Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Senat für Familiensachen) - 3 WF 155/16 (VKH)

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 13. Mai 2016, Az.: 5 F 324/14 S, - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels und Verfahrenskostenhilfegesuchs - teilweise abgeändert und dem Antragsgegner unter Beiordnung von Rechtsanwältin Sch. aus K. für seinen Unterhaltsantrag Verfahrenskostenhilfe bewilligt, soweit er von der Antragstellerin die Zahlung von nachehelichem Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 208,00 Euro fordert.

2. Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer halben Gebühr; eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens findet nicht statt.

3. Die Rechtsbeschwerde gegen die Senatsentscheidung wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die gemäß §§ 113 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Gardelegen vom 13.05.2016, mit welchem dem Antragsgegner ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für seinen Antrag auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt in Höhe von monatlich lediglich 148 Euro gewährt worden ist, hat in der Sache teilweise Erfolg. Denn die Rechtsverfolgung des Antragsgegners bietet insoweit weitergehend eine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 113 FamFG, 114 ZPO, als er von der Antragstellerin zwar nicht - wie von ihm gewünscht - monatlich 255,00 Euro nachehelichen Alters- und Aufstockungsunterhalt, indes aber monatlich 208,00 Euro Unterhalt verlangen kann.

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Dies ergibt sich aus Folgendem:

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1. Eheprägendes Einkommen des Antragsgegners

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Das eheprägende Einkommen des Antragsgegners beträgt monatlich 1.381,26 Euro, und es errechnet sich wie folgt:

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eheprägendes Einkommen des Antragsgegners    

1.381,26 Euro

a) Regelaltersrente monatlich

906,58 Euro

b) + Wohnvorteil monatlich
    (124 qm x 5,25 Euro =)

651,00 Euro

c) + Pachteinnahmen monatlich anteilig
    (727,10 Euro : 12 Monate =)

60,59 Euro

d) ./. Kreditrate Sparkasse - G. - W.

0,00 Euro

e) ./. Zinsbelastung Kredit Sparkasse G. - W.

68,30 Euro

f) ./. Rate Bausparvertrag H.

0,00 Euro

g) ./. Rate D. monatlich

112,65 Euro

h) ./. Rate I. monatlich

19,71 Euro

i) ./. Rate L.

       36,25 Euro

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Zu den vorstehenden Einkommenspositionen ist lediglich folgendes anzumerken:

7

zu b) Der monatliche Wohnvorteil war anhand einer bislang unbestrittenen Wohnfläche von 124 qm und 5,25 Euro/qm zu berechnen. Die von dem Antragsgegner in seiner Beschwerdeschrift zu Grunde gelegte geringere Wohnfläche von nur 120 qm hat er nicht belegt, obgleich diese für ihn im Ergebnis günstige Tatsache von ihm nachzuweisen ist.

8

zu d) Die Kreditrate für das bei der Sparkasse G. -W. zur Baufinanzierung aufgenommene Darlehen in Höhe der vom Antragsgegner behaupteten monatlichen 350,00 Euro kann nicht in Abzug gebracht werden, dient doch diese Zahlung nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ausschließlich der - unterhaltsrechtlich unbeachtlichen - einseitigen Vermögensbildung des Antragsgegners, nimmt doch die Antragstellerin ab diesem Zeitpunkt an der hierdurch eintretenden Vermögensmehrung nicht mehr über einen etwaigen Zugewinnausgleichsanspruch gegenüber dem Antragsgegner teil.

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zu e) Allerdings ist die in dem Anteil der Kreditrate enthaltene anteilige monatliche Zinsbelastung in Höhe von 68,30 Euro einkommensmindernd zu berücksichtigen, denn sie stellt eine ehebedingte Verbindlichkeit und zugleich das Kostenäquivalent für das im Übrigen mietfreie Wohnen im eigenen Hause dar.

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zu f) Auch die monatlich vom Antragsgegner zu zahlende Bausparrate von 100 Euro zu Gunsten der H. Bausparkasse AG stellt eine einseitige - nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags unterhaltsrechtlich irrelevante - Kapitalbildung zu Gunsten des Antragsgegners dar, sodass sie nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen ist.

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2. Eheprägendes Einkommen der Antragstellerin:

12

Das eheprägende monatliche Einkommen der Antragstellerin errechnet sich wie folgt:

13

a) Durchschnittliches monatliches Nettoerwerbseinkommen

2.387,31 Euro

b) ./. 5 % für berufsbedingte Aufwendungen pauschal

119,37 Euro

c) ./. nach Vortrag des Antragsgegners anerkannte monatliche    
    Ratenzahlung der Antragstellerin an die S. Bank

151,00 Euro

d) ./. Zahlung an den D.

100,00 Euro

e) ./. Zahlung an den V.

20,00 Euro

f) ./. Zahlung Verfahrenskostenhilferaten von monatlich
    (175,00 Euro + 211,00 Euro = 386,00 Euro)

0,00 Euro

unterhaltsrelevantes Einkommen der Antragstellerin

1.797,25 Euro

bereinigtes Monatsnettoeinkommen der Antragstellerin

1.996,94 Euro

h) ./. 10 % Erwerbstätigenbonus

199,69 Euro

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Zu den vorstehenden Einkommenspositionen ist lediglich anzumerken, dass die von der Antragstellerin für das Scheidungs- und Trennungsunterhaltsverfahren zu zahlenden Verfahrenskostenhilferaten - anders als das Amtsgericht meint - keine einkommensmindernde Berücksichtigung finden können. Denn hierbei handelt es sich nicht um trennungsbedingten Mehrbedarf der Antragstellerin, wie teilweise angenommen wird (OLG Hamm, FamRZ 1996, 166, zitiert nach juris), sondern schlichtweg um Verfahrenskosten, die gemäß § 115 ZPO aus dem eigenen Einkommen bzw. Vermögen des Beteiligten zu zahlen sind. Würde man hingegen in diesen Raten einen trennungsbedingten Mehrbedarf sehen und diesen einkommensmindernd berücksichtigen, dann müsste der Unterhaltsberechtigte im Ergebnis infolge der hierdurch bedingten Reduzierung des eheprägenden Einkommens des unterhaltsverpflichteten Ehegatten, und damit auch des gesamten, die ehelichen Lebensverhältnisses prägenden Einkommens, in erheblichen Umfange die Verfahrenskosten des unterhaltsverpflichteten Ehegatten, hier der Antragstellerin also, mittragen, und sein Unterhaltsanspruch würde insoweit entsprechend anteilig verkürzt (vgl. für den umgekehrten Fall der Ratenzahlungsverpflichtung: OLG Schleswig, FamRZ 2000, 1586, zitiert nach juris). Im Übrigen besteht für die Antragstellerin auch die Verpflichtung vor dem Hintergrund ihrer Inanspruchnahme auf nachehelichen Ehegattenunterhalt, eine Herabsetzung oder den Fortfall der Ratenzahlungsverpflichtung durch einen entsprechenden Änderungsantrag herbeizuführen (vgl. Niepmann/Schwamb, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 13. Aufl., Rz. 1058 m.w.N.), sodass im Entscheidungsfall die von der Antragstellerin auf die Verfahrenskosten des Scheidungs- und Trennungsunterhaltsverfahrens zu zahlenden Raten keine einkommensmindernde Beachtung finden können.

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3. Eheprägendes Gesamteinkommen beider Beteiligten:

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Den vorstehenden Ausführungen zufolge errechnet sich somit ein eheprägendes monatliches Gesamteinkommen der Beteiligten von (1.381,26 Euro + 1.797,25 Euro =) 3.178,51 Euro.

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4. Unterhaltsbedarf des Antragsgegners:

18

Der monatliche Unterhaltsbedarf des Antragsgegners beträgt demnach (3.178,51 Euro : 2 Ehegatten =) 1.589,26 Euro.

19

5. Unterhaltsbedürftigkeit des Antragsgegners/monatlicher Unterhaltsanspruch:

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Demzufolge errechnet sich für den Antragsgegner ein monatlich ungedeckter Unterhaltsbedarf von (1.589,26 Euro - 1.381,26 Euro =) 208,00 Euro.

21

In Höhe des letztgenannten Betrags kann der Antragsgegner von der Antragstellerin nachehelichen Alters- und Aufstockungsunterhalt verlangen.

22

Soweit seine Forderung indes darüber hinausgeht - gefordert sind monatlich 255,00 Euro -, bietet seine Rechtsverfolgung nicht die hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 113 FamFG, 114 ZPO, sodass seine weitergehende sofortige Beschwerde und sein weitergehender Verfahrenskostenhilfeantrag zurückzuweisen war.

II.

23

Da die Beschwerde des Antragsgegners lediglich teilweise Erfolg hat, war ihm gemäß §§ 1, 21 Abs. 1 Satz 1 FamGKG in Verb. mit Nr. 1912 KV der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 FamGKG die Hälfte der Gerichtsgebühr aufzugeben gewesen.

24

Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens findet, wie aus § 127 Abs. 4 ZPO in Verb. mit § 113 FamFG folgt, grundsätzlich keine Erstattung statt.

III.

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Die Rechtsbeschwerde gegen die Senatsentscheidung war nicht zuzulassen, liegen doch die Voraussetzungen hierfür gemäß § 574 ZPO nicht vor.

26

gez. Materlik


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