Beschluss vom Oberlandesgericht Nürnberg - 3 U 1099/20

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 19.03.2020, Aktenzeichen 1 HK O 28/19, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts Bayreuth ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 305.639,36 € festgesetzt.

Gründe

A.

Die Klägerin betreibt einen Offshore-Windpark in der D. Bucht. Der Windpark umfasst insgesamt 80 Windenergieanlagen mit einer Nennleistung von jeweils 3,6 MW. Die hier gegenständlichen Windanlagen waren bis März 2015 einspeisebereit.

Die Beklagte ist die anbindungsverpflichtete Übertragungsnetzbetreiberin.

Der Klägerin steht dem Grunde nach unstreitig gegen die Beklagte ein Entschädigungsanspruch für die Verzögerung der Errichtung der Anbindungsleitung gemäß § 17e EnWG in der ab dem 01.08.2014 geltenden Fassung zu.

Die Parteien streiten über die Frage, ob sich die Höhe des Entschädigungsanspruchs ausgehend von einem spezifischen Betrag von 19,4 ct/kWh berechnet oder ob als Berechnungsgrundlage 19,0 ct/kWh maßgeblich sind.

Das Landgericht Bayreuth erließ am 19.03.2020 das nachfolgende Endurteil:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 305.639,36 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.01.2019 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 3.260,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.01.2019 zu zahlen.

Zur Begründung führte das Landgericht u.a. aus, dass die Entschädigung gemäß § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) 90% von 19,4 ct/kWh betrage. Dies ergebe sich insbesondere in grammatikalischer Auslegung aus dem Gesetzeswortlaut. Wegen des weiteren Inhalts wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte in ihrer Berufung. Sie beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bayreuth vom 19.03.2020 die Klage abzuweisen. Zur Begründung führt sie u.a. aus, dass das Ergebnis der grammatikalischen Auslegung zumindest offen sei, da § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) von einer Vergütung spreche, die Regelung sich also aus diesem Grund gerade nicht auf die Förderung im Marktprämienmodell beziehen könne. Darüber hinaus verweise die in § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) umfassend in Bezug genommene Regelung des § 19 EEG (2014) auch auf § 37 Abs. 3 Nr. 2 EEG (2014), der anordne, dass von dem dort geregelten anzulegenden Wert (19,4 Cent/kWh) 0,4 Cent/kWh abzuziehen seien. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber sowohl vor dem 01.08.2014 als auch nach dem 01.01.2017, also vor und nach der Gültigkeit des Gesetzes in seiner hier streitgegenständlichen Fassung, jeweils einen Entschädigungsanspruch von 19,0 ct/kWh als angemessen erachtet habe.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung. Zur Begründung führt sie aus, dass bereits der Wortlaut der Entschädigungsregelung eindeutig sei. Auch die Systematik des EEG und der Sinn und Zweck des § 17e EnWG spreche für die Auslegung des Landgerichts.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 19.03.2020, Aktenzeichen 1 HK O 28/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

I.

Der Senat erteilte am 10.07.2020 den nachfolgenden Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO:

Die Berufung erweist sich auch unter Berücksichtigung der Argumente der Beklagten als unbegründet. Das Landgericht stellte zutreffend fest, dass der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum ein Entschädigungsanspruch mit einer Berechnungsgrundlage in Höhe von 19,4 ct/kWh - und nicht in Höhe von 19,0 ct/kWh - zusteht. Dies hat im Ergebnis zur Folge, dass die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von - noch nicht erfüllten - 305.639,36 € hat. Dies ergibt die Auslegung der maßgeblichen Vorschriften im EnWG und EEG.

1. Auszugehen ist vom Wortlaut des Gesetzes (BGH, Urteil vom 12.08.2009 - VIII ZR 254/08, juris-Rn. 10). Die Wortlautauslegung ist darauf gerichtet, den möglichen Sinngehalt eines Normtextes zu erfassen, zu ermitteln, was die Norm nach den Sprachgesetzen bedeuten kann und ob der konkrete Lebenssachverhalt vom Wortlaut der Norm erfasst ist.

a) Nach der im Streitfall maßgeblichen Norm des § 17e Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) kann der Betreiber der Windenergieanlage auf See wegen der verspäteten Netzanbindung

„für entstandene Vermögensschäden eine Entschädigung in Höhe von 90 Prozent der nach § 19 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in Verbindung mit § 50 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Fall der Einspeisung erfolgenden Vergütung verlangen.“

Die Norm des § 50 Abs. 3 S. 1 EEG (2014) lautete wie folgt:

„Wenn vor dem 01.01.2020 die Windenergieanlage auf See in Betrieb genommen oder ihre Betriebsbereitschaft unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 hergestellt worden ist, beträgt der anzulegende Wert abweichend von Absatz 1 in den ersten acht Jahren ab der Inbetriebnahme der Anlage 19,40 Cent pro Kilowattstunde, wenn dies der Anlagenbetreiber vor Inbetriebnahme der Anlage von dem Netzbetreiber verlangt.“

Damit stellt der einschlägige Gesetzeswortlaut eindeutig auf eine Berechnungsgrundlage in Höhe von 19,4 ct/kWh ab.

b) Eine andere Auslegung ist auch nicht deshalb veranlasst, weil § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) an die „im Fall der Einspeisung erfolgenden Vergütung“ anknüpft.

aa) Zwar ist grundsätzlich zutreffend, dass der EEG-Gesetzgeber in § 19 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EEG (2014) zwischen einem Anspruch auf Zahlung einer Marktprämie und einem Anspruch auf Zahlung einer Einspeisevergütung unterschied. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Regelung in § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) ausschließlich im Sinne einer Einspeisevergütung gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 EEG (2014) auszulegen ist. Vielmehr soll die Entschädigung allgemein den Verlust der Einspeiseerlöse kompensieren, der durch die Verzögerung der Fertigstellung der Anbindungsleitung eingetreten ist (Broemel, in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 3. Aufl. 2015, § 17e Rn. 27). Anderenfalls hätte § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) nur auf die Vorschrift des § 19 Abs. 1 Nr. 2 EEG (2014) Bezug genommen.

bb) In diesem Zusammenhang ist auch die Gesetzeshistorie zu berücksichtigen:

Die Vorschrift des § 17e EnWG (2012) verwies zunächst auf § 16 EEG (2012), der mit „Vergütungsanspruch“ überschrieben war. Seit dem Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien vom 21.07.2014 ersetzte der neu gefasste und mit „Förderanspruch für Strom“ überschriebene § 19 EEG (2014) den bisherigen § 16 EEG (2012); er sollte aber weiterhin die zentrale Anspruchsgrundlage für die finanzielle Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien unter dem EEG 2014 darstellen (BT-Drucksache 18/1304, S. 125). Eine Änderung des § 17e EnWG erfolgte nicht; bei der darin zunächst weiterhin enthaltenen Bezugnahme auf § 16 EEG (anstatt § 19 EEG) handelt es sich um ein redaktionelles Versehen (vgl. Broemel, in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 3. Aufl. 2015, § 17e). Erst mit dem Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.2016 wurde in § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (n.F.) der Begriff „Vergütung“ mit dem Begriff „Zahlungsanspruch“ ersetzt. Diese Änderungen sollte die Terminologie an die des EEG 2016 anpassen (BT-Drucksache 18/8860, S. 337).

Auch vor diesem Hintergrund kann aus dem verwendeten Begriff der „Vergütung“ nicht der Schluss gezogen werden, dass nur auf die Höhe der gesetzlichen Einspeisevergütung verwiesen wird.

2. Dieses Auslegungsergebnis wird bestätigt durch die systematische Auslegung, also der Berücksichtigung des Regelungsumfeldes, sowie der teleologischen Auslegung der einschlägigen Vorschriften, also der Ermittlung ihres objektiven Zwecks unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien (vgl. BGH, Urteil vom 12.08.2009 - VIII ZR 254/08, juris-Rn. 11).

a) Die Beklagte meint, dass die in § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) umfassend in Bezug genommene Regelung des § 19 EEG (2014) über seinen Abs. 1 Nr. 2 auch auf § 37 Abs. 3 Nr. 2 EEG (2014) verweise. Diese Vorschrift verweise dann ihrerseits bezüglich des Vergütungsanspruchs für Windenergieanlagen auf See auf § 50 EEG (2014) und ordne an, dass von dem dort geregelten anzulegenden Wert (19,4 Cent/kWh) 0,4 Cent/kWh abzuziehen seien. Dies ergebe einen zugrundzulegenden Entschädigungsanspruch von 19,0 ct/kWh.

Diese Rechtsauffassung überzeugt aufgrund der nachfolgenden Gesichtspunkte nicht.

Zum einen ist zu berücksichtigen, dass § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) sowohl auf § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG (2014) also auch auf § 19 Abs. 1 Nr. 2 EEG (2014) verweist, je nachdem, welcher Förderanspruch den Anlagen zugrunde liegt. Für Anlagen wie der klägerischen Offshore-Windenergieanlagen, die den Strom im Marktprämienmodell vermarkten, gilt lediglich § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG (2014), bei der ein Verweis auf § 37 EEG (2014) fehlt.

Zum anderen ist zu beachten, dass § 37 EEG (2014) - und damit auch die darin gegebene Möglichkeit, vom Netzbetreiber eine Einspeisevergütung anstelle der Marktprämie zu verlangen - nur auf Anlagen einer bestimmten Größe anwendbar ist (vgl. § 37 Abs. 2 EEG (2014)). Bei den klägerischen Windenenergieanlagen handelt es sich nicht um „kleine“ Anlagen i.S.v. § 37 Abs. 2 EEG (2014).

b) Durch das Gesetz zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien vom 13.10.2016 erfolgte in § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (n.F.) durch die Aufnahme des Zusatzes „abzüglich 0,4 Cent pro Kilowattstunde“ eine Änderung der Rechtslage. Es handelt sich nicht um lediglich eine klarstellende Korrektur.

aa) Dies ergibt sich zum einen aus der Gesetzesbegründung, die ausführt:

Die Änderungen in Absatz 1 Satz 1 […] betreffen […] die Entschädigungshöhe, die sich aus einem Verweis auf das EEG 2016 ergibt. Von der Höhe des Zahlungsanspruchs nach den §§ 19, 47 EEG 2016 ist im Falle der Einspeisevergütung, also wenn der Anlagenbetreiber den Strom nicht direkt vermarktet oder vermarkten lässt, sondern dem Netzbetreiber kaufmännisch bilanziell überlässt, 0,4 Cent/kWh abzuziehen.

Der Gesetzgeber macht damit deutlich, dass mit der Neuregelung keine Klarstellung, sondern eine Änderung der Rechtslage in Form eines nunmehr verringerten Entschädigungsanspruchs erfolgen soll.

bb) Zum anderen ist die wie folgt lautende Übergangsvorschrift des § 118 Abs. 21 EnWG (n.F.) zu beachten:

Für Windenergieanlagen auf See, die eine unbedingte Netzanbindungszusage nach Absatz 12 oder eine Kapazitätszuweisung nach § 17d Absatz 3 Satz 1 in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung erhalten haben, sind die §§ 17d und 17e in der am 31. Dezember 2016 geltenden Fassung anzuwenden.

Das Erstgericht führt zutreffend aus, dass diese Übergangsvorschrift nicht eine Rückwirkung einer „Korrektur“, sondern im Gegenteil die Fortdauer der Anwendbarkeit der bis dahin geltenden EnWG-Vorschriften geregelt hat. Wäre der Gesetzgeber von einem Irrtum oder einer klarstellungsbedürftigen Gesetzeslage ausgegangen, hätte es nahegelegen, eine Korrektur rückwirkend anzuwenden.

c) Schließlich ist der allgemeine Zweck des Dritten Gesetzes zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften vom 20.12.2012, mit welchem die Vorschrift des § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG in der hier maßgeblichen Fassung eingeführt wurde, zu berücksichtigen. Der Gesetzesentwurf führt dazu aus:

Die Stromerzeugung auf Hoher See im Wege von Offshore-Erzeugungsanlagen soll zukünftig einen wesentlichen Beitrag zur Deckung des Gesamtenergiebedarfs der Bundesrepublik Deutschland leisten. […] Technologische Unsicherheiten und Haftungsrisiken bei verspäteter Errichtung oder bei Störung der Anbindungsleitung stellen derzeit ein Investitionshindernis für private Investoren dar. Ziel des Gesetzes ist es, […] eine Entschädigungsregelung für den Fall einer Verzögerung der Errichtung oder einer Störung des Betriebs der Netzanbindung von Offshore-Erzeugungsanlagen einzuführen (BT-Drs. 17/10754, S. 1).

Die Bundesregierung verfolgt seit dem Energiekonzept 2010 das Ziel, die Erzeugungsleistung aus Offshore-Windenergieanlagen bis zum Jahr 2030 auf 25 Gigawatt zu erhöhen, um den Umbau des Energieversorgungssystems voranzutreiben. […] Ziel der Entschädigungsregelung in den §§ 17e ff. ist es, den notwendigen Ausbau der Offshore-Windenergie und die Errichtung der erforderlichen Anbindungen an das Onshore-Netz zu beschleunigen, um das Ziel, bis 2030 25 Gigawatt Erzeugungsleistung im Offshore-Bereich installiert zu haben, zu erreichen.

Diesen allgemeinen Ausführungen kann der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, die Finanzierbarkeit von Windkraftanlagen zu erhöhen. Dies spricht dafür, den Entschädigungsanspruch für den Fall, dass die Stromeinspeisung an der Verzögerung oder Störung der Anbindungsleitung scheitert, nicht durch Reduzierungen niedrig ausfallen zu lassen.

II.

Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass:

1. Der Senat hält an seiner im Hinweisbeschluss geäußerten Rechtsauffassung fest, dass - wie die Auslegung der maßgeblichen Vorschriften im EnWG und EEG ergibt - die Berufung offensichtlich unbegründet ist. Denn der einschlägige Gesetzeswortlaut der Normen stellt bei Anlagen wie die klägerische Offshore-Windenergieanlage, die ihren Strom im Marktprämienmodell vermarkten, eindeutig auf eine Berechnungsgrundlage in Höhe von 19,4 ct/kWh ab. Eine andere Auslegung ist auch nicht aufgrund der Systematik und des Sinns und Zwecks der § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (2014), §§ 19, 50 Abs. 3 EEG (2014) veranlasst. Insbesondere beruht der Wortlaut der Norm - wie auch die Gesetzeshistorie bestätigt - nicht auf einem redaktionellen Versehen des Gesetzgebers.

a) Aus der Verweisung von § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) auf die gesamte Vorschrift des § 19 EEG (2014) - und damit auch auf § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG (2014) - ergeben sich die von der Beklagten dargestellten Widersprüche nicht.

Durch die Vorschrift des § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) wurden die wesentlichen Förderprinzipien bestimmt und für die Stromerzeugung aus EEG-Anlagen vorgeschrieben. Der Anlagenbetreiber erhielt für den abgenommenen Strom entweder eine Marktprämie oder eine Einspeisevergütung. Der Berechnung der Marktprämie bzw. Einspeisevergütung waren die „anzulegenden Werte“ in den §§ 40-51 EEG (2014) zugrunde zu legen (Boewe/Bues, in BeckOK EEG, 4. Ed. 01.09.2015, § 19 EEG 2014 Rn. 26). Für Windenergie auf See ergaben sich diese einheitlich aus § 50 EEG (2014).

Dass bei einer gesetzlich geregelten, pauschalierten Entschädigung die Berechnung nicht entsprechend der monatlich zu zahlenden Marktprämie gemäß § 34 Abs. 2 EEG (2014) i.V.m. mit Anlage 1 zum EEG (2014) erfolgt, ergibt sich aus der Natur der Sache. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass auch nach derzeitiger Rechtslage die Grundlage der in § 20 Abs. 1 EEG (2017) - auf welchen § 17e Abs. 1 S. 1 EnWG (2019), § 19 Abs. 1 Nr. 1 EEG (2017) verweist - aufgeführten Voraussetzungen eine kalendermonatliche Betrachtung wäre.

b) Die Beklagte meint, dass es wesentlich wahrscheinlicher sei, „dass der Gesetzgeber, wenn er bei der Novellierung des § 17e Abs. 1 Satz 1 EnWG (2014) den Wortlaut der Vorgängernorm übernimmt und lediglich die Nummerierung der Paragraphen anpasst, den Inhalt der Norm - freilich unter Außerachtlassung der hiermit aufgrund der Einführung der Direktvermarktung verbundenen Ungenauigkeiten - unberührt lassen will, als dass der Gesetzgeber das Regelungsregime vollständig novellieren wollte, ohne dies auch nur mit einem Wort in der Gesetzesbegründung deutlich zu machen.“ Eine derartige „Wahrscheinlichkeitsbetrachtung“ kann jedoch - insbesondere vor dem Hintergrund der bereits im Hinweisbeschluss dargestellten systematischen und teleologischen Auslegung unter Berücksichtigung der Gesetzeshistorie - ohne weitere konkrete Anhaltspunkte nicht zu einer vom Gesetzeswortlaut abweichenden Auslegung einer Gesetzesnorm führen.

2. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Außerdem erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist (BVerfG, Beschluss vom 08.12.2010 - 1 BvR 381/10, juris-Rn. 12). Wenn die Rechtsfrage auslaufendes Recht betrifft, muss zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit aufgezeigt werden, dass eine höchstrichterliche Entscheidung gleichwohl für die Zukunft richtungweisend sein kann, weil entweder noch über eine erhebliche Anzahl von Fällen nach altem Recht zu entscheiden oder die Frage für das neue Recht weiterhin von Bedeutung ist (BGH, Beschluss vom 27.03.2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288-301, juris-Rn. 7).

Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, wenn es von einer höherrangigen Entscheidung, namentlich des Bundesgerichtshofs, abweicht (BGH, Beschluss vom 04.07.2002 - V ZR 75/02, juris-Rn. 7).

b) Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

Für zukünftige vergleichbare Konstellationen wird sich die Rechtsfrage der Auslegung des § 17e Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) aufgrund der - mit der erfolgten Novellierung der maßgeblichen Vorschriften einhergehenden - Änderung der Gesetzeslage nicht mehr stellen. Soweit die Beklagte vorträgt, dass sie in einem rechtshängigen Prozess von unterschiedlichen Betreibern eines Offshore-Windparks auf Zahlung von Entschädigung in Anspruch genommen werde und dabei teilweise auch die streitgegenständliche Auslegungsfrage entscheidungserheblich sei, ist darauf hinzuweisen, dass diese Berufung beim erkennenden Senat unter dem Az. 3 U 2465/20 geführt wird.

Zu der Auslegung des § 17e Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 1 EnWG (2014) werden - soweit ersichtlich - auch keine unterschiedlichen Auffassungen in der Rechtsprechung vertreten. Insbesondere weicht der Senat mit der vorliegenden Entscheidung nicht vom Urteil des OLG Bamberg vom 28.11.2018 - 8 U 71/18 - ab. Zum einen sind die darin geäußerten Zweifel, ob sich der Anwendungsbereich des § 12 EEG (2012) auf das Direktvermarktungsmodell erstrecke, da der Wortlaut der Norm den Begriff der „Einspeisung von Strom“ verwende und der Gesetzgeber die Terminologie trotz der zwischenzeitlichen Schaffung des Direktvermarktungsmodells nicht angepasst habe, für den hier maßgeblichen Entschädigungsanspruch ohne Bedeutung. Zum anderen umging das OLG Bamberg eine Entscheidung über die Auslegung des Begriffs der Einspeisung mit dem Hinweis darauf, dass die Frage nicht entscheidungserheblich sei, da der von dem Direktvermarkter geltend gemachte Erstattungsanspruch aus anderen Gründen nicht bestehe.

Die von der Beklagten gerügte Abweichung vom Urteil des Bundesgerichtshofs vom 06.05.2015 - VIII ZR 56/14 - besteht nicht. Der Bundesgerichtshof führt in dieser Entscheidung lediglich allgemein aus, dass einer verbindlichen Auslegung des EEG 2004 durch den nachfolgenden Gesetzgeber Grenzen gezogen seien (Rn. 21). Der dabei in Bezug genommene Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - stellt klar, dass eine nachträgliche, klärende Feststellung des geltenden Rechts durch den Gesetzgeber grundsätzlich als konstitutiv rückwirkende Regelung anzusehen ist, wenn dadurch eine in der Fachgerichtsbarkeit offene Auslegungsfrage entschieden wird oder eine davon abweichende Auslegung ausgeschlossen werden soll (Leitsatz 2). Dazu stehen die Auslegungsgrundsätze des Senats nicht im Widerspruch.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Zurückweisungsbeschluss selbst ist gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ohne besonderen Ausspruch sofort vollstreckbar (OLG Nürnberg, Beschluss vom 08.04.2013 - 1 U 1100/11, juris-Rn. 12).

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG, 3 ZPO bestimmt.

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