Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (10. Zivilsenat) - 10 W 39/12 (Abl), 10 W 39/12
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 04. Juni 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 60.329 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
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Der Kläger wendet sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs.
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Der Kläger ist Architekt. Er nimmt die Beklagte in dem Ausgangsverfahren vor dem Landgericht Magdeburg auf Zahlung von Architektenhonorar für Planungsleistungen in Anspruch. Durch Beweisbeschluss vom 25.11.2010 hat das Landgericht den Sachverständigen Dipl.-Ing. M. K. mit der Prüfung der Behauptung des Klägers beauftragt, er habe die in Rede stehende Planungsleistung „ordnungsgemäß abgerechnet“, sowie gegenbeweislich mit der Prüfung der Behauptung des Beklagten, der Kläger habe unzulässigerweise eine doppelte Vergütung abgerechnet. Hierzu hat der Sachverständige unter dem 08.06.2011 ein schriftliches Gutachten vorgelegt, in welchem er zu dem Ergebnis kommt, es liege keine ordnungsgemäße Abrechnung vor, da der Kläger bei der Abrechnung mehrfach gegen Vorschriften der HOAI verstoßen habe, Teile der abgerechneten Leistungen nicht erbracht worden seien und die anrechenbaren Kosten nicht prüfbar seien.
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Das Gutachten enthält auf Seite 8 vor der Beantwortung der Beweisfrage unter „Vorbemerkung zu Rechtsfragen“ folgende Ausführungen:
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„Da es in diesem Gutachten u. a. um die Feststellung eines vereinbarten Sollzustandes geht, ist die Behandlung von Rechtsfragen durch den Sachverständigen unumgänglich. Dies ist charakteristisch für Gutachten im Bestellungsgebiet „Leistungen und Honorare von Architekten“. Der Unterzeichner weist darauf hin, dass Feststellungen und Bewertungen ausschließlich aus fachlicher Sicht vorgenommen werden. Damit erhält das Gericht eine Aufbereitung aller fachlichen Aspekte, auf denen es seine Entscheidung aufbauen kann. Eine abschließende rechtliche Beurteilung bleibt ausschließlich dem Landgericht Magdeburg vorbehalten“.
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Nachdem der Kläger sachliche Einwände gegen das Gutachten erhoben hatte und weitere Unterlagen in den Prozess eingeführt hatte, hat das Landgericht dem Sachverständigen durch Beschluss vom 09.03.2012 um Ergänzung seines Gutachtens zu der Frage gebeten, „ob die in Anlage K 78 enthaltenen Kostenunterlagen - ohne Berücksichtigung der im Prozess eingereichten Planungsunterlagen - an den gutachterlichen Feststellungen etwas ändern“. Dieser Aufgabe ist der Sachverständige durch sein Ergänzungsgutachten vom 04.04.2012 nachgekommen. Dort hat er auf Seite 7 unter „Sachverhalt“ ausgeführt: „Der Beklagte hat den Kläger im Jahr 2007 mit Architektenleistungen für mehrere Bauabschnitte der Sanierung des „Fachklinikums U. “ beauftragt. Ein schriftlicher Architektenvertrag wurde nicht geschlossen. Der Kläger hat Leistungen für die Häuser 37/139 erbracht. Er stellt Honorarschlussrechnung für Architektenleistungen für ein Gebäude, für einen Tunnel und für Leistungen bei der Technischen Gebäudeausrüstung. Der Beklagte bemängelt die Leistungen des Klägers und bezweifelt die Richtigkeit der Honorarschlussrechnungen“.
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Innerhalb der ihm bis zum 11.05.2012 eingeräumten Stellungnahmefrist zu dem Ergänzungsgutachten hat der Kläger am 09.05.2012 ein Ablehnungsgesuch gegen den Sachverständigen angebracht. Er hat ausgeführt, das (Ergänzungs-)Gutachten enthalte in erheblichem Umfang rechtliche Wertungen und Schlussfolgerungen. So sei ihm unter „Sachverhalt“ eine Darstellung des aus Sicht des Sachverständigen maßgeblichen und richtigen Tatbestandes vorangestellt, womit dieser bereits eine rechtliche Wertung vornehme, da er den Parteivortrag zusammenfasse und allein in diesem so von ihm bestimmten Inhalt zur Grundlage seines Gutachtens mache. Im Weiteren führe der Sachverständige zu den seiner Meinung nach maßgeblichen rechtlichen Grundlagen aus, definiere Begriffe wie „Kostenermittlung“ und „Kostenplanung“ und zeige auf, welche DIN-Norm bei einer Abrechnung nach HOAI zur Anwendung gelange, womit er recht-liche Wertungen vornehme. Auch soweit er ausführe, dass ihm nur eine nach DIN 276 nicht bzw. nur für einzelne Kostengruppen prüfbare Kostenberechnung als Grundlage für die Kostenermittlung vorliege, sei dies eine rechtliche Wertung. Gleiches gelte, soweit der Sachverständige mit seinen Ausführungen zu Ziffer 1.1.1., 1.1.2. und 1.1.3. zum Ausdruck bringe, dass es sich bei den dort geprüften Darlegungen des Klägers nicht um eine Ermittlung anrechenbarer Kosten gem. DIN 276 und damit auch weder um eine Kostenschätzung noch eine Kostenberechnung, einen Kostenanschlag oder gar eine Kostenfeststellung handele. Eine solche rechtliche Bewertung bleibe dem Gericht vorbehalten. Auch die zusammenfassende Feststellung, inwieweit Unterlagen den Anforderungen an eine vollständige und prüfbare Kostenermittlung entsprechen, sei eine rechtliche Feststellung. Schließlich enthielten auch die Ausführungen des Sachverständigen dazu, die Anlage K 78 sei in hohem Maße unvollständig und fehlerhaft, so dass eine Auseinandersetzung mit dem Schriftsatz der Beklagten vom 01.11.2011 entbehrlich sei, eine rechtliche Wertung. Damit sei erkennbar, dass der Sachverständige aus seinen eigenen rechtlichen Wertungen heraus Einfluss auf den Prozess nehmen wolle.
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Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch durch Beschluss vom 04.06.2012 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Ablehnungsgesuch sei nicht verspätet angebracht, weil der Kläger an die Ergänzung des Gutachtens anknüpfe; die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen bestehe jedoch nicht, da schon die Annahme nicht zutreffe, dass die Vornahme rechtlicher Wertungen durch einen Sachverständigen diese begründen könne. Rechtliche Wertungen in einem Sachverständigengutachten führten regelmäßig nicht zu der Befangenheit des Sachverständigen, wenn er sich dabei im Rahmen der ihm gestellten Beweisfragen bewegt habe.
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Daneben hat das Landgericht auch einen Antrag des Sachverständigen auf Vergütung für seine Stellungnahme auf das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Hiergegen hat der Sachverständige sofortige Beschwerde eingelegt und zu deren Begründung u. a. ausgeführt:
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„Ich bitte die Konsequenzen einer Verweigerung der Vergütung im hiesigen Fall zu überdenken: Der Klägeranwalt ist ausweislich seines Briefbogens Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass er Kenntnis darüber hat, dass die Bearbeitung der angegebenen Punkte zu dem unabdingbaren Leistungssoll eines Honorar-Sachverständigen gehört. Die Behauptung der Behandlung von Rechtsfragen ist daher ausschließlich taktischer Natur. Umfangreiche - nicht gerechtfertigte - Vorwürfe einer Partei legen die Arbeit des Sachverständigen lahm, wenn sich dieser ohne Vergütung mit umfangreichen Schriftsätzen auseinandersetzen muss, statt seiner wirtschaftlich notwendigen und vergüteten Sachverständigentätigkeit nachzugehen. Wenn Rechtsvertreter bei derartigen „Befangenheitsanträgen“ nicht mehr prozessökonomisch denken müssten, würde ihnen ein vortreffliches Instrument an die Hand gegeben, um missliebige Sachverständige auf dem Umweg über einen Befangenheitsantrag in ihrem Tun zu behindern“.
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Der Kläger wiederholt zur Begründung seiner sofortigen Beschwerde zunächst die bereits in erster Instanz vertretene Auffassung, die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen sei dadurch begründet, dass jener nicht die rechtlichen Wertungen des Gerichts übernommen habe, sondern selbst eine Eingrenzung seines Gutachtenauftrages vorgenommen habe, zu den Anspruchsvoraussetzungen ausgeführt habe sowie seinem Gutachten Wertungen und Entscheidungen zu grundsätzlichen Rechtsfragen vorangestellt und zur Grundlage seiner Untersuchung gemacht habe. Die Äußerung des Sachverständigen, wonach die Anlage K 78 in hohem Maß unvollständig und fehlerhaft sei und deshalb eine Auseinandersetzung der Beklagten hierzu entbehrlich sei, enthalte neben der rechtlichen Wertung eine Klassifizierung der Leistung des Klägers und dessen Vortrags. Sie sei emotional gefärbt und lasse den Rückschluss zu, der Sachverständige unterstelle ihm ein prozesstaktisches Verhalten sowie Unfähigkeit in hohem Maße. Darin liege ein unangemessenes Verhalten des Sachverständigen zu seinen Lasten. Mit den Ausführungen des Sachverständigen zur Begründung seiner sofortigen Beschwerde vom 05.06.2012 unterstelle er dem Kläger unsinniges, allein kosten-verursachendes, unbegründetes und unsachliches Prozessverhalten. Auf der Grundlage dieser Äußerungen sei keinesfalls mehr zu erwarten, dass der Sachverständige ihm gegenüber unvoreingenommen sei. Zugleich hat der Kläger wegen dieser Äußerungen hilfsweise ein weiteres Ablehnungsgesuch angebracht.
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Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das neuerliche Ablehnungsgesuch zurückgewiesen.
II.
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Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig, insbesondere innerhalb der in § 569 Abs. 1 ZPO genannten Frist sowie formgerecht eingelegt. Zur Entscheidung über das Rechtsmittel ist der Einzelrichter berufen, da auch die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter stammt, § 568 S. 1 ZPO.
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Die sofortige Beschwerde des Klägers hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
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Ein gerichtlicher Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung des Richters berechtigen, abgelehnt werden (§ 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 42 Abs. 2 ZPO) kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich parteiisch ist oder sich selbst für befangen hält oder ob das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Vielmehr genügt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit, wenn von deren Standpunkt aus genügend objektive Gründe vorliegen, die in den Augen einer verständigen Partei aus der Warte des Ablehnenden geeignet sind, Zweifel an Unparteilichkeit des Sachverständigen zu erregen (BGH, NJW-RR 1987, 893; Musielak/Huber, § 406 ZPO, Rn. 4 m.w.N.). Subjektive und unvernünftige Gedankengänge der ablehnenden Partei haben dabei außen vor zu bleiben. Mehrere Tatsachen, die für sich alleine genommen eine Befangenheit (noch) nicht begründen, können in ihrer Gesamtheit aus der Sicht der ablehnenden Partei den Anschein der Parteilichkeit des Sachverständigen begründen (OLG München, Beschluss vom 04.07.2005, 1 W 1010/05, zit. nach juris; Musielak/Huber, § 406 ZPO, Rn. 4, 11 a. E.).
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Nach diesem Maßstab ist eine Besorgnis der Befangenheit dem Sachverständigen Dipl.-Ing. M. K. gegenüber nicht gerechtfertigt.
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1. Der Umstand, dass der Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten (wie auch in dem Hauptgutachten) wiederholt Rechtsbegriffe verwendet, sein Verständnis der verwendeten Begriffen offenlegt und Ausführungen dazu tätigt, weshalb die tatbestandlichen Voraussetzungen für die angeführten Vergütungsregelungen der HOAI nicht bzw. nicht vollständig erfüllt sind, genügt hierfür nicht. Die rechtliche Entscheidung des Rechtsstreits ist zwar ausschließlich Sache des Gerichts. Soweit einem Sachverständigen jedoch eine Beweisfrage gestellt wird, deren Beantwortung die rechtliche Bewertung von Einzelfragen praktisch unvermeidbar macht, führt die Ausführung des Gutachtenauftrages nicht bereits aus diesem Grund zu einer Befangenheit des Sachverständigen (OLG Saarbrücken, Beschl. v. 12.02.2004, 5 W 15/04, zitiert nach juris; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.04.1994, 18a W 9/94, MDR 1994, 725 f.). So liegen die Dinge hier, denn die Beantwortung der sehr weit gefassten Beweisfrage, ob die Schlussrechnung des Klägers ordnungsgemäß sei oder unzulässigerweise eine Doppelberechnung vorgenommen worden sei, ist überhaupt nur möglich, indem diese – wie es der Sachverständige in seinem Hauptgutachten unternommen hat und im Ergänzungsgutachten weiter differenziert – in den einzelnen Teilbeträgen der Rechnung darauf überprüft wird, ob die Planungsleistungen des Klägers nach Gegenstand und Umfang geeignet sind, die normativen Vorgaben der HOAI für den jeweils angenommenen Honorartatbestand auszufüllen, und ob seine Rechnung sowie die zu ihrer Überprüfung vorgelegten Unterlagen den formellen Vorgaben der HOAI und damit – im Hinblick auf § 10 Abs. 2 HOAI in der hier anwendbaren, bis zum 17.08.2009 gültigen Fassung – den Vorgaben der DIN 276 entsprechen. Es ist deshalb zur sachgerechten Bearbeitung eines Sachverständigengutachtens zu der hier interessierenden Beweisfrage ebenso wie auch hinsichtlich der mit dem Ergänzungsgutachten aufgeworfenen Beweisfrage zwingend erforderlich, den technischen Sachverhalt unter die normativen Vorgaben der HOAI zu subsumieren, womit stets und unvermeidlich rechtliche Wertungen verbunden sind. Ebenso war es notwendig, dass der Sachverständige im Zusammenhang mit der Prüfung, ob die Höhe der anrechenbaren Kosten zutreffend bestimmt worden ist, eine Prüfung der vorgelegten Unterlagen am Maßstab der DIN 276 vornimmt. Soweit er in diesem Zusammenhang auch die ergänzend mit der Anlage K 78 vorgelegten Unterlagen für lückenhaft und nicht ausreichend angesehen hat, liegt darin eine Wertung, mit der er den Rahmen der Beweisfrage nicht etwa überschritten hat, sondern welche nach der Beweisfrage mit dem Ergänzungsgutachten gerade von ihm erwartet werden durfte.
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Dass dem Sachverständigen dieses methodische Vorgehen auch bewusst ist, er aber gleichwohl für sich nicht in Anspruch nehmen möchte, dass diese rechtlichen Wertungen abschließend und verbindlich seien, sondern dies dem Gericht überlassen sein soll, hat er im Vorspann seines Hauptgutachtens ausdrücklich auch den Parteien gegenüber offen gelegt. Eine nochmalige Wiederholung dieses Hinweises auch in einem Textvorspann zu dem Ergänzungsgutachten wäre eine sinnlose Förmelei gewesen. Aus dem Verständnis einer ruhig und vernünftig denkenden Partei kann kein Zweifel daran bestehen, dass diese ausdrücklich hervorgehobene Selbstbeschränkung auch für das Ergänzungsgutachten gelten sollte und eine andere Methode zur sachgerechten Beantwortung der Beweisfrage nicht zur Verfügung steht. Für die Unterstellung des Klägers, der Sachverständige habe durch dieses methodische Vorgehen zu seinen Lasten Einfluss auf das Prozessergebnis nehmen wollen, gibt es aus dem Inhalt des Gutachtens wie auch des Ergänzungsgutachtens keine tatsächliche Grundlage.
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Nichts anderes gilt, soweit der Sachverständige seinem Ergänzungsgutachten in ganz wenigen Sätzen auch eine Sachverhaltsschilderung vorangestellt hat. Dass damit nicht in dem von dem Kläger angenommenen Sinn eine vom Gericht nicht vorgegebene Verengung des maßgeblichen Sachverhalts auf diese Schilderung vorgenommen werden sollte, ergibt sich bei objektiver Betrachtung zweifelsfrei daraus, dass der Sachverständige als Grundlage seines Gutachtens auch die Gerichtsakte aufgeführt hat und seine wertenden Ausführungen zum Inhalt der Rechnung des Klägers nicht nur den unter „Sachverhalt“ wiedergegebenen Kurzüberblick über das maßgebliche Geschehen, sondern den gesamten, auch im Ergänzungsgutachten mehrfach in Einzelheiten in Bezug genommenen Akteninhalt zur Grundlage haben, so z.B. zu Ziffer 3.1. des Ergänzungsgutachtens zur Struktur und dem Gehalt der Auflistung des Klägers zu den anrechenbaren Kosten.
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Anders wäre es allerdings dann, wenn der Sachverständige eigenmächtig die Grenzen seines Gutachtenauftrags überschritten hätte und in seinem Gutachten etwa den Prozessbeteiligten unzulässigerweise den von ihm für richtig gehaltenen Weg zur Entscheidung des Rechtsstreits aufgezeigt hätte (hierzu: OLG Rostock, Beschl. v. 05.10.2010, 3 W 153/10, zitiert nach juris). Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht dargetan. Die rechtlichen Ausführungen des Sachverständigen verlassen den durch die Beweisfrage gesteckten Rahmen nicht. Auch seine Ausführungen dazu, dass auch die Anlage K 78 unvollständig und fehlerhaft sei, halten sich im Rahmen der ihm durch den Beweisbeschluss vom 09.03.2012 für das Ergänzungsgutachten aufgegebenen Frage, ob sich durch diese Unterlagen etwas an seiner Wertung aus dem Hauptgutachten ändert. Dass der Sachverständige sodann meint, eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen der Beklagten in deren Schriftsatz vom 01.11.2011 sei angesichts dessen entbehrlich, enthält keine unangemessene Herabwürdigung des Vorbringens des Klägers, sondern soll dem Gericht nur verdeutlichen, weshalb - konsequenterweise und letztlich auch im Kosteninteresse der Parteien - von einer vertiefenden Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beklagten zur Anlage K 78 abgesehen wird, wenn deren Inhalt doch schon nach Auffassung des Sachverständigen nicht geeignet ist, zu einer anderen Würdigung zu gelangen als im Hauptgutachten.
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2. Auch die Ausführungen des Sachverständigen in seinem Schreiben vom 05.06.2012 sind nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Berücksichtigt man Adressat und Zusammenhang dieser Ausführungen, so lässt sich ihnen nicht der von dem Kläger angenommene Sinn beilegen. Denn diese Äußerungen des Sachverständigen zielen ersichtlich nicht auf eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Klägers zur Begründung des Ablehnungsgesuchs. Hierzu hatte der Sachverständige nämlich bereits mit Schreiben vom 23.05.2012 sehr ausführlich, in Auseinandersetzung mit allen Einzelheiten der Begründung des Ablehnungsgesuchs und in sachlichem Ton Stellung genommen. Seine Ausführungen in dem zeitlich nachfolgenden Schreiben vom 05.06.2012 richten sich vielmehr gegen die Auffassung des Landgerichts, er könne für die Anfertigung dieser umfangreichen Stellungnahme keine gesonderte Vergütung beanspruchen. Im Rahmen der Aufzählung der für eine gesonderte Vergütung sprechenden Argumente versucht der Sachverständige, dem Landgericht die Auswirkungen einer Ablehnung seines Antrags vor Augen zu führen. Die von ihm in diesem Zusammenhang vorgenommene Wertung, es gefährde das Gleichgewicht in einem solchen Verfahren, wenn der Kläger mit einem prozesstaktisch motivierten Ablehnungsgesuch eine umfangreiche Stellungnahme des Sachverständigen erzwingen könne, ohne dass ihm dafür ein Vergütungsanspruch und dem Ablehnenden damit auch ein potentielles Kostenrisiko entstehe, zielt angesichts dieses Rahmens auch weiterhin auf die Wahrung seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen, nicht aber auf eine Herabsetzung des Klägers. Die in diesen Zusammenhang gestellte Äußerung, das Ablehnungsgesuch sei angesichts der formalen Qualifikation des klägerischen Prozessbevollmächtigten als Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht allein prozesstaktisch motiviert, liegt angesichts der eindeutigen Sachlage, nämlich der völlig unvermeidlichen Befassung des Sachverständigen mit den im Haupt- und Ergänzungsgutachten angesprochenen rechtlichen Wertungen, so sehr auf der Hand, dass auch in dieser – sicherlich zugespitzten – Formulierung angesichts des vorstehend aufgezeigten Zusammenhangs keine aus außerhalb des Prozesses liegenden, unsachlichen Gründen erfolgende Herabwürdigung des Klägers oder seines Prozessbevollmächtigten liegt, sondern lediglich ein Aufzeigen des ohnehin für den Kundigen Unübersehbaren. Der Sachverständige hat das Ablehnungsgesuch des Klägers hingegen weder als unsinnig bezeichnet noch zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger lediglich Kosten verursachen wolle.
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3. Auch bei zusammenhängender Würdigung der geltend gemachten Ablehnungsgründe besteht aus der Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei nicht die Besorgnis der Befangenheit. Der Sachverständige hat durch die Vorbemerkung in seinem Hauptgutachten zur eigenen Einschätzung der Qualität der von ihm vorzunehmenden rechtlichen Würdigung deutlich gemacht, dass ihm das methodische Problem bewusst ist und er der Entscheidung des Gerichts damit gerade nicht vorgreifen möchte. Weder mit den Ausführungen im Gutachten und Ergänzungsgutachten noch mit seinen Ausführungen in dem Schreiben vom 05.06.2012 hat er über das methodisch unvermeidliche Maß hinaus eine einseitig den Kläger benachteiligende Position eingenommen oder sich in unsachlicher Art und Weise über die Qualität von dessen Leistungen geäußert.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Als Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren legt der Senat gem. §§ 47, 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO bei Beschwerden gegen Entscheidungen über die Ablehnung eines Sachverständigen regelmäßig und so auch hier 1/3 des Hauptsachestreitwertes zugrunde (vgl. auch BGH, Beschl. v. 15.12.2003, II ZB 32/03, zitiert nach juris).
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Die Rechtsbeschwerde war nicht nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da der Rechtssache weder eine grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist (§ 574 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheit-lichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 574 Abs. 3, Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Es handelt sich um eine tatrichterliche Entscheidung im konkreten Einzelfall; von den zum Ablehnungsverfahren nach § 406 ZPO entwickelten Rechtsprechungsgrundsätzen des Bundesgerichtshofes ist das Beschwerdegericht nicht abgewichen.
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Referenzen
- ZPO § 569 Frist und Form 1x
- ZPO § 42 Ablehnung eines Richters 1x
- 5 W 15/04 1x (nicht zugeordnet)
- 18a W 9/94 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 406 Ablehnung eines Sachverständigen 4x
- II ZB 32/03 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 47, 48 GKG 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 568 Originärer Einzelrichter 1x
- 1 W 1010/05 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde 3x
- ZPO § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen 1x
- 3 W 153/10 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x