Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 101 W 4/10

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Ravensburg vom 03.11.2010 (XV 2/10) abgeändert.

Der notarielle Kaufvertrag vom 22.03.2010 (Notariat X, UR ...) wird nach dem Grundstückverkehrsgesetz genehmigt.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Beschwerdewert: 110.000 EUR

Gründe

 
I.
Die Antragsteller begehren die Genehmigung des am 22.03.2010 geschlossenen Kaufvertrags mit dem Beteiligten Ziff. 3 über ein Grundstück in K mit einer Fläche von 10.275 qm zu einem Kaufpreis von 110.000 EUR. Das Landratsamt C hat die Genehmigung durch Bescheid vom 31.05.2010 wegen ungesunder Verteilung von Grund und Boden nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG versagt.
Das Grundstück liegt im Außenbereich. Es ist mit einem Eindachhof mit Wohn-, Lager- und Scheuerteil sowie einer Garage bebaut. In dem dem Kaufvertrag zu Grunde liegenden Verkehrswertgutachten des Sachverständigen Y vom 01.09.2009 wird die Gebäudeumgriffsfläche mit 2.238 m2, die Grünlandfläche mit 6.853 m2, hiervon 1.500 m2 nutzbar mit gutem Ertrag und 5.353 m2 nutzbar mit nur mittlerem Ertrag, und die Unlandfläche mit 1.184 m2 angegeben. Der Hof ist nicht bewirtschaftet und steht leer. Der Gutachter hielt den Bauzustand für sehr vernachlässigt und den Modernisierungsbedarf für sehr hoch. Auf dem Grundstück wurde früher Landwirtschaft betrieben, wobei damals weitere Nutzflächen zu dem Betrieb gehörten, die bereits vor Jahren verkauft worden sind.
Die Antragsteller sind Nichtlandwirte. Die Antragstellerin Ziff. 1 ist von Beruf Bäckereiverkäuferin, der Antragsteller Ziff. 2 Service-Mechaniker. Die Antragsteller möchten das Gebäude wieder herrichten, dort wohnen und das Grundstück auf Hobbybasis landwirtschaftlich nutzen.
Nach Abschluss des Kaufvertrags schrieb das Landratsamt C das verkaufte Grundstück öffentlich aus, woraufhin sich Frau F als Kaufinteressentin meldete. Frau F und ihr Ehemann hatten bereits vor dem Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags gegenüber dem Verkäufer Interesse an dem Grundstück bekundet, den Zuschlag aber nicht erhalten. Frau F betreibt in S als Pächterin eine Pensionstierhaltung mit derzeit 8 Pensionspferden auf einer Fläche von 8 Hektar. Es handelt sich dabei um den Hof ihrer Eltern, von denen sie diesen im Jahr 1999 übernommen und gepachtet hat. Nachdem früher auch Schweine und Kühe gehalten wurden, werden derzeit nur Pensionspferde gehalten. Frau F hat selbst erstellte Einnahmen- und Ausgabenauflistungen vorgelegt, aus denen sich für 2009 Einnahmen von 24.261,18 EUR ergeben, denen Ausgaben von 6.212,04 EUR gegenüberstehen. Für 2008 sind Ausgaben von 6.407,53 EUR aufgeführt, für 2007 Ausgaben von 6.172,64 EUR. Steuerbescheide liegen nicht vor. Frau F bezieht Arbeitslosengeld. Aus privaten Gründen hat sie ihren Hauptwohnsitz nach K verlegt und wohnt dort mit ihrem Ehemann. Nach eigenen Angaben betreibt sie den Hof in S von K aus weiter, wobei sie einmal wöchentlich dort hinfährt. Die Entfernung zwischen beiden Orten beträgt ca. 74 km.
Das Landratsamt hat mit Bescheid vom 31.05.2010 die Genehmigung des Kaufvertrags wegen ungesunder Verteilung von Grund und Boden nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG versagt unter Hinweis auf das Interesse von Frau F. Hiergegen haben die Antragsteller am 10.06.2010 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 22 GrdstVG gestellt. Das Amtsgericht Ravensburg hat in dem Verfahren das Landratsamt C als Genehmigungsbehörde und den Landesbauernverband als landwirtschaftliche Berufsvertretung schriftlich sowie die Kaufinteressentin F in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört.
Das Landratsamt erklärte, dass Frau F als Nebenerwerbslandwirtin einzustufen sei, weil sie in S einen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb mit Fruchtanbau und einer kleinen Pferdezucht sowie Pensionspferden bewirtschafte und mehr als 50 % ihrer Einkünfte aus nichtlandwirtschaftlicher Berufstätigkeit beziehe, aber zur Sicherung ihrer Existenz einem landwirtschaftlichen Betrieb nachgehe. Landwirten müsse die Möglichkeit gegeben werden, Boden als Produktionsfaktor zu erwerben, um die betriebswirtschaftliche Basis des Betriebs zu stabilisieren, wobei auch ausbaufähige landwirtschaftliche Kleinbetriebe zu ausreichender Besitzgröße aufgestockt werden könnten.
Der Landesbauernverband erklärte, die Vorstellungen der Kaufinteressentin über die Entwicklung ihres Betriebes klängen plausibel. Grundsätzliche Voraussetzung für die Qualifikation als Nebenerwerbslandwirt sei allerdings die Eigenschaft als landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG). Ob diese Eigenschaft bei Frau F vorliege, könne nicht beurteilt werden.
Frau F erklärte bei ihrer mündlichen Anhörung vor dem Amtsgericht Ravensburg (Bl. 35 ff. d.A.), sie habe die Landwirtschaft in S 1999 von ihren Eltern übernommen. Anfangs habe der Betrieb noch Schweine und Kühe gehabt, jetzt habe sie nur noch 8 bis 12 Pensionspferde. Sie habe die Stallungen in Boxen umgebaut, Maschinen gekauft und einen Reitplatz angelegt. Sie wohne jetzt bei ihrem Ehemann in K und bewirtschafte den Hof in S von dort aus. Es genüge, wenn sie einmal pro Woche dorthin fahre, um alles herzurichten, was die Tiere brauchten. Die einstellenden Mieter misteten und fütterten ihre Tiere selber, so dass eine tägliche Anwesenheit nicht erforderlich sei. Sie bezahlten deshalb statt 300 EUR nur 200 EUR pro Stellplatz. Auf dem Grundstück in K wolle sie 10 Boxen bauen und Pensionspferde einstellen und etwa 1 bis 2 Fohlen pro Jahr züchten sowie eine Fohlenweide halten, wo andere ihre Fohlen einstellen könnten. Sie habe die Möglichkeit, um das Grundstück herum weitere Flächen dazu zu pachten.
Das Amtsgericht Ravensburg hat den Antrag der Antragsteller mit Beschluss vom 03.11.2010 (Bl. 40 ff. d.A.) zurückgewiesen. Die Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG sei zu Recht versagt worden, da der Versagungsgrund der ungesunden Verteilung des Grund und Bodens vorliege. Der Kaufvertrag habe der Genehmigung bedurft. Es handele sich um landwirtschaftliche Fläche. Die Veräußerung an die Antragsteller als Nichtlandwirte sei eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden, weil die Beteiligte F eine leistungsfähige Nebenerwerbslandwirtin sei, deren Betrieb der Aufstockung bedürfe und die bereit und in der Lage sei, die Flächen zu den im Kaufvertrag vereinbarten Bedingungen zu erwerben. Frau F sei Nebenerwerbslandwirtin. Sie werde bei dem Landwirtschaftsamt seit 1999 als Landwirtin geführt und zahle die entsprechenden Beiträge. Aus den von ihr vorgelegten Unterlagen über Einkünfte und Ausgaben ihres Betriebes ergebe sich, dass ihre Landwirtschaft den Umfang eines Hobbies übersteige. Daran ändere sich auch nichts deshalb, weil ihr Betrieb 70 bis 80 km von ihrem jetzigen Wohnort entfernt sei, da sie nachvollziehbar erklärt habe, dass dies zur Bewirtschaftung ihres Betriebes ausreiche. Das Gericht sei von der Ernsthaftigkeit, ihren Betrieb auszudehnen, überzeugt. Die Distanz zwischen den Betrieben führe nicht zu einer Einstufung als Nichtlandwirtin, sondern beweise vielmehr ihr Interesse an der Landwirtschaft.
10 
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller. Diese halten das verkaufte Grundstück nicht für eine Landwirtschaft im Sinne des Grundstückverkehrsgesetzes. Die landwirtschaftliche Nutzung sei seit Jahren aufgegeben worden. Landwirtschaftliche Nutzflächen seien verkauft worden. Die restliche Fläche mit dem Gebäude und dem Unland sei keine Landwirtschaft mehr. Der Sachverständige Y sei Architekt und habe ein Verkehrswertgutachten erstellt. Für die Frage, ob Grundstücke zur landwirtschaftlichen Nutzung geeignet seien, sei er nicht sachverständig. Dass die Beteiligte F Pachtverträge abgeschlossen habe, werde bestritten, ebenso wie die behauptete Zusage der Gemeinde K. Die beabsichtigte Pferdehaltung reiche nicht aus, um eine Landwirtschaft anzunehmen. Zudem könne auch keine Betriebseinheit mit dem Betrieb in S angenommen werden. Darüber hinaus übe auch die Beteiligte F keinen landwirtschaftlichen Beruf aus.
11 
Die Antragsteller beantragen,
12 
den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - Ravensburg vom 03.11.2010 abzuändern und den notariellen Kaufvertrag vom 22.03.2010 nach dem Grundstückverkehrsgesetz zu genehmigen.
13 
Das Amtsgericht Ravensburg hat der Beschwerde durch Beschluss vom 13.12.2010 (Bl. 59 f. d.A.) nicht abgeholfen und das Verfahren zur Entscheidung dem Oberlandesgericht Stuttgart vorgelegt.
14 
Der Beteiligte Ziff. 3, das Landratsamt und der Landesbauernverband erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Das Landratsamt und der Beteiligte Ziff. 3 haben keine ergänzende Stellungnahme abgegeben. Der Beteiligte Ziff. 3 schloss sich dem Antrag der Antragsteller an. Der Landesbauernverband hält die von den Antragstellern zitierte Entscheidung des BGH vom 08.12.1995 - BLW 34/95 - nicht für anwendbar. Wegen des Vorliegens einer Hofstelle sei der Kaufvertrag genehmigungspflichtig.
15 
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2011 ergänzend als Zeugen den Ehemann der Interessentin F, E, vernommen. Dieser erklärte zu dem Betrieb in S, dass dort derzeit 8 Pensionspferde gehalten werden, die von den einstellenden Mietern selbst versorgt würden. Die noch vorhandenen Nutztiere würden nur für den Eigenbedarf genutzt. Eine Pferdezucht werde derzeit nicht betrieben. Das einzige als Zuchtpferd in Betracht kommende Pferd sei das Pferd seiner Ehefrau, das letztmals im vergangenen Jahr ein Fohlen bekommen habe. Der Hauptbetrieb sei künftig in K geplant. Dort solle auf dem streitgegenständlichen Grundstück ein Stall für die Unterbringung von Pensionspferden gebaut werden. Seine Frau habe in näherer Umgebung bereits Grundstücke in der Größe von insgesamt ca. 7 Hektar gepachtet, die als Futtergrundlage für die Pensionspferde dienen sollten. Die Pferdepension solle das Hauptbetätigungsfeld sein. Eine Pferdezucht würde sich dann schon ergeben. Wegen der weiteren Aussage des Zeugen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2011 verwiesen.
16 
Im Nachgang zu der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2011 teilte die Zeugin F mit Schreiben vom 16.03.2011 mit, dass ihr Mann als Polizeibeamter mit den bürokratischen und technischen Grundlagen der Landwirtschaft überfordert sei und ihr Konzept nicht in vollem Umfang erkannt habe. Er habe ihre Ziele bei seiner Zeugenaussage deshalb nicht deutlich dargelegt. In erster Linie stehe für sie immer die Pferdezucht. Diese Zucht habe sie in S bislang nur mit einer Stute betrieben. Mit der Heirat habe sich aber eine weitere Möglichkeit ergeben, da sich die beiden privaten Stuten ihres Mannes hervorragend für die Weiterzucht eigneten. Sie habe mit einem Züchterkollegen vergangene Woche eine mündliche Vereinbarung getroffen, wonach sie zwei seiner Stuten für den neuen Betrieb anmieten könne. Es könnte somit in K eine Nachzucht von drei eigenen Fohlen und zwei aus den gemieteten Stuten erreicht werden. Es sei zudem beabsichtigt, sämtliche Futtermittel für die Pferde selbst zu erwirtschaften. Die Wiesen im X sollten dafür das Raufutter liefern, der Getreideacker in S, auf dem sie seit Jahren abwechselnd Hafer, Gerste und Weizen ernte, die Frucht. Überschüssiges Raufutter könne gut vermarktet werden, ebenso die erzeugte Frucht. Beabsichtigt sei auch, Gänse zu halten und biologisches Fleisch zu produzieren. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 16.03.2011 verwiesen.
II.
17 
Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache begründet.
1.
18 
Die Beschwerde der Antragsteller ist zulässig.
19 
Für das vorliegende Verfahren ist gemäß § 1 Nr. 2 LwVG das LwVG anwendbar, weil dem Verfahren eine rechtsgeschäftliche Veräußerung nach dem Grundstückverkehrsgesetz zu Grunde liegt. Nach § 9 LwVG gelten die Vorschriften des FamFG entsprechend.
20 
Die Beschwerde ist nach §§ 58 Abs. 1, 61 Abs. 1 FamFG statthaft. Die Beschwerdefrist von zwei Wochen nach § 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG ist eingehalten. Die Beschwerde war zwar gemäß § 64 Abs. 1 FamFG bei dem Amtsgericht Ravensburg einzulegen, so dass die Einlegung bei dem Oberlandesgericht Stuttgart nicht zutreffend war. Die an das zuständige Amtsgericht Ravensburg weitergeleitete Beschwerdeschrift ging aber auch dort noch fristgerecht ein.
2.
21 
Die Beschwerde ist begründet. Das Landratsamt hat die Genehmigung des Kaufvertrags zu Unrecht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG versagt. Der Kaufvertrag vom 22.03.2010 ist gemäß § 2 GrdstVG zu genehmigen. Die Genehmigung kann gemäß § 22 Abs. 3 GrdstVG von dem Senat selbst ausgesprochen werden.
22 
Vorliegend ist das GrdstVG anwendbar, nicht das landesrechtliche Agrarstrukturverbesserungsgesetz (ASVG). Das ASVG trat in Umsetzung der Föderalismusreform am 1. Juli 2010 in Kraft. Für Verfahren über Anträge auf gerichtliche Entscheidung, die vor Inkrafttreten anhängig gemacht worden sind, gelten die bisherigen Vorschriften (Art. 7 Abs. 1 des Ersten Gesetzes zur Umsetzung der Föderalismusreform und zum Bürokratieabbau im Geschäftsbereich des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ging vorliegend am 10.06.2006 bei Gericht ein, mithin vor Inkrafttreten des ASVG.
23 
Die Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks bedurfte der Genehmigung nach dem GrdstVG (hierzu unter a), die Genehmigung wurde aber zu Unrecht versagt und ist zu erteilen (hierzu unter b).
a.
24 
Die Veräußerung des Grundstücks bedurfte der Genehmigung nach § 2 Abs. 1 GrdstVG. Es handelt sich um ein landwirtschaftliches Grundstück im Sinne von § 1 GrdstVG. Ein Grundstück ist u.a. dann als landwirtschaftliches Grundstück anzusehen, wenn es sich auf Grund seiner Qualität oder nach seiner natürlichen Beschaffenheit oder Lage zur landwirtschaftlichen Nutzung eignet, unabhängig davon, ob das Grundstück im Zeitpunkt der Entscheidung landwirtschaftlich genutzt wird. Die Frage, ob das Grundstück ein landwirtschaftliches Grundstück ist, hängt von seiner objektiven Eignung und nicht von den subjektiven Absichten des Eigentümers oder des Käufers oder von seiner bisherigen Verwendung ab. Eine Hofstelle ist dabei einem landwirtschaftlichen Grundstück gleichzustellen, auch eine ältere Hofstelle eines ehemaligen Betriebs, sofern sie nicht infolge wesentlicher baulicher Veränderungen für landwirtschaftliche Zwecke ungeeignet ist. Anders liegt der Fall bei einer Hofstelle, wenn der Eigentümer alle dazugehörigen Grundstücke veräußert und durch sein Verhalten erkennen lässt, dass er die Landwirtschaft endgültig aufgegeben hat (vgl. zur Eigenschaft Landwirtschaftliches Grundstück: Netz, Grundstückverkehrsgesetz, 3. Aufl. 2006, S. 191 ff.).
25 
Hiernach liegt ein landwirtschaftliches Grundstück vor. Es handelt sich um einen ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb im Außenbereich mit einer Hofstelle und umliegenden Flächen, die früher - zusammen mit weiteren, zwischenzeitlich verkauften Flächen - für die Landwirtschaft genutzt wurden. Die Hofstelle selbst ist nicht umgebaut oder anderen Zwecken zugeführt, sondern wird lediglich nicht mehr genutzt. Die verbliebenen Flächen können nach den Ausführungen des Sachverständigen Y in dem Verkehrswertgutachten vom 01.09.2009 überwiegend als Grünlandfläche genutzt werden, teilweise mit gutem Ertrag, teilweise mit mittlerem Ertrag. Das Grundstück hat keine dauerhafte neue Widmung erfahren, wird vielmehr nicht bewirtschaftet oder sonst genutzt. Eine künftige Nutzung als Landwirtschaft ist demnach denkbar und möglich.
26 
Eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach § 1 des Baden-Württembergischen Ausführungsgesetzes zum Grundstückverkehrsgesetz und Landpachtverkehrsgesetz (AGGrdstVG) ist nicht einschlägig. Zum einen ist die veräußerte Fläche größer als ein Hektar, zum anderen handelt es sich um ein Grundstück mit einer Hofstelle (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 AGGrdstVG). Auch eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach § 4 GrdstVG scheidet aus.
b.
27 
Die Genehmigung wurde zu Unrecht versagt. Die Genehmigung darf nach § 9 GrdstVG nur versagt werden, wenn einer der in Absatz 1 genannten Versagungsgründe vorliegt. Der von der Genehmigungsbehörde genannte Versagungsgrund „ungesunde Verteilung des Grund und Bodens“, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG, liegt nicht vor, ein sonstiger Versagungsgrund besteht nicht:
28 
Eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden ist nach § 9 Abs. 2 GrdstVG dann gegeben, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Nach der verfassungskonformen Auslegung des Versagungsgrundes dient diese Bestimmung allein dem Ziel, Gefahren für die Agrarstruktur abzuwenden, nicht aber dazu, den landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr zu lenken.
29 
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH liegt eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens vor, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück an einen Nichtlandwirt veräußert wird, obwohl ein Landwirt die Fläche zur Aufstockung seines Betriebs dringend benötigt und bereit und in der Lage ist, das Land zu den Bedingungen des Kaufvertrags zu erwerben (vgl. BGH, Beschluss v. 26.04.2002, BLw 2/02, zit. nach juris RdNr. 7 m.w.N.). Der Nebenerwerbslandwirt als Interessent steht dabei dem Vollerwerbslandwirt gleich, sofern er Unternehmer im Sinne von § 1 Abs. 2 ALG ist (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss v. 04.06.1997, 13 WLw 112/96, zit. nach juris RdNr. 15 und OLG Stuttgart, Beschluss v. 07.07.1997, 10 W (Lw) 9/97 jeweils noch bei Geltung des GAL statt des ALG). Ein dringendes Interesse setzt dabei nicht voraus, dass der Landwirt zur Aufrechterhaltung seines Betriebs auf das streitgegenständliche Grundstück angewiesen ist. Es genügt, dass der Betrieb der Aufstockung dringend bedarf und der Landwirt das gegenständliche Grundstück zu dieser Aufstockung dringend benötigt, mithin eine gesteigerte Notwendigkeit des Erwerbs derart besteht, dass der Erwerb des Grundstücks durch einen Nichtlandwirt nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur haben würde. Ein allgemein anzunehmender Grundstücksbedarf bei landwirtschaftlichen Betrieben genügt dagegen nicht (vgl. zum dringenden Aufstockungsinteresse Netz a.a.O., Seite 456 ff.).
30 
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar sind die Antragsteller unstreitig Nichtlandwirte. Die Interessentin F ist aber nicht als Nebenerwerbslandwirtin einzustufen ist (hierzu unter aa.). Es läge zudem kein dringendes Aufstockungsbedürfnis ihres Betriebs in S vor (hierzu unter bb.) Darüber hinaus stellt auch die beabsichtigte Tätigkeit auf dem streitgegenständlichen Grundstück keinen Versagungsgrund dar (hierzu unter cc.).
aa.
31 
Die Interessentin F ist nicht als Nebenerwerbslandwirtin einzustufen.
32 
Landwirtschaft im Sinne des Grundstückverkehrsgesetzes ist nach dessen § 1 Abs. 2 die Bodenbewirtschaftung und die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen. Die Zucht oder Haltung von Pferden ist dann Landwirtschaft im Sinne von § 1 Abs. 2 GrdstVG, wenn eine Bodenbewirtschaftung stattfindet, durch die pflanzliche Erzeugnisse für den Eigenverbrauch gewonnen werden. Dies setzt voraus, dass die Tierhaltung ganz oder überwiegend aus Erzeugnissen des Betriebs ermöglicht wird (vgl. BGH, Beschl. v. 08.12.1995, BLw 34/95, zit. nach juris RdNr. 9). Eine Pferdezucht, die auf überwiegend eigener Futtergrundlage betrieben wird, ist der Landwirtschaft in Form der Wiesen- und Weidewirtschaft zuzurechnen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.04.1985, 4 C 13/82, zit. nach juris RdNr. 11 f.). Das Betreiben einer Pferdepension ist dagegen keine Landwirtschaft im Sinne des GrdstVG (vgl. Senat, Beschl. v. 26.05.2008, 101 W 6/07, zit. nach juris RdNr. 55). Es fehlt ein auf Gewinn und Verwertung pflanzlicher Erzeugnisse oder auf deren mittelbare Verwertung durch Aufzucht und Haltung von Vieh gerichteter Betrieb. Die Versorgung der Pferde mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus dem Betrieb ist nur von untergeordneter Bedeutung. Es handelt sich vielmehr um ein Dienstleistungsunternehmen, das dem Eigentümer die Unterbringung und - teilweise - Betreuung der Pferde abnimmt (vgl. Netz, a.a.O., Seite 214 f.)
33 
Nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Ravensburg sowie nach der Zeugenaussage ihres Ehemannes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hält die Interessentin F auf ihrem Hof in S noch 8 Pensionspferde. Nutztiere werden nur noch für den Eigenbedarf gehalten, eine Pferdezucht wird aktiv nicht betrieben. Aus der von ihr vorgelegten Einnahmenaufstellung für 2009 ergibt sich, dass sie Einnahmen lediglich aus der Pensionstierhaltung erzielt. Hinzu kommt, dass sie als alleinige Arbeitskraft den Hof nach eigenen Angaben von K aus führt und nur einmal bis zweimal wöchentlich dort vorbei fährt, was angesichts der Eigenversorgung der Pferde durch die einstellenden Mieter ausreiche. Die Tätigkeit der Interessentin F beschränkt sich demnach auf die Zurverfügungstellung von Pensionsplätzen. Allein in der Zurverfügungstellung der Unterbringungsmöglichkeit für Pensionspferde liegt aber keine Landwirtschaft im Sinne des GrdstVG.
bb.
34 
Abgesehen davon liegt auch die weitere von der Rechtsprechung entwickelte Voraussetzung für eine Versagung der Genehmigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG, dringender Aufstockungsbedarf, nicht vor.
35 
Es ist bereits nicht ersichtlich, dass das streitgegenständliche Grundstück der Aufstockung des Betriebs in S dienen soll. Ein Zusammenhang zwischen beiden Betrieben oder eine wirtschaftlich gemeinsame Nutzung in dem Sinne, dass der eine Betrieb von dem anderen profitieren könnte, ist nicht ersichtlich. Die Distanz zwischen beiden Grundstücken beträgt mehr als 70 km. Faktisch handelt es sich mithin um zwei getrennte Betriebe ohne wirtschaftlichen Zusammenhang mit der einzigen Verbindung, dass der Betriebsinhaber identisch ist. Bei dieser Sachlage kann aber eine Aufstockung des Betriebs in S nicht angenommen werden.
36 
Davon abgesehen liegen auch keine Anhaltspunkte für einen dringenden betriebsbedingten Aufstockungsbedarf des Betriebs in S vor. Es ist nicht ersichtlich, dass der Bestand oder die Weiterentwicklung des Betriebs durch den Nichterwerb des streitgegenständlichen Grundstücks beeinträchtigt bzw. durch den Erwerb verbessert würde. Der Grund für den Umzug und die gewünschte Tätigkeit in K ist rein privater Natur. Dies genügt aber für die Annahme eines dringenden Aufstockungsbedarfs nicht.
cc.
37 
Da ein dringender Aufstockungsbedarf eines bestehenden Betriebs nicht vorliegt, ist die geplante Tätigkeit der Interessentin F auf dem streitgegenständlichen Grundstück wie eine Neuaufnahme einer Tätigkeit durch einen Nichtlandwirt zu betrachten. Diese stellt aber keinen Versagungsgrund dar.
38 
Nach der Aussage der Interessentin F in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht sowie der Aussage ihres Ehemanns vor dem Senat ist der Schwerpunkt der geplanten Tätigkeit der Betrieb einer Pferdepension, was - wie oben ausgeführt - keine Landwirtschaft darstellt. Wie der Zeuge F in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und überzeugend erklärte, soll als Hauptnutzung die Pferdepension errichtet werden. Eine Pferdezucht könne sich gegebenenfalls künftig entwickeln, wobei derzeit allenfalls das eine im Eigentum seiner Frau stehende Pferd als Zuchtpferd in Betracht komme. Diese vagen Zukunftspläne genügen nicht, um von einer geplanten landwirtschaftlichen Tätigkeit auszugehen. Konkrete Pläne für eine Pferdezucht, die bei Betrieb auf überwiegend eigener Futtergrundlage und bei hinreichendem Umfang als Landwirtschaft angesehen werden könnte, liegen danach nicht vor.
39 
Auch das neue Vorbringen der Interessierten F in ihrem Schreiben vom 16.03.2011 führt nicht dazu, dass die Genehmigung des Kaufvertrags zu versagen ist. Träfe dieses Vorbringen, das ersichtlich von dem Interesse geprägt ist, die Voraussetzungen einer Landwirtschaft, die der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2011 dargelegt hat, erfüllen zu wollen, zu, woran der Senat angesichts des offensichtlichen Widerspruchs zu den bisherigen Aussagen der Interessentin F und ihres - keinesfalls schlecht informiert oder überfordert wirkenden - Ehemanns erhebliche Zweifel hat, läge hierin dennoch kein vorrangiges Interesse eines Landwirts, das die Versagung der Genehmigung des Kaufvertrages nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG rechtfertigen würde. Zwar liegt es nach dem neuen Vorbringen nahe, die hiernach geplante Tätigkeit als landwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen. Allein die beabsichtigte Neuaufnahme einer landwirtschaftlichen Tätigkeit durch einen Kaufinteressenten führt aber nicht dazu, dass die Genehmigung des Kaufvertrags mit einem Nichtlandwirt versagt werden kann. Dies ergibt sich aus der verfassungsrechtlich gebotenen engen Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG (vgl. zur verfassungskonformen engen Auslegung BVerfG, Beschluss v. 12.01.1967, 1 BvR 169/63, zit. nach juris RdNr. 32). Der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG dient dem Zweck, solche Veräußerungen zu verhindern, die zu einer Verschlechterung der Agrarstruktur führen. Eine ungesunde Bodenverteilung liegt deshalb bei verfassungsgemäßer Auslegung nur vor, wenn sich aus bestimmten Tatsachen ergibt, dass die Eigentumsverschiebung unternommenen oder konkret beabsichtigten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Liegen solche Maßnahmen nicht vor, kann die Veräußerung trotzdem ausnahmsweise eine ungesunde Bodenverteilung bedeuten, wenn nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur erkennbar sind (vgl. BVerfG, a.a.O. RdNR. 18). Solche nachteiligen Auswirkungen auf die Agrarstruktur liegen nicht schon deshalb vor, weil ein Grundstück, das landwirtschaftlich genutzt werden könnte, nicht landwirtschaftlich genutzt wird. Es wird nicht allgemein der landwirtschaftlichen Nutzung von Grundstücken der Vorrang vor einer anderweitigen Nutzung eingeräumt. Das Gesetz normiert auch kein generelles Verbot des Verkaufs landwirtschaftlicher Flächen an Nichtlandwirte (vgl. OLG Celle, Beschluss v. 17.06.2002, 7 W 1/02 (L)). Ein allgemein anzunehmender Grundstücksbedarf bei landwirtschaftlichen Betrieben genügt deshalb auch nicht, um ein dem Käufer vorrangiges Erwerbsinteresse von Landwirten festzustellen. Vielmehr ist eine konkrete nachteilige Auswirkung auf einen bestehenden Betrieb erforderlich, wie sie bei einem dringenden Aufstockungsbedarf eines landwirtschaftlichen Betriebs, der durch den Verkauf vereitelt würde, besteht. Wenn dem entsprechend nach ständiger Rechtsprechung bereits eine Erwerbsabsicht zur Vergrößerung bestehender Betriebe nur bei dringendem Aufstockungsbedarf zu der Versagung der Genehmigung führen kann, weil nur dann von nachteiligen Auswirkungen auf die Agrarstruktur auszugehen ist, kann erst recht der Erwerb zur Gründung einer Landwirtschaft nicht als ausreichendes vorrangiges Kaufinteresse angesehen werden.
40 
Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung, wonach der Kaufvertrag eines Nichtlandwirts, der sich auf dem Weg zum leistungsfähigen Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt befindet, genehmigt werden kann, auch wenn bei einem Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt Aufstockungsbedarf besteht (vgl. m.w.N. Netz, a.a.O., Seite 449 ff.). Insoweit ist der Nichtlandwirt auf dem Weg zum Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt dem Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt gleichgestellt. Anders sieht es dagegen aus, wenn der Nichtlandwirt, der sich zum Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt weiterentwickeln will, wie vorliegend nicht Kaufvertragspartner ist, sondern nur selbst auch Interesse an dem Grundstück hat, das ein anderer Nichtlandwirt gekauft hat. Dann unterfällt der lediglich interessierte Nichtlandwirt nicht dem Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Wegen der verfassungsrechtlich gebotenen engen Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG kann dem lediglich interessierten Nichtlandwirt auf dem Weg zum Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt kein Vorrang vor dem kaufenden Nichtlandwirt eingeräumt werden.
3.
41 
Nach § 42 Abs. 1 LwVG, der auch nach Inkrafttreten des FamFG weiter gilt, kann das Gericht aus besonderen Gründen anordnen, dass von der Erhebung von Gerichtskosten ganz oder teilweise abgesehen wird. Dies ist vorliegend angezeigt, nachdem die Entscheidung der Genehmigungsbehörde von vornherein ungerechtfertigt war (so auch OLG Stuttgart, Beschluss v. 17.02.1998, 10 W (Lw) 12/97). Eine Erstattungspflicht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten nach § 45 Abs. 1 LwVG kann nicht ausgesprochen werden, insbesondere ist die Genehmigungsbehörde nicht Beteiligte des Verfahrens und kommt daher als Kostenschuldner nicht in Betracht.
42 
Gründe, die Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 1 FamFG zuzulassen, bestehen nicht.
43 
Der Beschwerdewert bestimmt sich gemäß § 36 LwVG nach dem Wert, welcher für die Gebührenberechnung bei der Beurkundung maßgebend ist, also dem Verkaufswert, so dass dieser vorliegend 110.000 EUR beträgt.

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