangen Rechtsstreitigkeiten und Verhandlungen bis Anfang 2020 kein Gegenangebot unterbreitet, sondern sich stets darauf beschränkt, bestimmte Klauseln der FRAND-Angebote der Klägerin zu kritisieren. Ohnehin habe es nach den ersten Anschreiben im Jahr 2014 keine Reaktion der Beklagtenseite gegeben. Diese sei erst verspätet im Jahr 2016 erfolgt, nachdem bereits Patentverletzungsklagen in den USA eingereicht worden seien.
66 
Unabhängig davon genüge das Lizenzangebot aus dem März 2020 FRAND-Kriterien, so dass die vorliegende Klage keinen Rechtsmissbrauch darstellen könne. Der Rückgriff auf einen industrieweiten durchschnittlichen Verkaufspreis (ASP) im Rahmen des Top-Down-Modells stelle einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen Herstellern im oberen und unteren Preissegment dar. Es sei nicht Aufgabe der Klägerin, die Niedrigpreise der Beklagten mit entsprechend geringen Lizenzgebühren zu subventionieren. Zudem sei es ein berechtigtes Anliegen, absolute Stücklizenzen zu fordern, was der Vergleich mit anderen Lizenzgebern zeige. Dementsprechend hätten auch bereits zwei Anbieter von Mobiltelefonen Lizenzverträge zu den hier in Rede stehenden Konditionen abgeschlossen.
67 
Jedenfalls sei das Gegenangebot der Beklagten nicht FRAND. Dies ergebe sich bereits aus dem erheblichen Unterschied zwischen ihren eigenen Lizenzgebühren und den von der Muttergesellschaft der Beklagten angebotenen Lizenzsätzen. Zudem verfolgten die Beklagten durch das Abstellen auf ihre tatsächlichen Verkaufspreise unzulässigerweise ein anderes Lizenzierungskonzept. Die Klägerin habe sich dafür entschieden, allen Standardnutzern eine einheitliche Lizenzgebühr und so einen angemessenen und einheitlichen Preis für die Lizenzierung ihrer Schutzrechte anzubieten. Dieses Lizenzierungskonzept sei offensichtlich nicht mit dem Gegenangebot der Beklagten, welches einen fundamental anderen Ansatz verfolge, nämlich eine Berechnung der zu zahlenden Lizenzgebühr in Abhängigkeit der Verkaufspreise der Lizenznehmer, in Einklang zu bringen. Es sei allerdings mit der Vertragsfreiheit unvereinbar, wenn ein Lizenzsucher einen Patentinhaber zu Abweichungen von dessen bestehenden und ausgeübten Lizenzierungskonzept zwingen könnte.
68 
Die Klägerin hat in erster Instanz zuletzt beantragt, die Beklagten zu verurteilen,
69 
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren zu unterlassen, mobile Endgeräte, die ausgebildet sind, das folgende Verfahren auszuführen Verfahren, umfassend die nachfolgenden Schritte, die von einem mobilen Endgerät durchgeführt werden: Empfangen eines Steuerkanalsignals von einer Basisstation, wobei das Steuerkanalsignal einen MCS-Index (Modulation and Coding Scheme MCS, Modulations- und Codierschema), Information über Ressourcenblöcke, die zur Übertragung von dem mobilen Endgerät an die Basisstation verwendet werden, und einen Kanalgüteinformationsauslöser zum Auslösen einer Übertragung eines aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass das Verfahren des Weiteren umfasst: Bestimmen ob der Kanalgüteinformationsauslöser gesetzt ist und ob das Steuerkanalsignal einen vorbestimmten Wert des MCS-Indexes anzeigt und eine Anzahl von Ressourcenblöcken, die kleiner oder gleich einer vorbestimmten Ressourcenblockanzahl ist, anzeigt, wobei das Steuerkanalsignal nur für den Fall als Befehl zur Übertragung eines aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation ohne Multiplexieren des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes mit Uplink-Shared-ChannelDaten interpretiert wird, dass der Bestimmungsschritt ein positives Ergebnis bringt, demzufolge der Kanalgüteinformationsauslöser gesetzt und das Steuerkanalsignal den vorbestimmte Wert des MCS-Indexes und eine Anzahl von Ressourcenblöcken, die kleiner oder gleich der vorbestimmten Ressourcenblockanzahl ist, anzeigt, und Übertragen des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation ohne Multiplexieren des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes mit Uplink-Shared-Channel Daten für den Fall, dass der Bestimmungsschritt das positive Ergebnis bringt
70 
(Verfahren gemäß Anspruch 1)
umfassend einen Empfänger, der ausgelegt ist zum Empfangen eines Steuerkanalsignals von einer Basisstation, wobei das Steuerkanalsignal einen MCS-Index (Modulation and Coding Scheme MCS, Modulations- und Codierschema), Information über Ressourcenblöcke, die zur Übertragung von dem mobilen Endgerät an die Basisstation verwendet werden, und einen Kanalgüteinformationsauslöser zum Auslösen einer Übertragung eines aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation umfasst, wobei das Endgerät des Weiteren umfasst einen Prozessor, der ausgelegt ist zum Bestimmen, ob der Kanalgüteinformationsauslöser gesetzt ist und ob das Steuerkanalsignal einen vorbestimmten Wert des MCS-Indexes anzeigt und eine Anzahl von Ressourcenblöcken, die kleiner oder gleich einer vorbestimmten Ressourcenblockanzahl ist, anzeigt, wobei das Steuerkanalsignal nur für den Fall als Befehl zur Übertragung eines aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation ohne Multiplexieren des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes mit UplinkSharedChannel-Daten interpretiert wird, dass der Bestimmungsschritt ein positives Ergebnis bringt, demzufolge der Kanalgüteinformationsauslöser gesetzt und das Steuerkanalsignal den vorbestimmten Wert des MCS-Indexes und eine Anzahl von Ressourcenblöcken, die kleiner oder gleich der vorbestimmten Ressourcenblockanzahl ist, anzeigt, und einen Sender, der ausgelegt ist zum Senden des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation ohne den aperiodischen Kanalgüteinformationsbericht mit UplinkShared-Channel-Daten zu multiplexen, falls die Bestimmung das positive Ergebnis bringt,
71 
(Anspruch 9)
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, insbesondere wenn der vorbestimmte MCS-Index den Wert 29 aufweist
72 
(Anspruch 10)
und/oder
das mobile Endgerät dafür ausgelegt ist, den Kanalgüteinformationsbericht auf dem Physical Uplink Shared Channel (PUSCH) rückzuführen auf Grundlage eines aus einer Mehrzahl von Berichtsmodi
73 
(Anspruch 11)
und/oder
der Sender ausgelegt ist zum Verwenden eines Physical Uplink Shared Channel zum Übertragen des Kanalgüteinformationsberichtes
74 
(Anspruch 12)
und/oder
der vorbestimmte MCS-Index einen Redundanzversionsparameter mit dem Wert 1 indiziert
75 
(Anspruch 13)
und/oder
der Steuerkanalgüteinformationsauslöser ein Kanalgüteanzeigeranforderungsbit ist
76 
(Anspruch 14)
und/oder
die Kanalgüteinformation ein Kanalgüteanzeiger (channel quality indicator), und ein Vorcodiermatrixanzeiger (precoding matrix indicator) ist
77 
(Anspruch 15, eingeschränkt);
78 
2. die vorstehend zu Ziff. 1. bezeichneten, seit dem 07.11.2012 im Besitz gewerblicher Abnehmer, die nicht Letztverbraucher sind, befindlichen Erzeugnisse zurückzurufen;
79 
3. die in der Bundesrepublik Deutschland im unmittelbaren oder mittelbaren Besitz bzw. Eigentum der Beklagten zu 1) befindlichen Erzeugnisse gemäß Ziff. 1. zu vernichten.
80 
Die Beklagten haben beantragt,
81 
die Klage abzuweisen, hilfsweise der Beklagten nachzulassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung (Bank- oder Sparkassenbürgschaft) abzuwenden.
82 
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, bei der gebotenen Auslegung verwirklichten die angegriffenen Ausführungsformen die Lehre des Klagepatents nicht. Insoweit haben die Beklagten auf ihre Berufungsbegründung in dem vor dem Senat geführten Verfahren 6 U 133/17 Bezug genommen.
83 
Jedenfalls seien die geltend gemachten Ansprüche derzeit unbegründet, weil ihrer Durchsetzung der erhobene FRAND-Einwand entgegenstehe. Die Beklagten seien lizenzwillig. Auf den erstmaligen Verletzungshinweis im Februar 2016 hätten sie zeitnah reagiert. Diese Lizenzbereitschaft sei stets bekräftigt worden.
84 
Nachdem das klägerische Angebot aus dem Februar 2016 vom erkennenden (Land-)Gericht als evident FRAND-widrig beurteilt worden war, sei es Aufgabe der Klägerin gewesen, ein FRAND-gemäßes Angebot unter Beachtung der Rechtsauffassung der Kammer vorzulegen. Dies sei erst im April 2018 erfolgt. Aus dieser Verzögerung könne also nicht auf die fehlende Lizenzbereitschaft der Beklagten geschlossen werden. Da dieses Angebot nach der Rechtsauffassung der Kammer erneut evident FRAND-widrig gewesen sei, seien sie nach der bisherigen Rechtsprechung der Kammer zur Abgabe eines Gegenangebots nicht verpflichtet gewesen.
85 
Auf das erneut überarbeitete Angebot der Klägerin vom 12. Dezember 2019 habe die Beklagten bzw. ihr Mutterkonzern zeitnah mit einem Gegenangebot reagiert und Sicherheit geleistet. Das Angebot des [...]-Konzerns genüge FRAND-Kriterien, weshalb die Klage bereits deshalb als derzeit unbegründet abzuweisen sei.
86 
Jedenfalls genüge das Angebot der Klägerin nicht FRAND-Kriterien. Im Rahmen des von der Klägerin gewählten Top-Down-Ansatzes, dem eine maximale Gesamtlizenzbelastung pro verkaufter Einheit vorschwebe, könne nicht auf einen industrieweiten ASP abgestellt werden. Dies benachteilige Anbieter im unteren Preissegment für Mobiltelefone, in dem auch sie – die Beklagten – zulässigerweise tätig seien. Unerheblich sei, dass es grundsätzlich FRAND-gemäße industrieweite Stücklizenzen anderer Lizenzanbieter gebe könne. Dabei verkenne die Klägerin jedoch, dass diese anderen Lizenzanbieter ihre Lizenzgebühren nicht nach dem von der Klägerin zugrunde gelegten Top-Down-Ansatz, sondern auf andere Weise berechnet und gerechtfertigt hätten. Der Umstand, dass andere Berechnungsmethoden, die zu einem absoluten USD-Betrag pro Lizenzgegenstand führten, in ganz bestimmten Fallkonstellationen im Markt akzeptiert und dann u.U. auch FRAND sein könnten, bedeute allerdings nicht, dass die Klägerin sich aus verschiedenen Berechnungs- und Rechtfertigungsansätzen beliebig das für sie Beste „herauspicken“ könne, um dann unter dem „Deckmantel“ der allgemein anerkannten „Top-Down“-Berechnungsmethode die von ihr ermittelte Lizenzgebühr als angeblich FRAND präsentieren zu können.
87 
Das Landgericht hat die Klage durch das angegriffene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen und Entscheidungsgründe ergänzend verwiesen wird, abgewiesen.
88 
Zwar machten die Beklagten mit dem Vertrieb der angegriffenen Mobilgeräte von der Lehre des Patentanspruchs 9 des Klagepatents Gebrauch. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe unter A. (LGU S. 21 ff.) Bezug genommen.
89 
Die Klägerin sei allerdings derzeit aufgrund eines kartellrechtlichen Missbrauchseinwands an der Durchsetzung der nach Art. 64 EPÜ iVm. §§ 139, 140a Abs.1, Abs. 3 PatG wegen der festgestellten Patentverletzung entstandenen Ansprüche auf Unterlassung, Vernichtung und Rückruf gehindert. Der Klägerin komme auf dem hier relevanten Markt für die Einräumung bestimmter Rechte, die zur erfolgreichen Teilnahme am Wettbewerb auf dem Gebiet der Mobiltelefone aufgrund der vorherrschenden Standards zwingend benötigt werden, eine beherrschende Stellung zu. Ein Verletzerhinweis sei den Beklagten (erst) durch das Schreiben vom 1. Februar 2016 erteilt worden. Hierauf hätten die Beklagten ihre Bereitschaft zum Abschluss einer Lizenz zu FRAND-Bedingungen mit E-Mail vom 22. März 2016 erklärt, die auch fortbestanden habe. Die fehlende Mitwirkung durch die Beklagten durch ein frühzeitiges eigenes Gegenangebot führe nicht zur fehlenden Lizenzwilligkeit, da die Beklagten sich aufgrund der rechtlichen Ausführungen der Kammer nicht hierzu verpflichtet sehen mussten.
90 
Danach sei das Gegenangebot der Beklagten vorrangig zu prüfen. Denn für die Auslösung der Reaktionspflicht sei es unerheblich, ob das Angebot des SEP-Inhabers tatsächlich FRAND-Bedingungen entspreche. Das Gegenangebot der Beklagten vom 31. Januar 2020 bzw. in leicht modifizierter Form vom 11. März 2020 genüge FRAND-Kriterien. Die Gesamtlizenzgebührenbelastung von […] % liege nicht außerhalb eines möglichen FRAND-Korridors. Soweit die Beklagten auf ihre eigenen weltweiten Durchschnittsverkaufspreise pro Jahr von unter […] $ abgestellt haben, sei dies im Ausgangspunkt keine FRAND-widrige Bezugsgröße. Ebenso wie bei der Berechnung des Schadensersatzes auf Lizenzanalogiebasis sei es auch im Rahmen eines Lizenzangebots fair und vernünftig, auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten bei demjenigen abzustellen, der eine Lizenz nehmen will. Denn der Patentinhaber solle angemessen an dem teilhaben, was der Lizenzsucher objektiv aufgrund des Zuschnitts seines Betriebs durch die Nutzung der patentgemäßen Lehre erwirtschaften kann. Der vernünftigerweise erwartbare Gewinn hänge insbesondere von denjenigen Verwertungsmöglichkeiten für die Erfindung ab, die der Geschäftsbetrieb des Lizenznehmers in Anbetracht seiner konkreten Produkt- und Kundenausrichtung verspreche. Bei den Verkaufspreisen handele es sich nicht um Billig- bzw. Dumpingpreise.
91 
Hingegen entspreche das Lizenzangebot der Klägerin vom 12. Dezember 2019 bzw. in abgewandelter Form vom 4. März 2020 im Streitfall nicht den FRAND-Kriterien. Die Lizenzhöhe sei jedenfalls nach der von der Klägerin im Rahmen des Top-Down-Ansatzes konkret angewendeten Berechnungsmethode, die einen weltweiten industrieeinheitlichen ASP für Mobiltelefone pro Jahr unter Einbezug aller LTE-fähigen Mobiltelefone auf dem Markt zur Ermittlung der Lizenzhöhe zu Grunde legt, für Markteilnehmer, die – wie die Beklagten – im unteren Preissegment erheblich unter dem industrieweiten ASP tätig seien, unfair und unangemessen. Denn hierdurch gebe die Klägerin im Streitfall einseitig den Interessen potentieller Lizenznehmer, die höherpreisige Endgeräte der Premium- und Oberklasse über dem von der Klägerin ermittelten Durchschnittsverkaufspreis vertreiben und nach dem Lizenzmodell der Klägerin stets profitieren, den Vorzug gegenüber solchen Lizenznehmern, die deutlich unter dem von der Klägerin in Ansatz gebrachten industrieweiten ASP am Markt tätig sind und dadurch immer einen Nachteil erleiden. Dies führe dazu, dass die tatsächliche Lizenzrate für die Beklagten bezogen auf ihre Verkaufspreise um ein Vielfaches über der von der Klägerin unter Berücksichtigung ihres Anteils an LTE-Patenten abstrakt errechneten Lizenzrate von […] % liege. Zugleich könne dies im Ergebnis zudem dazu führen, dass die von der Klägerin für zulässig erachtete Gesamtlizenzbelastung von […] % pro Lizenzgegenstand für den LTE-Standard in Bezug auf den tatsächlichen Verkaufspreis des Lizenznehmers um ein Vielfaches überschritten werden könne. Der Interessenkonflikt zwischen den unterschiedlichen Anbietern von Mobiltelefonen könne jedenfalls nicht einseitig zu Lasten der Anbieter von Mobiltelefonen, die deutlich unterhalb des industrieweiten ASP am Markt tätig sind, aufgelöst werden. Stattdessen hätte die Klägerin beispielsweise eine FRAND-Kriterien genügende absolute Untergrenze definieren können, die pro verkaufter Einheit in jedem Fall zu bezahlen ist, um den objektiven Mindestwert der Erfindung angemessen abzubilden. Ebenso hätte sie eine absolute Obergrenze definieren können, um den (berechtigten) Anliegen der Hersteller im Premiumsegment Rechnung zu tragen, dass der hohe Preis ihrer Geräte auf den genannten technologiefremden Aspekten beruht. Dem Missbrauchsvorwurf halte die Klägerin zudem ohne Erfolg entgegen, dass es marktüblich sei, für ein Patentportfolio einheitliche absolute Werte auszuweisen. Insoweit habe sie selbst nicht vorgetragen, dass sie die absoluten Stückzahlen gerade anhand der von der Klägerin vorgenommenen Berechnungsmethode ermittelt hätte.
92 
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen dieses Urteil, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Die Klägerin vertritt dabei die Auffassung, dass den Beklagten ein kartellrechtlicher Missbrauchseinwand nicht zustehe.
93 
Ihr Angebot vom 4. März 2020 sei FRAND. Es entspreche – abgesehen von den Stückzahlen – dem Angebot, das der Senat mit Urteil vom 25. November 2020 in einem anderen Verfahren (6 U 104/18) als FRAND erachtet habe.
94 
Initial sei der sog. Top-Down-Ansatz zur Plausibilisierung der Höhe der Lizenzgebühren herangezogen worden. Dieser sei vom Landgericht ebenso wenig infrage gestellt worden, wie die Möglichkeit, für alle Lizenznehmer einen einheitlichen, festen US-Dollarbetrag als Lizenzgebühr vorzusehen. Durch Berücksichtigung sowohl der hochpreisigen wie auch der niedrigpreisigen Mobiltelefone sei insbesondere ausgeschlossen, dass der gefundene Preis im Allgemeinen unangemessen sei. Festpreise seien bei (elektronischer) Hardware der Normalfall mit der Folge stark unterschiedlicher prozentualer Belastungen bezogen auf den individuellen Verkaufspreis. Es sei nicht einzusehen, warum geistiges Eigentum anders zu behandeln sein soll als Hardware; zumal die Beklagten offensichtlich bei der Preiskalkulation Aufwendungen für Lizenzen nicht berücksichtigt hätten. Das Landgericht vermische insoweit die Herleitung des auf Pauschalisierungen beruhenden Festpreises (dessen Höhe zudem durch Vergleichslizenzverträge gestützt wird) und die prinzipiellen Auswirkungen eines Festpreises (von Hardware und geistigem Eigentum) auf die jeweiligen Hersteller in verschiedenen Preissegmenten.
95 
Dabei sei zu berücksichtigen, dass Niedrigpreisanbieter sich im Wesentlichen auf die Vermarktung der Technologie beschränkten, während bei höherpreisigen Anbietern andere Faktoren wie eine berühmte Marke, der gute Ruf oder spezielle Zusatzfunktionen (besonders gute Kamera etc.) bedeutsam seien. Unerheblich sei die Feststellung des Landgerichtes, wonach der von der Klägerin ermittelte Festpreis anders zu beurteilen sei als Festpreise anderer Lizenzgeber im Bereich Mobilfunktechnik, da bei letzteren „nicht vorgetragen sei“, dass sie ebenfalls anhand der von der Klägerin verwendeten Methode ermittelt worden seien. Denn die jeweils angewendete Methodik zur Preisfindung mache insoweit keinen Unterschied, da sich ein Festpreis stets unterschiedlich auswirke. Durch die Ober- und Untergrenzen für die Lizenzgebühr negiere das Landgericht, dass einheitliche Festpreise möglich seien, und stelle sich damit rechtsfehlerhaft gegen die insoweit etablierte Lizenzierungspraxis. Entgegen der Auffassung des Landgerichts führe die den Beklagten angebotene Lizenzgebühr nicht dazu, dass sie auf einem höherpreisigen Marktsegment tätig werden müssten oder ihnen ein anderes Geschäftsmodell aufgezwungen würde.
96 
In diesem Punkt liege zugleich eine entscheidungsrelevante Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, da das Landgericht im ersten Verhandlungstermin die Kritik der Beklagten am industrieweiten ASP explizit zurückgewiesen habe, während dieser ohne jeden vorherigen Hinweis der Kammer erstmals im weiteren Verhandlungstermin vom 21. Oktober 2020 vom Landgericht überraschend gefolgt wurde. Hätte das Gericht darauf hingewiesen, wäre der Klägerin ergänzender, entscheidungsrelevanter Vortrag zum industrieweiten ASP möglich gewesen.
97 
Davon unabhängig werde die Angemessenheit der angebotenen Lizenzgebühren nun vor allem auch durch die vorgelegten Vergleichslizenzverträge bestätigt. Auf diese vorgelegten Verträge gehe das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht ein. Anhand von Vergleichsverträgen werde dabei niemals die (theoretische) Gesamtbelastung geprüft, sondern ausschließlich darauf abgestellt, welche Lizenzgebühren im Markt tatsächlich akzeptiert würden. Die Beklagten übersähen, dass es ungeachtet der Berechnungsmethode am Ende allein darauf ankomme, dass die von der Klägerin angebotenen Lizenzgebühren – wie durch die Vergleichslizenzverträge belegt – FRAND seien. Da die Gegenangebote der Beklagten im Vergleich zu den geschlossenen Lizenzverträgen nur einen Bruchteil an Lizenzzahlungen vorsehen, seien sie FRAND-widrig.
98 
Ebenfalls rechts- und verfahrensfehlerhaft habe sich das Landgericht nicht mit der indiziellen Wirkung der Feststellungen im parallelen […]-Verfahren für die Angemessenheit der den Beklagten vorliegend angebotenen Lizenzgebühr befasst, wonach der Klägerin nach umfangreicher Sachverständigenanhörung gegen die Beklagtenseite laufende Lizenzgebühren für die Nutzung von zwei […]-Patenten in Höhe von […] $ zugesprochen wurden. Die Gegenangebote der Beklagten seien im Hinblick zu dem im Verfahren in […] zuletzt für die Vergangenheit und die Zukunft festgestellten Betrag von […] $, der sich allein auf zwei Patente (und nicht auf ein Patentportfolio) bezogen habe, offensichtlich unzureichend. Der Klägerin dürfte es im Hinblick auf die hohen Rechtsverfolgungskosten, die insbesondere in […] mit über […] Mio. $ angefallen seien, zwanglos möglich sein, einen erheblichen Aufschlag zu fordern.
99 
Schließlich habe das Landgericht fehlerhaft keine Feststellungen dazu gemacht, ob die angebotene Lizenzgebühr überhaupt geeignet sei, den Wettbewerb zu beeinträchtigen.
100 
Mit Schreiben der Beklagten vom 22. März 2016 sei keine ausreichende Lizenzierungsbitte erfolgt, da es sich lediglich auf die Klagepatente bezog, also allein auf die Beseitigung anhängiger Klagen gerichtet war und nicht auf die für eine Legalisierung ihres Handelns notwendige Lizenzierung des gesamten Portfolios.
101 
Das Landgericht habe verkannt, dass das Ausbleiben jeglicher Reaktion der Beklagten auf die vier Hinweisschreiben/Erinnerungen im Zeitraum von Dezember 2014 bis April 2015 eine Verletzung ihrer kartellrechtlichen Obliegenheit zur Reaktion und Mitwirkung zwecks Abschluss eines Lizenzvertrags bedeutete. Zu Unrecht habe das Landgericht den Beklagten eine ausreichende und fortdauernde Lizenzwilligkeit attestiert. Dem stehe auch entgegen, dass die Beklagten erstmals am 30. Januar 2020 ein Gegenangebot unterbreitet hätten, also mehr als fünf Jahre nach der ersten Kontaktaufnahme durch die Klägerin und mehr als vier Jahre nach dem ersten Angebot der Klägerin. Es sei weder rechtlich noch in der Sache gerechtfertigt, wegen Äußerungen der Kammer anzunehmen, die Klägerin habe die jahrelange Verweigerungshaltung der Beklagten nicht als fehlende Lizenzwilligkeit interpretieren dürfen. Dabei habe das Landgericht nicht nur verkannt, dass das Gegenangebot der Beklagten vom 31. Januar 2020 verspätet gewesen sei, sondern auch, dass es inhaltlich Ausdruck ihrer fortwährenden Missachtung ihrer Obliegenheit gemäß der EuGH-Entscheidung Huawei ./. ZTE darstelle, zielgerichtet am Abschluss eines FRAND-Lizenzvertrags mitzuwirken. Bezeichnend sei der Umgang der Beklagten mit der Anpassungsklausel, zu der sie zu keinem Zeitpunkt einen eigenen Formulierungsvorschlag gemacht habe. Ungeachtet dessen zeige sich ihre fortdauernde Lizenzunwilligkeit daran, dass sich die Beklagte in der Folgezeit in ihrer Position eingegraben und sich in keiner Weise kompromissbereit gezeigt haben.
102 
Die Gegenangebote der Beklagten seien evident FRAND-widrig. Das Gegenangebot der Beklagten liege ersichtlich nicht mehr im FRAND-Korridor. Selbst wenn das Gegenangebot der Beklagten FRAND-gemäß gewesen wäre, sei die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs nicht FRAND-widrig, da die Klägerin ihrerseits ein FRAND-Angebot gemacht habe, dass die Beklagten hätten annehmen müssen.
103 
Nach einer fast sieben Jahre angewendeten Verzögerungstaktik sei den Beklagten aus Treu und Glauben verwehrt, sich auf einen FRAND-Einwand zu berufen.
104 
Die Klägerin beantragt,
105 
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Mannheim vom 21. August 2020 (Az. 2 O 136/18) die Beklagten zu verurteilen, wie in erster Instanz zuletzt beantragt.
106 
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
107 
Die Beklagten verteidigen das angegriffene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
108 
An der ausdrücklich erklärten und aufrecht erhaltenen Lizenzbereitschaft der Beklagten könne insbesondere im Hinblick auf die zuletzt für das Jahr 2020 erfolgte Rechnungslegung und weitere Sicherheitsleistung durch die Beklagten kein Zweifel bestehen. Vielmehr habe die Klägerin zunächst im Februar 2016 vorschnell Klage erhoben, um den Beklagten bzw. deren Muttergesellschaft dann mehrere evident FRAND-widrige Lizenzangebote zu unterbreiten. Erst das Lizenzangebot der Klägerin am 12. Dezember 2019 habe sich in einem zumindest nicht „evident“ FRAND-widrigen Rahmen bewegt. Zuvor seien die Beklagten auch nicht zu einem Gegenangebot verpflichtet gewesen. Nach dem Urteil des Landgerichtes habe die Klägerin nicht ernsthaft erwarten können, dass die Beklagten weitere signifikante Zugeständnisse machten.
109 
Das Gegenangebot sei FRAND. Insbesondere könnten keine Einwände bestehen, dass die Beklagten die prozentualen Lizenzgebühren auf die Nettoverkaufspreise von [...] anwende, da der Top-Down-Ansatz einen solchen Bezug grundsätzlich gerade vorsehe. Die Lizenzverträge der Klägerin bestätigten den FRAND-Charakter des Gegenangebotes. Entscheidend für eine Vergleichbarkeit der Verträge – insbesondere der existierenden Verträge mit dem Gegenangebot – sei nicht der USD-Betrag, der pro Gerät bezahlt werde, sondern die prozentuale Lizenzgebühr bezogen auf den Nettoverkaufspreis. Die individuellen Durchschnittsverkaufspreise ihrer bestehenden Lizenznehmer wolle die Klägerin jedoch gerade nicht offenlegen.
110 
Das Angebot der Klägerin sei zumindest gegenüber den Beklagten nicht FRAND. Auch die Beklagten vertreten nicht die Auffassung, dass sich das Lizenzangebot der Klägerin per se gegenüber jedem Lizenzsucher als FRAND-widrig erweise. Das sei aber eben für die Beklagten oder deren Muttergesellschaft der Fall, deren durchschnittlicher Verkaufspreis deutlich unter dem industrieweiten Durchschnittsverkaufspreis liege. Dabei vermische die Klägerin den Top-DownAnsatz, der zu einer prozentualen Lizenzgebühr führe, in unzulässiger Weise mit Überlegungen zu einem Festpreismodell, welche dem Top-Down-Ansatz fremd sei. Der Top-Down-Ansatz basiere grundsätzlich auf der Überlegung, dass die Basis für jede Wertschöpfung im Mobilfunkbereich die Mobilfunktechnologie als solche sei. Selbstverständlich entfalte das nicht FRAND-gemäße Lizenzangebot der Klägerin dabei auch eine Wettbewerbsrelevanz.
111 
Der Schadenersatz im […]-Verfahren könne das Berechnungsmodell der Klägerin nicht rechtfertigen. Es sei in dem […]-Verfahren nicht um eine Festsetzung einer FRAND-Lizenzgebühr gegangen, sondern um Schadensersatz nach den allgemeinen Bedingungen. Außerdem seien in dem von der Klägerin angeführten Pauschalbetrag geschätzte Lizenzzahlungen bis zum Jahr 2029 sowie Zinsen enthalten, so dass ein Vergleich mit den hier diskutierten Angeboten sich verbiete.
112 
Selbst wenn die Lizenzangebote der Klägerin FRAND wären, müsse die Unterlassungsklage abgewiesen werden, da die Beklagten der Klägerin ein konkretes FRAND-Angebot gemacht hätten.
113 
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2021 Bezug genommen.
B.
114 
Die zulässige Berufung ist begründet.
115 
Die Klägerin kann von den Beklagten die begehrte Unterlassung verlangen, da die Beklagten das Klagepatent verletzen (I.) und sie der Klägerin keinen kartellrechtlichen Missbrauchseinwand entgegenhalten können (II.).
116 
I. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sowie die Ansprüche auf Rückruf und Vernichtung stehen der Klägerin aus Artt. 2; 64 EPÜ i.V.m. §§ 9 Nr. 1; 14; 139 Abs. 1; 140a Abs. 1 und 3 PatG zu. Soweit die in der mündlichen Verhandlung über die Berufung gestellten Anträge auf die nach der Entscheidung des Bundespatentgerichts eingeschränkte Fassung des Klagepatents abstellen, kann der Klägerin nichts Anderes zugesprochen werden, als sie beantragt hat.
117 
Wegen der Problemstellung des Klagepatents wird auf die Darstellung im angefochtenen Urteil (S. 21 ff.) verwiesen.
118 
Gemäß dem übereinstimmenden Parteivortrag ist der Patentanspruch – mit der vom Bundespatentgericht vorgenommenen Einschränkung, die durch Unterstreichung hervorgehoben ist und auf die sich die Anträge der Klägerin stützen – auf Deutsch wie folgt zu gliedern:
119 
Mobiles Endgerät, das ausgebildet ist, das Verfahren nach Anspruch 1 auszuführen, umfassend:
120 
1. einen Empfänger, der ausgelegt ist zum Empfangen eines Steuerkanalsignals von einer Basisstation, wobei das Steuerkanalsignal umfasst
121 
1.1. einen Kanalgüteinformationsauslöser zum Auslösen einer Übertragung eines aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation,
122 
1.2. einen Modulations- und Codier-Schema (MSC)- Index, [und]
123 
1.3. Information über Ressourcenblöcke, die zur Übertragung von dem mobilen Endgerät an die Basisstation verwendet werden, 2. einen Prozessor, der ausgelegt ist zum Bestimmen,
124 
2.1. ob der Kanalgüteinformationsauslöser gesetzt ist und
125 
2.2. ob das Steuerkanalsignal einen vorbestimmten Wert des MCS-Indexes anzeigt und
126 
2.3. [ob das Steuerkanalsignal] eine Anzahl von Ressourcenblöcken, die kleiner oder gleich einer vorbestimmten Ressourcenblockanzahl ist, anzeigt,
127 
wobei das Steuerkanalsignal nur für den Fall als Befehl zur Übertragung eines aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation ohne Multiplexieren des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes mit Uplink-Shared-Channel-Daten interpretiert wird, dass der Bestimmungsschritt ein positives Ergebnis bringt, demzufolge der Kanalgüteinformationsauslöser gesetzt und das Steuerkanalsignal den vorbestimmten Wert des MCS-Indexes und eine Anzahl von Ressourcenblöcken, die kleiner oder gleich der vorbestimmten Ressourcenblockanzahl ist, anzeigt,
128 
3. und einen Sender, der ausgelegt ist zum Senden des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation ohne den aperiodischen Kanalgüteinformationsbericht mit Uplink-Shared-Channel-Daten zu multiplexieren, falls die Bestimmung das positive Ergebnis bringt.
129 
Hiervon sind – weiterhin – die Verwendung des Merkmals 3 und – neu – die Verwendung der des Merkmals 2.3. umstritten. Der Annahme der Verwirklichung der übrigen Merkmale liegen keine patentrechtlich unrichtigen Anschauungen zugrunde.
130 
Zutreffend hat das Landgericht entschieden, dass die angegriffenen Geräte Merkmal 3 des Patentanspruchs verwirklichen (1.). Auch die Merkmalgruppe 2 ist verwirklicht, selbst wenn man die eingeschränkte Fassung des Patentanspruchs entsprechend der Entscheidung des Bundespatentgerichts mit den Anträgen zugrunde legt (2.).
131 
1. Ohne Erfolg wendet sich die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil, soweit dieses eine Verletzung der Merkmalsgruppe 3 festgestellt hat. Das Landgericht hat den Anspruch insoweit zutreffend dahingehend ausgelegt, dass er nur das Multiplexieren mit Daten aus dem UL-SCH verbietet (a.). Bei dieser Auslegung verletzen die angegriffenen Geräte, die dem LTE-Standard entsprechen, den Patentanspruch (b.).
132 
a. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der Patentanspruch in Merkmal 3 nur das Multiplexieren mit Daten aus dem UL-SCH-Kanal ausschließt, nicht aber das Multiplexieren mit sonstigen Daten, insbesondere Steuerungsdaten wie dem HARQ-ACK. Entscheidend ist insoweit, ob der Begriff Uplink Shared Channel data in Merkmal 3 nur die Daten des UL-SCH umfasst oder alle Daten, die auf dem PUSCH übermittelt werden.
133 
aa. Zu Recht ist das Landgericht bei der Auslegung vom Wortlaut des Patentanspruchs ausgegangen (Art. 69 Abs. 1 S. 1 EPÜ) und hat festgehalten, dass der Ausdruck Uplink Shared Channel data auf den UL-SCH verweist. Denn PUSCH (Physical Uplink Shared Channel) und UL-SCH (Uplink Shared Channel) unterscheiden sich lexikalisch nur durch den Zusatz “physical” wo dieser fehlt, weist dies auf den UL-SCH, nicht auf den PUSCH hin. Der Einwand der Beklagten, der Begriff Uplink Shared Channel werde sowohl für den UL-SCH als auch für den PUSCH verwendet, geht daher nicht nur im Hinblick auf Abschnitt [0033] der Patentschrift, sondern auch für den Patentanspruch ins Leere.
134 
bb. Das Landgericht hat ebenfalls zutreffend festgestellt, dass dies auch dem Verständnishorizont des Durchschnittsfachmannes entspricht, nach dem sich die Auslegung gemäß Art. 69 Abs. 1 EPÜ zu richten hat.
135 
Maßgeblich ist dabei der Kenntnisstand am Anmelde- bzw. Prioritätstag (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 11. Aufl., Rn. A.102). Soweit es dafür auf Tatsachen wie das Vorverständnis auf dem betreffenden Fachgebiet ankommt, unter dem der Fachmann an die Lektüre der Patentschrift herantritt und die sein Verständnis des Patentanspruchs und der in ihm verwendeten Begriffe bestimmen oder beeinflussen können, sind diese Tatsachen, gegebenenfalls mit sachverständiger Unterstützung, festzustellen (BGH, Urteil vom 01.08.2006, X ZR 114/03 – Restschadstoffentfernung, Rn. 22). Die wertende Ermittlung des Bedeutungsgehalts der in der Patentschrift verwendeten Begriffe auf dieser Grundlage ist aber eine Rechtsfrage (BGH, Urteil vom 31.03.2009, X ZR 95/05 – Straßenbaumaschine, Rn. 16-18).
136 
Handelt es sich bei dem auszulegenden Begriff um einen gebräuchlichen Allgemein- oder Fachbegriff, ist dieser regelmäßig auch in dem allgemeinen oder fachspezifischen Sinn zu verstehen (BGH, Urteil vom 13.10.2015, X ZR 74/14 – Luftkappensystem, Rn. 17). Im Hinblick darauf muss der Patentanspruch keine bis ins allerletzte detaillierte Handlungsanweisung geben; er darf das voraussetzen, was jedem Fachmann als präsentes Wissen selbstverständlich ist (Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Rn. A.23). Der Stand der Technik kann zur Auslegung dann herangezogen werden, wenn sich die Patentschrift diesen zu eigen macht oder darauf aufsetzt. Dafür ist es regelmäßig erforderlich, dass die Patentschrift die Dokumente erwähnt, aus denen sich der Stand der Technik ergibt; dass dieser öffentlich und allgemein zugänglich war, genügt nicht (BGH, Urteil vom 22. 05.1990, X ZR 124/88 – Falzmaschine, Rn. 46; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Rn. A.73). Auch ohne ausdrückliche Erwähnung in der Patentschrift kann der Stand der Technik aber zur Auslegung herangezogen werden, wenn er zum allgemeinen Fachwissen gezählt hat (BGH, Urteil vom 20.10.1977, X ZR 37/76 – Stromwandler; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Rn. A.75).
137 
Danach ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass der Fachmann zum Prioritätszeitpunkt mit der Unterscheidung zwischen UL-SCH und PUSCH vertraut war, dass ihm bewusst war, dass der PUSCH neben dem UL-SCH weitere Kanäle umfasste und dass auf dem UL-SCH keine Steuerungsinformationen wie die HARQ-ACK-Daten übertragen wurden. Ob insoweit das Standarddokument 3 GPP TS 36.212 (v. 8.2.0) (2008-3) zum Verständnis herangezogen werden durfte, obwohl dieses in der Patentschrift nicht erwähnt ist, kann dahinstehen. Denn es ist unstreitig, dass der Zusammenhang zwischen UL-SCH und PUSCH und die Zuordnung der Datenkanäle, wie sie in dem Dokument beschrieben sind, schon zum Prioritätszeitpunkt in Fachkreisen allgemein bekannt waren. Damit sind sie dem Verständnishorizont zuzurechnen, unter dem der Fachmann an die Lektüre der Patentschrift herantritt und die sein Verständnis des Patentanspruchs und der in ihm verwendeten Begriffe bestimmen. Auf dieser Grundlage bestand für den Fachmann kein Anlass, den Begriff Uplink Shared Channel data anders zu verstehen als wortlautgemäß und entsprechend der fachlich bekannten Bedeutung als Bezugnahme auf den UL-SCH.
138 
cc. Dem Landgericht ist auch darin zu folgen, dass sich aus der nach Art. 69 Abs. 1 S. 2 EPÜ zur Auslegung des Patentanspruchs heranzuziehenden Beschreibung kein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass der Begriff Uplink Shared Channel data in der Patentschrift entgegen dem Fachgebrauch auf alle Daten des PUSCH bezogen wird.
139 
Insoweit gilt, dass stets zu prüfen ist, ob die Patentschrift einen Begriff in einer Bedeutung verwendet, die vom allgemeinen oder fachlich etablierten Sprachgebrauch abweicht. Das kann sich aus einer Legaldefinition, bestimmten Ausführungsbeispielen oder in sonstiger Weise explizit aus der Patentschrift ergeben. Denn diese ist insoweit ihr eigenes Lexikon und letztlich ist nur der aus der Patentschrift sich ergebende Begriffsinhalt maßgeblich (BGH, Urteil vom 12.05.2015, X ZR 43/13 – Rotorelemente, Rn. 16). Deshalb bleibt für einen Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch umso weniger Raum, je eindeutiger der Wortlaut des Merkmals und seine Bestimmung aus dem Inhalt der Patentschrift erscheint (BGH, Urteil vom 02.03.1999, X ZR 85/96 – Spannschraube, Rn. 53; BGH, Urteil vom 07.06.2005, X ZR 198/01 – werkstoffeinstückig). Die Divergenz zum allgemeinen Sprachgebrauch kann sich auch aus dem gebotenen funktionsorientierten Verständnis der Anspruchsmerkmale ergeben (BGH, Urteil vom 13.10.2015, X ZR 74/14 – Luftkappensystem, Rn. 18; OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.10.2011, I-2 U 3/11, Rn. 27). Im Zweifel ist ein Verständnis der Beschreibung und des Anspruchs geboten, das beide Teile der Patentschrift nicht in Widerspruch zueinander bringt, sondern sie als aufeinander bezogene Teile der dem Fachmann mit dem Patent zur Verfügung gestellten technischen Lehre als eines sinnvollen Ganzen versteht (BGH, Urteil vom 27. 10.2015, X ZR 11/13 – Fugenband, Rn. 14; BGH, Urteil vom 12.05.2015, X ZR 43/13 – Rotorelemente, Rn. 16).
140 
Die Patentschrift enthält keinen Hinweis darauf, dass die Begriffe Physical Uplink Shared Channel (PUSCH), Uplink Shared Channel (UL-SCH) und – daraus abgeleitet – Uplink Shared Channel data synonym oder in sonstiger Weise anders verwendet würden als nach den fachlichen Standards. Die Patentschrift verwendet insbesondere auch den Begriff des Physical Uplink Shared Channel (PUSCH) – in den Abschnitten [0002], [0033] und [0041] und in den Ansprüchen 3, 4, 11 und 12 – und stellt ihn in Abschnitt [0033] dem Begriff des UL-SCH gegenüber: „b) PUSCH transmissions with no UL-SCH (Uplink Shared Channel)”.
141 
Zudem stützen die Abschnitte [0043] und [0056] der Patentschrift das Verständnis, dass sich der Begriff Uplink Shared Channel Data nur auf die Nutzerdaten im Datenpuffer des Mobilgerätes bezieht, die über den UL-SCH gesendet werden. Abschnitt [0043] steht in Zusammenhang mit Abschnitt [0041], in dem erläutert wird, dass der CQI-Bericht mit Nutzerdaten multiplexiert werde, wenn der Datenpuffer des Mobilgerätes nicht leer ist: „Usually, in case a data buffer at the UE is non-empty, user data and CQI are multiplexed with each other.“ Darauf folgt in Abschnitt [0043] die Zielbestimmung, es sei wünschenswert, einen aperiodischen CQI-Bericht ohne Multiplexieren mit Uplink Shared Channel data anfordern und senden zu können, selbst wenn der Datenpuffer der Mobilstation nicht leer ist: „even in case the data buffer in the terminal is non-empty“. Dieser Zusatz nimmt ersichtlich Bezug auf die Beschreibung in Abschnitt [0041] und das dort beschriebene Multiplexieren mit user data. Ein Multiplexieren mit anderen als diesen Daten wird hier ebensowenig erwähnt wie in der Definition des Begriffs „CQI-only mode“ in Abschnitt [0056]. Nach dieser Definition bedeutet „CQI-only“ nicht das vollständige Absehen von Multiplexieren, sondern nur von Multiplexieren mit Nutzerdaten, selbst wenn der Datenpuffer nicht leer ist („an aperiodic reporting of CQI that ist not multiplexed with user data even if the buffer ist not empty“).
142 
Demgegenüber vermag die Auslegung der Beklagten, die Patentschrift lehre unter den definierten Bedingungen die isolierte Übertragung des CQI-Berichts und damit den Verzicht auf jegliches Multiplexieren, nicht zu überzeugen, weil sie auf die Wendung “only contains CQI information” bzw. „CQI-only“ verengt ist.
143 
dd. Auch aus der technischen Funktion, die der Vermeidung des Multiplexierens nach dem Erfindungsgedanken zugemessen wird, lässt sich die von den Beklagten vertretene Auffassung nicht ableiten.
144 
Im Rahmen der gebotenen funktionsorientierten Auslegung sind Merkmale und Begriffe des Patentanspruchs so zu deuten, wie dies angesichts der ihnen nach dem offenbarten Erfindungsgedanken zugedachten technischen Funktion angemessen ist (BGH, Urteil vom 12.02.2009, Xa ZR 116/07 – Trägerplatte, Rn. 18-20; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 14. Aufl., Rn. A.65). Dementsprechend ist aus der Funktion der einzelnen Merkmale im Kontext des Patentanspruchs abzuleiten, welches technische Problem diese Merkmale für sich und in ihrer Gesamtheit tatsächlich lösen (BGH, Urteil vom 13.10.2015, X ZR 74/14 – Luftkappensystem, Rn. 16).
145 
Die von den Beklagten aufgeworfene Fragestellung, ob nicht nur das Multiplexieren mit den Daten des UL-SCH, sondern jedes Multiplexieren mit anderen Daten vermieden werden sollte, mag unter der Aufgabe, die sich die Erfindung stellt – nach Abschnitt [0044] die effektive Übermittlung des CQI-Berichts zur Sicherung der optimalen Ressourcenverteilung – sinnvoll sein. Tatsächlich wird sie aber in der Patentschrift nicht aufgeworfen, insbesondere, wie ausgeführt, nicht in Abschnitt [0043]. Die Verhinderung jeglichen Multiplexierens ist auch nicht notwendig zur Erfüllung der technischen Aufgabe; es ist auch zweckmäßig, nur das Multiplexieren mit den Nutzerdaten zu unterbinden. Die Klägerin hat – in technischer Hinsicht unbestritten – darauf hingewiesen, dass dieses besonders problematisch ist, weil diese Daten regelmäßig sehr umfangreich seien und daher die Übermittlung des CQI-Berichts erheblich verzögern könnten, während die anderen Steuerinformationen wie die ACK/NACK-Daten nur wenige Bits lang und überdies ähnlich systemrelevant seien wie der CQI-Bericht.
146 
ee. Die in der Erteilungsakte dokumentierten Vorgänge sind für die Auslegung des Begriffs Uplink Shared Channel data unergiebig und sprechen – soweit sie herangezogen werden dürfen – eher für das Verständnis als UL-SCH-Daten.
147 
Die Erteilungsakte ist grundsätzlich nicht zur Auslegung mit heranzuziehen, was sich aus Art. 69 Abs. 1 EPÜ ergibt (BGH, Urteil vom 12.5.2015, X ZR 43/13 – Rotorelemente, Rn. 17; BGH, Urteil vom 12.03.2002, X ZR 43/01, Rn. 32f.). Zutreffend hat das Landgericht auch ausgeführt, dass es der Heranziehung der Erteilungsakte im vorliegenden Fall nicht bedarf, um den Gehalt der Patentschrift zu erschließen (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2015, X ZR 30/14– Glasfasern II, Rn. 36). Soweit es zulässig ist, Äußerungen des Anmelders oder des Prüfers im Erteilungsverfahren als Indiz dafür heranzuziehen, wie der Fachmann den Gegenstand des Patents versteht (BGH, Urteil vom 14. 06.2016, X ZR 29/15 – Pemetrexed, Rn. 39), lässt sich im vorliegenden Fall hieraus nichts ableiten.
148 
Der Einwand des Prüfers vom 10.10.2011 (vorgelegt in Anlage B1) hat schon deshalb keine Indizwirkung, weil der hier auszulegende Begriff „Uplink Shared Channel data“ erst nach diesem Schreiben eingefügt wurde; ein in dem Schreiben etwa zum Ausdruck kommendes Verständnis könnte sich nur auf den zuvor verwendeten Begriff „user data“ beziehen, der hier nicht in Frage steht. Zudem betraf der Einwand, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht die Terminologie, sondern die Unklarheit, ob auch Ausführungen in den Schutzbereich fallen, bei denen der CQI-Bericht stets ohne Multiplexieren übertragen wird. Ungeachtet all dessen spricht der Umstand, dass es sich bei den Daten des UL-SCH – unstreitig – hauptsächlich um Nutzerdaten handelt, und dass die Begriffe user data und Uplink Shared Channel data in der Patentschrift synonym verwendet werden (z.B. in Abschnitten [0041], [0043]), für die Ansicht der Klägerin, dass es sich lediglich um eine Begriffsersetzung ohne inhaltliche Änderung handelte und dass Uplink Shared Channel data weiterhin die Nutzerdaten des UL-SCH bezeichnen sollten. Dagegen lässt sich nicht geltend machen, dass in einer früheren Fassung der Patentschrift in Anspruch Nr. 3 klarstellend von Uplink Shared Channel, UL-SCH, data die Rede war. Die vorgelegten Unterlagen enthalten keinen Hinweis darauf, dass mit dem Entfallen des Zusatzes „UL-SCH“ eine Bedeutungsänderung verbunden war und Uplink Shared Channel nunmehr den PUSCH bezeichnen sollte. Vielmehr bezeichnete die Klägerin den Begriffswechsel im Schreiben vom 15.02.2012 (Anlage B1) als Ersetzung („the term `user data´ is replaced by the term `Uplink Shared Channel data´ this being supported by previous claim 3 and the description on page 13, last paragraph“).
149 
ff. Dagegen findet die hier vertretene Auslegung Bestätigung im Hinweisbeschluss des Bundespatentgerichts vom 8. Mai 2019 (Anlage K 30). Auf S. 13 des Hinweisbeschlusses führt das Bundespatentgericht aus: „Für den Fall eines positiven Ergebnisses wird ein aperiodischer Kanalgütebericht an die Basisstation gesandt, ohne dass die Daten des aperiodischen Kanalgüteberichts mit Uplink Shared Channel Daten gemultiplext werden. Dabei dürfte Anspruch 1 nicht ausschließen, dass sie mit anderen Daten gemultiplext werden, die nicht dem Uplink Shared Channel entstammen.“ Dies lässt sich auf den wortlautgleichen Anspruch 9 übertragen, wie sich aus S. 36 des Beschlusses ergibt.
150 
Der Hinweisbeschluss ist als fachliche Äußerung berücksichtigungsfähig (Kühnen, Handbuch, 14. Aufl., Rn. 102-111). Dass sich der hier maßgebliche Zusatz „Dabei dürfte Anspruch 1 nicht ausschließen, dass sie mit anderen Daten gemultiplext werden, die nicht dem Uplink Shared Channel entstammen“ im Urteil vom 19.09.2019 (2 Ni 14 /17, 2 Ni 20/17) nicht wiederfindet, ändert daran nichts. Denn die Bemerkung wird im Urteil auch nicht negiert. Dass sie entfallen ist, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass diese Erwägung die Entscheidung des Bundespatentgerichts nicht trägt.
151 
b. Dass nach dieser Auslegung jedes dem LTE-Standard genügende Mobiltelefon die in der Lehre der Gruppe 3 enthaltenen Merkmale denknotwendig aufweist, ist weiterhin zwischen den Parteien nicht im Streit. Aus der Dokumentation des LTE-Standards ergibt sich, dass ein Multiplexieren mit den (Nutzer-)Daten aus dem UL-SCH Kanal nicht stattfindet, wenn die in der Patentschrift definierten Bedingungen vorliegen. Ob der aperiodische CQI-Bericht in diesem Fall mit anderen Daten, insbesondere der Steuerinformation des HARQ-ACK, multiplexiert wird, ist für die Verwirklichung der Lehre des Klagepatents unerheblich, da diese sich hiermit – wie ausgeführt – nicht befasst.
152 
2. Erstmals in der Berufungsinstanz haben die Beklagten auch geltend gemacht, dass die angegriffenen Geräte die Merkmale der Gruppe 2 des Patentanspruchs nicht verwirklichten.
153 
Der Einwand beruht auf der Auslegung, der Patentanspruch enthalte in der eingeschränkten Form eine Ausschließlichkeitsbedingung dahingehend, dass das Multiplexieren mit UL-SCH-Daten nur in dem Fall unterbleiben dürfe, dass die Bedingungen des Patentanspruchs erfüllt sind. Die Beklagten bestreiten zwar weiterhin nicht, dass die angegriffenen Geräte nach dem LTE-Standard immer dann ein Multplexieren mit den UL-SCH-Daten verhindern, wenn die im Patentanspruch definierten Bedingungen vorliegen. Sie machen aber geltend, dass auch in anderen als den von der Patentschrift definierten Fällen ein CQI-Bericht ohne Multiplexieren mit Nutzerdaten übermittelt werde.
154 
Der Einwand ist nach §§ 531 Abs. 2 Nr. 3; 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig. Denn er beruht auf der Einschränkung des Klagepatents durch das Urteil des Bundespatentgerichts vom 19. September 2019 und konnte daher in erster Instanz noch nicht geltend gemacht werden. Zudem sind die zugrundeliegenden Tatsachen – einschließlich des von den Beklagten vorgetragenen Testergebnisses – unstreitig.
155 
Selbst unter Berücksichtigung der eingeschränkten Fassung greift dieser Einwand nicht durch.
156 
a. Dem liegt eine unzutreffende Auslegung der Beklagten zugrunde. Der Patentanspruch verhält sich zur Frage des Multiplexierens in anderen Konstellationen als der dort beschriebenen nicht.
157 
aa. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut des eingeschränkten Anspruchs. Dort heißt es, dass das Steuerkanalsignal nur in dem beschriebenen Fall als Befehl zur Übertragung eines aperiodischen CQI-Berichts ohne Multiplexieren mit UplinkSchared-Channel-Daten interpretiert werden soll („only interpreting the control channel signal as commanding that the aperiodic channel quality report be transmitted to the base station without multiplexing the aperiodic channel quality information report with Uplink Shared Channel data in case […]“). Demnach beschränkte sich die „nur-dannwenn“-Verknüpfung, auf die sich die Beklagten stützen, darauf, dass der im Patentanspruch beschriebene Prozess – nämlich der Wechsel gerade in den „CQI-only-Modus“, der in der Patentschrift beschrieben und in Abschnitt [0056] definiert ist – nur dann durch Interpretation des Steuerkanalsignals als Befehl (zur Übertragung eines aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes an die Basisstation ohne Multiplexieren des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes mit Uplink-Shared-Channel-Daten) ausgelöst werden soll, wenn alle drei im Anspruch definierten Bedingungen vorliegen.
158 
Für alle anderen Fälle – also das Verhalten, wenn die Bedingungen nicht erfüllt sind, weil keine, nur eine oder nur zwei, nicht aber alle erfüllt sind – enthält der Patentanspruch auch nach dieser eingeschränkten Fassung keine Regelung. Insbesondere kann dem „only“ nicht in einem Umkehrschluss das Gebot entnommen werden, in jeder anderen Konstellation die Daten zu multiplexieren bzw. das Verbot, in jeder anderen Konstellation auf das Multiplexieren oder gar auf die Übertragung des angeforderten aperiodischen Kanalgüteinformationsberichtes zugunsten von UplinkShared-Channel-Daten zu verzichten. Ein solches Ge- oder Verbot hätte besonders zum Ausdruck gebracht werden müssen, etwa durch einen Zusatz wie „otherwise, the aperiodic channel quality report has to be multiplexed with Uplink Shared Channel data“ oder „otherwise, a transmission to the base station without multiplexing the aperiodic channel quality information report with Uplink Shared Channel data is disallowed“.
159 
bb. Diese Auslegung hinsichtlich einer eingeschränkten Fassung des Klagepatentes ist aufgrund der Beschreibung geboten. Die Patentschrift stellt sich zum Ziel, ein Kontrollsignal zu definieren, das zuverlässig und immer zur Rückübersendung einer Kanalgüteinformation im „CQI-only“-Modus führt (Abschnitt [0043]). Nach dem im Patent beschriebenen Stand der Technik gab es einen solchen Steuerungsbefehl noch nicht, auch wenn – wie sich aus der Darstellung des technischen Hintergrundes ergibt – bereits Konstellationen bekannt waren, in denen der Kanalgütebericht nicht mit Nutzerdaten multiplexiert wurde.
160 
Zu diesen Konstellationen gehört der Fall, dass keine Nutzerdaten im Speicher des Mobilgerätes vorhanden sind, also keine Uplink-Shared-Channel-Daten zu Übermittlung anstehen. Diese Situation fällt von vornherein aus dem Blickwinkel der Aufgabenstellung und des Patentanspruchs. Das ergibt sich aus verschiedenen Stellen, in denen die Wirkungsweise des beschriebenen Steuerbefehls mit dem Zusatz beschreiben wird „even if the buffer ist non- [bzw. not] empty“ (z.B. Abschnitte [0043], [0056]). Das Fehlen von Nutzerdaten, mit denen multiplexiert werden könnte, war aber nicht die einzige Konstellation, in der bereits nach dem Stand der Technik der Kanalgütebericht ohne Nutzerdaten übermittelt wurde. Aus der Beschreibung des technischen Hintergrundes in der Patentschrift ist ersichtlich, dass der Kanalgütebericht nur regelmäßig – also nicht immer – multiplexiert übermittelt wurde, wenn Nutzerdaten im Puffer des Mobilgerätes vorhanden waren: „Usually, in case a data buffer at the UE is nonempty, user data and CQI are multiplexed with each other“ (Abschnitt [0041]; Unterstreichungen hinzugefügt). Die Ausnahmekonstellationen, in denen trotz vorhandener Nutzerdaten nicht multiplexiert wurde, waren aber – wie sich aus der Aufgabenstellung ergibt – nicht so systematisiert und definiert, dass sie kontrolliert und zuverlässig zur Anforderung eines Kanalgüteberichts im „CQI-only-Modus“ benutzt werden konnten.
161 
Unter diesen Voraussetzungen und dieser Aufgabenstellung ist es für den Patentanspruch auch in einer eingeschränkten Fassung unerheblich, welches Verhalten das System zeigt, wenn die für den „CQI-only“-Modus definierten Bedingungen nicht vorliegen. Insbesondere stellt es die Funktionalität der geschützten Erfindung in der im Verletzungsprozess noch geltend gemachten Fassung des Anspruchs nicht in Frage, wenn es auch in anderen Konstellationen zur Übersendung eines nicht multiplexierten Kanalgüteberichtes kommen kann. Dementsprechend bestand kein Anlass, in der Patentschrift auf das Verhalten des Systems in den Fällen einzugehen, in denen die dort definierten Bedingungen nicht vorliegen. Insbesondere bestand kein Anlass, das Multiplexieren in diesen Fällen zu verbieten oder gar den einzig zur Verfügung stehenden Ressourcenblock statt zur Übermittlung des Kanalgüteberichts für die Übermittlung von Uplink-Shared-Channel-Daten zu verwenden. Dementsprechend verhält sich die Beschreibung dazu nicht. Nur in Abschnitt [0059] widmet sie sich dem Verhalten, wenn die vom Patentanspruch definierten Bedingungen nicht vorliegen. Ausdrücklich wird dort ausgeführt, dass dann der CQI-Trigger (die Anforderung des aperiodischen Kanalgüteberichts durch die Basisstation) in seiner normalen Bedeutung verstanden werden soll; das könne – nicht müsse – ein Multiplexieren der CQI-Daten mit Nutzerdaten einschließen: „the terminal will interpret the CQI trigger as well as the transport format parameter in their usual meaning. Those skilled in the art will recognise that this usual meaning may be a multiplexing of CQI with user data in an uplink transmission”.
162 
Dem steht Abschnitt [0064] nicht entgegen. Dort heißt es zwar “only the reception of a control channel signal signalling a predetermined RV value, preferentially the RV value 1, together with a CQI trigger signal and a predetermined MCS index (transport format parameter value), will be interpreted by the terminal as meaning that a CQI-only report shall be transmitted to the base station”. Auch dieser “nur dann, wenn”-Bedingung (“shall only”) wohnt aber vor dem oben dargestellten Hintergrund kein Ausschließlichkeitsanspruch und dementsprechend kein Verbot (“must not”) des Multiplexierens oder gar ein Verbot der Übermittlung des aperiodischen Kanalgüteberichts in allen anderen Fällen inne. Vielmehr ist auch diese Stelle im Licht des Patentanspruchs und der Aufgabenstellung in Abschnitt [0043] (nur) dahingehend zu verstehen, dass die vom Patent beschriebene zwingende Verknüpfung zwischen dem Kontrollsignal und dem in der Patentschrift definierten „CQI-only“-Modus durch die Interpretation des Steuerkanalsignals als Befehl nur dann eingreifen soll, wenn die Bedingungen des Patents vorliegen.
163 
cc. Auch insoweit findet die Auslegung Bestätigung im Urteil des Bundespatentgerichts vom 19.09.2019 (Anlage [...] 6). Dort heißt es auf S. 33-35: „Wie bereits ausgeführt, wird nicht beansprucht, dass nur in dem Fall, dass alle drei Bedingungen erfüllt sind, ein Kanalgüteinformationsbericht ohne Multiplexieren mit Uplink-SharedChannel-Daten übertragen wird, sondern Anspruch 1 stellt auf die Interpretation des übertragenen Befehls ab, so dass eine Übertragung ohne Multiplexieren auch in anderen Fällen erfolgen kann, sofern ein anderer Befehl dies unter bestimmten Umständen zulässt. (…) Es kommt demnach nicht darauf an, dass es unter keinen anderen Bedingungen zu einer nicht gemultiplexten Übertragung des Kanalgüteinformationsberichts kommt, sondern, dass der Modus, bei dem immer eine nicht gemultiplexte Übertragung des Kanalgüteinformationsberichts erfolgt, nur dann eingenommen wird, wenn alle drei Bedingungen erfüllt sind (…) Die aufgeführten Stellen zeigen, dass es um die Interpretation eines Befehls in einer bestimmten Weise und nicht um den Ausschluss der nicht gemultiplexten Übertragung eines Kanalgüteinformationsberichts für alle anderen Fälle geht.“ (vgl. auch S. 25, 27 des Urteils).
164 
dd. Demgegenüber ist der Auslegung der Beklagten selbst unter Annahme einer eingeschränkten Fassung des Klagepatents nicht zu folgen. Der Ausschließlichkeitsanspruch, den diese der Patentschrift entnehmen wollen, ist zu sehr auf eine sprachliche Ausdeutung des Begriffs „only“ fokussiert und lässt die oben dargestellten weiteren Umstände außer Betracht, insbesondere, dass es für die Aufgabenstellung und die beschriebene Funktionalität technisch unerheblich ist, wie sich das System in anderen Fällen verhält, und dass die Patentschrift an der einzigen Stelle, an der sie sich dieser Frage widmet (Abschnitt [0059]), ausdrücklich anerkennt, dass es auch in anderen Fällen zu einer Übermittlung des Kanalgüteinformationsberichtes ohne Multiplexieren mit Nutzerdaten kommen kann.
165 
Daran ändert auch der zuletzt vorgebrachte Einwand nichts, es gebe keinen anderen Befehl als den CQI-Request-Trigger, um einen aperiodischen Kanalgüteinformationsbericht anzufordern, und daher auch keinen „anderen Befehl“ im Sinne des Bundespatentgerichts, der eine Übersendung ohne Multiplexieren „unter bestimmten Umständen“ zulassen könnte. Das Patent führt keinen eigenen, neuen Steuerungsbefehl für den Übergang in den CQI-only-Modus ein, sondern verwendet die Interpretation einer bestimmten Kombination aus bereits vorhandenen Signalen als „Befehl“. Dementsprechend ist es ein „anderer Befehl“, wenn zwar der CQI-Request-Trigger aktiviert ist, aber eines der beiden anderen Signale oder beide von den vordefinierten Werten abweichen.
166 
Zutreffend ist lediglich, dass es aus dem Patentanspruch herausführen würde, wenn der durch den CQI-Request-Trigger angeforderte aperiodische Kanalgüteinformationsbericht immer ohne Multiplexieren übermittelt würde, unabhängig davon, welche Werte für den MCS-Index und die Ressourcenblockanzahl gesetzt sind. Dann würde es an der Abgrenzung zwischen dem im Patent besonders definierten und dem sonstigen Verhalten fehlen, die der Patentanspruch mit „only“ definiert und voraussetzt.
167 
b. Nach dieser Auslegung ändert auch eine Einschränkung des Patentanspruchs, wie vom Bundespatentgericht angenommen, nichts daran, dass die angegriffenen Geräte von der Merkmalsgruppe 2 Gebrauch machen.
168 
Die Verletzung liegt darin, dass die angegriffenen Geräte nach dem LTE-Standard unter den im Patentanspruch definierten Voraussetzungen und nach der dort beschriebenen Logik das Multiplexen im Uplink unterbinden, was weiterhin unstreitig ist.
169 
Durch das Verhalten in anderen als der im Patentanspruch definierten Konstellation wird die Verletzung grundsätzlich nicht in Frage gestellt, da sich der Patentanspruch dazu – wie ausgeführt – nicht verhält. Das gilt insbesondere für die Frage, ob ein CQI-Bericht in diesen Fällen überhaupt übermittelt wird und ob er dabei – mit welchen Daten auch immer – multiplexiert wird oder nicht. Die von den Beklagten vorgetragenen Testergebnisse beziehen sich ausnahmslos auf Konstellationen, in denen die vom Patentanspruch definierten Bedingungen nicht vorlagen, und widerlegen die Patentverletzung daher nicht direkt. In den Testszenarien 1 bis 3 war der Datenpuffer leer, so dass ein Multiplexieren logisch ausgeschlossen war. Dass diese Konstellation von vornherein nicht im Regelungsfeld des Patentanspruchs liegt, wurde oben dargestellt. Im Testszenario 4 wurde der Kanalgüteinformationsbericht ohne Multiplexieren mit Nutzerdaten übermittelt, obwohl solche im Speicher vorhanden waren, und obwohl der MCS-Index auf 0 gesetzt war und somit nicht dem vorgeschriebenen Wert entsprach. Das ist – wie die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat – darauf zurückzuführen, dass nur ein Ressourcenblock und damit keine hinreichende Übertragungskapazität für die gleichzeitige Übermittlung des aperiodischen Kanalgüteinformationsberichts und Uplink-Shared-Channel-Daten zur Verfügung gestellt wurde, so dass das Multiplexieren – nicht anders als in den Testszenarien 1 bis 3 – von vornherein logisch ausgeschlossen war. Auf welche konkrete technische Vorgabe das Verhalten in Testszenario 4 zurückgeht und ob dahinter – wie die Beklagten vorgetragen haben – eine im Standard vorgenommene Priorisierungsentscheidung (zugunsten von Steuerungs- und zu Lasten von Nutzinformationen) liegt, bedarf indes keiner abschließenden Klärung. Denn jedenfalls ist mit Testszenario 4 nur eine einzige Ausnahmekonstellation nachgewiesen, in der es nicht zum Multiplexieren des Kanalgüteinformationsberichts kommt, obwohl Nutzerdaten im Speicher vorhanden sind. Dass es – ausnahmsweise – ein solches Verhalten geben kann, ist aber in der Patentschrift offenbart und führt somit nicht aus dem Patentanspruch hinaus.
170 
Widerlegt wäre die Verletzung nur dann, wenn die Beklagten nachgewiesen hätten, dass der Kanalgüteinformationsbericht nicht nur in bestimmten Ausnahmekonstellationen, sondern generell nicht multiplexiert mit Nutzerdaten übermittelt würde, auch wenn die im Patent beschriebenen Bedingungen nicht vorliegen. Das gelingt mit den gewählten Testszenarien nicht, wird in dieser Allgemeinheit von den Beklagten nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.
171 
II. Dem Unterlassungsanspruch können die Beklagten einen kartellrechtlichen Missbrauchseinwand nicht entgegenhalten.
172 
1. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht angenommen, dass die Klägerin zwar Normadressatin des Art. 102 AEUV ist, da ihr im Hinblick auf das standardessenzielle Klagepatent eine beherrschende Stellung auf dem Lizenzmarkt zukommt. Diese Stellung begründet sich nicht durch die Tatsache, dass allein die Klägerin als Patentinhaberin Lizenz erteilen kann, sondern durch die Auswirkungen der Standardisierung auf dem Produktmarkt. Denn die Benutzung der patentgeschützten Lehre ist für die Umsetzung des von der Standardisierungsorganisation ETSI normierten Standards unerlässlich, so dass es technisch nicht möglich ist, die Erfindung zu umgehen, ohne für den Produktmarkt wichtige Funktionen einzubüßen. Es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die dem Patent und dem Standard entsprechende technische Lehre durch eine andere technische Gestaltung des Produkts substituierbar wäre.
173 
2. Zutreffend hat das Landgericht auch darauf abgestellt, dass die Klägerin die Beklagten erst mit dem Schreiben vom 1. Februar 2016 auf die Verletzung des Klagepatentes hingewiesen hat. Das Schreiben vom 15. Dezember 2014, an das im Jahr 2015 mehrfach erinnert wurde, betraf hingegen ausschließlich eine Verletzung von [...]-Patenten. Es vermochte den Zweck eines solchen Verletzungshinweises nicht zu erfüllen. Denn dieser liegt darin, dass sich der Patentverletzer in Anbetracht der großen Zahl von SEP, die zur Umsetzung eines Standards wie dem vorliegenden benutzt werden müssen, möglicherweise nicht bewusst ist, mit der Implementierung einer vom Standard geforderten technischen Lösung rechtswidrig von der Lehre des standardessentiellen Patents Gebrauch zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 05.05.2020 – KZR 36/17 – FRAND-Einwand I, Rn. 73, 74; Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 55; EuGH, Urteil vom 16.07.2015 – C-170/13 – Huawei ./. ZTE, Rn. 6062). Dieser Hinweisfunktion wird der Patentinhaber nur gerecht, wenn er gerade auf die Verletzung des Klagepatentes hinweist, da es die Verletzung sowohl in sachlicher als auch in räumlicher Hinsicht konkretisiert und den Verletzer nur so in die Lage versetzt, sich ein Bild von der Berechtigung des Patentverletzungsvorwurfs zu machen, (vgl. BGH, Urteil vom 05.05.2020 – KZR 36/17 – FRAND-Einwand I, Rn. 85). Der Hinweis auf die Verletzung von [...]-Patenten reichte danach nicht aus, um bei den Beklagten das Bewusstsein zu schaffen, dass (auch) das Europäische Patent verletzt werde. Dieser Hinweis erfolgte erst mit Schreiben vom 1. Februar 2016 (Anlage K 20, Seiten 1-109). Darin wurde inhaltlich ausreichend in einem sog. „Claim Chart“ die Merkmale von Anspruch 9 des Klagepatentes Auszügen aus den oben genannten LTE-Standarddokumenten gegenübergestellt (K 20, S. 79 = AS I „Sonderband Klägerin“ 134).
174 
3. Entgegen der Ansicht des Landgerichtes missbraucht die Klägerin aber ihre marktbeherrschende Stellung nicht, wenn sie zum Abschluss eines Lizenzvertrags zu anderen als den von ihr vorgeschlagenen Bedingungen nicht bereit ist, weil die Beklagten nicht lizenzwillig sind.
175 
a. Für die Beurteilung, ob ein Verhalten des Lizenzsuchers eine Lizenzwilligkeit zum Ausdruck bringt oder der Verzögerung des Abschlusses eines Lizenzvertrags zu FRAND-Bedingungen dient, führt der Senat seine Rechtsprechung (Urteile vom 30.10.2019 – 6 U 183/16 – Datenpaketverarbeitung, GRUR 2020, 166; vom 09.12.2020 – 6 U 103/19 – Mobilstation, GRUR-RR 2021, 203 und vom 25.11.2020 – 6 U 104/18 (unveröffentlicht)) unter Berücksichtigung des danach veröffentlichten Urteils des Bundesgerichtshofs vom 24. November 2020 (KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, BGHZ 227, 305) nach Maßgabe folgender Erwägungen fort:
176 
Für den erforderlichen Willen des Nutzers der geschützten technischen Lehre, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu schließen, genügt es regelmäßig nicht, wenn der Verletzer sich auf den Verletzungshinweis lediglich bereit zeigt, den Abschluss eines Lizenzvertrages zu erwägen oder in Verhandlungen darüber einzutreten, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Vertragsschluss für ihn in Betracht komme. Vielmehr muss sich der Lizenzsucher klar und eindeutig bereit erklären, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen, wie auch immer FRAND-Bedingungen tatsächlich aussehen mögen, und muss auch in der Folge zielgerichtet an den Lizenzverhandlungen mitwirken (vgl. BGH, Urteil vom 05.05.2020 – KZR 36/17 – FRAND-Einwand I, Rn. 83, 95 unter Hinweis auf die treffende Formulierung: “a willing licensee must be one willing to take a FRAND licence on whatever terms are in fact FRAND” (Birss, J) EWHC, Urteil vom 5. April 2017, [2017] EWHC 711 (Pat) Rn. 708 - [...] v [...]); Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 57).
177 
Bei der vom Verletzer zu fordernden Lizenzwilligkeit handelt es sich nicht um eine statische Haltung, die nach ihrer Verneinung oder Bejahung für einen bestimmten Zeitraum fortan unveränderlich fortbestünde. Eine missbräuchliche Verweigerung durch den marktbeherrschenden Patentinhaber setzt zwingend ein fortdauerndes Verlangen des Verletzers nach Abschluss eines Vertrages zu FRAND-Bedingungen und dessen Bereitschaft zur Mitwirkung am Zustandekommen eines solchen Vertrages voraus, ohne die eine „Verweigerung“ des Patentinhabers ins Leere ginge (BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 66). Die fortdauernde Lizenzbereitschaft ist danach unabdingbare Voraussetzung einer erfolgreichen Lizenzverhandlung und damit auch für den Vorwurf eines Missbrauchs von Marktmacht gegenüber dem Patentinhaber bei deren Scheitern (BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 68).
178 
Die Anforderungen an das Verhalten des Patentinhabers und an das Verhalten des Nutzers der Erfindung bedingen sich dabei wechselseitig. Da Maßstab der Prüfung dasjenige ist, was eine vernünftige Partei, die an dem erfolgreichen, beiderseits interessengerechten Abschluss der Verhandlungen interessiert ist, zur Förderung dieses Ziels in einem bestimmten Verhandlungsstadium jeweils tun würde, entziehen sich die im Einzelnen zu stellenden Anforderungen einer generellen Definition (BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 57; EuGH, Urteil vom 16.07.2015 – C-170/13 – Huawei ./. ZTE, Rn. 71). Dabei bauen die Verhandlungsschritte von an einem Vertragsschluss interessierten Parteien aufeinander auf. Eine Förderpflicht besteht deshalb stets, wenn und insoweit nach den geschäftlichen Gepflogenheiten und den Grundsätzen von Treu und Glauben mit dem nächsten Verhandlungsschritt zu rechnen ist (BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 68).
179 
Unter welchen Umständen eine fehlende Lizenzbereitschaft des Patentverletzers vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 78). Die Bekundung eines Lizenzierungswunsches oder der Verhandlungsbereitschaft sagt noch nichts darüber aus, ob diese Erklärung ernst gemeint ist. Sie kann vielmehr auch Ausfluss einer Verzögerungstaktik des Patentbenutzers sein (vgl. BGH, Urteil vom 05.05.2020 – KZR 36/17 – FRAND-Einwand I, Rn. 82), die zum Schutz des Patentinhabers wie des Wettbewerbs zwischen den Patentbenutzern nicht hingenommen werden darf (BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 77). Die „Verzögerungstaktik“ besteht typischerweise gerade darin, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen nicht schlichtweg abzulehnen, sondern ihn vorgeblich anzustreben, aber die Findung einer angemessenen Lösung im Einzelnen zu hintertreiben oder zumindest so lange wie möglich hinauszuschieben (BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 67).
180 
Die auf Grundlage objektiver Gesichtspunkte vorzunehmende Beurteilung, ob eine Verzögerungstaktik verfolgt wird, soll auch das weitere Verhalten des Verletzers auf eine Verletzungsanzeige oder ein Angebot des Patentinhabers in den Blick nehmen (BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 77). Einem lizenzwilligen redlichen Lizenzsucher ginge es nicht darum, eine Lizenznahme möglichst weit hinauszuschieben, um den Zeitraum bis zum Ablauf des Klagepatents zu überbrücken oder eine Belastung mit Lizenzgebühren möglichst lange zu vermeiden. Er hätte vielmehr ein Interesse daran, möglichst zügig eine Lizenz zu erhalten, um den Zeitraum abzukürzen, in dem er das Klagepatent oder das Patentportfolio mit dem Klagepatent unberechtigt, jedenfalls aber ohne Zahlung einer Vergütung nutzt. Er würde die den SEP-Inhaber treffenden Verhandlungsobliegenheiten nicht in erster Linie als probates Mittel begreifen, um sich prozessual erfolgreich gegen eine Patentverletzungsklage zu verteidigen, sondern würde auf deren Erfüllung drängen, weil er sie benötigt, um einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen zu erreichen und damit künftig materiell rechtmäßig handeln zu können.
181 
Dem Lizenzsucher obliegt es danach auch, auf ein Angebot des Patentinhabers zu reagieren, das sich aus seiner Sicht als FRAND-widrig darstellt. Jedenfalls bei einem komplexen Sachverhalt, wie er bei der Lizenzierung standardessentieller Patente typischerweise vorliegt, ist regelmäßig nicht offensichtlich, welche Vertragsbedingungen im konkreten Fall den Anforderungen an einen angemessenen Interessenausgleich entsprechen und gleichzeitig das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot nicht verletzen. Zudem gibt es in aller Regel nicht den einen FRAND-Bedingungen genügenden Lizenzvertrag, sondern eine Bandbreite möglicher angemessener Lösungen. Eine Berücksichtigung etwaiger berechtigter Interessen des Nutzers ist dem Patentinhaber regelmäßig erst mit deren Kenntnis möglich (BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, 70). Es ist deshalb gerade Aufgabe der Verhandlungen, ein faires und angemessenes Endergebnis hervorzubringen und zu diesem Ziel die beiderseitigen Interessen zu artikulieren und tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte zur Diskussion zu stellen, die aus Sicht wenigstens einer Verhandlungspartei für dieses Ergebnis von Bedeutung sein können (BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 71). Dabei muss der Lizenzsucher dem SEP-Inhaber grundsätzlich frühzeitig etwaige Beanstandungen mitteilen und darf sie nicht für eine spätere Verwendung in einem Rechtsstreit aufsparen (Senat, Urteil vom 09.12.2020 – 6 U 103/19, Rn. 254). Eine Verzögerungstaktik kommt danach insbesondere – aber nicht ausschließlich – in Betracht, wenn der Patentbenutzer auf die Erklärungen des Patentinhabers nicht in angemessener Frist reagiert, insbesondere wenn er das Angebot des Patentinhabers ablehnt, es gleichwohl jedoch unterlässt (obwohl dies nach den konkreten Umständen des Einzelfalls nach den üblichen Gepflogenheiten und den Geboten von Treu und Glauben erwartet werden kann), innerhalb einer kurzen Frist schriftlich ein konkretes Gegenangebot zu machen, das FRAND-Bedingungen entspricht (BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 77).
182 
Selbst wenn ein Lizenzangebot offensichtlich nicht FRAND-Bedingungen entspricht, entbindet es den Lizenzsucher nicht vollständig von seiner Obliegenheit an dem Verhandlungsprozess mitzuwirken. Es genügt, ist aber zugleich auch erforderlich, dem Patentinhaber mitzuteilen, aus welchem Grund das Angebot nach Meinung des Lizenzsuchers offensichtlich FRAND-Bedingungen nicht entspricht. Maßgeblich ist, von welcher Reaktion der Nutzer der Erfindung annehmen darf, dass mit ihr das Zustandekommen eines Lizenzvertrages zu FRAND-Bedingungen sachgerecht gefördert werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 71). Sieht der Lizenzsucher das Angebot aus mehreren Gründen als offensichtlich nicht FRAND an, ist er danach gehalten, sämtliche Gründe hierfür gegenüber dem Patentinhaber anzuführen. Der Lizenzsucher darf sich nicht auf einen einzelnen offensichtlichen Verstoß des Angebots gegen die FRAND-Kriterien zurückziehen und zu anderen Aspekten schweigen, die aus seiner Sicht ebenfalls FRAND-widrig sind. Stattdessen entspricht es Treu und Glauben bei der Mitwirkung an den Lizenzverhandlungen allein, dass der Lizenzsucher alle Einwände gegen das Angebot unverzüglich zurückmeldet, so dass alle zu diesem Zeitpunkt wesentlichen Themen für die weitere Auseinandersetzung des Patentinhabers „auf dem Tisch liegen“. Dabei mag der Lizenzsucher, erachtet er eine Klausel als evident FRAND-widrig, nicht zu einer tiefgehenden Prüfung des Angebotes im Übrigen verpflichtet sein. Umstände, die für ihn aber offensichtlich sind, weil sie beispielsweise die Grundstrukturen der Lizenzberechnung betreffen, hat er schon bei erstmaliger Auseinandersetzung zur Kenntnis zu nehmen und dem Patentinhaber, so er sie als FRAND-widrig erachtet, zurückzumelden.
183 
Gänzlich entbunden von Reaktionspflichten und so auch von der Pflicht, alle offensichtlichen Einwände zugleich zu benennen, ist der Lizenzsucher nur in dem Fall, dass ein Angebot in einem Ausmaß FRAND-widrig ist, dass es sich bei objektiver Wertung als nicht ernst gemeint und damit als Weigerung darstellt, einen Lizenzvertrag zu FRAND-Bedingungen abzuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.2020 – KZR 35/17 – FRAND-Einwand II, Rn. 71). Dafür ist aber noch nicht in allen Fällen hinreichend, dass bereits eine einzelne Klausel eines Angebotes offensichtlich FRAND-widrig ist, selbst wenn hierdurch das gesamte Angebot nicht FRAND erscheinen mag, sondern es kommt auf eine Gesamtwürdigung aller vorliegenden Umstände an.
184 
b. Nach diesen Maßstäben sind die Beklagten nicht lizenzwillig. Die Beklagten haben zwar ihre Bereitschaft erklärt, einen FRAND-Lizenzvertrag zu schließen. Diese Erklärung ist aber angesichts ihres Verhaltens in den Lizenzverhandlungen nicht ernsthaft gemeint, sondern die Beklagten versuchen durch eine Verzögerung der Lizenzvertragsverhandlungen den Abschluss einer Lizenzvereinbarung möglichst lange hinauszuschieben.
185 
aa. Zwar korrespondieren die Beklagten mit der Klägerin, verschließen sich also nicht vollständig einer Kommunikation mit dieser. Das Verhalten der Beklagten zeigt jedoch bei einer Gesamtschau zur sicheren Überzeugung des Senats, dass sie ihre Kritikpunkte aus rein prozesstaktischen Gründen in einer Staffelung einsetzt, um das Verfahren zu verzögern, nicht aber danach strebt eine möglichst schnelle und umfassende Klärung der strittigen Punkte herbeizuführen.
186 
i. Dem ersten Angebot der Klägerin vom 1. Februar 2016 (Anlage K 20) war eine Präsentation (“[...]: Comments on FRAND Methodology”) beigefügt. Daraus ergab sich eine Lizenzgebühr von […] $ pro Einheit für LTE-fähige Produkte (Folie 2). Es wurde klargestellt, dass eine Lizenzgebühr berechnet wurde, die für alle möglichen Lizenzsucher gilt. Allerdings sei man bereit, über Anpassungen zu verhandeln. Die Berechnung wurde u.a. damit erläutert, dass hierfür der durchschnittliche Verkaufspreis der SSPU (Smallest Saleable Patent Practicing Unit) bestimmt wurde. Bereits zu diesem Zeitpunkt legte die Klägerin also die grundlegende Struktur offen, die zu dem Angebot der Lizenzgebühr geführt hat. Mit Schreiben vom 17. Mai 2016 (Anlagenkonvolut K 20, S. 119 = AS 173) erläutert die Klägerin auf Nachfrage der Beklagten unter anderem, dass von einem „angemessenen“ Preis von […] $ je Mobilteil ausgegangen worden sei.
187 
In der Folge gingen die Beklagten hierauf zunächst nicht ein und wandten sich nicht gegen diese grundlegende Weichenstellung für die Lizenzverhandlungen. Weder erklärten die Beklagten, dass eine Stücklizenz, die für alle Lizenzsucher identisch berechnet wird, nicht FRAND sei, noch, dass ein zu hoher durchschnittlicher Verkaufspreis für die Berechnung der Stücklizenz herangezogen worden sei. Stattdessen wandten sie sich auf das Angebot vom 1. Februar 2016 und die Erläuterung vom 17. Mai 2016 in der Folge vor allem gegen die Klausel 5.6.2 (später 5.6.1). Erst auf das dritte Lizenzangebot – übersandt mit Schreiben vom 30. April 2018 (Anlagenkonvolut K 22) – erwiderten die Beklagten mit Schreiben vom 30. Mai 2018 erstmals, dass die durchschnittlichen Verkaufspreise der LTE-fähigen Mobiltelefone der Beklagten unter […] $ lägen. Mit Schreiben vom 20. Juni 2018 führten die Beklagten erstmals an, dass eine Stücklizenz nicht vereinbar mit dem Top-Down-Ansatz sei, wie er verschiedenen Entscheidungen (UK High Court, Urteil vom 30.11.2017 – [2017] EWHC 711 (Pat); US District Court of California, 22.12.2017 – 8:14-CV-00341) zugrunde gelegt worden sei, da dort eine prozentual bemessene Lizenzgebühr des Verkaufspreises ermittelt worden sei. Eine Stücklizenz sei gegenüber Herstellern von günstigeren Mobiltelefonen, wie [...], diskriminierend.
188 
ii Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass die Beklagten ihre Einwände gegen die grundlegende Art der Berechnung der Lizenzgebühren erstmals zwei Jahre nach dem Angebot vom 1. Februar 2016 vorgebracht haben. Zwar ging den genannten Schreiben aus dem Jahr 2018 unmittelbar das dritte Lizenzangebot der Klägerin vom 30. April 2018 (Anlagenkonvolut K 22) voraus. Doch hat sich daraus gegenüber dem Angebot vom 1. Februar 2016, erläutert mit Schreiben vom 17. Mai 2016, keine Änderung an den später von der Beklagten gerügten Parametern für die Ermittlung der Lizenzgebühr ergeben. Bereits in diesem ersten Angebot hat die Klägerin offengelegt, dass sie für die Ermittlung der Lizenzgebühr einen durchschnittlichen Verkaufspreis von Mobiltelefonen zugrunde legen will und diesen – entsprechend der Erläuterung – mit […] $ festgestellt habe. Um an diese Information zu gelangen, war keine eingehende Prüfung des Angebotes erforderlich, sondern sie wurde in der beigefügten Präsentation ausdrücklich hervorgehoben. Dass es sich dabei nicht um eine in der Höhe fehlerhafte Bestimmung des durchschnittlichen Verkaufspreises der Mobiltelefone der Beklagten, sondern um einen herstellerunabhängigen durchschnittlichen Preis handelte, ergab sich schon daraus, dass die Klägerin in der Präsentation darauf hinwies, eine Lizenzgebühr ermittelt zu haben, die für alle Lizenzsucher gelte. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass die Beklagten bereits ab diesem Zeitpunkt im Mai 2016 wussten, dass die Klägerin eine Lizenzgebühr anbot, deren Höhe nicht nach dem durchschnittlichen Verkaufspreis der Mobiltelefone der Beklagten bestimmt wurde, sondern nach einem herstellerunabhängigen Durchschnittspreis. Darüber hinaus wussten die Beklagten bereits aufgrund dieses ersten Angebotes, dass die Klägerin den Beklagten eine Stücklizenz und keine prozentuale Umsatzlizenz anbot.
189 
An diesen zwei wesentlichen Parametern, auf denen die Höhe der Lizenzgebühr bereits nach dem ersten Angebot der Klägerin beruhte, hatte sich im dritten Angebot vom 30. April 2018 nichts geändert. Auch darin bot die Klägerin den Beklagten eine Stücklizenz an, die sie einheitlich für alle Lizenzsucher ermittelt hatte und die ebenfalls als maßgeblichen Faktor den herstellerunabhängigen durchschnittlichen Verkaufspreis von LTE-fähigen Mobiltelefonen heranzog.
190 
Eine „Zäsur“ – wie der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung über die Berufung geltend machte – ist durch Vorlage des dritten Angebotes nicht eingetreten. Es trifft zwar zu, dass das dritte Angebot in verschiedener Hinsicht von dem ersten Angebot abwich und insoweit eine andere wirtschaftliche Grundlage dargestellt haben mag, die neu bewertet werden musste. Neu war insbesondere, dass der Top-DownAnsatz zur Ermittlung der Lizenzgebühr pro Einheit herangezogen wurde. Dabei mag es sein, dass sich durch die Verwendung dieses Ansatzes erst der neue Kritikpunkt ergeben haben mag, wonach der Ansatz nicht mit einer Stücklizenz kombiniert werden dürfe. Nicht jedes neue Angebot vermag jedoch den Verlauf der Lizenzverhandlung im Sinne einer „Zäsur“ auf den Beginn zurückzusetzen, so dass aus dem bisherigen Verhalten des Patentverletzers kein Rückschluss auf seine Lizenzwilligkeit gezogen werden könnte. Statt einer pauschalen Feststellung muss konkret untersucht werden, in welchen Punkten das neue Angebot von dem bisherigen Angebot abweicht. Das mag im Einzelfall dazu führen, dass der Patentinhaber die von ihm im ersten Angebot vorgebrachten Methoden und Bedingungen vollständig fallen lässt, so dass Lizenzverhandlungen, selbst wenn sie bis zur Vorlage des neuen Angebotes geführt worden wären, für das neue Angebot aufgrund der Unterschiede ohne Bedeutung wären. Behält der Patentinhaber aber Teile seines Angebotes bei, ändert andere hingegen ab, so sind die bisherigen Verhandlungen für die beibehaltenen Teile gerade nicht unerheblich und es spricht für eine Verzögerungstaktik des Patentverletzers, wenn er diese erstmals bei Vorlage eines neuen Angebotes aufgreift, selbst wenn sich das Angebot in seiner Gesamtheit aufgrund des geänderten Teils wirtschaftlich erheblich abweichend darstellt. So erklärt der Inhalt des dritten Angebotes im vorliegenden Fall – unabhängig davon, ob die Auffassung der Beklagten zum Top-Down-Ansatz zutrifft – nicht, weshalb sich die Beklagten auf das erste Angebot nicht bereits gegen die einheitliche Stücklizenz für alle Lizenzsucher gewandt haben, mag sie auch auf einer anderen Grundlage berechnet worden sein. Dies gilt umso mehr für den Einwand gegen die Höhe des durchschnittlichen Verkaufspreises als weiterer – von der prozentualen Höhe der Lizenzgebühr unabhängiger – Faktor zur Ermittlung der angebotenen Stücklizenz. Zwar mag die Höhe dieses Faktors zwischen dem ersten und dem dritten Angebot abweichen. In seiner Struktur ist der Faktor aber identisch geblieben, so dass eine „Zäsur“ insoweit nicht vorliegt.
191 
Es sind keine Umstände ersichtlich, die die Beklagten daran hindern hätten können, ihre grundlegenden Einwände gegen die Höhe des durchschnittlichen Verkaufspreises, gegen die Ermittlung des durchschnittlichen Verkaufspreises aufgrund einer weltweiten herstellerunabhängigen Betrachtung sowie gegen eine einheitliche Stücklizenz für alle Lizenzsucher schon früher, unmittelbar nach dem ersten Angebot anzubringen. Vielmehr haben die Beklagten auf das erste Angebot Rückfragen zur Höhe der Lizenzgebühr gestellt, so dass davon ausgegangen werden kann, dass sie sich damit auseinandergesetzt haben.
192 
Stattdessen haben sie sich vor allem auf die Kritik an der Klausel 5.6.2 (später 5.6.1) konzentriert. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die Ansicht des Landgerichts zutrifft, diese Klausel sei offensichtlich nicht FRAND. Den Bedenken des Senats, die sich daraus ergeben, dass Gegenstand der Beurteilung, ob eine angebotene oder nachgefragte Lizenz fair, vernünftig und nicht diskriminierend ist, grundsätzlich nicht eine einzelne Vertragsklausel sein kann, sondern stets die Gesamtwirkung rechtlich zu bewerten sein wird, muss letztlich nicht nachgegangen werden. Deshalb bedarf auch keiner Vertiefung, ob eine dem Lizenzsucher nachteilige Ausgestaltung bestimmter Aspekte (wie etwa der unzureichenden Vertragsanpassung bei Wegfall von einzelnen Schutzrechten eines Portfolios) etwa durch dem Lizenzsucher vorteilhafte Ausgestaltung bei anderen Aspekten „ausgeglichen“ werden kann.
193 
Denn es entspricht nicht den vorstehenden Anforderungen an den patentverletzenden Lizenzsucher, wenn er sich lediglich auf die Kritik an dieser Klausel zurückzieht. Ist ein Angebot des Patentinhabers nicht FRAND, kann das nach den dargestellten Grundsätzen zwar bedeuten, dass der Lizenzsucher nicht gegen seine Obliegenheiten verstoßen hat, an den Lizenzverhandlungen mitzuwirken, wenn er selbst kein Gegenangebot unterbreitet, das FRAND-Kriterien entspricht. Wenn aber die Beklagten meinen, dass sie auf ein Angebot, das offensichtlich nicht FRAND sei, nicht einmal reagieren müssten (so Schreiben vom 24.06.2016, S. 2 = K 20, S. 125 = AS 180), trifft dies nicht zu. Dagegen spricht auch nicht, dass das Landgericht die Beklagten durch seine Hinweise darin bestärkt haben mag, dass die Klausel 5.6.2 (als solche) FRAND-widrig sei. Hieraus hat auch das Landgericht lediglich den Schluss gezogen, dass die Beklagten kein Gegenangebot unterbreiten müssten. Dass das Landgericht den Beklagten mitgeteilt habe, dass sie von allen Mitwirkungspflichten allein aus diesem Grund befreit wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es kann unterstellt werden, dass der die Klausel 5.6.2 (5.6.1) enthaltende, angebotene Lizenzvertrag offensichtlich nicht FRAND ist. Denn – wie ausgeführt – führt die FRAND-Widrigkeit eines Angebots wegen einer einzelnen Klausel noch nicht dazu, dass jegliche Reaktion auf das Angebot entbehrlich wird. Auch im vorliegenden Fall durften die Beklagten das Angebot der Klägerin nicht so verstehen, dass gar kein Interesse bestand, ein FRAND gemäßes Angebot zu schließen. Sicherlich mögen die Ansichten der Parteien zu dieser Klausel weit auseinandergegangen sein. Dies machte es aber nicht entbehrlich, andere Aspekte, die der Beklagten als FRAND-widrig erschienen, nicht geltend zu machen. Vor diesem Hintergrund liegt es angesichts der Offensichtlichkeit der Umstände für die Berechnung der Lizenzgebühren, auf die sich die Beklagten nun berufen, nahe, dass sie sich diesen Einwand aus rein taktischen Gründen für einen späteren Zeitpunkt vorbehalten hatten.
194 
bb. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, dass die Parteien ihren Obliegenheiten noch im anhängigen Rechtsstreit nachholen können (Senat, GRUR 2020, 166, Rn. 116 ff. – Datenpaketverarbeitung). Denn die vorstehend vorgenommene Würdigung wird auch durch das weitere Verhalten der Beklagten nicht widerlegt oder zumindest entkräftet.
195 
Insbesondere zeigt auch die letzte Entwicklung, dass die Beklagten nicht ernsthaft beabsichtigen, einen Lizenzvertrag mit der Klägerin zu schließen, sondern dies nur vordergründig angeben, tatsächlich aber den Abschluss eines Lizenzvertrages verzögern wollen.
196 
So hat die Klägerin mit ihrem achten Angebot vom 4. März 2020 die angebotenen Zahlbeträge für die Vergangenheit und die Zukunft auf insgesamt […] Mio. EUR, also um ca. […] % reduziert. Hierauf haben die Beklagten mit E-Mail vom 21. August 2020 mitgeteilt, dass sie an dem angebotenen Betrag für die Vergangenheit festhielten und – dies ist für den Erwerb einer Lizenz für die Zukunft entscheidend – bereit seien, eine Pauschallizenzgebühr für die Zeit bis Juni 2026 zu zahlen. Diese Gebühr berechneten die Beklagten nach den durchschnittlichen Verkaufspreisen ihrer Mobiltelefone und machten zudem zur Grundlage, dass diese Pauschalgebühr aus einem Verkaufsumsatz errechnet wird, der […] % unter dem Umsatz für das Jahr 2019 liegt. Denn für das Jahr 2019 sei ein um […] % geringerer Umsatz zu erwarten. Die Beklagten seien auch bereit, eine kürzere Laufzeit (z.B. bis zum Jahr 2023) zu vereinbaren.
197 
In dieser Reaktion, die als drittes Gegenangebot bezeichnet wurde, vermag der Senat keine Verhandlungsbereitschaft der Beklagten zu erkennen. Für das Jahr 2020 mag man zwar noch annehmen, dass die Beklagten der Klägerin insoweit „entgegenkommen“, dass sie über ihr Angebot einer prozentualen Gebühr hinaus erstmals bereit sind, eine Pauschallizenzgebühr zu vereinbaren und dabei „nur“ einen Umsatzrückgang in Höhe von […] % zugrunde legen. Auch wenn es sich die prozentuale Lizenzgebühr und die pauschale Lizenzgebühr in ihrer Berechnung grundlegend unterscheiden, so können sie doch auf ihre wirtschaftliche Bedeutung für die Lizenzvertragsparteien untersucht werden. Bei einer pauschalen Lizenzgebühr tragen beide Parteien ein Risiko hinsichtlich der Umsatzentwicklung in der Zukunft. Entwickeln sich die Umsatzzahlen in der Zukunft schlechter, geht dies zulasten des Lizenzsuchers, entwickeln sie sich besser hingegen zulasten des Patentinhabers.
198 
Trotz dieser strukturellen Unterschiede zwischen einer Lizenzgebühr ist in dem Angebot der Beklagten kein wirtschaftliches Entgegenkommen zu erkennen. Die Beklagten geben aus ihrer Sicht insoweit nach, dass sie bereit sind, eine Pauschallizenzgebühr zu vereinbaren, wenn diese aus einem Umsatz […] % unterhalb des Niveaus des Jahres 2019 festgeschrieben wird. Es erscheint schon zweifelhaft, ob die Beklagten wirklich auf die Klägerin zugehen, wenn sie ihrem Gegenangebot „nur“ eine Reduktion von […] % statt […] % entsprechend der (nicht näher dargelegten) Umsatzerwartung für das Jahr 2020 zugrunde legen. Denn es ist zu berücksichtigen, dass das Geschäftsjahr 2020 für die Beklagten zum Zeitpunkt des Angebotes noch nicht abgeschlossen war und lediglich geschätzt wurde, dass es zu einem Umsatzrückgang kommen und wie hoch dieser ausfallen würde. Selbst für das Jahr 2020 bestand für die Beklagten mit einer solchen Regelung zumindest die Möglichkeit einen gegenüber ihrem ursprünglichen Gegenangebot vorteilhafteren Vertrag zu schließen, wenn sich die Umsätze in der zweiten Jahreshälfte – möglicherweise aufgrund einer wirtschaftlichen Normalisierung nach den Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in der ersten Jahreshälfte – normalisierten. Erst recht gilt dies für die Folgejahre, da sich die Klägerin – trotz teilweise höherer Verkaufszahlen in den Jahren vor dem Jahr 2019 – insoweit einen Umsatzrückgang in Höhe von […] % für die Zukunft fort- und festschreiben ließe. Dies wird auch durch die von der Beklagten selbst zu diesem Zeitpunkt vorgelegten Umsatzzahlen gestützt: Lässt man das Jahr 2015 als „Startphase“ zugunsten der Beklagten außer Betracht, schwanken die Umsatzzahlen in den Folgejahren erheblich. Vergleicht man die Zahlen auf der Grundlage jährlicher Entwicklungen, so sanken sie von 2016 zu 2017 um […] %, bevor sie von 2017 zu 2018 um […] % stiegen, um dann wieder von 2018 zu 2019 um […] % zu sinken. Ein stetig rückläufiger Trend lässt sich zumindest diesen Zahlen nicht entnehmen. Entsprechendes haben die Beklagten für die Jahre 2021-2026 auch nicht gegenüber der Klägerin dargelegt. Zudem liegt der von den Beklagten herangezogene Wert für das Jahr 2019 um knapp […] % unter dem Vierjahres-Durchschnitt. Das Angebot der Beklagten lautet vor diesem Hintergrund sinngemäß, dass sie bereit ist – anstelle einer in der Höhe vom Umsatz abhängigen Lizenz – eine Pauschallizenz zu vereinbaren, wenn die Klägerin einer Berechnung zustimmt, bei der Umsatzzahlen von […] % unter dem Durchschnitt der vergangenen vier Jahre für die gesamte Laufzeit bis zum Jahr 2026 zugrunde gelegt werden. Worin ein wirtschaftlich erhebliches Entgegenkommen der Beklagten liegen soll, erschließt sich jedenfalls mangels sonstiger Darlegungen der Beklagten nicht.
199 
Insbesondere stellen die Beklagten bei dieser Berechnung anhand der tatsächlichen Umsatzzahlen weiterhin auf die aus dem (niedrigen) Preis der Mobiltelefone der Beklagten ermittelten Lizenzgebühr ab. Gerade dies ist aber der wesentliche Streitpunkt, auf den sich die Beklagten seit dem Jahr 2018 berufen. In diesem Punkt ist der Reaktion der Beklagten bis jetzt keinerlei Entgegenkommen zu entnehmen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Beklagten durch die Äußerungen des Landgerichtes in der mündlichen Verhandlung sowie durch das hier angefochtene Urteil in ihrer Sichtweise bestärkt worden sein mag. Dies entbindet die Beklagten jedoch nicht davon, an Lizenzverhandlungen mitzuwirken. Das Landgericht stützt seine Entscheidung zum kartellrechtlichen Missbrauchseinwand im Wesentlichen darauf, dass das Angebot der Klägerin dem niedrigen Preisniveau der von der Beklagten angebotenen Mobiltelefone nicht hinreichend Rechnung trage und hieraus eine Benachteiligung von Anbietern preisgünstiger Mobiltelefone folge. Unabhängig davon, ob diese Ansicht des Landgerichtes zutrifft (dazu sogleich), sind auch danach andere Gestaltungen möglich als von der Beklagten zuletzt vertreten. So hätten die Beklagten hieraus zumindest den Schluss ziehen müssen, dass nicht allein ihre konkreten Umsatzzahlen entscheidend sein können, sondern ein herstellerunabhängig bestimmter Durchschnitt der Preise für „günstige“ Mobiltelefone. Wenn die Beklagten aber als Reaktion auf eine Kürzung der Lizenzgebühr um […] % durch die Klägerin hierauf in keiner Weise eingehen und bspw. einen höheren Durchschnittspreis als den der eigenen Mobiltelefone anbieten, sondern diesbezüglich auf ihrer Maximalposition beharren, bestätigt dies, dass die Beklagten nicht ernsthaft lizenzbereit sind.
200 
Ebenso wenig steht dem das dritte Gegenangebot der Muttergesellschaft der Beklagten entgegen. Zum einen tragen die Parteien im Hinblick auf eine Vertraulichkeitsvereinbarung bewusst keine Einzelheiten zu diesem Angebot vor, so dass eine tragfähige Beurteilung schon aus diesem Grund nicht möglich ist. Zum anderen lässt sich aus den vorgetragenen Umständen kein Entgegenkommen der Beklagten ableiten.
201 
Wie die Beklagten selbst ausführen, orientiert sich das Angebot weiterhin an den vorangegangenen Gegenangeboten. Dies umfasst dann auch die (unverändert von den Beklagten vertretene) Sichtweise, dass allein ihre durchschnittlichen Verkaufspreise maßgeblich seien. Entsprechend führt sie aus, dass sie im Hinblick auf den Vertrag der Klägerin mit [...] „zu Gunsten der Klägerin“ davon ausgehe, dass der dort vereinbarte Pauschallizenzbetrag mindestens […]mal so hoch liegen müsste, wie ein entsprechender von der Muttergesellschaft der Beklagten zu zahlender Pauschallizenzbetrag. Die Beklagten meinen also weiterhin, dass allein der durchschnittliche Verkaufspreis ihrer Mobilgeräte maßgeblich sei. Insoweit ist kein Nachgeben ersichtlich. Hinzu kommt, dass die Erhöhung des Pauschalbetrages gegenüber dem zweiten Gegenangebot auch zumindest zum Teil als Entgelt für die angebotene Übertragung von drei Patentfamilien an die Klägerin angesehen werden dürfte, so dass im Ergebnis unklar bleib, ob hinsichtlich der Höhe der Lizenzgebühr überhaupt ein Entgegenkommen in der Erhöhung liegt und falls ja, in welchem Umfang dies erfolgt.
202 
Dem steht auch nicht das Schreiben der Beklagten vom 9. Dezember 2020 entgegen (Anlage B 10). Darin haben die Beklagten im Hinblick auf die erneute Übersendung eines Lizenzvertrages, den die Klägerin mit einem Dritten geschlossen hat, lediglich mitgeteilt, dass [...] willens sei, eine höhere Pauschalsumme zu erwägen. Schon die äußerst schwache Formulierung (“would therefore also be willing to consider increasing the lump sum offer …”) lässt an der Ernsthaftigkeit der Aussage zweifeln. Darüber hinaus bleibt die Erklärung inhaltsleer, da sie nicht im Ansatz mit einem möglichen konkreten Verhandlungsbeitrag (geschweige denn einem Gegenangebot) verbunden ist, obwohl den Beklagten nun mit dem neuen Lizenzangebot weitere Informationen vorliegen, so dass es unverändert bei der (bereits erörterten) Position der Beklagten nach ihrem dritten Gegenangebot verbleibt.
203 
3. Selbst wenn man die Beklagten als grundsätzlich lizenzwillig ansehen wollte, haben sie nicht schlüssig dargelegt, dass die Klägerin ihre Verhandlungsmacht aufgrund der marktbeherrschenden Stellung bei den Lizenzverhandlungen missbraucht.
204 
a. Entgegen der Ausführungen des Landgerichtes genügt jedenfalls das siebte Lizenzangebot der Klägerin vom 4. März 2020 (Anlage K 39) FRAND-Kriterien.
205 
Wie auch den Beklagten bekannt ist, hat der Senat bereits in einem anderen Verfahren (Urteil vom 25. November 2020 – 6 U 104/18) entschieden, dass das von der Klägerin hier auch den Beklagten unterbreitete Lizenzangebot FRAND-Kriterien genügt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Angebot nicht nur gegenüber der dortigen Beklagten, sondern auch ihnen gegenüber FRAND, insbesondere da bei der Ermittlung der Höhe der Lizenzgebühr die herstellerübergreifenden weltweiten Durchschnittspreise für LTE-fähige Mobilgeräte herangezogen werden dürfen und nicht zwingend auf die Verkaufspreise der Geräte der Beklagten abzustellen ist.
206 
aa. Die Klägerin hat ihrem Angebot – ebenso wie die Beklagte - einen Top-DownAnsatz zugrunde gelegt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
207 
bb. Es widerspricht nicht bereits den FRAND-Kriterien, dass die Klägerin den Beklagten ausschließlich eine Stücklizenz als laufende Lizenzgebühr angeboten hat. Zwar wird teilweise vertreten, dass nur eine Pro-rata-Lizenz in Betracht komme, damit eine Berücksichtigung des jeweiligen Verkaufspreises des Lizenzproduktes möglich ist, da ansonsten eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zu befürchten wäre, sollte unabhängig vom Verkaufspreis jeweils die identische Stücklizenzgebühr verlangt werden können (Kurtz/Straub GRUR 2018, 136, 138; Bukow in: Haedicke/Timmann, Handbuch des Patentrechts, 2. Aufl., § 13, Rn. 369). Dieser Auffassung folgt der Senat jedoch nicht. Lizenzgebühren, die sich am Absatzerfolg des Lizenznehmers orientieren (Stücklizenzen; umsatz- oder erlösbezogene Lizenzen), sind grundsätzlich kartellrechtlich neutral und bewirken insbesondere keine kartellrechtlich unzulässige Einengung der Preissetzungsfreiheit des Lizenznehmers gegenüber seinen Abnehmern (Nordemann in: LMRKM, 4. Auf., 3. Teil, Rn. 26; Kühnen, Handbuch des Patentrechts, 14. Aufl., Teil E, Rn. 564).
208 
Dem steht auch nicht die ökonomische Überlegung entgegen, wonach ein Verwerter von gewerblichen Schutzrechten, der wirksamem Wettbewerb ausgesetzt sei, solange auch in den unteren Preissegmenten Lizenzen vergeben werde, wie er dort noch einen Preis erzielen kann, der seine variablen Kosten übersteige (so Kurtz/Straub GRUR 2018, 136, 138). Dies verkennt jedoch, dass sich kostenbezogene Methoden in diesem Kontext eher weniger eignen, da es schwierig ist, die Kosten einzuschätzen, die mit der Entwicklung eines bestimmten Patents oder von Patentbündeln verbunden sind (Mitteilung der Kommission, Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, 2011/C 11/01, Rn. 289). Vielmehr kommt es bei der Bemessung der Lizenzgebühren nicht auf das Verhältnis zu den Gestehungs- oder sonstigen Kosten an. Anders als bei Wasserpreisen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15.05.2012 – KVR 51/11, Rn. 15 ff und vom 14.07.2015 – KVR 77/13, Rn. 23 ff – Wasserpreise [...] I und II), sind die Kosten, die für die Schaffung einer Erfindung aufgewendet worden sind, im Allgemeinen nicht geeignet, deren Wert zu bemessen. Ein solcher kostenbasierter Ansatz lässt außer Betracht, dass ein maßgeblicher Faktor für die Schaffung einer Erfindung vielfach nicht die aufgewendeten Kosten sind, sondern der schöpferische Akt des Erfinders. Hieran ändert sich selbst dann nichts, wenn ein SEP käuflich erworben wird. Denn der aufgewendete Kaufpreis wird hierdurch nicht zu Gestehungskosten für die Schaffung der Erfindung – ebenso wenig wie etwa der Kaufpreis, den ein Käufer für die Übernahme eines Wasserwerks zahlt, fortan für sich genommen zu dem allein maßgeblichen Kostenfaktor würde, mit dem die Kostenkontrolle eines Wasserpreises durchgeführt würde (Senat, Urteil vom 09.12.2020 – 6 U 103/19, Rn. 307).
209 
cc. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass die Klägerin ihre Lizenzgebühr ausgehend vom durchschnittlichen Verkaufspreis von Mobiltelefonen motiviert hat. Das Angebot vom 4. März 2020 (Anlage K 39) geht für beide angebotenen Varianten (Pauschalzahlung [lump sum] oder laufende Lizenzzahlungen) – unwidersprochen – von jährlich gebildeten (prognostizierten) Durchschnittspreisen für die Jahre 2014 bis 2026 aus, die bereits in dem Begleitschreiben zum sechsten Angebot vom 19. Dezember 2019 jeweils unter Nennung der verwendeten Prognosedaten von Datenanbietern erläutert sind. Ferner berücksichtigt es die von den Beklagten genannten Verkaufszahlen. Ferner sieht das Angebot in der Variante mit den laufenden Lizenzzahlungen ein Anpassungsrecht beider Parteien bei Abweichung des tatsächlichen vom prognostizierten durchschnittlichen Verkaufspreis vor, die zu wesentlichen Änderungen der Lizenzrate führen (Anlage K 39, Klausel 5.6.2). Damit ist der ursprünglichen Kritik der Beklagten die Grundlage entzogen, es sei aufgrund der zeitlichen Veränderlichkeit verfehlt, auf einen Durchschnittspreis abzustellen, der aus dem Durchschnitt des Vergangenheitszeitraums der Jahre 2011 bis 2016 gebildet würde, keine jährliche Durchschnittsbildung vorzusehen, künftige Entwicklungen nicht zu berücksichtigten und, wenn man schon mit Vergangenheitswerten operiere, nicht die aussagekräftigeren jüngeren Jahre stärker als die älteren zu gewichten. Dass die nunmehr vorgesehene Anpassung nur bei Abweichungen in der Lizenzrate von mindestens […] % greift, ist nicht zu beanstanden, denn die Einführung einer solchen Wesentlichkeitsschwelle dient dem schützenswerten Interesse, eine Neuberechnung wegen unwesentlichen Änderungen zu vermeiden und nützt beiden Vertragsparteien, weil die Wesentlichkeitsschwelle sowohl für Preissteigerungen als auch Preissenkungen gilt und der unwirtschaftlichen Ver(sch)wendung von Ressourcen zur Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen entgegenwirkt.
210 
Soweit die Beklagten meinen, der im Ausgangspunkt zugrunde gelegte durchschnittliche Verkaufspreis aller Mobiltelefone mit LTE-Technologie sei per se unangemessen, weil er zu einem überhöhten Wert der LTE-Technologie im Vergleich zu anderen Komponenten eines Mobiltelefons führe, vielmehr auf die Durchschnittspreise der von [...] verkauften Mobiltelefone, die deutlich unter dem Branchendurchschnitt lägen, verkennen sie zunächst, dass es nicht auf eine isolierte Betrachtung einzelner Berechnungsfaktoren ankommt, sondern darauf, ob sich die am Ende ergebende Lizenzgebühr als FRAND erweist. Das ist, wie noch darzulegen sein wird, der Fall.
211 
Abgesehen davon greifen die Kritikpunkte auch bei isolierter Betrachtung nicht durch. Zwar fließen aufgrund der Bildung eines industrieweiten Durchschnittspreises auch solche preisbildenden Faktoren ein, die keinen Bezug zur Technologie haben, sondern an das Prestige des Herstellers oder der Marke oder ein besonderes Design oder eine besondere Qualität der Ausführung anknüpfen. Insbesondere wird der Durchschnittspreis durch solche Erzeugnisse gesteigert, bei denen die vorgenannten technologiefremden preisbildenden Faktoren besonders ausgeprägt sind. Auf der anderen Seite bringt es die industrieweite Durchschnittsbildung mit sich, dass auch besonders billige Produkte mit einbezogen werden, die ggf. zu Dumpingpreisen und ohne Kalkulation der für die Nutzung von standardessentiellen Patenten an sich zu zahlenden Lizenzgebühren angeboten werden.
212 
dd. Die angesetzte Gesamtlizenzbelastung für LTE von […] % vermag ebenfalls eine FRAND-Widrigkeit nicht begründen. Eine Spanne zwischen […] % und […] % wurde in der Entscheidung [...] als angemessen angesehen. Dass andere SEP-Inhaber die Gesamtlizenzbelastung im einstelligen bzw. niedrigen einstelligen Prozentbereich sehen, führt zu keiner anderen Bewertung, denn hieraus ergibt sich nicht, dass eine Rate von […] % die Grenze zur Ausbeutung überschritte, wobei es wie dargelegt ohnehin nicht entscheidend auf die isolierte Betrachtung einzelner Berechnungsfaktoren ankommt.
213 
ee. Weiter ist es nicht als unangemessen zu beanstanden, dass die Klägerin für ihren Anteil an den LTE-standardessentiellen Patenten auf zwei Studien zurückgegriffen und hieraus einen Durchschnittswert gebildet hat. Die Annahmen der Studien (Anteile […] % bzw. […] %) liegen nicht so weit auseinander, als dass sich eine Durchschnittsbildung verböte. Eine Verpflichtung, auf den niedrigsten Wert abzustellen, besteht entgegen der Auffassung der Beklagten nicht. Dass die Studien unterschiedliche Annahmen über die Anzahl der standardessentiellen Patente und den Anteil der Klägerin machen, schließt ihre Verwendung nicht als unangemessen aus, sondern ist der Unschärfe der Materie geschuldet. Letztlich kann das sogar dahinstehen, weil die Beklagten selbst zuletzt von einem Anteil von (rechnerisch) […] % ausgehen (vgl. das erste Gegenangebot, K 38).
214 
Zwar mag es bei starken Änderungen im zeitlichen Verlauf geboten sein, den Anteil in bestimmten Abständen anzupassen. Dass solche Änderungen im Streitfall zu besorgen wären, machen die Beklagten aber nicht hinreichend konkret geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich.
215 
ff. Das Angebot ist ferner nicht deshalb nicht FRAND-gemäß, weil es nicht für einzelne Länder je nach dem Grad der Patentabdeckung unterschiedlich hohe länder- oder regionenspezifische Lizenzgebühren vorsieht.
216 
Zwar mag es ökonomisch sinnvoll sein, die Lizenzgebühr je nach Grad der Patentabdeckung für verschiedene Regionen unterschiedlich auszugestalten. Dass ein Patentinhaber einen weltweit einheitlichen, im Durchschnitt für angemessen erachteten Lizenzsatz zugrunde legt, lässt das Lizenzangebot aber nicht ohne weiteres als ausbeuterisch erscheinen. Hierfür kann insbesondere die einfachere Handhabung des Vertragsmanagements und der Umstand sprechen, dass eine für kleinere Märkte bei isolierter Betrachtung zu hohe Lizenzgebühr aufgrund ihres geringen Anteils am Gesamtumsatz und der Gesamtlizenzsumme nicht wesentlich ins Gewicht fallen dürfte. Nach Erfahrung des Senats korreliert eine unterschiedliche Patentabdeckung regelmäßig mit der wirtschaftlichen Bedeutung der Märkte. Häufig wird in wichtigen Märkten mit einer Vielzahl von Patenten eine besonders dichte Schutzrechtslage geschaffen, während in kleineren, wirtschaftlich weniger bedeutsamen Märkten eine Beschränkung auf vereinzelte Patente stattfindet.
217 
Der Umstand, dass hierdurch ein Lizenzsucher belastet wird, der hohe Verkaufszahlen gerade in Regionen mit geringer Patentabdeckung erzielt, ist nach den oben dargelegten Grundsätzen, dass der Patentinhaber seine Verhandlungsobliegenheit bereits durch die Vorlage eines Angebots genügt, das für den durchschnittlichen Lizenznehmer FRAND ist, unerheblich. Erst wenn hierdurch im Allgemeinen ausbeuterische Lizenzsätze entstehen, kann ein nicht differenzierendes Angebot als ausbeuterisch gewertet werden. Hiervon kann sich der Senat indes nicht überzeugen, nachdem [...], [...] und [...] nach dem nicht erheblich bestrittenen Klägervortrag unter ähnlichen Bedingungen einen Lizenzvertrag abgeschlossen haben.
218 
gg. Die vorgesehene Mengenrabattierung führt ebenfalls nicht zur FRAND-Widrigkeit der Lizenzgebühr. Grundsätzlich ist ein Patentinhaber nicht gehalten, seine standardessentiellen Patente zu einem „Einheitstarif“ zu lizensieren (vgl. BGH, GRUR 2020, 961 Rn. 81 – FRAND-Einwand). Er muss allerdings die Grenzen der in Art. 102 Abs. 2 Buchst. c AEUV bzw. § 19 Abs. 2 Nr. 3 GWB normierten besonderen Diskriminierungsverbote beachten. Das Verbot der Diskriminierung zweiten Grades, also der Diskriminierung der Handelspartner eines marktbeherrschenden Unternehmens auf dem vor- bzw. (hier) nachgelagerten Markt, schützt in diesem Zusammenhang davor, dass durch diskriminierende Bedingungen der Wettbewerb zwischen den Handelspartnern verfälscht wird (vgl. BGH, GRUR 2020, 961 Rn. 81 – FRAND-Einwand). Eine Mengenrabattierung führt zwar dazu, dass umsatzschwächere Lizenzsucher bezogen auf eine vertriebene Einheit mit höheren Kosten belastet werden als umsatzstärkere Lizenzsucher. Sie ist aber nicht per se verboten, sondern bedarf einer sachlichen Rechtfertigung. Eine solche kann darin liegen, dass die Kosten des Lizenzvertragsmanagements mit steigenden Umsätzen regelmäßig weniger stark steigen als die Lizenzgebühren bei einer nicht mengenrabattierten Lizenzrate. Überdies kann es im Interesse des Patentinhabers sein, seinem Lizenznehmer durch die Rabattierung einen Anreiz zu Umsatzsteigerungen geben, um den Verbreitungsgrad der Technologie zu erhöhen und hierdurch weitere Lizenznehmer zu gewinnen. Überdies kann es gerechtfertigt sein, großen und namhaften Herstellern eine besonders günstige Rabattierung einzuräumen, um durch mit ihnen abgeschlossene Lizenzvereinbarungen andere Lizenzsucher zur Nachahmung anzuregen. Da der […]-Lizenz-Pool, dem die Klägerin beigetreten ist, keine Mengenrabattierung, sondern eine Erhöhung der Lizenzsätze mit der Absatzmenge vorsieht, ist diese Ausgestaltung nicht geeignet, eine Mengenrabattierung auszuschließen, denn an sich gegensätzliche Ausgestaltungen können jede für sich nichtdiskriminierend sein.
219 
Die Mengenrabattierung ist im Streitfall nicht schon deshalb diskriminierend, weil anderen Unternehmen eine bessere Rabattierung angeboten worden wäre. Vielmehr macht die Beklagte geltend, dass das konkrete stets gleiche Mengenrabattierungsregime im Vergleich zu [...] und [...] bei ihr zu höheren effektiven Lizenzraten führe. Es kann dahinstehen, ob dieser Unterschied bereits für eine verbotene Diskriminierung ausreicht, denn aus den oben angeführten Gründen kommt es für die Beurteilung des Lizenzangebots des Patentinhabers nur darauf an, dass es für den durchschnittlichen Lizenzsucher nicht-diskriminierend ist. Die Beklagte macht solches indes nicht geltend, sondern behauptet, dass das Rabattierungsregime für sie und generell für kleinere Wettbewerber diskriminierend sei.
220 
hh. Letztlich kommt es indes nicht darauf an, ob die einzelnen Berechnungsfak-toren „FRAND-gemäß“ sind, sondern allein darauf, ob die sich hieraus ergebenden Lizenzzahlungen FRAND-Bedingungen genügen. Daran hat der Senat keinen Zweifel, weil [...], [...] (dazu Anlage K 23) und zuletzt auch [...] (Anlage [...] 6) nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin bis auf die unterschiedlichen Auswirkungen bei der Mengenrabattierung und die zusätzliche Erfassung der Infrastrukturpatente bei [...] die gleichen Gebühren, insbesondere das gleiche Mengenrabattierungsregime, angeboten wurden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Gebühren für die Beklagten durch das achte Angebot vom 7. August 2020 noch weiter pauschal um 25 % reduziert wurden.
221 
Zwar profitiert [...] aufgrund seiner hohen Umsatzzahlen von der Mengenrabattierung. Dies gilt, wenngleich in geringerem Umfang auch für [...] (vgl. [...] 6). Für [...] gilt dies jedoch nicht, denn für [...] wurden teils sogar geringere Absatzzahlen als bei [...] in Ansatz gebracht (vgl. Schreiben vom 6. Juni 2018, Anlage K 23, S. 8). Dass [...] das Mengenrabattierungsregime gleichwohl akzeptiert hat, spricht daher dafür, dass die vorgesehene Mengenrabattierung nicht ausbeuterisch oder diskriminierend ist.
222 
Die Abzinsung von […] % zur Ermittlung der Pauschalzahlung wurde den Beklagten ebenfalls angeboten.
223 
Die Lizenzvereinbarungen mit [...], [...] und [...] können als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Sie sind nicht aufgrund einer Drucksituation zustande gekommen. Die Klägerin hat dargelegt, dass die Lizenzverträge mit [...], [...] und [...] nicht aufgrund einer gerichtlichen Auseinandersetzung zustande gekommen sind. Diesen Vortrag haben die Beklagten nicht bestritten.
224 
Der Relevanz des Vertrages mit [...] steht auch nicht entgegen, dass der Vertrag zeitlich erst nach den zwischen den Parteien ausgetauschten Angeboten und Gegenangeboten geschlossen worden sein mag, wie die Beklagten monieren. Umgekehrt bestätigt dies gerade, dass die Bedingungen in einer Fortführung der Regelungen nach den Verträgen mit [...] und [...] auch jetzt noch aktuell sind.
225 
Soweit die Beklagten einwenden, dass die Klägerin nicht offenlege, welche individuellen Durchschnittsverkaufspreise diese Hersteller aufwiesen, kommt es aus den dargestellten Gründen nicht darauf an, da allein die durchschnittlichen Verkaufspreise maßgeblich sind.
226 
Der Umstand, dass sich die Höhe der Lizenzgebühren des [...]-Pools nach dem Beitritt der Klägerin mit ihren standardessentiellen LTE-Lizenzen nicht verändert hat, führt zu keiner anderen Bewertung. Hierin liegt schon deshalb keine Diskriminierung, weil es der Beklagten freisteht, eine Lizenz am [...]-Pool zu nehmen. Es kann auch nicht gefolgert werden, dass das Patentportfolio der Klägerin keinen wirtschaftlichen Wert hätte. Die Erweiterung eines Patentpools muss nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung der Lizenzgebühren führen. Zum einen kann es Bündelungseffekte geben. Zum anderen ist es eine geschäftspolitische Entscheidung, ob ein Patentpool infolge neu hinzugetretener Patente seine Gebühren anpasst. So kann ein Patentpool zur Vermeidung des damit verbundenen Verwaltungsaufwands oder zur Werbung neuer Lizenznehmer davon absehen, die Lizenzsätze seiner bisherigen Lizenznehmer – sofern dies überhaupt möglich ist – zu erhöhen und dementsprechend die nicht erhöhte Gebühr auch neuen Mitgliedern anbieten. Ferner kann er von einer Anpassung absehen, weil etwa zugleich andere Patente des Pools z.B. durch Zeitablauf entfallen sind. Dass auf die Klägerin keine Beteiligung an den Pooleinnahmen entfiele, macht die Beklagte nicht geltend.
227 
b) Die übrigen Bedingungen des siebten Lizenzangebots vom 4. März 2020 (Anlage K 39) sind ebenfalls, soweit von den Parteien erörtert und sonst ersichtlich, nicht FRAND-widrig.
228 
Das siebte Lizenzangebot berücksichtigt hinreichend die Möglichkeit des Lizenzsuchers, die Rechtsbeständigkeit der lizenzierten Patente, ihren essentiellen Charakter für den betreffenden Standard oder ihre tatsächliche Benutzung anzufechten (EuGH, GRUR 2015, 764 Rn. 69 - Huawei / ZTE). Fällt ein Portfolio-Patent weg oder wird es nicht benutzt und führt dies zu einer wesentlichen Veränderung, ist durch Klausel 5.6.3 (vormals 5.6.2) sichergestellt, dass die Lizenzraten (bei Nichteinigung ggf. schiedsgerichtlich) angepasst werden. Zwar ist der Fall der Nichtbenutzung dort nicht ausdrücklich erwähnt, sondern nur der Benutzungsfortfall infolge einer Änderung des Schutzbereichs. Die Klausel ist indes nicht abschließend. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Klausel die anerkannte Möglichkeit des Lizenzsuchers einschränken soll, die Benutzung oder die Standardessentialität eines Portfolio-Patents anzugreifen. Der Wirkungsverlust eines Patents ist sogar ausdrücklich als ein in Betracht kommender Umstand erwähnt. Dass nur wesentliche Änderungen zu einer Anpassung der Lizenzrate führen, rechtfertigt sich durch das schützenswerte Interesse, Anpassungen in unwesentlichen Fällen nicht vornehmen zu müssen. Der Wesentlichkeit gilt nicht nur zu Lasten der Beklagten, sondern auch zu Lasten der Klägerin, etwa im Fall, dass neue relevante Schutzrechte hinzukommen.
229 
4. Die Klägerin hat ihr Lizenzangebot vom 4. März 2020 (Anlage K 39) und dessen Charakter als FRAND-gemäß hinreichend erläutert. Soweit sich dieses Angebot gegenüber den jeweiligen Vorgängerversionen nicht verändert hat, hat die Klägerin ersichtlich auf die vorangegangenen Erläuterungen aufgebaut. Einer Wiederholung dieser Erläuterungen, die unnötiger Formalismus wäre, bedurfte es nicht. Hiergegen bringen die Beklagten auch im Berufungsverfahren keine Einwendungen vor.
230 
5. Die für ungehinderte Lizenzverhandlungen gebotene drucklose Verhandlungssituation hat während des Berufungsverfahrens bestanden. Der Rechtsstreit war erstinstanzlich von der Verhandlung vom 29. Oktober 2019 (AS I 112) zur Lizenzvertrags-Verhandlung ohne Klagedruck bis zur Aufnahme des Rechtsstreits durch die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. März 2020 ruhend gestellt. Auch hiergegen wenden sich die Beklagten nicht.
231 
Ob bereits frühere Angebote FRAND-Bedingungen genügten, kann dahinstehen. Es genügt, dass die Beklagten in dem genannten Ruhenszeitraum Gelegenheit hatten und hierzu zur konstruktiven Verhandlung auch gehalten gewesen waren, das Angebot der Klägerin auf der Grundlage der vorangegangenen Kommunikation sorgfältig zu analysieren. Der Ruhenszeitraum war hierfür ausreichend bemessen.
232 
6. Das Gegenangebot der Beklagten vom 11. März 2020 (Anlage K 40) war evident nicht FRAND.
233 
Dies folgt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bereits aus der (nicht unerheblichen) Differenz zwischen den Lizenzgebühren, die die Beklagten nach ihrem Angebot einer prozentualen Lizenzgebühr im Vergleich zum Angebot einer Stücklizenz der Klägerin schulden würden. Die Angebote beruhen – wie ausgeführt – auf einer grundlegend unterschiedlichen Struktur der Lizenzberechnung, da jede Stücklizenzgebühr auf der Grundlage von durchschnittlichen Werten ermittelt wird, während die prozentuale Lizenzgebühr sich streng akzessorisch nach den tatsächlich erzielten Umsätzen richtet. Grundsätzlich können sowohl eine Stücklizenzgebühr als auch eine prozentuale Lizenzgebühr die FRAND-Kriterien erfüllen, ohne dass eine der beiden Arten von Lizenzgebühren von vornherein ausgeschieden werden könnte.
234 
Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin jedoch über die verschiedenen Angebote hinweg nicht nur ihr allgemeines Lizenzierungsmodell dargelegt, das auf den Abschluss von Stücklizenzen gerichtet ist, sondern auch belegt, dass sie hiernach bereits Lizenzverträge geschlossen hat. In einer solchen Konstellation entspricht ein Gegenangebot nicht mehr FRAND-Kriterien, wenn es vom Patentinhaber einen grundlegenden Wechsel seines Lizenzierungsmodells verlangen würde. Denn der Patentinhaber hat sich nicht nur abstrakt für ein Modell entschieden, über das er mit dem Lizenzsucher frei verhandeln könnte. Vielmehr ist er durch die Vereinbarungen mit den bisherigen Lizenznehmern konkrete Bindungen eingegangen, die er auch bei der Verhandlung mit neuen Lizenzsuchern zu berücksichtigen hat, um seiner marktbeherrschenden Stellung Rechnung zu tragen. Wollte der Patentinhaber aufgrund von Verhandlungen mit einem neuen Lizenzsucher ein Lizenzgebührenmodell vereinbaren, das sich grundlegend von dem Modell unterscheidet, das er bislang angeboten hatte und Gegenstand der bereits abgeschlossenen Lizenzverträge geworden ist, könnte er sich dem Vorwurf aussetzen, die bestehenden Lizenznehmer gegenüber dem neuen Lizenzsucher zu diskriminieren. Er könnte aufgrund seiner marktbeherrschenden Stellung verpflichtet sein, dieses neue Lizenzgebührenmodell auch den bisherigen Lizenznehmern anzubieten, was zu einem vollständigen Wechsel, jedenfalls aber zu grundlegend unterschiedlichen Lizenzmodellen führen würde. Hierauf muss sich der Patentinhaber jedoch nicht einlassen. Der neue Lizenzsucher ist dabei in zweifacher Hinsicht geschützt: Zum einen weisen die bereits abgeschlossenen Lizenzverträge darauf hin, dass das grundlegende Lizenzmodell des Patentinhabers auf dem Markt angenommen wird, also prima facie marktgerecht ist. Zum anderen muss auch dieses Lizenzmodell in der konkreten Ausprägung, wie es dem neuen Lizenzsucher konkret angeboten wird, den FRAND-Kriterien entsprechen. Im Rahmen dieses Modells kann der Lizenzsucher sich gegen alle Bedingungen dieses Angebotes wehren, mögen sie auch in anderen Verträgen bereits vereinbart worden sein. Er kann vom Patentinhaber lediglich nicht verlangen, dass er sich auf eine grundlegend andere Art der Lizenzgebühr einlässt, mag das Angebot im Übrigen auch FRAND-konform sein.
235 
III. Da die von den Beklagten angebotenen und in Verkehr gebrachten angegriffenen Ausführungsformen von den geltend gemachten Ansprüchen des Klagepatents wortsinngemäßen Gebrauch machen, verletzen die Beklagten das Klagepatent und sind nach Art. 64 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG i.V.m. § 9 PatG zur Unterlassung zu verurteilen. Anhaltspunkte dafür, dass die Inanspruchnahme aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls und der Gebote von Treu und Glauben für die Beklagten oder Dritte zu einer unverhältnismäßigen, durch das Ausschließlichkeitsrecht nicht gerechtfertigten Härte führen würde, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auf eine Verletzung der Unteransprüche ist entgegen der Antragstellung nicht einzugehen, weil die Entscheidung, sogenannte „insbesondere“-Anträge in den Urteilstenor aufzunehmen oder nicht, nach Auffassung des Senats auf die materielle Reichweite des Tenors keinen Einfluss hat (vgl. LG Mannheim, Urteil vom 23.04.2010 – 7 O 145/09, Rn. 162, juris).
236 
Die Ansprüche auf Rückruf sowie Vernichtung der Geräte stehen der Klägerin aufgrund der festgestellten Patentverletzung aus Art. 64 EPÜ, § 140a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 PatG zu. Auch insoweit sind keine Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich, aufgrund derer sich die Inanspruchnahme als unverhältnismäßig erweisen könnte.
237 
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Hinsichtlich der Höhe der Sicherheitsleistung, die so zu bestimmen ist, dass sie den Schuldner vor Schaden aus einer ungerechtfertigten Vollstreckung (vgl. § 717 Abs. 2 ZPO) schützt (vgl. Lunze in: Cepl/Voß, ZPO, 2. Aufl., § 711 Rn. 2 i.V.m. § 709 Rn. 4), orientiert sich der Senat im Ausgangspunkt an der Streitwertangabe der Klägerin (vgl. Senat, GRUR-RS 128277 Rn. 19). Zwar umfasst der zu berücksichtigende Vollstreckungsschaden hinsichtlich der Ansprüche auf Unterlassung, Vernichtung und Rückruf/Entfernung aus den Vertriebswegen den aufgrund der Vollstreckung entgangenen Gewinn sowie Aufwendungen, die erforderlich sind, um durch Lieferausfälle beeinträchtigte Kundenbeziehungen wiederherzustellen, und die bei einer kontinuierlichen Marktpräsenz nicht erforderlich gewesen wären. Regelmäßig entsprechen die Vollstreckungsschäden jedoch dem festgesetzten Streitwert, weil sich das hierfür maßgebliche Interesse des Klägers am Umfang der zu unterbindenden bzw. zu revidierenden Verletzungshandlungen orientiert (OLG Düsseldorf, NJOZ 2007, 451, 454 f.). Die insoweit darlegungsbelasteten Beklagten haben vorliegend nicht dargetan, dass ihnen ein höherer Schaden aus der Vollstreckung droht. Die behaupteten jährlichen Umsatzangaben sagen nichts über den maßgeblichen, damit verbundenen entgangenen Gewinn aus und können daher keine Grundlage für die Festsetzung einer höheren Sicherheitsleistung sein (vgl. Senat, GRUR-RS 128277 Rn. 19).
238 
V. Die Revision ist gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Dem Streitfall kommt grundsätzliche Bedeutung zu. Es sind entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen aufgeworfen, die sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind. So betrifft die Entscheidung maßgeblich Fragen der zutreffenden Umsetzung der vom EuGH in der Rechtssache „Huawei ./. ZTE“ aufgestellten Grundsätze, unter anderem die Frage, ob der SEP-Inhaber seiner Obliegenheit zur Unterbreitung eines Angebots für eine Lizenzvereinbarung zu FRAND-Bedingungen bereits dann genügt, wenn dieses Angebot für den durchschnittlichen Lizenzsucher FRAND-Bedingungen entspricht, mag dies auch für einzelne Gruppen potentieller Lizenzsucher aufgrund ihres Geschäftszuschnitts nicht der Fall sein, und ob sich ein Patentinhaber auf einen grundlegenden Wechsel bei der Art der Lizenzgebühr einlassen muss, wenn er dem Lizenzsucher einen Vertrag über eine Art der Lizenzgebühren anbietet (z.B. Stücklizenzgebühr), die er bereits mit anderen Lizenznehmern abgeschlossen hat und das FRAND-Kriterien genügt, der neue Lizenzsucher jedoch ein grundsätzlich FRAND-konformes Gegenangebot unterbreitet, das eine andere Art der Lizenzgebühr vorsieht (z.B. Prozentlizenzgebühr).

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