Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (1. Senat für Familiensachen) - 8 UF 173/13

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Pinneberg vom 21. August 2013 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten der Beschwerde werden dem Beteiligten zu 1. auferlegt.

III. In Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht – Pinneberg vom 21. August 2013 wird der Verfahrenswert für beide Rechtszüge auf 50.000 Euro festgesetzt.

Gründe

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Die Beschwerde betrifft die Zurückweisung des Antrags, die Annahme der Beteiligten zu 2. als Kind nur des verheirateten Beteiligten zu 1. auszusprechen.

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I. Die am 28. August 1980 geborene Beteiligte zu 2. ist die Tochter von S. B. und J. G. Deren Ehe wurde im Jahr 1983 geschieden. S. B. und der am 8. September 1951 geborene Beteiligte zu 1. heirateten am 3. Oktober 1986. Ihre Ehe, aus der am 9. Oktober 1988 der Sohn A. B. hervorgegangen ist, wurde im Jahr 2003 geschieden. Der Beteiligte zu 1. ist seit 12. Juni 2010 mit der Beteiligten zu 3. verheiratet, die aus ihrer geschiedenen Ehe zwei Kinder hat. Die Beteiligte zu 3. stimmt der Annahme der Beteiligten zu 2. durch den Beteiligten zu 1. als Kind zu, will diese aber nicht selbst als Kind annehmen. Sie ist als Rechtsanwältin die Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1. Einen Antrag auf Bestimmung, dass sich die Wirkungen der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen oder eines verwandten Minderjährigen richten, haben die Beteiligten zu 1. und 2. ausdrücklich nicht gestellt.

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Die Beteiligte zu 2. kennt den Beteiligten zu 1. seit dem Jahr 1983. Sie wurde von ihm als leibliches Kind behandelt. Seit 1988 und bis zu ihrer Heirat mit dem Beteiligten zu 4. trug sie den Familiennamen „B.“. Zu ihrem Vater J.G. hat sie seit 2008 keinen Kontakt mehr. Die Beteiligte zu 2. hat mit dem Beteiligten zu 4. die Kinder F. (geboren am 27. August 2010) und H. (geboren am 21. Oktober 2012). Der Beteiligte zu 4. stimmt der Annahme der Beteiligten zu 2. durch den Beteiligten zu 1. als Kind zu.

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Das Familiengericht hat die Beteiligten zu 1. und 2. am 5. August 2013 persönlich angehört und deren Antrag sodann durch den angefochtenen Beschluss vom 21. August 2013 mit der Begründung zurückgewiesen, dass ein Ehepaar auch ein volljähriges Kind nach dem Gesetz nur gemeinschaftlich annehmen könne. Die gesetzliche Regelung sei eindeutig und keiner davon abweichenden Auslegung zugänglich.

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Der Beteiligte zu 1. begründet seine Beschwerde wesentlich damit, dass im Wege einer teleologischen Reduktion eine Ausnahme von der gesetzlichen Regel zu machen sei, wonach ein Ehepaar ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen kann. Im Einzelnen bringt er vor:

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Die Annahme der Beteiligten zu 2. sei sittlich gerechtfertigt und auch allein durch ihn geboten. Das bestehende Stiefkindverhältnis sei durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt. Die Beteiligte zu 2. sei durch die zweite Scheidung ihrer Mutter zu einem „geschiedenen Stiefkind“ geworden. Durch die Adoption solle ein vollwertiges Eltern-Kind-Verhältnis entstehen. Durch die erstrebte Annahme als Kind werde ohne neue Konflikte ein neues Stiefkindverhältnis zur Beteiligten zu 3. begründet. Die Annahme trage zu einem ausgewogenen Verhältnis in der von ihm und der Beteiligten zu 3. begründeten Patchwork-Familie bei. Er habe zu deren Kindern ein Stiefkindverhältnis. A. B. sei der Stiefsohn der Beteiligten zu 3. Die Annahme der Beteiligten zu 2. als Kind durch ihn schaffe ein Gleichgewichtsverhältnis unter den Kindern und entspreche der faktisch bereits bestehenden Familiensituation.

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Die Beteiligte zu 2. habe aufgrund der Scheidungen ihrer Mutter Verlustängste entwickelt, die bis heute andauerten. Gerade das Hinzutreten neuer Stiefkinder durch seine Ehe mit der Beteiligten zu 3. habe diese Verlustängste wieder aufkommen lassen. Um diese Ängste aufzulösen und das Gefühl „Familie“ komplett zu machen, wünsche sie sich die Annahme als Kind. Darüber hinaus solle auch für die Enkelkinder eine eindeutige Familienzusammengehörigkeit geschaffen werden. Die Annahme als Kind führe hier nicht mehr zur tatsächlichen Eingliederung in seinen Familienverband und zu einer Erziehungsgemeinschaft, sondern lediglich zu einer Begegnungsgemeinschaft und zur Dokumentation einer bestehenden persönlichen Bindung. Finanzielle Interessen würden durch die erstrebte Annahme nicht verfolgt. Er, der Beteiligte zu 1., habe die Beteiligte zu 2. bereits durch Verfügung von Todes wegen mit seinem Sohn A. gleichgestellt. Unter diesen Umständen lasse sich aus Art. 6 Abs. 1 GG ein Anspruch ableiten, die beantragte Annahme als Kind auszusprechen. Eine Annahme der Beteiligten zu 2. als Kind auch durch die Beteiligte zu 3. sei von keinem Beteiligten gewollt.

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Die Beteiligte zu 2. hat mit Schreiben vom 20. Oktober 2013 ausgeführt, weshalb die Annahme als Kind für sie aus persönlichen Gründen von so großer Bedeutung ist. Trotz ihres Alters von jetzt 33 Jahren durchlebe sie heute die Verlustängste, die sie als Kind unbewusst verdrängt habe. Die alten Wunden seien spürbar, sie sei eifersüchtig wegen der neuen Stiefkinder des Beteiligten zu 1. und habe Angst, diesen zu verlieren. Die Adoption sei ihr Herzenswunsch, damit keine Unsicherheit mehr bleibe. Zur weiteren Erläuterung hat sie eine „Psychologische Stellungnahme“ ihrer Psychotherapeutin eingereicht, bei der sie von Juli 2011 bis März 2013 aufgrund der Diagnose „einer mittelgradigen depressiven Episode auf dem Hintergrund immer wiederkehrender biographisch bedingter Verlustängste“ mit insgesamt 45 Sitzungen in Behandlung war.

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II. Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1. hat keinen Erfolg.

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1. Nach § 1767 Abs. 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Diese Voraussetzungen liegen vor. Zwischen dem Beteiligten zu 1. und der Beteiligten zu 2. ist ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits seit langem entstanden.

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2. Für die Annahme Volljähriger gelten nach § 1767 Abs. 2 Satz 1 BGB die Vorschriften über die Annahme Minderjähriger sinngemäß, soweit sich aus den folgenden Vorschriften nichts anderes ergibt. Zu den Vorschriften über die Annahme Minderjähriger gehört § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach ein Ehepaar ein Kind nur gemeinschaftlich annehmen kann. Aus den §§ 1768 – 1772 BGB ergibt sich nichts anderes, sodass der nach seinem Wortlaut eindeutige § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB sinngemäß gilt. Aus diesen Gründen ist nach nahezu allgemeiner Auffassung die Annahme auch Volljähriger durch allein einen Ehegatten nach geltendem Recht ausgeschlossen (vgl. nur OLG Hamm FamRZ 2003, 1039; OLG Hamm FamRZ 2000, 257; KG Rpfleger 1980, 281; AG Lübeck FamRZ 2012, 1402; Palandt/Götz BGB 72. Aufl. § 1767 Rn. 9 und § 1741 Rn. 9; Maurer, in: Münchener Kommentar zum BGB 6. Aufl. § 1741 Rn. 37; Frank, in: Staudinger BGB Neubearbeitung 2007 § 1767 Rn. 31 und § 1741 Rn. 36; Liermann, in: Soergel BGB Stand: Frühjahr 2000 § 1767 Rn. 15 und § 1741 Rn. 30, jew. m. w. Nachw.; and. Ans. für den Fall einer „Rückadoption“: AG Starnberg FamRZ 1995, 827; AG Rosenheim FamRZ 2002, 1648). An die gesetzliche Regelung ist der Senat nach Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 97 Abs. 1 GG gebunden.

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3. Die Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion des § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB liegen entgegen der Meinung des Beteiligten zu 1. nicht vor.

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a. Eine teleologische Reduktion hat zum Ziel, den Anwendungsbereich einer Rechtsnorm einzuschränken. Sie setzt sich mit dem Wortlaut der Rechtsnorm in Widerspruch und setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus, wobei zu deren Feststellung von der in der Gesetzesbegründung niedergelegten gesetzgeberischen Absicht ausgegangen werden kann. Soweit eine Lücke vorliegt, wird die Norm auf Sachverhalte, die unter ihren Wortlaut fallen, aber vom Normzweck nicht erfasst werden, nicht angewendet (vgl. Palandt/Sprau a.a.O. Einleitung Rn. 49; BGH NJW 2012, 1073, juris Rn. 31; BGH NJW 2009, 427 juris Rn. 22; BGH NJW 2005, 1508 juris Rn. 16).

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b. Eine planwidrige Regelungslücke liegt nicht vor. Der Gesetzgeber hat seine Absicht klar zum Ausdruck gebracht.

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aa. Nach der Gesetzesbegründung zum Adoptionsgesetz vom 2. Juli 1976 (BGBl I S. 1749) wollte der Gesetzgeber ausdrücklich das Entstehen von Stiefkindverhältnissen auch bei einer Volljährigenadoption vermeiden. In der Bundestagsdrucksache 7/3061 heißt es dazu (S. 53): „Die Annahme eines Volljährigen soll zu einem Eltern-Kindverhältnis führen. Wie bei der Annahme eines Minderjährigen sollen möglichst keine Stiefkindverhältnisse entstehen. Deshalb sollen die Vorschriften des § 1741 Abs. 1, 2 BGB-E auch insoweit anwendbar sein, als sie die Annahme durch einen Ehegatten allein nur in Ausnahmefällen zulassen (vgl. Nr. 2 und 8 zu § 1741 BGB-E)“. Weiter ist dort ausgeführt (S. 28): „Die wünschenswerte Eingliederung des Kindes in den Familienverband der Annehmenden und die Gleichstellung des angenommenen Kindes mit anderen Kindern erfordern es, ein Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu allen Familienangehörigen herzustellen. Das angenommene Kind soll nicht das Kind des einen Ehegatten und das Stiefkind des anderen werden, zumal das geltende bürgerliche Recht kein besonderes Recht der Stiefkinder kennt, das geeignet wäre, Konflikte zwischen Stiefelternteil und Stiefkind zu lösen. Dem Wohl des Kindes entspricht es, wenn die Ehegatten die gleiche Bereitschaft haben, für das Kind als eigenes Kind zu sorgen. Wenn die Annahme durch beide Ehegatten daran scheitert, dass ein Ehegatte die Elternpflicht nicht übernehmen will, soll die Annahme besser unterbleiben.“

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bb. An der damaligen Absicht des Gesetzgebers hat sich im Laufe der Zeit nichts geändert. Er hat sie in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zum KindRG im Jahr 1996 noch einmal ausdrücklich bekräftigt und ausgeführt (BT-Drucksache 13/4899, Seite 111): „In gleicher Weise stellt Satz 2 [gemeint: § 1741 Abs. 2 Satz 2 BGB] nunmehr klar, dass ein Ehepaar ein Kind „nur“ gemeinschaftlich annehmen kann. Damit wird der Charakter (auch) dieses Satzes als einer Grundsatznorm verdeutlicht, die durch die Ausnahmen des Satzes 3 und 4 eingeschränkt wird.“

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4. Rechte des Beteiligten zu 1. und der Beteiligten zu 2. aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG werden durch eine Zurückweisung ihrer Anträge nicht verletzt. „Soziale Elternschaft allein begründet grundsätzlich keine Elternposition im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG und vermittelt damit auch kein Recht auf Adoption. Dem verfassungsrechtlichen Schutzbedarf der familiären Bindungen zwischen einem Kind und der Person, die ihm gegenüber eine soziale Elternrolle übernommen hat, ohne rechtlich Elternteil zu sein, wird vielmehr durch den Familienschutz des Art. 6 Abs. 1 GG Rechnung getragen, der vom formalen Elternstatus unabhängig ist“ (BVerfG FamRZ 2013, 521, juris Rn. 59).

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5. Nach Auffassung des Senats werden durch eine Zurückweisung der Anträge der Beteiligten zu 1. und 2. auch deren Rechte aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht verletzt.

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a. Danach stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. „Der Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG reicht insofern über das Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG hinaus, als er auch Familiengemeinschaften im weiteren Sinne einbezieht, die als "soziale Familien" vom Bestehen rechtlicher Elternschaft unabhängig sind“ (BVerfG a.a.O. juris Rn. 62). Das zwischen dem Beteiligten zu 1. und der Beteiligten zu 2. bestehende Eltern-Kind-Verhältnis ist demnach von diesem Schutz umfasst.

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b. Die Verwehrung einer Annahme Volljähriger als Kind durch allein einen Ehegatten ist von der Befugnis des Gesetzgebers zur rechtlichen Ausgestaltung der Familie gedeckt. Das ergibt sich nach Auffassung des Senats aus den folgenden Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts: „Trotz starker tatsächlicher Vorprägung bedarf der Lebensbereich Familie einer rechtlichen Struktur, innerhalb derer sich Familienbeziehungen entfalten können; dies gilt insbesondere für wechselseitige Verpflichtungen und Befugnisse. Eine solche rechtliche Struktur bereitzustellen, ist der Gesetzgeber durch Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet. Dafür kommt ihm ein Gestaltungsspielraum zu. Zwar bleibt die Ausgestaltung grundrechtlich gebunden. Der Gesetzgeber ist durch Art. 6 Abs. 1 GG jedoch nicht ohne weiteres verpflichtet, bei der Ausgestaltung der Familie im rechtlichen Sinne tatsächlich vorgefundene familiäre Gemeinschaften genau nachzuzeichnen. Mit der Regelung der Adoptionsmöglichkeiten definiert der Gesetzgeber eine Form der Erlangung des Elternstatus'. Die Adoption ist ein rechtlicher Vorgang, der dem Einzelnen überhaupt erst durch gesetzliche Regelung verfügbar wird. Regelungen über Adoptionsmöglichkeiten nehmen keine familiäre Freiheit, sondern gestalten diese aus, indem sie weitere Möglichkeiten rechtlich anerkannter Familienbeziehungen eröffnen. Auch die Entscheidung des Gesetzgebers, eine Adoptionsmöglichkeit nicht zu gewähren, ist grundsätzlich noch der Ausgestaltungsdimension des Grundrechts zuzurechnen; Ausgestaltung schließt die Verwehrung bestimmter Entfaltungsmöglichkeiten ein. Gerade weil das Familiengrundrecht Beziehungen einschließt, die einem Eltern-Kind-Verhältnis gleichkommen, ohne vom Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) erfasst zu sein, ist der Gesetzgeber nicht aus Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet, in jedem Fall einer faktischen Eltern-Kind-Beziehung das volle Elternrecht zu gewähren“ (BVerfG a.a.O. juris Rn. 68 f.; im Original nicht kursiv).

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c. Der Gesetzgeber hat sich für die Verwehrung der von den Beteiligten zu 1. und 2. erstrebten Entfaltungsmöglichkeiten entschieden, um ihm unerwünscht erscheinende Stiefkindverhältnisse auch bei der Annahme Volljähriger zu vermeiden. Die dieser Entscheidung zugrunde liegende Annahme, dass das geltende bürgerliche Recht kein besonderes Recht der Stiefkinder kennt, das geeignet wäre, eventuelle Konflikte zwischen Stiefelternteil und Stiefkind zu lösen, liegt ebenso im Rahmen der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers, wie dessen rechtspolitische Bewertung von Stiefkindverhältnissen.

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Es mag sein, wie der Beteiligte zu 1. vorbringt, dass den Zielsetzungen des Gesetzgebers bei der Annahme Volljähriger deutlich geringeres Gewicht zukommt, als bei der Annahme Minderjähriger und deren regelmäßiger tatsächlicher Eingliederung in den Familienverband. Ohne erhebliche Bedeutung sind sie jedoch nicht. Welche Streitigkeiten durch die Verwehrung unerwünschter Stiefkindverhältnisse vermieden werden, lässt sich im Einzelnen nicht absehen. Das gilt auch für die Beziehung der Beteiligten in diesem Fall, selbst wenn jetzt allseits Einvernehmen über die Annahme und eventuelle vermögensrechtliche Fragen besteht. Die Annahme als Kind wirkt jedoch grundsätzlich ein Leben lang, sodass sich denkbare Konflikte in naher oder ferner Zukunft bei denkbaren dynamischen Familienverhältnissen in einer „Patchworkfamilie“ nicht ausschließen lassen. Dass eine Annahme der Beteiligten zu 2. durch den Beteiligten zu 1. „ausschließlich der Dokumentation einer bestehenden emotionalen Bindung“ dient, wie dieser geltend macht, entspricht nicht den gesetzlichen Wirkungen einer Annahme Volljähriger (§§ 1770, 1767 Abs. 2 Satz 1, 1754 BGB).

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6. Das Bundesverfassungsgericht hat festgehalten, der Gesetzgeber sei nicht ohne weiteres verpflichtet, bei der Ausgestaltung der Familie im rechtlichen Sinne tatsächlich vorgefundene familiäre Gemeinschaften genau nachzuzeichnen. Auch sei die Entscheidung des Gesetzgebers, eine Adoptionsmöglichkeit nicht zu gewähren, nur grundsätzlich noch der Ausgestaltungsdimension des Grundrechts zuzurechnen (siehe oben II. 5b). Damit ist die Möglichkeit offen gelassen, dass die Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers durch die Verwehrung bestimmter Gestaltungsmöglichkeiten bei der Annahme als Kind ausnahmsweise überschritten werden kann. Maurer hat ausgeführt (a.a.O. Vor § 1741 Rn. 22): „In Ausnahmefällen kann das strikte Beharren auf einer gemeinschaftlichen Adoption verfassungswidrig sein. So etwa, wenn die Ehegatten bereits längere Zeit getrennt leben, ohne sich aus geschäftlichen Gründen scheiden zu lassen, und das Kind sich schon länger bei einem von ihnen aufhält und ein Eltern-Kind-Verhältnis zu ihm begründet hat; dann sind die Grundrechte des Ehegatten wie des Kindes auf rechtlichen Schutz ihrer Beziehung, die als „Pflegekindverhältnis“ gleichfalls unter den Schutz der Familie fällt, durch den Ausschluss der Einzeladoption verletzt.“

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Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass der Gesetzgeber seinen verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung seiner rechtspolitischen Ziele nicht überschritten hat. Die Annahme von „Ausnahmefällen“ kann nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes und dem dargelegten eindeutigen Willen des Gesetzgebers nur contra legem erfolgen und würde zu einer ganz erheblichen Rechtsunsicherheit führen. Was ein „Ausnahmefall“ im Einzelnen jeweils ist und wie ein „striktes Beharren“ von Gesetzesbindung in diesen Fällen abgrenzbar sein sollte, bleibt im Dunkeln. Davon abgesehen ist ausgehend von den bislang veröffentlichten Entscheidungen bei „Ausnahmefällen“ offenbar allenfalls an Extreme gedacht, bei denen die Verwehrung der Annahme Volljähriger als Kind durch nur einen Ehegatten zu einer ganz außergewöhnlichen Härte und existentiellen Belastungen für die Beteiligten führen würde. Eine derart außergewöhnliche Härte und existentielle Belastungen bestehen für die Beteiligten zu 1. und 2. nicht, auch wenn sie ihr Anliegen verständlich gemacht haben.

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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Danach soll das Gericht die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat. Das ist der Beteiligte zu 1. Ein sachlicher Grund dafür, davon abzuweichen, liegt nicht vor.

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IV. Der Verfahrenswert ist festgesetzt nach § 42 Abs. 2 FamGKG. Soweit in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Verfahrenswert sich aus den Vorschriften des FamGKG nicht ergibt, ist er danach unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 500 000 Euro. Nur wenn in einem solchen Fall keine genügenden Anhaltspunkte bestehen, ist gemäß § 42 Abs. 3 FamGKG von einem Wert von 3000 Euro auszugehen. In diesem Fall bestehen genügende Anhaltspunkte, um von einem höheren Verfahrenswert auszugehen. Der Beteiligte zu 1. hat in der notariellen Urkunde vom 25. Februar 2013 angegeben, dass sich der Wert seines Reinvermögens derzeit auf etwa 200.000 Euro belaufe, sodass der Geschäftswert seines Antrages davon 25 % und 50.000 Euro betrage. Dieser Wert ist der notariellen Kostenrechnung zugrunde gelegt. Ein sachlicher Grund dafür, für die Kosten des gerichtlichen Verfahrens einen anderen Verfahrenswert festzusetzen, besteht nicht (vgl. zu den Maßstäben: OLG Celle AGS 2013, 420; OLG Düsseldorf FamRZ 2010, 1937). Das gilt namentlich angesichts der Bedeutung der Sache für die Beteiligten und insbesondere deshalb, weil die Gerichtskosten auch in Adoptionssachen, die einen Volljährigen betreffen, ohnehin relativ niedrig sind (Nr. 1320 und 1322 Anlage 1 FamGKG; Gebühr bei einem Verfahrenswert bis 50.000 Euro nach Anlage 2 FamGKG 456 Euro).

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V. Die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen angesichts der klaren gesetzlichen Regelung nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.


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