Urteil vom Oberlandesgericht Stuttgart - 9 U 216/05

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 19.9.2005 wird

zurückgewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 19.9.2005 geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 101.682,23 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszins seit 21.2.1998 zu bezahlen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin ihrerseits Vollstreckungssicherheit in Höhe von 120 % der jeweils zu vollstreckenden Summe erbringt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten:  

jeweils 101.682,23 EUR

Gründe

 
I.
Die klagende Volksbank begehrt nach Kündigung vom 30.1.1998 von dem Beklagten die Rückzahlung zweier zu Immobilienanlagezwecken gewährten grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen über ursprünglich 92.333,71 DM und weitere 120.000.- DM. Der Beklagte macht Schadensersatzansprüche und den Widerruf der Darlehensverträge geltend. Hilfsweise, nämlich für den Fall der Wirksamkeit des von dem Beklagten erklärten Haustürwiderrufs, verlangt die Klägerin den Betrag, der sich zu ihren Gunsten bei Verrechnung der jeweiligen Rückgewähransprüche einschließlich jeweiliger Nutzungsvergütung ergibt (115.909,03 EUR).
Ende April 1992 wurde der Beklagte am Arbeitsplatz von den für die Firma P. D. GmbH & Co. KG tätigen Anlagevermittlern F. und G. geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital ein Appartement in einem noch zu errichtenden sogenannten Boarding-House in S. zu erwerben. Bei dem Anlageobjekt handelt es sich um eine in Wohnungseigentum aufgeteilte Anlage, die über eine von den Miteigentümern gemeinsam beauftragte Generalpächterin hotelähnlich betrieben werden sollte. In dem Vertriebsprospekt (nicht vorgelegt, aber senatsbekannt) war die klagende Bank namentlich als diejenige benannt, welche die Objektfinanzierung übernommen hat. An anderer Stelle wurde darauf hingewiesen, dass die „bauzwischenfinanzierende Bank“ eine zusätzliche Mittelverwendungskontrolle übernommen habe. Dazu wurde aus einem Schreiben der Klägerin zitiert, in dem diese u.a. bestätigt, für die Käufer des Objekts Treuhandkonten zu führen sowie eine Mittelverwendungskontrolle durchzuführen und die Kaufpreiszahlungen der Erwerber erst nach Fälligkeit freizugeben.
Am 27.5.1992 unterbreitete der Beklagte der T. V. GmbH als Treuhänderin das notariell beurkundete Angebot zum Abschluss eines Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrages zum Erwerb des Appartements verbunden mit der Vollmacht, ihn in allen mit der Durchführung dieses Erwerbs im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten einschließlich Finanzierung zu vertreten (nicht vorgelegt). Die zur Finanzierung der Gesamtaufwendungen erforderlichen Darlehensverträge schloss der Beklagte nach dem 29.5.1992 persönlich ab. Der Nettokreditbetrag der Annuitätendarlehen, der vereinbarungsgemäß durch Grundschulden abgesichert wurde, wurde dem im Darlehensvertrag bezeichneten Girokonto des Beklagten gutgeschrieben und zur Finanzierung des Erwerbs verwandt.
Im Februar 1993 wurde das Boarding-House fertiggestellt und der Generalpächterin übergeben. Dieser gelang es nicht, den vereinbarten Pachtzins durch Vermietung der Appartements zu erwirtschaften, sie stellte Ende 1993/Anfang 1994 die Pachtzahlungen ein und wurde Anfang 1994 insolvent, obwohl die Bauträgerin sie im August 1992 und im März 1993 durch sog. pre-opening- Zahlungen und im Zeitraum von Oktober 1993 bis Dezember 1993 durch weitere vier Scheckzahlungen im Umfange jeweils einer Monatspacht unterstützt hatte. Der Hotelbetrieb wurde von einer Auffanggesellschaft (Residenz S.) fortgeführt, die Pachtausschüttungen bleiben jedoch trotz zuletzt gestiegener Auslastung erheblich hinter den Erwartungen zurück. Im Herbst 1995 fiel die Bauträgerin im Zusammenhang mit einem anderen Vorhaben in Konkurs.
Die Klägerin kündigte die Geschäftsbeziehung zum Beklagten wegen vergeblich abgemahnter Zahlungsrückstände am 30.1.1998 bei einem Forderungsstand von 198.873,16 DM. Der Beklagte ließ am 2.6.2003 den Widerruf der Verträge als Haustürgeschäften erklären. Das Landgericht hat hierzu den Zeugen F. vernommen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Landgericht hat die Wirksamkeit des erklärten Widerrufs angenommen und den Beklagten nach Maßgabe des Hilfsantrags der Klägerin verurteilt, an diese 115.909,03 EUR zzgl. Zinsen zu bezahlen.
Gegen dieses dem Beklagten am 20.9.2005 zugestellte Urteil richten sich die am 19.10.2005 bei Gericht eingegangene Berufung, die innerhalb verlängerter Frist mit einer Begründung versehen wurde, und die Anschlussberufung der Klägerin vom 18.1.2006.
Der Beklagte hält der Klägerin angebliche Schadensersatzansprüche aufgrund von Aufklärungspflichtverletzungen bei Vertragsschluss entgegen. Er vertritt insbesondere die Auffassung, ein offenbarungspflichtiger Wissensvorsprung der Klägerin habe hinsichtlich der vorgesehenen Verwendung der finanziellen Mittel bestanden, die der von dem Beklagten eingesetzten Treuhandgesellschaft nach Maßgabe des Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrages zu überlassen waren. Die Klägerin habe gewusst, dass der für den Grundstückserwerb im Geschäftsbesorgungsvertrag ausgewiesene Anteil des kalkulierten Gesamtaufwandes von 15,82 % ausgereicht habe, auch die Kosten für Marketing und Konzeption (12,54 %) zu bestreiten. Die Klägerin habe insoweit zusätzlich die im Verkaufsprospekt übernommene Mittelverwendungskontrollpflicht verletzt .
10 
Der Beklagte wiederholt die Auffassung, die Klägerin habe sich in schwerwiegende und offenbarungspflichtige Interessenkonflikte verwickelt, weil sie zusätzlich zur Bauträgerfinanzierung auch die Enderwerberfinanzierung wenigstens teilweise übernommen habe, dies aber nur, um das als gefährdet angesehene Vorhaben der insolvenzbedrohten Bauträgergesellschaft zu retten und zugleich das für sie aus der Bauträgerfinanzierung bestehende Risiko auf die Anleger abzuwälzen.
11 
Die Klägerin habe auch einzustehen für falsche Angaben der Anlageuntervermittler zu der bei Berücksichtigung von Steuervorteilen und Pachteinnahmen verbleibenden monatlichen Belastung, weil diese der Anbahnung des Darlehensgeschäfts zuzuordnen seien.
12 
Der Beklagte hält an der Auffassung fest, dass die Darlehensverträge aufgrund Haustürwiderrufs unwirksam seien. Die fehlerhaften Widerrufsbelehrungen der Klägerin führten im Lichte der Entscheidungen des EuGH vom 25.10.2005 dazu, dass die für den Immobilienerwerb ausgezahlten Beträge nicht zurückzugewähren seien. Ein zwischen Vermittlerbesuch und Darlehensvertragsunterzeichnung liegender Notartermin schließe ein Haustürgeschäft nicht aus. Der Zeitablauf bis zur Unterzeichnung der Verträge hindere eine Fortwirkung der Überraschungslage nicht. Das Zugeständnis der Haustürsituation seitens der Klägerin umfasse auch das Merkmal des Bestimmtwordenseins. Im Übrigen habe er die Darlehensvaluta auch nicht empfangen, da ihm das zweckgebundene Darlehen nie zur freien Verfügung überlassen worden sei.
13 
Der Beklagte beantragt:
14 
Die Klage wird abgewiesen.
15 
Die Klägerin beantragt,
16 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
17 
Im Wege der Anschlussberufung beantragt die Klägerin:
18 
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 101.682,23 EUR nebst Zinsen von 5 % über dem Diskontsatz/Basiszins seit 21.2.1998 zu bezahlen.
19 
Der Beklagte beantragt,
20 
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
21 
Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die von ihr zugestandene erste Kontaktaufnahme in einer Haustürsituation für den späteren Vertragsschluss nicht ursächlich geworden sei. Die erforderliche (Mit-)Ursächlichkeit der ersten Ansprache am Arbeitsplatz sei auch nicht im ersten Rechtszug zugestanden worden.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
23 
Die Klägerin hat der Bundesrepublik Deutschland den Streit verkündet. Ein Beitritt ist nicht erfolgt.
II.
24 
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. In der Sache Erfolg hat demgegenüber die Anschlussberufung der Klägerin.
25 
Der Beklagte ist aufgrund wirksamer Kündigung der Darlehensverträge verpflichtet, den zuerkannten Betrag, gegen dessen Höhe substantiierte Einwände nicht vorgebracht werden, an die Klägerin zu bezahlen. Es ist entgegen den Feststellungen des Landgerichts davon auszugehen, dass ein wirksamer Widerruf der Darlehensverträge seitens der Beklagten nicht vorliegt und Schadensersatzansprüche dem Beklagten nicht zustehen.
26 
1. Dem Beklagten stehen Schadensersatzansprüche nicht zu, die der Klagforderung entgegengehalten werden könnten.
27 
Das Landgericht hat zutreffend dargelegt, dass einer kreditgebenden Bank Aufklärungspflichten zur Verwendungsrisiken nur in eng begrenzten Ausnahmefällen obliegen, nämlich dann, wenn die Bank im Zusammenhang mit Planung, Durchführung und Vertrieb des finanzierten Projekts nach außen erkennbar über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht und Funktionen des Verkäufers oder des Vertriebs übernimmt, wenn die Bank einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken des Projekts hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für die Kreditnehmer schafft oder das Entstehen eines solchen Gefährdungstatbestandes begünstigt, wenn die Bank sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Bauträger als auch an die Enderwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt und schließlich, wenn die Bank in Bezug auf spezielle Risiken des Bauvorhabens einen konkreten, für sie erkennbaren Wissensvorsprung hat.
28 
Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend gegeben.
29 
a) Soweit der Beklagte vermutet, der im Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrag für den Erwerb von Grund und Boden kalkulierte Anteil des Gesamtaufwands enthalte bereits die im Umfang von 12,54 % gesondert ausgewiesenen Kosten für Konzeption und Marketing, ist schon nicht erkennbar, dass hierin ein die Verwirklichung des Projekts gefährdendes Risiko läge. Es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin als finanzierende Bank positive Kenntnis davon gehabt hätte, dass die vom Beklagten beauftragte Treuhandgesellschaft für eigene Zwecke oder zugunsten anderer Projektbeteiligter die ihr überlassenen Geldmittel abweichend vom Geschäftsbesorgungsvertrag hätte verwenden wollen. Ein vertragswidriger Einsatz der Mittel ist auch nicht dargetan.
30 
Die Klägerin war als Kreditgeberin auch nicht verpflichtet, in eine Prüfung der Frage einzutreten, ob die in groben Zügen aus dem Verkaufsprospekt zu entnehmende Vergütung für Leistungen der Vertriebsgesellschaft (P. D. S. GmbH & Co.) - um deren Vergütung handelte es sich bei den Ausgaben für Konzeption und Marketing - angemessen war. Der Beklagte unterstellt (ohne dies im vorliegenden Fall im einzelnen auszuführen), dass die nach Maßgabe des Konzeptionserarbeitungs- und Marketingvertrages (senatsbekannte Beilage 6 zur notariellen Urkunde , welche die Mustertexte der von der Treuhandgesellschaft [T.-V. GmbH] für die Erwerber zu schließenden Verträge enthält) von der Vertriebsgesellschaft (P. D.) zu erbringenden Leistungen bereits zu früherer Zeit von dritter Seite erbracht worden waren. Dies bezieht sich darauf, dass das von der Bauträgerin anlässlich des Ankaufs des zu bebauenden Grundstücks mit der damaligen Verkäuferin (I. I. GmbH) im Oktober 1990 vereinbarte Entgelt nicht nur den Kaufpreis umfasste, sondern weitere Leistungen abdeckte, u. a. die Überlassung der Geschäftsidee und angeblich bereits erbrachte Leistungen für Marketing und Konzeption. Der Beklagte verkennt insoweit, dass jene ursprüngliche Konzeption die Organisation des Vertriebs durch die Immos Vertriebs GmbH unter Einschaltung der Vertriebsgesellschaft A. GmbH & Co. KG vorsah, wobei die Enderwerber durch Kredite der B.-Bank finanziert werden sollten. Der Beklagte beachtet auch nicht, dass nach dem Scheitern dieses ursprünglichen Konzepts von der Fa. P. D. S. GmbH & Co. ein neuer Verkaufsprospekt erstellt und herausgegeben werden musste und dass der Vertrieb neu zu organisieren war. Die nach dem Konzeptionserarbeitungs- und Marketingvertrag zu erbringenden Leistungen (Standortprüfung, Untersuchung der möglichen Bebauung, Klärung betriebswirtschaftlicher Fragen der Vermietbarkeit, Rentabilität, Vermietung, Wiederveräußerbarkeit, Liquiditätsberechnung, Renditen, Konzeption, Vertriebskonzept, Zusammenführung der am Projekt beteiligten Personen, Gesellschaften und Unternehmen, Entwicklung eines Gesamtkonzepts für die Durchführung des Projekts, Vorbereitung von Vertragsunterlagen und Prospektmaterial, Erstellung des Betriebsprospekts, Übernahme der Kosten für das Prospektmaterial sowie der Kosten für den Vertriebsprospekt, Vorbereitung der Insertionen, Steuerung der Werbemaßnahmen und Übernahme der Kosten, Kooperationsvereinbarungen mit Vertriebsfirmen und Vertriebsgruppen für den überregionalen Vertrieb des Objekts, Koordination und Steuerung des Vertriebs) waren ersichtlich nicht bereits 1990 durch die I. I. GmbH oder deren Geschäftsführer S. erbracht und durch den damals vereinbarten Kaufpreis von etwa 5,5 Mio. DM vergütet worden. Tatsächlich besteht daher kein Anhaltspunkt für die Vermutung des Beklagten, die Treuhandgesellschaft hätte entgegen der getroffenen Vereinbarung - und mit Wissen der Klägerin - 12,54 % des kalkulierten Gesamtaufwands entweder selbst behalten oder für nicht genannte andere Zwecke verwendet.
31 
b) Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang auf ein im Verkaufsprospekt zitiertes Schreiben der Klägerin abheben will, wonach diese beabsichtigte, eine Mittelverwendungskontrolle durchzuführen und die Kaufpreiszahlungen der Erwerber erst nach Fälligkeit freizugeben, bezieht sich dies nach dem klaren Wortlaut auf Kaufpreiszahlungen und muss im Zusammenhang mit der vom jeweiligen Baufortschritt abhängigen Fälligkeit von Kaufpreisteilbeträgen nach Maßgabe der Makler- und Bauträgerverordnung gesehen werden. Der Kaufvertrag liegt hier zwar nicht vor, der Inhalt war aber nach der senatsbekannten Musterurkunde immer gleich gestaltet. Das im Prospekt zitierte Schreiben der Klägerin bezieht sich ausschließlich auf deren Verhältnis zu der Bauträgerin und lässt schon im Ansatz keine Verpflichtung der Klägerin erkennen, eine Kontrolle der o.a. Mittelverwendung durch die Treuhänderin vorzunehmen, die zur Wahrung seiner finanziellen Interessen vom Beklagten beauftragt und bevollmächtigt worden war.
32 
Wenn der Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Scheckzahlungen der Bauträgerin an die Generalpächterin abheben möchte, wäre eine Verletzung von Kontrollpflichten seitens der Klägerin nur in Betracht zu ziehen, wenn die genannten Schecks zu Lasten des Baukontos gezogen wurden und wenn es sich bei diesen Geldmitteln um solche gehandelt hätte, die nur für die vereinbarte Bauerrichtung Verwendung finden durften. Hierzu ist konkret nichts vorgetragen. Dass eine Mittelverwendungskontrolle nach Abschluss der Bauarbeiten Anfang 1993 überhaupt noch statt zu finden hatte, ist ohnehin nicht erkennbar. Die streitgegenständlichen Darlehensverträge wurde vor der ersten Zahlung an die Generalpächterin abgeschlossen.
33 
Unabhängig davon könnte ein unterstellter Kontrollpflichtenverstoß der Klägerin hinsichtlich der Scheckzahlungen nicht eine Verpflichtung der Klägerin nach sich ziehen, den Beklagten aus dem Darlehensvertrag zu entlassen. Zu ersetzen hätte die Klägerin nur einen beim Beklagten konkret eingetretenen Vermögensschaden, der aber nicht ersichtlich ist und zu dem auch nichts vorgetragen wird (vgl. BGH NJW 2004, 1376 f.).
34 
c) Zu Unrecht meint der Beklagte, ein schwerwiegender Interessenkonflikt, der die Klägerin aufklärungspflichtig gemacht habe, liege darin, dass die Klägerin das Risiko eines notleidend gewordenen Kreditengagements bei der Bauträgerin auf die Erwerber abgewälzt habe. Es ist bereits eine derartig schlechte wirtschaftliche Lage der Bauträgerin, die Insolvenzreife bedeutet hätte, objektiv nicht ersichtlich und wird von den Beklagten substantiiert auch nicht dargetan. Nicht ersichtlich ist insbesondere, dass sich die Klägerin, die bereits den Erwerb des Baugrundstücks durch die Bauträgerin finanziert hatte und die auch die Bauträgerzwischenfinanzierung übernahm, sich mit der zusätzlichen Übernahme von Teilen der Endfinanzierung in einen offenbarungspflichtigen Interessenkonflikt begeben hätte. Es ist nicht erkennbar, dass die Durchführung des Projekts zu irgendeinem Zeitpunkt konkret gefährdet gewesen wäre. Tatsächlich steht fest, dass die Bautätigkeit durch die Bauträgerin ordnungsgemäß beendet wurde, so dass das fertiggestellte Gebäude im Februar 1993 der Generalpächterin zum Betrieb eines Boardinghouse übergeben werden konnte, während der Konkurs der Bauträgerin erst im Herbst 1995 ohne zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Projekt eintrat.
35 
d) Zu Recht hat das Landgericht festgestellt, dass die Klägerin für ein etwaiges Fehlverhalten eines Anlagevermittlers nicht einzustehen hat. Ein konkretes pflichtverletzendes Verhalten bei Anbahnung des Darlehensvertrages wird im Berufungsverfahren nicht benannt. Angaben zur monatlichen Gesamtbelastung unter Berücksichtigung von Kreditzahlungsverpflichtungen, Mietzinseinnahmen und steuerlichen Vorteilen betreffen entgegen der Auffassung der Beklagten ausschließlich die Rentabilität des Anlageprojekts, nicht aber die Anbahnung des streitgegenständlichen Darlehensverhältnisses (BGH NJW 2004, 1376 f; NJW 2005, 1576 f.).
36 
Nur bei Anbahnung des konkreten Darlehensvertrages wäre ein Vermittler aber als Erfüllungsgehilfe der Klägerin in deren Pflichtkreis tätig gewesen.
37 
2. Entgegen den Feststellungen des Landgerichts geht der Senat nicht von einem wirksamen Haustürwiderruf der Darlehensverträge aus.
38 
a) Der Beklagte hat darin Recht, dass bei Bestehen eines Widerrufsrechts die Subsidiaritätsklausel gemäß § 5 Abs. 2 HWiG dahingehend einschränkend auszulegen wäre, dass der Widerruf nach dem HWiG nicht ausgeschlossen wäre, sondern unbefristet (§ 335 Abs. 3 BGB n. F., Art. 229 § 9 EGBGB) ausgeübt werden könnte, weil das Verbraucherkreditgesetz ein gleichwertiges Widerrufsrecht nicht zur Verfügung stellt (BGH WM 2002, 1181) und die Klägerin vorliegend nur eine Widerrufsbelehrung entsprechend der Regelung des Verbraucherkreditgesetzes erteilt hat, die haustürwiderrufsrechtlich eine unzulässige zusätzliche Erklärung enthält (BGHZ 159,280,286; ZIP 2003, 22 f.;NJW 2004,2744; ZIP 2006,221,223). Auch wäre mangels vollständigen gegenseitigen Leistungsaustausches die Widerrufserklärung rechtzeitig erfolgt.
39 
b) Damit steht aber nicht fest, dass diese für Ende April 1992 aufgrund der Beweiserhebung des Landgerichts festzustellende und von der Klägerin zugestandene anfängliche Haustürsituation (mit-)ursächlich für den viel späteren Vertragsschluss gewesen ist, wovon allerdings das Landgericht ausgeht, ohne eine Fortwirkung der Haustürsituation bis zu einem nicht bekannten Zeitpunkt nach dem 29.5.1992 näher zu begründen. Voraussetzung für einen berechtigten Widerruf des Beklagten ist, dass dieser durch eine der in § 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 HWiG aufgeführten Haustürsituationen zum Abschluss der Darlehensverträge bestimmt worden ist. Hieran fehlt es indessen nach Überzeugung des Senats:
40 
Es genügt für den Haustürwiderruf nicht, dass eine erste Ansprache auf ein künftiges Vertragsverhältnis in einer Haustürsituation erfolgte, vorliegend durch erste Ansprache am Arbeitsplatz des Beklagten. Erforderlich ist vielmehr eine Fortdauer des mit der Haustürsituation verbundenen Überraschungs- oder Überrumpelungsmoments bis zur Abgabe der Vertragserklärung, die hier zudem noch nach dem Notartermin zur Abgabe des notariellen Angebots eines umfassenden Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrages mit Vollmachtserteilung erfolgte.
41 
Auch wenn ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen Haustürsituation und Vertragsschluss zur Begründung der notwendigen Ursächlichkeit nicht erforderlich ist (BGH NJW 1994, 262; OLG Stuttgart WM 2005, 972 ff.), und die erste werbende Ansprache in einer Haustürsituation, die auf einen späteren Vertragsabschluss abzielt, auch nicht die entscheidende Ursache für den Vertragsabschluss sein muss (BGHZ 131, 385; ZIP 1996, 1943; WM 2004 2491), sondern Mitursächlichkeit genügt, kann doch nicht generell und unabhängig von der Gestaltung des Einzelfalls eine Fortwirkung der in der Haustürsituation geführten Gespräche bis zum späteren Vertragsabschluss vermutet werden. Vielmehr spricht ein zunehmender zeitlicher Abstand dafür, dass sich der in einer Haustürsituation angesprochene Anleger von der Überrumpelungssituation erholen und distanzieren und in Ruhe das Für und Wider überdenken kann (Münchner Kommentar 3. Aufl. § 1 HWiG Rz. 17).
42 
Von diesem Grundgedanken gehen offensichtlich sowohl der deutsche als auch der europäische Gesetzgeber aus: In der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Haustürrichtlinie) wird demgemäß folgendes ausgeführt: „Um dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, die Verpflichtungen aus dem Vertrag noch einmal zu überdenken, sollte ihm das Recht eingeräumt werden, innerhalb von mindestens sieben Tagen vom Vertrag zurückzutreten.“ Entsprechend Artikel 5 Absatz 1 der Haustürrichtlinie sah § 1 HWiG in der bis 30.9.2000 geltenden Fassung eine einwöchige Widerrufsfrist vor, die mittlerweile auf 2 Wochen verlängert wurde (vgl. schon § 361 a BGB a.F und jetzt § 355 Abs. 1 BGB). Dieser Grundgedanke beansprucht Geltung unabhängig davon, dass diese Widerrufsfrist erst nach korrekter Belehrung beginnt. Dementsprechend hat die Rechtsprechung zur Frage der Feststellung der Kausalität im Rahmen des § 1 HWiG - der diesbezüglich weitergehend als Artikel 1 Abs. 1 der Haustürrichtlinie nicht einen Vertragsschluss anlässlich einer Haustürsituation fordert, sondern genügen lässt, dass der Verbraucher durch die Haustürsituation zum (auch später erfolgten) Vertragsabschluss bestimmt wurde - ausgeführt, dass lediglich bei Vorliegen eines von § 1 HWiG nicht geforderten engen zeitlichen Zusammenhang eine Indizwirkung (Anscheinsbeweis, Vermutung) für die Kausalität zwischen Hautürsituation und späterem Vertragsabschluss angenommen werden kann. Diese Indizwirkung für die Kausalität entfällt danach aber bei zunehmendem zeitlichem Abstand, wobei es den Kunden nach wie vor unbenommen bleibt, auf der Grundlage der konkreten Umstände des Einzelfalles den Nachweis der Ursächlichkeit zu führen (BGHZ 131, 385 ff; WM 2003, 483 f; 1370 f; 2372 f; WM 2004, 521 f; FamRZ 2004, 1865 f; DNotl-Report 2005, 14; OLG Frankfurt NJW-RR 2004, 60; OLG Jena OLGR 2005, 238; OLG Stuttgart OLGR 2005, 115; OLG Schleswig MDR 2005, 740; WM 2005, 2218; OLG Braunschweig, Beschluss vom 23.2.2005, 7 W 2/05). Dabei hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs bereits bei einem Abstand von 3 Wochen zwischen Erstgespräch in der Haustürsituation und späterem Vertragsabschluss eine Indizwirkung verneint (BGH WM 2003, 2372), das OLG Frankfurt (a.a.O.) bringt die Grundsätze des ersten Anscheins nur bei einem kurzem, maximal wenige Tage betragendem Zeitraum zur Anwendung.
43 
Diesen Grundsätzen schließt sich der Senat uneingeschränkt an. Fehlt aber bei einem zeitlichen Abstand von etlichen Wochen zwischen Haustürsituation und späterer Darlehensvertragsunterzeichnung wie im vorliegenden Fall jede Indizwirkung für eine Fortdauer der Überrumpelungssituation, so muss dem Beklagten abverlangt werden, konkrete Umstände zu benennen und erforderlichenfalls zu beweisen, die für ein Fortbestehen der Überraschungssituation bis Ende Mai 1992 oder Anfang Juni 1992 sprechen könnten. Hierzu hat die Beklagte nichts konkretes vorzubringen vermocht. Dazu kommt, dass die Unterzeichnung der Darlehensverträge durch die Beklagte erst nach dem Notartermin vom 27.5.1992 neben dem Zeitablauf einen weiteren Umstand bildet, der Zweifel an einer Fortwirkung des Überraschungsmoments bzw. an einer Kausalitätsvermutung rechtfertigt (vgl. dazu OLG Schleswig MDR 2005, 740; WM 2005, 2218; OLG Jena OLGR 2005, 238 und nachfolgend Beschluss des BGH vom 23.11.2004 XI ZR 27/04 DNotl-Report 2005, 14). Trägt der Beklagte für die Wirksamkeit des erklärten Widerrufs grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast, kann es nicht Aufgabe der Klägerin sein, die Aufhebung einer als indiziert angesehenen Fortwirkung darzutun und zu belegen, wie der Beklagte zu meinen scheint.
44 
Es kann danach dahingestellt bleiben, dass der Klägerin nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 25.10.2005 (Rs. C-229/04 Crailsheimer Volksbank/Conrads , NJW 2005,3555) und dem darauf gründenden Urteil des II. ZS des BGH vom 12.12.2005 (WM 2006,220=ZIP 2006,221) das Vermittlerverhalten unabhängig von den Grundsätzen der zu § 123 II BGB entwickelten Rechtsprechung zuzurechnen wäre.
45 
c) Auch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 25. Oktober 2005 geben keine Veranlassung, diese ständige Rechtsprechung des Senats zu überdenken: In seiner Entscheidung C-350/03 hat der Gerichtshof unter Rz. 96 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die für den Fall der Nichtbeachtung der Belehrungsverpflichtung statuierten Rechtsfolgen nur dann überhaupt greifen können, wenn das nationale Gericht feststellt, dass überhaupt ein wirksamer Widerruf vorliegt, was wiederum nur der Fall ist, wenn die oben diskutierte Kausalität zwischen Haustürsituation und nachfolgendem Vertragsabschluss feststeht. Auch in der sogenannten „Heininger-Entscheidung“ des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft vom 13.12.2001 (WM 2001, 2434) hatte der Gerichtshof zu den Tatbestandsvoraussetzungen des Artikels 1 der Haustürrichtlinie keine Stellung genommen, sondern eine Haustürsituation im Sinne dieser Richtlinie vorausgesetzt (aaO S. 2436, so BGH WM 2003, 220 f). Aus den genannten Gründen kann von einer Befassung mit dem Urteil des OLG Bremen vom 2.3.2006 abgesehen werden, welches der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hat. Dort wurde aufgrund des in jenem Verfahren bestehenden Sachverhalts der erforderliche Ursachenzusammenhang und somit ein Haustürgeschäft angenommen.
46 
3. Der Beklagte kann sich ferner nicht auf einen Einwendungsdurchgriff berufen. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Kaufvertrag mangels Wirksamkeit der der T. V. GmbH erteilten Vollmacht und mangels einer Rechtsscheinhaftung des Beklagten wirksam zustande gekommen ist.
47 
Der Beklagte will für die Annahme eines Verbundgeschäfts ausreichen lassen, dass die Kredite nur für Zwecke des streitgegenständlichen Anlageprojekts ausgereicht wurden und dass die mit der Organisation des Vertriebs des Anlagemodells beauftragte P. D. zugleich auch die Finanzierungsvermittlung für den Beklagten nach dem Anlagekonzept zu übernehmen hatte. Einwendungen aus dem Immobilienkaufgeschäft müsste sich die Klägerin im Wege des Einwendungsdurchgriffs gem. § 9 Abs. 3 VerbrKrG (bzw. § 359 BGB n.F.) nur dann entgegenhalten lassen, wenn diese Vorschrift im vorliegenden Fall anwendbar wäre. Dies ist durch die Regelung in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG (§ 358 III 3 BGB n.F.) aber ausgeschlossen. Der streitgegenständliche Darlehensvertrag sieht eine Absicherung durch die Bestellung eines Grundpfandrechts vor und wurde unstreitig zu für Realkredite üblichen Bedingungen gewährt.
48 
Ein Einwendungsdurchgriff könnte auch nicht aus § 242 BGB abgeleitet werden. Bei der Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie weiß auch der rechtlich nicht vorgebildete Laie, dass Verkäufer und Darlehensgeber unterschiedliche Parteien sind, die jeweils eigenständige Interessen vertreten, so dass nicht der Eindruck entstehen kann, Verkäufer und kreditgebende Bank stünden dem Erwerber wie eine einheitliche Gegenpartei gegenüber. Diesem Grundsatz entspricht die in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG getroffene ausdrückliche gesetzliche Regelung, die nach der Rechtsprechung des BGH als abschließend aufzufassen ist und deshalb den Rückgriff auf einen aus § 242 BGB abgeleiteten Einwendungsdurchgriff ausschließt (vgl. BGH ZIP 05, 69; WM 04, 620, 622; WM 03, 2410, 2411, ZIP 03, 1741, 1743). Diese Rechtsprechung hat der Europäische Gerichtshof in seinen Entscheidungen vom 25. Oktober 2005 grundsätzlich gebilligt, vgl Rs C-350-03 Rz. 72 ff., NJW 2005,3551.
49 
Ob ausnahmsweise in Fällen einer nach außen hervortretenden Rollenüberschreitung der Bank etwas anderes gelten kann (vgl. BGH ZIP 2000, 1098; BGH, Beschluss v. 16.09.2003, XI ZR 447/02, NJW 04,153), kann vorliegend dahingestellt bleiben, weil eine solche nach außen in Erscheinung tretende Rollenüberschreitung (vgl. dazu § 358 Abs. 3 S 3 BGB n.F.) im vorliegenden Fall eindeutig auch bei Berücksichtigung des im Verkaufsprospekt zitierten Schreibens ausgeschlossen werden muss.
50 
4. Schließlich kann der Beklagte auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Darlehensvaluta nicht ausbezahlt bekommen zu haben.
51 
Empfangen hätte er Beklagte entgegen seiner Auffassung solche Beträge, die aufgrund einer Vereinbarung oder auf seine Weisung hin unmittelbar an einen Dritten ausgezahlt wurden (BGHZ 152, 331, 336; BGH NJW 2005, 846 ff; von EuGH in Rs C-350-03 Rz. 84,85 nicht beanstandet)..
52 
Im vorliegenden Fall hat das Landgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die Auszahlung an den Beklagten selbst erfolgte, nämlich auf das von der Klägerin eingerichtete Girokonto mit der Endnr. ... Die Auszahlung auf dieses Konto haben die Parteien - wie das Landgericht zutreffend erkannt hat - ausdrücklich in dem vom Beklagten persönlich unterzeichneten Darlehensvertrag vereinbart. Irrelevant ist für die Empfangnahme, dass die Darlehensvaluta nach dem Vertrag nur zweckgebundene Verwendung finden sollte. Unerheblich ist schließlich, ob spätere Verfügungen der vom Beklagten bevollmächtigten Treuhandgesellschaft wirksam waren.
III.
53 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
54 
Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO sind nicht gegeben. Auf das streitgegenständliche Projekt bezogene Anlagefinanzierungen der Klägerin waren schon mehrfach Gegenstand höchstrichterlicher Überprüfung (zuletzt Urteil des BGH vom 27. Januar 2004, XI ZR 37/03). Gleiches gilt für die Frage der Voraussetzungen für eine wirksamen Hautürwiderruf nach § 1 HWiG und insbesondere den Nachweis der Kausalität. Da der Senat einen wirksamen Haustürwiderruf nicht bejaht, stellt sich auch die durch die Urteile des EuGH vom 25.10.2005 aufgeworfene Problematik nicht.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen