Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Senat für Familiensachen) - 3 WF 120/13 (VKH), 3 WF 120/13

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Kindesvaters/Antragsstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Dessau-Roßlau vom 27. Februar 2013, Az.: 3 F 684/11 UG, abgeändert und dem Kindesvater für seinen Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S. aus D. bewilligt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG in Verb. mit § 127 Abs. 2 Satz2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Kindesvaters hat auch in der Sache Erfolg, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Kindesvaters, nämlich sein Antrag auf Anordnung eines Ordnungsgelds gemäß § 89 Abs. 1 FamFG zur Durchsetzung der zwischen den Parteien zustande gekommenen und amtsgerichtlich gebilligten Umgangsvereinbarung vom 11.01.2012 zu deren Ziffern 1 und 4 bietet die in objektiver Hinsicht für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nach den §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 ZPOhinreichende Aussicht auf Erfolg“.

2

Nach § 89 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Familiengericht bei Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft anordnen, wenn der Beschluss, der die Herausgabe der Person oder den Umgang anordnet, auf die Folgen der Zuwiderhandlung hinweist, § 89 Abs. 2 FamFG. Diese Regelung gilt auch für gerichtlich gebilligte Vergleiche zum Umgangsrechts nach § 156 Abs. 2 Satz 2 FamFG (Feskorn, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 89 FamFG, Rdnr. 7).

3

Im Entscheidungsfall haben die Parteien im Termin vom 11.01.2012 vor dem Amtsgericht Dessau-Roßlau eine Vereinbarung über den Umgang mit ihren beiden minderjährigen Kindern P. und K. K. geschlossen, unter dessen Ziffer 3 der gemäß § 89 Abs. 2 geforderte Hinweis auf die Möglichkeit der Anordnung von Ordnungsmitteln enthalten ist. Unter Ziffer 1 dieser Vereinbarung haben die Kindeseltern den Umgang des Kindesvaters für konkrete Tage, einen Teil der Ferien und den turnusmäßigen Wochenendumgang geregelt und zugleich unter Ziffer 4 weiter vereinbart, dass für den Fall, dass der Umgang am Wochenende ausfallen sollte, dieser Termin alsbald möglich nachgeholt werden sollte, und zwar sobald das den Umgang hindernde Ereignis entfallen sei. Diese Umgangsvereinbarung hat das Amtsgericht - Familiengerichtgericht - Dessau-Roßlau auch mit gesondertem Beschluss im nämlichen Termin gemäß § 156 Abs. 2 Satz 2 FamFG familiengerichtlich gebilligt, sodass ein für die Anordnung eines Ordnungsmittels nach § 89 Abs. 1 FamFG hinreichend bestimmter Vollstreckungstitel zum Umgangsrecht vorliegt.

4

Darüber hinaus hat der Kindesvater wiederholte Zuwiderhandlungen der Kindesmutter gegen die sich hieraus für sie ergebende Verpflichtung zur Gewährung des Kindesumgangs dargetan.

5

So ist unstreitig, dass abweichend von Ziffer 1 der Umgangsvereinbarung vom 11.01.2012 am 25.12.2012 kein Umgang von Vater und Kindern stattfand.

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Ferner ist ebenfalls unstreitig, dass an den regulären Umgangswochenenden vom 11.08. bis zum 12.08.2012, vom 25.08. bis zum 26.08.2012 und 29.12. bis zum 30.12.2012 ebenfalls kein Umgang stattfand.

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Auch ist zwischenzeitlich der Umgang am Wochenende vom 09.02. zum 10.02.2013 ausgefallen.

8

Hinzu kommt, dass, unstreitig, der Umgang zwischen dem Kindesvater und seinem Sohn K. monatelang ab Oktober 2012 bis Februar 2013 entfallen ist.

9

Mithin sind zahlreiche Umgangstermine, die aufgrund der Vereinbarung der Kindeseltern durchzuführen gewesen wären, nicht eingehalten worden.

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Nach dem Vorbringen des Kindesvaters sind ihm ferner auch keine Nachholtermine seitens der Kindesmutter gemäß Ziffer 4 des Vergleiches zu den ausgefallenen angeboten worden.

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Die ausgefallenen Umgangstermine mit den Kindern seien - so der Kindesvater weiter - ihm von Seiten der Kindesmutter, was diese ausdrücklich bestreitet, grundlos vorenthalten worden und, soweit sich K. geweigert habe, Umgang mit ihm, seinem Vater zu haben, habe die Kindesmutter nicht (ausreichend) positiv auf den Jungen eingewirkt, wozu sie aber verpflichtet gewesen sei.

12

Nach dem Vorstehenden hat der Kindesvater also sehr wohl ausreichend konkrete Tatsachen dargelegt, die hier einen schuldhaften Verstoß der Kindesmutter gegen die vereinbarte Umgangsregelung vom 11.01.2012 nahelegen.

13

Dies reicht aber für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in objektiver Hinsicht aus, verlangt doch § 114 ZPO in Verb. mit § 76 Abs. 1 FamFG lediglich eine „hinreichende“, nicht aber eine „gewissliche“ oder gar „endgültige“ Erfolgsaussicht des Antrags, für den Verfahrenskostenhilfe begehrt wird.

14

Soweit das Amtsgericht unter Bezugnahme auf das frühere Verhalten des Kindesvaters und seine Ermittlungen im Termin zur Hauptsache vom 11.01.2012 darauf verwiesen hat, dass der Kindesvater in der zurückliegenden Zeit für einen erheblichen Teil der ausgefallenen Umgangstermine selbst verantwortlich gewesen sei und daraus zugleich darauf schließt, dass dies wohl auch für die hier streitigen Umgangstage gelten müsse, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn ungeachtet dessen, dass hierin eine unzulässige, in das Verfahrenskostenhilfeverfahren verlagerte Beweisantizipation zu sehen ist, hat der Kindesvater Beweis dazu angeboten, dass der Ausfall der Umgangstage nicht von ihm zu verantworten gewesen sei bzw. für von ihm nicht verursachte Umgangsausfälle ihm keine Ersatztage angeboten worden seien.

15

Ungeachtet dessen lässt das Amtsgericht die Regelung des § 89 Abs. 4 FamFG außer Betracht, wonach zum einen die Festsetzung des Ordnungsmittels zu unterbleiben hat, wenn der „Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat“ (Satz 1), und andererseits kann danach sogar eine Ordnungsmittelfestsetzung aufgehoben werden, „wenn Gründe vorgetragen werden, aus denen sich das fehlende Vertretenmüssen“ des Verpflichteten ergibt. Aus dieser Regelung folgt damit aber, dass dann, wenn eine Zuwiderhandlung des Verpflichteten im Sinne von § 89 Abs. 1 FamFG feststeht, dessen diesbezüglichen Vertretenmüssen vermutet wird und sich demnach der Verpflichtete exkulpieren muss, liegen doch im Regelfall die Gründe in seiner Sphäre (Feskorn, a.a.O., § 89 FamFG Rdnr. 13 m.w.N.).

16

Demzufolge wird das Amtsgericht den jeweiligen Beweisangeboten der Beteiligten bezüglich des Vertretenmüssens des jeweiligen Umgangsterminausfalles und auch den etwaigen Gründen für die Nichtnachholung nachzugehen haben. Auf jeden Fall reicht aber das Vorbringen des Kindesvaters aus, die für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 114 ZPO zu bejahen. Da überdies nach der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisses und den beigefügten Unterlagen die Bedürftigkeit des Kindesvaters im Sinne der §§ 114, 115 ZPO, 76 Abs. 1 BGB nachgewiesen ist, war ihm für seinen Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln die begehrte Verfahrenskostenhilfe unter Abänderung der angefochtenen amtsgerichtlichen Entscheidung ratenfrei zu bewilligen.

II.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus § 1 FamGKG und den §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO.

III.

18

Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nach § 70 FamFG bzw. § 574 ZPO nicht vorliegen.


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