Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Senat für Familiensachen) - 3 UF 130/14

Tenor

1. Die Beschwerde der Kindesmutter/Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 12. März 2014, Az.: 5 F 41/13 SO, wird zurückgewiesen.

2. Die Kindesmutter/Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

4. Das Verfahrenskostenhilfegesuch der Kindesmutter/Antragsgegnerin für die Beschwerdeinstanz wird zurückgewiesen.

5. Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidungen wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde der Kindesmutter/Antragsgegnerin (im Folgenden nur noch: Kindesmutter) gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gardelegen vom 12. März 2014, aufgrund dessen dem Antragsteller/Kindesvater (im Folgenden nur noch: Kindesvater) unter Abänderung des vorangegangenen Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 21. Juni 2011 vollumfänglich die gemeinschaftliche elterliche Sorge für das am 06.02.2008 nichtehelich geborene Kind G. S. übertragen worden ist, ist in der Sache unbegründet.

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Denn zu Recht hat das Amtsgericht unter Bezugnahme auf - richtigerweise - § 1626 a Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 BGB die Voraussetzungen für die Übertragung der elterlichen Mitsorge auf den Kindesvaters betreffend seiner minderjährigen Tochter G. bejaht.

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Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die insoweit zutreffenden und detaillierten Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung Bezug, denen er sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens anschließt.

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Lediglich ergänzend sei noch Folgendes bemerkt:

5

Nach § 1626a Abs. 1 Nr. 3 BGB steht nicht verheirateten Eltern eines Kindes die gemeinschaftliche elterliche Sorge zu, soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt. Dabei bestimmt § 1626a Abs. 2 Satz 1 BGB weiter, dass das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge beiden Eltern gemeinsam überträgt, wenn die Übertragung dem Kindeswohl nicht widerspricht. Ferner bestimmt § 1626a Abs. 2 Satz 2 BGB, dass, wenn der andere Elternteil keine Gründe vorträgt, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegen stehen können, und falls solche auch nicht ersichtlich sind, grundsätzlich vermutet wird, dass dann die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl nicht widerspricht.

6

Die Kindesmutter hat der Übertragung der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge auf den Kindesvater widersprochen. So hat sie vorgetragen, dass es beiden Elternteilen an einer Kooperationsfähigkeit fehle, da nicht einmal von Seiten des Kindesvaters bei der Kindesübergabe zu Umgangskontakten, sie, die Kindesmutter, von ihm gehörig gegrüßt werde. Auch habe es im Hinblick auf den Ferienumgang wiederholt Schwierigkeiten bei der Vereinbarung von Urlaubsterminen gegeben. Dies habe bereits auf Seiten von G. dazu geführt, dass diese zeitweise den Umgang mit dem Kindesvater verweigert habe, obgleich sie, die Kindesmutter, auf ihre Tochter positiv eingewirkt habe. Bereits hieran zeige sich, dass die Übertragung der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge auf den Kindesvater das Wohl von G. gefährde.

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Dieser Widerspruch der Kindesmutter hatte zur Folge, dass somit das Amtsgericht nicht kraft Gesetzes vermuten konnte, dass die Übertragung der gemeinschaftlichen Sorge auf den Kindesvater dem Wohle G. diene.

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Indes hat das Amtsgericht nach dem Ergebnis seiner umfänglichen Ermittlungen - folgerichtig - zu Recht detailliert ausgeführt, dass aber die Übertragung der gemeinschaftlichen Sorge auf den Kindesvater dem Kindeswohl nicht widerspricht (negative Kindeswohlprüfung).

9

So sind nämlich die Kommunikationsprobleme zwischen den Kindeseltern nicht in Streitigkeiten über einzelne Fragen der elterlichen Sorge begründet, sondern darin, dass sie sich zeitweise außer Stande sahen, sich hinlänglich über den Umgang mit der Tochter zu einigen. In übrigen Sorgerechtsfragen indes vermag der Senat, ebenso wie das Amtsgericht, keine nachhaltigen Meinungsverschiedenheiten zu erkennen, zumal mittlerweile wieder Umgang zwischen Vater und Tochter stattfindet. Auch ist erkennbar, dass der Umgang positive Auswirkungen auf G. hat. So hat der Verfahrensbeistand A. B. in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 02.01.2014 mitgeteilt, dass er beobachten konnte, dass G. während des Umgangs zunächst eine Aufwärmungsphase benötigte, dann aber erkennbar wurde, dass zwischen dem Mädchen und seinem Vater ein herzlicher und inniger Kontakt besteht. Auch habe sich der Kindesvater - so der Verfahrensbeistand weiter - gut auf die Bedürfnisse von G. eingelassen, und G. habe diese Zuwendungen ihres Vaters gerne angenommen. Aus Sicht des Verfahrensbeistandes, so dessen schriftlicher Bericht vom 02.01.2014 und auch dessen mündliche Stellungnahme im Termin vor dem Amtsgericht vom 26.02.2014, spreche die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge sogar am ehesten dem Kindeswohl. Auch die Jugendamtsmitarbeiterin K. teilt diese Ansicht. Zwar hat diese in ihrem Jugendamtsbericht vom 11.03.2013 die Kommunikationsschwierigkeiten der Kindeseltern ausdrücklich erwähnt und daraus zunächst noch die Schlussfolgerung gezogen, dass die Übertragung des Sorgerechts auf beide Elternteile nicht dem Wohl des Kindes entspreche. In ihrem Folgebericht vom 04.02.2014 teilt indes die Jugendamtsmitarbeiterin K. mit, nachdem die Kindeseltern zwischenzeitlich an einer familientherapeutischen Therapie teilgenommen hatten, dass aus ihrer Sicht keine das Kindeswohl gefährdenden Aspekte vorlägen, welche einer Übertragung des Mitsorgerechts auf den Kindesvater entgegenstünden, wenngleich zu bedenken sei, dass die Eltern kaum in der Lage seien, miteinander zu kommunizieren, wenn es um die Umgangsregelung gehe. Im Termin vor dem Amtsgericht am 26.02.2014 hat die Vertreterin des Jugendamtes K. sich sodann gemeinsam mit dem Verfahrensbeistand A. B. ausdrücklich und abschließend dafür ausgesprochen, beiden Eltern die gemeinsame elterliche Sorge zu übertragen. Nach Einschätzung und aufgrund von Rückfragen bei der Familienberatungsstelle und eigener Wahrnehmung aus Sicht des Jugendamtes bestünden derzeit - so die Jugendamtsvertreterin - keine unüberbrückbaren Hindernisse in der Kommunikation der Beteiligten, die dem Kindeswohl widersprächen. Hinzu kommt nach den Beobachtungen des entscheidenden Richters am Amtsgericht, dass die Anhörung der Kindeseltern deutlich gemacht hat, dass diese, wenngleich unterschiedlichster Auffassungen, sich stets im Termin vor dem Amtsgericht bemüht hätten, in einer sachlichen, von Respekt gekennzeichneten Art und Weise ihre jeweiligen Argumente hierfür auszutauschen.

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Die vorstehenden Feststellungen lassen erkennen, dass die Kindeseltern zwar Kommunikationsschwierigkeiten haben, sich diese aber vordergründig auf die Umgangsregelung beziehen. Nach der negativen Kindeswohlprüfung, und nur um diese geht es im Falle der hier zur Entscheidung anstehenden gemeinschaftlichen elterlichen Sorge nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 3 BGB, ist die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge schon dann vorgesehen, wenn dies nicht dem Kindeswohl widerspricht. Demzufolge sind also die Zugangsvoraussetzungen zur gemeinsamen elterlichen Sorge nicht zu hoch anzusetzen (vgl. Götz, in: Palandt, BGB, 75. Aufl., 2014, § 1626 a BGB Rdnr. 12; BVerfG, NJW 2010, 3008, Teilziffer 75, zitiert nach juris). Danach setzt zwar die gemeinsame Ausübung des elterlichen Sorgerechtes eine tragfähige Beziehung zwischen den Eltern voraus, allerdings im Übrigen lediglich ein Mindestmaß an Übereinstimmung (Götz, a. a. O., § 1626 a BGB, Rdnr. 12 m.w.N.). Zudem müssen den Kindeseltern, wenn die Kommunikationsstörungen zwischen ihnen die Entscheidungsfindung behindern und das Kind hierdurch erheblich belastet wird, auch nach dem Willen des Gesetzgebers Bemühungen um eine gelingende Kommunikation abverlangt werden, z. B. unter Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe (BT-Drucks. 17/11048, S. 17; Götz, a.a.O., § 1626 a BGB Rdnr. 12).

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Nach alledem bestehen auch unter Beachtung des letztgenannten Gesetzgeberwillens keine Anhaltspunkte dafür, dass die Übertragung der gemeinschaftlichen elterlichen Sorge auf den Kindesvater dem Kindeswohle hier widerspricht.

12

Mithin ist die amtsgerichtliche Entscheidung, mit welcher dem Kindesvater die gemeinschaftliche elterliche Sorge für seine minderjährige Tochter G. übertragen worden ist, nicht zu beanstanden, sodass die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kindesmutter ohne Erfolg bleiben muss.

II.

13

Da die Kindesmutter mit ihrem Rechtsmittel unterlegen war, hat sie nach § 84 FamFG nach dem Willen des Gesetzgebers die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

14

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren war gemäß §§ 40, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG auf 3.000,00 € festzusetzen.

IV.

15

Das Gesuch der Kindesmutter, ihr für die Beschwerde gegen die Sorgerechtsentscheidung des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 12. März 2014 Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, war zurückzuweisen, da ihre zweitinstanzliche Rechtsverfolgung, wie aus der vorstehenden Ziffer I der Gründe erhellt, nicht die für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in objektiver Hinsicht erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 76 FamFG, 114 ZPO bietet.

V.

16

Die Rechtsbeschwerde gegen die Senatsentscheidungen war nicht zuzulassen, liegen doch die Voraussetzungen hierfür weder nach § 574 ZPO noch nach § 70 FamFG vor.


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