Beschluss vom Oberlandesgericht Koblenz (3. Senat für Familiensachen) - 11 UF 342/13


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Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mainz vom 22. April 2013 in seiner Ziffer 2) Abs. 2 (Teilung des Anrechts der Antragstellerin bei der ...[A] AG) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der ...[A] AG (Vers.-Nr.: 7…. C) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 33.226 € bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.-Nr.: 52 ... N 019) nach Maßgabe des Tarifvertrages ...[A] Betriebsrente, bezogen auf den 31. Juli 2012, begründet.

Die ...[A] AG wird verpflichtet, diesen Betrag nebst 3,95 % Zinsen seit dem 1. August 2012 bis zur Rechtskraft dieser Entscheidung an die Deutsche Rentenversicherung Bund (Vers.-Nr.: 52 … N 019) zu zahlen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner gegeneinander aufgehoben..

Es bleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

IV. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 1.410,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Entscheidung des Familiengerichts zum Versorgungsausgleich betreffend das von der Antragstellerin bei der ...[A] AG erworbene Anrecht. Die Beteiligten streiten über die Berechnung der Höhe des Ausgleichswerts dieses Anrechts.

2

Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben am 6. Juni 1991 geheiratet.

3

Am 17. August 2011 schlossen die Eheleute eine notarielle Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung, in der sie u.a. vereinbarten, dass für den Fall der Scheidung ihrer Ehe die Versorgungsanrechte, die "jeder Ehegatte während der Ehezeit ab dem 1. Mai 2011 bereits erworben hat oder noch erwerben wird, nicht auszugleichen sind. Dies bedeutet, dass der gesetzliche Versorgungsausgleich nur durchgeführt werden soll für die Zeit ab Eheschließung bis zum Ablauf des 30. April 2011".

4

Die Antragstellerin ist bei der ...[A] beschäftigt und hat Anrechte auf eine betriebliche Altersversorgung erlangt, die nach dem Willen der Versorgungsträgerin im Wege der externen Teilung auszugleichen sind. Der Antragsgegner hatte sein Wahlrecht gemäß § 15 Abs. 1 VersAusglG erstinstanzlich dahingehend ausgeübt, dass er die weitere Beteiligte zu 2) als Zielversorgungsträgerin bestimmt hat.

5

Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 22. April 2013 die Ehe der Beteiligten auf den am 23. August 2012 zugestellten Scheidungsantrag geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es den Versorgungsausgleich bezüglich des Anrechts der Antragstellerin bei der ...[A] entsprechend dem Vorschlag der Versorgungsträgerin in der Auskunft vom 28. November 2012 durchgeführt. Dort hatte die ...[A] den Ehezeitanteil des Anrechts der Antragstellerin unter Berücksichtigung der notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung mit 40.336,95 €, bezogen auf den 31.7.2012, errechnet und auf dieser Grundlage einen Ausgleichswert von 20.168,48 € ermittelt. Bei der Berechnung des Ausgleichswerts wurde nach Mitteilung der Versorgungsträgerin ein Rechnungszins von 6 % berücksichtigt. Die ...[A] hat im Übrigen gemäß ihren Darlegungen für die Berechnung der Anwartschaft aus rückwirkenden Rentenbausteinen während der vereinbarten Ehezeit vom 1. Juni 1991 bis 30. April 2011 einen Wert von 546,66 € ermittelt, diesen Betrag mit dem Faktor 6,149 multipliziert und ist so zu einem Kapitalwert von 40.336,95 € gelangt. Bei dem Faktor 6,149 handelt es sich wiederum um einen Faktor zur Bestimmung des Kapitalwerts für eine unverfallbare Anwartschaft auf eine Altersrente ab dem 65. Lebensjahr, der einer entsprechenden Tabelle von Bode Hewitt entnommen wurde (vgl. Bl. 23 der Versorgungsausgleichsakte). Die Tabelle berücksichtigt nach den Angaben der ...[A] das Alter des Rentenberechtigten zum Zeitpunkt des Endes der Ehezeit und den Zeitraum bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres.

6

Der Antragsgegner macht mit seiner gegen die Entscheidung des Amtsgerichts gerichteten Beschwerde geltend, die Versorgungsträgerin und ihr nachfolgend das Amtsgericht hätten den Ausgleichswert unzutreffend berechnet. Die Berechnung des Ausgleichswerts sei schon nicht überprüfbar, weil die hierfür notwendigen Unterlagen nicht vorgelegt worden seien. Daher sei auch zu bestreiten, dass in dem von der ...[A] verwendeten Abfindungsfaktor bereits ein Rententrend von 1 % einkalkuliert sei, wie dies die ...[A] behaupte.

7

Die Wertermittlung sei gemäß § 45 VersAusglG i.V.m. § 4 Abs. 5 BetrAVG vorzunehmen, maßgeblich sei also der Barwert der künftigen Versorgungsleistung. Der zu seiner Bestimmung in Ansatz gebrachte Rechnungszins von 6 % führe zur Ermittlung eines Ausgleichswerts, der den Halbteilungsgrundsatz verletze. Bei dem Zinssatz handele es sich um einen rein steuerlichen bzw. bilanziellen Zinssatz, der die Besonderheit der Verzinsung von Versorgungsanrechten nicht berücksichtige. Auch die Bemessung der Abzinsungssätze des § 253 Abs. 2 HGB richte sich nach der Rückabzinsungsverordnung und damit im Wesentlichen nach der Rendite von Unternehmensanleihen. Bei der externen Teilung habe der Ausgleichsberechtigte jedoch nicht die Möglichkeit als sichere Altersversorgung eine Unternehmensanleihe mit einem AA-Rating zu wählen. Vielmehr müsse er eine fest verzinsliche Anlage wählen, entweder durch Zahlung des Betrages in die Versorgungsausgleichskasse oder in private Rentenversicherungen die weitgehend verpflichtet sind, ausschließlich sichere und damit äußerst niedrig verzinste Anleihen zu wählen. Dort betragen die Zinssätze jedoch nur zwischen 1 % und 2 %. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass schon die Barwertverordnung 2003 einen Zinssatz von 5,5 % vorgesehen habe. Weil dies jedoch nach überwiegender Ansicht verfassungswidrig gewesen sei, sei der Rechnungszins im Jahr 2006 auf 4,5 % reduziert worden. Soweit jetzt der Zinssatz nach § 253 Abs. 2 HGB angesetzt werde, sei diese Handhabung ebenfalls verfassungswidrig. Erforderlich sei eine verfassungskonforme Anpassung des Rechnungszinses auf 3,25 %, wie ihn auch das Oberlandesgericht Hamm für angemessen erachtet habe. Im Übrigen seien bei der Ermittlung des Kapitalwerts eines Anrechts auf betriebliche Altersversorgung auch die Rentenanpassungen nach § 16 BetrAVG zu berücksichtigen.

8

Die Entscheidung des Amtsgerichts sei im Übrigen auch hinsichtlich des Zinsausspruchs abzuändern. Im Hinblick auf den Inhalt der zwischen den Eheleuten getroffenen Scheidungsfolgenvereinbarung müsse die Verzinsung des extern zu teilenden Anrechts bei der ...[A] schon für die Zeit ab dem 1. Mai 2011 und nicht erst für die Zeit ab dem Ende der Ehezeit angeordnet werden. Anderenfalls werde der Halbteilungsgrundsatz nicht gewahrt.

9

Die ...[A] trägt vor:

10

Die Zugrundelegung eines Rechnungszinses von 6 % bei der Kapitalwertberechnung im Rahmen des Versorgungsausgleichs sei angemessen und aufgrund der Systematik der tariflichen Zusage, insbesondere der dortigen Abfindungsregelungen für Betriebsrenten, auch zwingend erforderlich.

11

Nach dem Rentenbausteinsystem erwerbe jeder Mitarbeiter in jedem Beschäftigungsjahr auf der Basis seines jeweiligen Lebensalters und seines jeweiligen Einkommens einen Rentenbaustein. Die Höhe der von den Mitarbeitern erworbenen einzelnen Rentenbausteine basiere auf einem von den Tarifvertragsparteien gemeinsam festgelegten Arbeitgeberbeitrag, der nach entsprechender versicherungsmathematischer Berechnung und Bewertung in eine Rentenwerttabelle eingegangen sei. Dort sei für jedes Lebensjahr ein Faktor ausgewiesen, der mit den rentenfähigen Einkommen des jeweiligen Jahres zu multiplizieren sei und so den in jenem Jahr erworbenen Rentenbaustein ergebe. Die in der Rentenwerttabelle ausgewiesenen Verrentungsfaktoren ihrerseits seien unter Berücksichtigung einer Verzinsung von rund 6,5 % berechnet, wobei sich die Zinshöhe aus dem in der Vergangenheit höheren Zinsniveau erkläre. Da in die Rentenbausteine die (fiktive) Verzinsung bis zu deren Fälligkeit eingerechnet sei, summierten sich die einzelnen Bausteine bis zur Fälligkeit als statische Beträge auf. Durch den Vorweg-Einbezug der Verzinsung reduzierten sich die erworbenen Nominalbeträge der Bausteine entsprechend durch die Geldwertentwicklung bis zur Fälligkeit, so dass untechnisch von einer vorweggenommenen Anwartschaftsdynamik gesprochen werden könne. Daher werde im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses als unverfallbare Anwartschaft die Summe der bis zum Ausscheiden erworbenen Rentenbausteine gewährt und bei deren Abfindung demzufolge ein Rechnungszins von 6 % p.a. zugrunde gelegt. Hätten die Tarifvertragsparteien dies nicht so festgelegt, würden sich zwischen vorzeitig ausscheidenden Mitarbeitern gegenüber „betriebstreuen“ Mitarbeitern massive Wertigkeitsdifferenzen und damit Gleichbehandlungsprobleme ergeben.

12

Ein Rechnungszins von 6 % analog des bei Abfindungen unverfallbarer Betriebsrentenanwartschaften zugrunde gelegten Zinses spreche nicht gegen den Willen des Gesetzgebers, der bei der Berechnung des Kapitalwerts in § 47 Abs. 4 VersAusglG ausdrücklich an die Unverfallbarkeitsberechnung in § 4 Abs. 5 BetrAVG anknüpfe. Im Übrigen sei nach dem Willen des Gesetzgebers für die Bewertung von Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz zugunsten des Fiskus gemäß § 6 a EStG unverändert ein Zinssatz von 6 % zugrunde zu legen.

13

In den letzten Jahren sei es zu erheblichen Zinsschwankungen gekommen. Die Maßgeblichkeit eines sich ständig dynamisch verändernden Rechnungszinses hätte zur Folge, dass die Wertigkeit von Anwartschaften, die bis zur möglichen Fälligkeit häufig Zeiträume von über 30 bis 40 Jahren abbilden, eine völlig unterschiedliche und ggf. zufällige Entwicklung nehmen würde. Unter den Aspekten Verlässlichkeit und Gleichbehandlung sei daher die dauerhafte und für alle Anwendungsbereiche gleichmäßige Verwendung des vertraglich vereinbarten festen Rechnungszinses von 6 % zwingend geboten.

14

In den von ihr verwendeten Abfindungsfaktoren sei im Übrigen ein 1 %-iger Rententrend versicherungsmathematisch schon einkalkuliert.

15

Die vom Amtsgericht vorgenommene Verzinsung des Ausgleichswerts ab dem Ende der Ehezeit entspreche im Übrigen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

16

Der Senat hat zu der Frage, welchen Kapitalwert der Ehezeitanteil des Anrechts der Antragstellerin bei der ...[A] AG unter Berücksichtigung der Rechnungsgrundlagen sowie der anerkannten Regelungen der Versicherungsmathematik hat, ein Gutachten des Diplom-Volkswirts und Rentenberaters ...[B] eingeholt; der Sachverständige sollte in seinem Gutachten auch die Höhe der Rente bestimmen, die die Antragstellerin aus dem Ehezeitanteil des Anrechts bei der ...[A] zu erwarten hat; überdies sollte er darlegen, welche Rente der Antragsgegner zu erwarten hat, wenn er den hälftigen von ihm errechneten Kapitalbetrag des Anrechts in die Versorgungsausgleichskasse, in eine gesetzliche Rentenversicherung oder eine andere Zielversorgung, die eine angemessene Versorgung gewährleistet, einzahlt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen ...[B] vom 8. April 2014 (Bl. 172 ff. d.A.) verwiesen.

17

Darüber hinaus hat der Senat der ...[A] AG aufgegeben, eine Neuberechnung des Ausgleichswerts des Anrechts des Antragstellers auf der Grundlage des Zinssatzes nach § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB ohne den Aufschlag nach §§ 1 Satz 2, 6 RückAbzinsV vorzulegen. Die Versorgungsträgerin hat daraufhin eine neue Berechnung vom 13.10.2014 vorgelegt, in der sie unter Zugrundelegung eines Rechnungszinses von 3,95 % und eines Rententrends von 1 % zu einem Ehezeitanteil von 66.451,99 € und einem Vorschlag für den Ausgleichswert von 33.226 € gelangt.

II.

18

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.

19

Die Antragstellerin hat bei der ...[A] AG ein Anrecht der betrieblichen Altersversorgung mit einem (vertraglich vereinbarten) Ehezeitanteil von 66.451,99 € erlangt. Der Ausgleichswert hierfür beträgt 33.226 € und dieser Betrag ist von dem Versorgungsträger zur Begründung einer Versorgung für den Antragsgegner zu zahlen, §§ 1, 4, 17, 45, 47 Abs. 4 und 5 VersAusglG, 4 Abs. 5 BetrAVG.

20

1. Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben vertraglich vereinbart, dass nur die bis zum 30. April 2011 erworbenen betrieblichen Anrechte in den Versorgungsausgleich einbezogen werden sollen. Dies hat zur Folge, dass bei der Berechnung des jeweiligen Ehezeitanteils einer Versorgung der Teil unberücksichtigt bleibt, der nach diesem Zeitpunkt erworben wurde. Für die Berechnung des Ehezeitanteils sind jedoch die Berechnungsfaktoren zum Ehezeitende (hier: 31. Juli 2012) nach § 3 Abs. 1 VersAusglG heranzuziehen; die nach der Vereinbarung auszuschließenden Anrechte sind entsprechend den Strukturmerkmalen der jeweiligen Versorgung im Sinne der §§ 39, 40 VersAusglG zu ermitteln (vgl. Borth, Versorgungsausgleich, 6. Aufl., Kap. 1, Rn. 125; BGH, FamRZ 2004, 256).

21

2. Für die Wertberechnung des Ehezeitanteils und des Ausgleichswerts des Anrechts der Antragstellerin bei der ...[A] AG gilt nach § 45 Abs. 1 VersAusglG die Bewertungsvorschrift des § 4 Abs. 5 BetrAVG. Der Übertragungswert entspricht bei einer unmittelbar über den Arbeitgeber durchgeführten betrieblichen Altersversorgung dem Barwert der nach § 2 BetrAVG bemessenen künftigen Versorgungsleistung im Zeitpunkt der Übertragung, was eine Hochrechnung bis zum Erreichen der Altersgrenze erforderlich macht. Bei der Berechnung des Barwerts sind die Rechnungsgrundlagen sowie die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik maßgebend, § 4 Abs. 5 BetrAVG. Die versicherungsmathematische Berechnung eines Kapitalwerts erfordert Festlegungen und Annahmen zu den Rechnungsgrundlagen; hierzu zählen neben der Rentenhöhe Beginn und Laufzeit der künftigen Renten sowie insbesondere der Rechnungszins sowie der Rententrend (vgl. BT-Drucks. 16/10144, S. 85; OLG Nürnberg, Beschluss vom 15. April 2014, Az. 7 UF 1115/13, zitiert nach juris, Rn. 40). Die Versorgungsträgerin hat bei der Ermittlung des von ihr vorgeschlagenen Ausgleichswerts einen Rechnungszins von 6 % zugrunde gelegt. Der Senat ist der Überzeugung, dass dieser Zinssatz zu einer Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes führt und deshalb auf der Grundlage des Zinssatzes nach § 253 Abs. 2 Satz 2 HGB ohne den Aufschlag nach §§ 1 Satz 2, 6 RückAbzinsVO, mithin vorliegend auf 3,95 %, zu korrigieren ist, was unter Berücksichtigung der übrigen für die Berechnung des Kapitalwerts maßgeblichen Parameter zu einem Kapitalwert des Ehezeitanteils von 66.451,99 € und einem Ausgleichswert von 33.226 €, bezogen auf den 31. Juli 2012, führt.

22

Wie der Sachverständige ...[B] in seinem Gutachten nachvollziehbar dargelegt hat, würde bei einer Einzahlung des von der Versorgungsträgerin auf der Basis des BilMoG- Zinssatzes ermittelten Ausgleichswerts in die gesetzliche Rentenversicherung der Antragsgegner im Rentenalter 71 eine Monatsrente von nur rund 140,10 € erhalten; sein Versorgungsniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung läge mithin im Jahre 2028 voraussichtlich nur bei knapp 52 % des Werts der Antragstellerin, der voraussichtlich 272,30 € betragen wird. Die Verfehlung des Halbteilungsgrundsatzes durch die externe Teilung auf der Grundlage der Berechnungen der Versorgungsträgerin liegt unter diesen Umständen auf der Hand, zumal der BilMoG-Zinssatz noch unterhalb des seitens der Versorgungsträgerin zugrunde gelegten Rechnungszinses von 6 % liegt.

23

Nach Ruland (Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rn. 650) kommt bei der Verfehlung der Halbteilung die Anordnung der internen Teilung in Betracht. Einer solchen Handhabung stehen jedoch nach Auffassung des Senats die Vorschriften der §§ 14, 17 VersAusglG entgegen, wonach der Versorgungsträger die externe Teilung verlangen kann, wenn der Ausgleichswert des Anrechts auf betriebliche Altersversorgung nach dem Betriebsrentengesetz am Ende der Ehezeit höchstens die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung erreicht.

24

Eine Reihe von Gerichten vertritt demgegenüber teilweise die Auffassung, dass der Gesetzgeber die Wahl des Rechnungszinses den Versorgungsträgern überlassen hat und die Gerichte in Ermangelung einer auszufüllenden Gesetzeslücke daran gehindert sind, diesen Rechnungszins abzuändern und den Kapitalwert des auszugleichenden Anrechts anders zu bewerten (vgl. OLG München, FamRZ 2012, 130; OLG Hamm, Beschluss vom 19.12.2013, Az. 2 UF 150/13, FamRB 2014, 138, zitiert nach juris; vgl. auch OLG Koblenz, Beschluss vom 5. Juli 2012, Az. 11 UF 1132/11, FamRZ 2013, 462). Etwaige Nachteile, die der ausgleichsberechtigten Person durch die externe Teilung entstünden, sind nach dieser Auffassung hinzunehmen, da sie dem Stichtagsprinzip geschuldet sind und dem Wunsch des Gesetzgebers, die Versorgungsschicksale frühzeitig, nämlich schon bei der Scheidung, zu trennen. Demgegenüber werde der Halbteilungsgrundsatz nicht verletzt, denn dieser fordere nicht, dass die zu erwartenden Renten bei unterschiedlichen Versorgungen für den Verpflichteten und den Berechtigten immer gleich hoch sein müssen. Es müsse nur darauf geachtet werden, dass der ermittelte Kapitalwert des Anrechts hälftig geteilt wird (OLG Koblenz, aaO, OLG München, aaO).

25

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Beschluss vom 1.10.2013, FamRZ 2014,760, zitiert nach juris) soll jedenfalls der für die Bewertung von Pensionsrückstellungen in Handelsbilanzen nach § 253 Abs.2 HGB ermittelte Zinssatz - der für Finanzprodukte mit einer Laufzeit von 15 Jahren zum hier maßgeblichen Zeitpunkt bei 5,09 % lag - im Hinblick auf die Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 16/10144, S. 85 und BT-Drucks. 16/11903, S. 56) zur Anwendung kommen. Die Anwendung eines darüber liegenden Rechnungszinssatzes von 6 % würde eine vom Berechtigten nicht mehr hinnehmbare Benachteiligung bei der Berechnung des Ausgleichswerts bedeuten, die durch das Familiengericht im Wege einer Korrektur des Zinssatzes und der Berechnung vermieden werden müsse.

26

Das OLG Bremen (Beschluss vom 20.12.2011, Az. 4 UF 120/10, FamRZ 2012, 637, zitiert nach juris) billigt ebenfalls die Anwendung des Zinssatzes nach § 253 Abs. 2 HGB, will jedoch diesen bezogen auf die Restlaufzeit heranziehen, die dem Zeitraum zwischen dem Ehezeitende und dem voraussichtlichen Versorgungsbeginn entspricht. Diese Verfahrensweise kann im Einzelfall zur Anwendung von Zinssätzen führen, die den BilMoG-Zinssatz noch übersteigen.

27

Demgegenüber vertritt der 12. Zivilsenat des OLG Hamm (Beschluss vom 6.2.2012, Az. 12 UF 207/10, FamRZ 2012, 184, zitiert nach juris) die Auffassung, dass zur Vermeidung einer Verletzung des Halbteilungsgrundsatzes der Kapitalwert der extern zu teilenden Anrechte unter Zugrundelegung eines marktüblichen Rechnungszinses zu ermitteln ist, der in dem dort entschiedenen Fall von einem Sachverständigen auf 3,25 % beziffert wurde (Garantiezins von 2,25 % + Aufschlag von 1 %) und damit deutlich unterhalb des Zinssatzes nach § 253 Abs. 2 HGB (5,24 % zum seinerzeit maßgeblichen Zeitpunkt) lag.

28

Der Senat geht davon aus, dass er an die Berechnung des Ausgleichswerts durch die Versorgungsträgerin nicht gebunden ist und im Übrigen auch unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien keine Verpflichtung besteht, den Zinssatz gemäß § 253 Abs. 2 HGB seinen Berechnungen zugrunde zu legen. Soweit sich aus der Entscheidung des Senats vom 5. Juli 2012, Az. 11 UF 1132/11, etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat hieran nicht weiter fest. Vielmehr schließt er sich der Auffassung der Familiensenate des Oberlandesgerichts Nürnberg (Beschluss vom 31.1.2014, Az. 11 UF 1498/13, zitiert nach juris; Beschluss vom 15.4.2014, Az. 7 UF 1115/13, zitiert nach juris) an, wonach bei der Berechnung des Barwerts des Anrechts der Zinssatz nach § 253 Abs.2 HGB ohne den Aufschlag nach § 1 Satz 2, § 6 RückAbzinsVO zugrunde zu legen ist:

29

Die Vorschrift des § 5 Abs. 3 VersAusglG bestimmt, dass der Versorgungsträger dem Familiengericht einen Vorschlag für die Bestimmung des Ausgleichswerts unterbreitet. Insoweit hat der Gesetzgeber die Versorgungsträger zwar ermutigt, bei der Wertberechnung mit den aus § 253 Abs. 2 HGB abgeleiteten Zinssätzen zu rechnen. Der Gesetzgeber ging jedoch seinerzeit ersichtlich davon aus, dass die Anwendung dieses Zinssatzes auch zu einer Aufteilung des Anrechts unter Wahrung des Halbteilungsgrundsatzes führen würde (vgl. BT-Drucks. 16/10144, S. 85 und BT-Drucks. 16/11903, S. 56). An die Anwendung des BilMoG-Zinssatzes ist das Gericht allerdings nicht gebunden; vielmehr bleibt es stets zur Prüfung des Vorschlags des Versorgungsträgers verpflichtet (Palandt/Brudermüller, BGB, 73. Aufl. 2014, § 5 VersAusglG, Rn. 9; OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 45). Dies bedeutet, dass bei erheblichen Fehlbewertungen eine Korrektur vorzunehmen ist (vgl. auch § 42 VersAusglG).

30

Im vorliegenden Fall würde die Verwendung des Zinssatzes nach § 253 Abs.2 HGB zu einer erheblichen Entwertung des Anrechts führen, welches der Ausgleichsberechtigte erhält. Dies zeigt die im vorliegenden Verfahren vom Sachverständigen ...[B] durchgeführte Berechnung. Danach errechnet sich unter Zugrundelegung des BilMoG-Zinses von 5,09 %, bezogen auf den 31. Juli 2012, ein Kapitalwert des Ehezeitanteils von 48.950,12 € beziehungsweise ein Ausgleichswert in Höhe von 24.475,07 €; schreibt man diesen Betrag auf der Basis des BilMoG-Zinses bis zum 31. Juli 2014 fest, errechnet sich ein Einzahlungsbetrag von 27.031 €. Dann ergäbe sich für den Antragsgegner unter Berücksichtigung der unterstellten Überschussbeteiligung im Rentenalter 71 (= Eintritt des zweiten Versorgungsfalls) eine Monatsrente von 140,10 €. Das Versorgungsniveau des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung läge dann im Jahre 2028 bei knapp 52 % des Wertes, der der Antragstellerin verbleibt und der mit 272,30 € zu bemessen ist. Unter Zugrundelegung des von der Versorgungsträgerin herangezogenen Rechnungszinses von 6 % ergäbe sich eine noch größere Entwertung des Anrechts für den Antragsgegner.

31

Der Senat hält es daher für angemessen, den vom Versorgungsträger vorgeschlagenen Rechnungszins auf 3,95 % p.a. (BilMoG-Zins ohne Aufschlag gemäß RückAbzinsV) zu modifizieren. Dies führt voraussichtlich dazu, dass der Antragsgegner im Rentenalter 71 ein Versorgungsniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung von rund 65 % des Werts haben wird, den die Antragstellerin erreichen wird. (Bei einer Herabsetzung des BilMoG- Zinssatzes auf 4,5 % wären demgegenüber 30.903 € zum 1.8.2014 in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, und bei den unterstellten Wertanpassungen im Rentenalter 71 ergäbe sich dann ein Versorgungsniveau des Berechtigten in der gesetzlichen Rentenversicherung von rund 59 % des Wertes des Verpflichteten). Mithin liegt selbst bei Anwendung eines Rechnungszinses von 3,95 % das Versorgungsniveau des Antragsgegners immer noch deutlich unter demjenigen der Antragstellerin. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Gebot der Halbteilung nicht bedeutet, dass die zu erwartenden Renten bei unterschiedlichen Versorgungen für den Verpflichteten und Berechtigten immer gleich hoch sein müssen. Vielmehr muss die Korrektur der Bewertung des Anrechts durch die Versorgungsträger darauf beschränkt bleiben, dass erhebliche Fehlbewertungen vermieden werden ( OLG Koblenz, a.a.O; vgl. auch § 42 VersAusglG, wonach der Wert eines Anrechts nach billigem Ermessen zu ermitteln ist, wenn die unmittelbare oder zeitratierliche Bewertung zu einem Ergebnis führt, das dem Halbteilungsgrundsatz widerspricht).

32

Die Zugrundelegung des BilMoG-Zinssatzes ohne den Aufschlag nach §§ 1 Satz 2, 6 RückAbzinsV beruht auf folgenden Erwägungen:

33

Nach der Rückstellungsabzinsungsverordnung wird für die Ermittlung der Abzinsungszinssätze für Rückstellungen in Handelsbilanzen ein 7-Jahresschnitt zugrunde gelegt, da sich ein hinreichender Glättungseffekt, der Ertragsschwankungen beseitigt, erst bei Zugrundelegung eines über sieben Geschäftsjahre geglätteten Durchschnittszinssatzes einstellt. Die Berücksichtigung eines solchen Glättungseffekts ist auch im Rahmen des Versorgungsausgleichs, bei dem nicht auf kurzfristige Schwankungen abgestellt werden kann, sinnvoll. Angesichts der „Hebelwirkung“ des Zinssatzes auf den Barwert würden schwankende Marktzinsen außerdem zu starken Veränderungen des Barwerts innerhalb kürzester Zeit führen, die dann möglicherweise wieder gemäß § 5 VersAusglG zu korrigieren wären. Die Abzinsung selbst erfolgt auf der Grundlage der um einen Aufschlag erhöhten Null-Kupon-Euro-Zinsswapkurve. Diese Kurve wird auf der Grundlage von Euro-Festzins-Swapsätzen mit Laufzeiten von einem bis zu 50 Jahren berechnet. Dabei werden die Null-Kupon-Swapsätze aus den Festzins-Swapsätzen abgeleitet. Bei einem Festzinsswap tauschen die Kontrahenten feste, in der Regel jährliche Zinszahlungen gegen einen flexiblen Zinssatz, üblicherweise den Sechs-Monats-Euribor, aus. Hinzu kommt ein weiterer Aufschlag. Dieser spiegelt den Abstand zwischen der Marktbreite der über sieben Jahre geglätteten Rendite hochklassiger Unternehmensanleihen und dem ebenfalls über sieben Jahre geglätteten Zinssatz aus der Null-Kupon-Euro-Zins-swapkurve wieder. Angesetzt werden dabei Anleihen von Unternehmen mit einem Rating von AA oder Aa, d.h. sichere Anlagen mit einem leichten Ausfallrisiko. Lässt man diesen Aufschlag bei der Berechnung des Rechnungszinses außer Betracht – was schon deshalb geboten ist, weil bei der externen Teilung eines Versorgungsanrechts die Einzahlung des Ausgleichswerts nicht in eine Anlage mit einem (leichten) Ausfallrisiko erfolgen kann und darf - , ist immer noch ein Zinssatz gegeben, der dem spezifischen Zinssatz der Handelsbilanz nahe kommt, der aber auch in langfristiger Sichtweise am Eurokapitalmarkt ohne Rückgriff auf (nicht ausreichend abgesicherte) Unternehmensanleihen erzielt werden kann. Der Zinssatz ohne Aufschlag lässt sich aus der Datenreihe WX0087 der Deutschen Bundesbank auch für die Versorgungsträger durch den Ansatz eines Mittelwerts der letzten 84 Monate leicht errechnen und steht damit ebenso wie der BilMoG-Zinssatz für Zeiträume ab Dezember 2008 zur Verfügung (vgl. OLG Nürnberg, aaO).

34

Im Übrigen geht der Senat davon aus, dass bei der Berechnung des Barwerts der Versorgungsverpflichtung auch der Rententrend anzusetzen ist (vgl. hierzu OLG Koblenz, FamRZ 2013, 462; OLG Nürnberg, aaO); dieser hat vorliegend jedoch auch nach den Darlegungen des Sachverständigen ...[B] Berücksichtigung gefunden dergestalt, dass die 1-%-Regelung nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG angesetzt wurde.

35

Es erscheint demgegenüber nicht gerechtfertigt, entsprechend dem Vorschlag der Versorgungsausgleichskommission des Deutschen Familiengerichtstages bei der Bewertung des extern zu teilenden Anrechts einen Zinssatz zu Grunde zu legen, der an den Zins der Deckungsrückstellungsverordnung anknüpft und durch den Faktor 0,6 geteilt wird. Der so ermittelte Zinssatz beruht nicht auf einer langjährigen Nivellierung. Fraglich ist insbesondere auch, ob dieser Zinssatz, der die hier zu Grunde gelegten Werte deutlich unterschreitet, von Lebensversicherungen nicht übertroffen werden kann; dies würde den Versorgungsträger des Ausgleichsverpflichteten dann unangemessen benachteiligen (vgl. zum Ganzen OLG Nürnberg, Beschluss vom 31.1.2014, aaO). Der Senat geht deshalb davon aus, dass nur die hier vorgenommene moderate Absenkung des Rechnungszinses gerechtfertigt ist.

36

3. Die Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet, soweit er geltend macht, dass eine Verzinsung des Ausgleichswerts bereits für die Zeit ab dem 1. Mai 2011 erfolgen muss. Zwar sind aufgrund des zwischen den Eheleuten abgeschlossenen notariellen Vertrages in die Versorgungsausgleichsberechnung nur die bis zum 30. April 2011 erworbenen betrieblichen Anrechte einzubeziehen. Allerdings wird das Ende der Ehezeit allein von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 VersAusglG bestimmt und ist nicht abänderbar. Im Hinblick darauf sind die Werte der auszugleichenden Anrechte, bezogen auf das gesetzliche Ende der Ehezeit, also den 31. Juli 2012, zu berechnen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2011, Az. XII ZB 546/10, FamRZ 2011, 1785, zitiert nach juris). Das für den Ausgleichsberechtigten begründete Anrecht nimmt so grundsätzlich bis zum Ende der Ehezeit an der in seinem Versorgungssystem geltenden Entwicklung teil. Um dem Gebot der Halbteilung gerecht zu werden, ist es im Hinblick darauf lediglich erforderlich, eine Verzinsung des errechneten Kapitalbetrages für die Zeit zwischen dem Ende der Ehezeit und der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich anzuordnen.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 150 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 81 Abs. 1 FamFG.

38

Der Wert für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG.

39

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, da die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Beschwerdegerichts erfordern, § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG.

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