1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2010 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte N. verurteilt und bei beiden Angeklagten von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz abgesehen wurde.
2. Die Revision des Angeklagten N. wird als unbegründet verworfen.
3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Stuttgart zurückverwiesen.
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| Das Amtsgericht Stuttgart hat den Angeklagten N. am 28. Oktober 2010 wegen in drei Fällen begangener Ordnungswidrigkeiten nach § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG in Verbindung mit § 20a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG zu der „Gesamtgeldbuße“ von 20.000 Euro verurteilt, den Angeklagten Dr. S. freigesprochen und von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegenüber beiden Angeklagten abgesehen. Die Sprungrevision der Staatsanwaltschaft, die von der Generalstaatsanwaltschaft vertreten wird, richtet sich gegen die Nichtverurteilung des Angeklagten N. wegen Straftaten nach § 38 WpHG sowie die unterbliebene Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei beiden Angeklagten. Der Angeklagte N. wendet sich mit der Sprungrevision gegen seine Verurteilung. |
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| 1. Das Amtsgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen: |
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| a) Der Angeklagte N. ist als Bankkaufmann bei der Landesbank BW mit Tätigkeitsschwerpunkt Wertpapierhandel beschäftigt. Er verfügt dort über ein Depot mit Wertpapieren im Gesamtwert von etwa 275.000 Euro. Außerdem besitzt er die Verfügungsberechtigung über das ebenfalls bei der BW Bank unterhaltene Wertpapierdepot seines Lebenspartners, des Angeklagten Dr. S.. |
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| Der Angeklagte N. gab am 22. Mai 2008, am 9. Dezember 2008 sowie am 10. Dezember 2008 aufeinander abgestimmte, nahezu zeitgleich erteilte Kauf- und Verkaufaufträge für in diesen beiden Wertpapierdepots gehaltene Aktien der Maternus-Kliniken AG, der DB Real Estate AG sowie der Westgrund AG an der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse in Stuttgart, an der Frankfurter Wertpapierbörse und im elektronischen Handelssystem der Deutschen Börse AG, Xetra, ab, die jeweils mit den vom Angeklagten N. angegeben Limitpreisen zur Ausführung kamen. Die Kursfeststellungen kamen durchgehend allein aufgrund der Ausführung der spiegelbildlich deckungsgleichen Aufträge des Angeklagten N., der wechselnd für das eine Depot als Käufer und das andere als Verkäufer der Aktien agierte, entsprechend seinen Limitangaben zustande. Ohne die Aufträge des Angeklagten N. wäre es nicht zu den Kursfestsetzungen gekommen und der jeweilige vorherige Kurs der Aktie hätte fortgegolten. Zwischen dem Verkauf der Aktien und dem Rückkauf lagen jeweils lediglich wenige Minuten; die Kursfeststellung erfolgte in allen Fällen entweder zeitgleich mit der Abgabe der Angebote oder maximal 2 Minuten danach. Die an den fraglichen Tagen durch den Angeklagten N. vorgenommenen Geschäfte hatten einen großen Anteil am Gesamttagesumsatz der jeweiligen Aktie. Durch die bewusste Abgabe der abgestimmten Verkauf- und Kaufaufträge nahm der Angeklagte billigend in Kauf, dass bei dritten Handelsteilnehmern der unrichtige Eindruck entstehen konnte, dass für diese Aktien ein liquider Markt mit voneinander unabhängigen Angeboten und Nachfragen bestehe, sowie dass die ausgeführten Geschäfte aufgrund ihres Volumens geeignet waren, den jeweiligen Kurspreis zu beeinflussen. Dem Angeklagten kam es darauf an, dass es zur jeweiligen Kursfestsetzung kommt, weil er hierdurch Verluste zur steuerlichen Geltendmachung realisieren wollte. |
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| Am 22. Mai 2008 gab der Angeklagte um 9.38 Uhr über das Depot Dr. S. ein Kaufangebot für 20.000 Aktien der Maternus-Kliniken AG an der Börse Frankfurt mit einem Limit von 0,99 Euro pro Aktie und zeitgleich über das eigene Depot einen Verkaufauftrag mit identischem Limit und gleichlautender Stückzahl ab. Die Kursfeststellung erfolgte ebenfalls um 9.38 Uhr. Am selben Tag um 10.01 Uhr erfolgte der Rückkauf der 20.000 Aktien wiederum aufgrund übereinstimmenden Kauf- und Verkaufauftrags des Angeklagten N. zum Limit von 0,99 Euro. Weitere 8.169 Aktien der Maternus-Kliniken AG erwarb der Angeklagte für das Depot Dr. S. erneut infolge Abgabe aufeinander abgestimmter Aufträge zum Limit von 1,01 Euro am selben Tag um 10.04 Uhr; die Kursfeststellung erfolgte ebenfalls um 10.04 Uhr. Auf entsprechende Art und Weise kaufte und verkaufte der Angeklagte am 9. Dezember 2008 5000 Aktien der DB Real Estate AG an der Börse Stuttgart mit gleichlautendem Limit von 0,85 Euro um 18.23 Uhr und tätigte 18.27 Uhr in gleicher Stückzahl und zum selben Preis den Rückkauf. Ebenso verfuhr er am 10. Dezember 2008 an der Börse Xetra mit 7.918 Aktien der DB Real Estate AG zum Limit von 0,77 Euro und mit 5.000 sowie weiteren 4.140 Aktien der Westgrund AG zum Limit von 1,81 Euro beziehungsweise 1,80 Euro. |
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| Eine Beeinflussung des späteren Kursverlaufs der Aktien durch die Auftragsausführungen war nicht feststellbar. Die weitere Entwicklung der Aktienpreise entsprach den marktüblichen Bewegungen. |
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| b) Das Amtsgericht Stuttgart hat das Verhalten des Angeklagten N. als Ordnungswidrigkeiten gemäß § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG gewertet. Das Vorliegen von Straftaten nach § 38 Absatz 2 WpHG hat es im Wesentlichen mit der Erwägung verneint, dass die für die Erfüllung des Straftatbestands erforderliche tatsächliche Einwirkung auf den Börsenpreis sowie die Kausalität der getätigten Geschäfte für den weiteren Aktienkursverlauf nicht zweifelsfrei festzustellen gewesen sei. Wortlaut und Systematik der §§ 20a, 38 und 39 WpHG sprächen gegen die Annahme, bereits die durch die Geschäftsvornahme in aller Regel zwangsläufig und unmittelbar erfolgende Kursfeststellung erfülle das Tatbestandsmerkmal des „Einwirkens“. Daher liege erst dann ein Einwirken vor, wenn durch die Preisneufestsetzung eine Beeinflussung zukünftiger Aufträge der geschützten Handelsteilnehmer erfolge. Außerdem müsse - ausgehend von der Formulierung „sonstige Täuschungshandlungen“ in § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG - auch in den Fällen des § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG eine Täuschung vorliegen. Diese Täuschung könne zeitlich ebenfalls nur nach der durch das Geschäft ausgelösten Preisfestsetzung liegen, was hier nicht der Fall sei. Im Übrigen liefe der Ordnungswidrigkeitstatbestand in vergleichbaren Fällen bei Bejahung des Straftatbestands leer, weil ein ausgeführtes Geschäft immer eine neue Preisfestsetzung zur Folge habe. Eine Verfallsanordnung sei deshalb unterblieben, weil beide Angeklagte aus den Taten nichts erlangt hätten und die angestrebte Realisierung eines Verlustes erst zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer Steuererklärung zum Tragen gekommen wäre. |
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| 2. Mit ihrer zum Nachteil beider Angeklagten eingelegten Revision rügt die Staatsanwaltschaft Stuttgart die Verletzung materiellen Rechts. Sie beanstandet insbesondere, dass die Annahme einer für die Erfüllung des Straftatbestandes erforderlichen tatsächlichen Preiseinwirkung durch die Geschäfte des Angeklagten N. unterblieben ist. Eine Einwirkung auf den späteren Kursverlauf der jeweiligen Akten oder deren weitere Entwicklung sei nicht erforderlich. Auch eines zeitlichen Auseinanderfallens von Geschäft und der Marktpreiseinwirkung bedürfe es entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht. Vielmehr ergebe sich bereits aus den Feststellungen des angefochtenen Urteils, wonach die Kursfeststellungen den Limitangaben der Order entsprachen, es ohne diese Order jeweils nicht zu einer Kursfeststellung gekommen wäre und der vorherige Kurs der Aktie fortgegolten hätte (UA Seite 5), dass eine Preiseinwirkung im Sinne von § 38 WpHG vorlag und die vom Angeklagten vorgenommenen Geschäfte hierfür kausal waren. |
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| Weiter macht die Staatsanwaltschaft geltend, die unterbliebene Anordnung des Verfalls von Wertersatz bei den Angeklagten N. und Dr. S. sei rechtsfehlerhaft. Beide hätten pro Geschäft den Verkaufserlös beziehungsweise die Aktien im Wert des Kaufpreises erlangt im Sinne von §§ 73 Absatz 1 und 3, 73a StGB. |
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| 3. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten N. richtet sich gegen seine Verurteilung wegen dreier Ordnungswidrigkeiten nach § 39 WpHG. Er trägt im Wesentlichen vor, die als Limit vorgegebenen Kurse hätten sich im Rahmen der in den Tagen vor und nach den Geschäften bestehenden Tageshöchst- und tiefstpreise bewegt, die marktüblich gewesen seien. Es fehle schon deshalb an einem Verstoß gegen § 20a WpHG; ein Einwirken auf den Preis läge ohnehin nicht vor. Abgesehen davon handele es sich im vorliegenden Fall nicht um fiktive, sondern um effektive Transaktionen, für die es legitime Gründe gegeben habe. Wegen des alleinigen Zwecks der Erlangung eines legalen Steuervorteils ohne Manipulationsabsicht des Angeklagten handele es sich um eine anzuerkennende Marktpraxis. Gemäß § 20a Absatz 2 WpHG seien diese Geschäfte vom Verbotstatbestand des § 20a Absatz 1 WpHG ausgenommen. Eine Anordnung des Verfalls von Wertersatz scheide aus, weil der Angeklagte durch die Geschäfte nichts erlangt habe; die Vermögensverhältnisse seien vor und nach dem Vorgang dieselben gewesen. |
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| Die zulässige Revision der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Stuttgart, soweit es angegriffen ist. Das Amtsgericht hat eine Strafbarkeit des Angeklagten N. gemäß § 38 Absatz 2 a.F. WpHG rechtsfehlerhaft verneint und ihn wegen fehlender Einwirkungen auf den Preis der gehandelten Wertpapiere lediglich wegen Ordnungswidrigkeiten nach § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG verurteilt. Die lückenhaften Feststellungen im Urteil erlauben es dem Senat nicht zu prüfen, ob das Amtsgericht eine Einwirkung auf den Preis eines Finanzinstruments im Sinne des § 38 Absatz 2 WpHG in der vom 21. Dezember 2004 bis 29. Juni 2009 geltenden Fassung (jetzt § 38 Absatz 2 Nr. 1 WpHG) zu Recht verneint hat. Auch die bei beiden Angeklagten unterbliebene Anordnung des Verfalls von Wertersatz hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. |
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| Die Revision des Angeklagten N. ist unbegründet. |
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| Allerdings hat das Amtsgericht Stuttgart ohne Rechtsfehler angenommen, dass nach den insoweit rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Angeklagte N. verbotene Marktmanipulationen im Sinne des § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG in der vom 1. November 2007 bis zum 29. Juni 2009 geltenden Fassung begangen hat, die sowohl den objektiven Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit des § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG als auch den einer Straftat nach § 38 Absatz 2 WpHG a.F. erfüllen können. |
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| § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG betrifft vor allem so genannte handelsgestützte Marktmanipulationen durch Transaktionen, die dem Markt falsche oder irreführende Signale zu geben oder ein künstliches Preisniveau herbeizuführen geeignet sind. Insbesondere sind auch effektive Geschäfte umfasst, infolge derer es zu einem Wechsel der wirtschaftlichen Berechtigung an einem Finanzinstrument kommt (Vogel in Assmann/Uwe H. Schneider (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 5. Auflage 2009, § 20a Rn. 142, 146). Weiter als Tathandlung geeignet sind Kauf- oder Verkaufaufträge, wie Effektenorder der Kunden an ihre Bank oder Vermittlungsaufträge an den Skontroführer im Parketthandel sowie Angebote im elektronischen Handel. Da es unerheblich ist, ob die Aufträge bedingt oder befristet sind, gelten auch Limit-Orders als erteilt, sobald sie dem Adressaten zugegangen sind (Vogel, a. a. O., Rn. 147). |
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| Ohne Rechtsfehler hat das Amtsgericht die Eignung der Angebote des Angeklagten zur Irreführung beziehungsweise zur Preismanipulation bejaht. Die Abgabe von gleichlautenden Kauf- und Verkaufangeboten mit übereinstimmenden Limits können einen verständigen Marktteilnehmer über die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem jeweiligen Markt, die Marktgerechtigkeit des entsprechenden Angebots und der entsprechenden Nachfrage sowie den marktgerechten Preis und die Marktliquidität täuschen (vgl. Vogel, a. a. O., Rn. 150 f.). Nach den Feststellungen wusste der Angeklagte N., der als Bankkaufmann bei der Landesbank BW mit Tätigkeitsschwerpunkt Wertpapierhandel tätig ist, dass die Angebote aufgrund ihres Volumens einen falschen Eindruck am Markt zu erwecken und den jeweiligen Kurspreis zu beeinflussen geeignet waren. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. |
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| Die Auffassung des Angeklagten N., seine Vorgehensweise sei gemäß § 20a Absatz 2 WpHG von den verbotenen Marktmanipulationen ausgenommen, ist nicht richtig. Voraussetzung hierfür wäre, dass - wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Handlungen des Angeklagten N. mit der zulässigen Marktpraxis auf dem betreffenden Markt vereinbar waren und der Handelnde hierfür legitime Gründe hatte. Es kann offen bleiben, ob die vom Angeklagten N. erstrebte Realisierung eines Verlustes zur Erlangung eines Steuervorteils in dieser Form einen legitimen Grund darstellt. Jedenfalls entsprachen seine Handlungen nicht der zulässigen Marktpraxis. Dies ergibt sich bereits aus der die Vorschrift des § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG konkretisierenden, eine Rechtsverordnung gemäß § 20a Absatz 5 WpHG darstellenden Marktmanipulationskonkretisierungsverordnung (MaKonV) vom 1. März 2005, die Hinweise auf das Vorliegen einer Marktmanipulation auflistet. Der sich auf § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG beziehende § 3 Absatz 2 Nr. 2 MaKonV qualifiziert ausdrücklich solche Aufträge oder Geschäfte als irreführende Signale gebend, die zu im Wesentlichen gleichen Stückzahlen und Preisen von verschiedenen Parteien, die sich abgesprochen haben, erteilt werden. Hiervon ausgenommen sind Geschäfte, die im Einklang mit den jeweiligen Marktbestimmungen rechtzeitig angekündigt werden. Letzteres war hier nicht der Fall. Vielmehr entspricht die Vorgehensweise des Angeklagten, der für sich und entsprechend der Verfügungsberechtigung für das Depot des Angeklagten Dr. S. tätig wurde, im Unrechtsgehalt der Absprache verschiedener Parteien. Daher verbietet sich die Annahme, derartige Geschäfte könnten zukünftig gemäß § 20a Absatz 2 Satz 2 WpHG von der Bundesanstalt als zulässige Marktpraxis anerkannt werden. Das gilt umso mehr, als die Handlungen des Angeklagten nicht den Voraussetzungen in § 8 MaKonV entsprechen, der Kriterien für die Anerkennung von Gepflogenheiten als zulässige Marktpraxis - wie Transparenz und freies Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage - aufzählt. |
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| Zu Unrecht rügt der Angeklagte N., das Amtsgericht habe verkannt, dass den in § 3 MaKonV genannten Anzeichen für falsche oder irreführende Signale gemeinsam sei, dass sie grundsätzlich eine erhebliche Preisänderung voraussetzten, was hier nicht vorliege. Entgegen der Auffassung des Angeklagten N. findet sich diese Einschränkung lediglich für die in § 3 Absatz 1 MaKonV aufgeführten Geschäfte und Kauf- oder Verkaufaufträge, nicht aber für den hier vorrangig maßgeblichen § 3 Absatz 2 MaKonV. Die in § 3 Absatz 2 MaKonV genannten Handlungsmodalitäten enthalten zwingende Beispiele für den objektiven Tatbestand der Marktmanipulation erfüllende Geschäfte oder Kauf- und Verkaufsangebote (Vogel, a. a. O., Rn. 164). Die Vorgehensweise des Angeklagten N., der zwar nicht mit anderen Parteien nach entsprechender Absprache, aber dem gleichzusetzend für sich und gleichzeitig für den Angeklagten Dr. S. Aufträge zu identischen Stückzahlen und Preisen erteilt hat, ist dem in § 3 Absatz 2 Nr. 2 MaKonV normierten Verhalten gleichzusetzen. Ob gleichzeitig die Vorschriften des § 3 Absatz 1 Nr. 1a und c MaKonV erfüllt sein könnten, bedarf keiner eingehenden Erörterung, da die europarechtlich als „improper matched orders“ bezeichneten Verfahren im deutschen Recht in § 3 Absatz 2 Nr. 2 MaKonV besonders geregelt sind. Daher bleibt insbesondere für § 3 Absatz 1 Nr. 1c MaKonV nur ein beschränkter Anwendungsbereich (Vogel, a. a. O., Rn. 166). Die in § 3 Absatz 1 Nr. 1 a MaKonV erfassten Geschäftsmodalitäten - Aufträge oder Geschäfte, die einen bedeutenden Anteil am Tagesgeschäftsvolumen ausmachen - bedeuten für die vorliegende Fallgestaltung, dass der Anteil der möglicherweise manipulativen Geschäfte oder Aufträge am Tagesgeschäftsvolumen des einzelnen Finanzinstruments ebenfalls ein gewichtiges Kriterium für die Feststellung einer Irreführungseignung darstellt. |
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| Auch hat das Amtsgericht das Vorliegen von Ordnungswidrigkeiten nach § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG, die in einem Stufenverhältnis zum entsprechenden Straftatbestand des § 38 Absatz 2 WpHG a.F. stehen und - lediglich - die Eignung der getätigten Angebote oder Geschäfte zur Einwirkung auf den Marktpreis oder eine Irreführungseignung erfordern, ohne Rechtsfehler bejaht. Der Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG erfasst diejenigen Formen der Marktmanipulation, die in § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG als verboten eingeordnet werden und setzt als einziges weiteres Tatbestandsmerkmal in subjektiver Hinsicht eine - nach den Feststellungen hier vorliegende - vorsätzliche Begehungsweise voraus (Vogel, a. a. O., § 39, Rn. 6). |
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| Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen lassen wegen ihrer Unvollständigkeit eine Überprüfung, ob der Straftatbestand des § 38 Absatz 2 WpHG a.F. verwirklicht ist, nicht zu. Rechtsfehlerhaft ist die Auffassung des Amtsgerichts, dass die Tatbestandsvoraussetzung der Einwirkung auf den Börsen- oder Marktpreis eines Finanzinstrumentes schon deshalb nicht vorliege, weil diese Einwirkung in der hier vorliegenden Fallgestaltung der Vornahme eines Geschäftes (§ 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 1. Alternative WpHG) denknotwendig nach der Durchführung dieses Geschäftes liegen müsse, weshalb die bloße Kursfestsetzung nicht genüge. Eine Einwirkung auf den späteren Kursverlauf der vom Angeklagten gehandelten Wertpapiere sei jedenfalls nicht sicher nachweisbar, da sich der weitere Kursverlauf im Rahmen der vorangegangenen Kursentwicklung bewegt habe. |
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| Über § 38 Absatz 2 WpHG a.F., jetzt § 38 Absatz 2 Nr. 1 WpHG, werden die in der Bußgeldvorschrift des § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG bezeichneten Formen der Marktmanipulation strafrechtlich erfasst. § 38 Absatz 2 WpHG statuiert die weitere Voraussetzung, die das bußgeldbewehrte Verhalten zu einer Straftat macht, nämlich den Eintritt des Erfolgs, dass der Preis eines Finanzinstruments entgegen der sonstigen Marktentwicklung tatsächlich verändert oder stabilisiert wurde. Das Merkmal der Eignung zur Herbeiführung eines künstlichen Preisniveaus aus § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG - und damit auch aus dem Ordnungswidrigkeitstatbestand - geht damit auf in dem Tatbestandsmerkmal der (tatsächlichen) Einwirkung. |
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| Eine Preiseinwirkung setzt ein künstliches, das heißt gegen die wahren wirtschaftlichen Verhältnisse am Markt („Markttrend“) erfolgendes Erhöhen, Erniedrigen oder auch nur Stabilisieren voraus; eine Preisänderung ist nicht zwingend erforderlich (Vogel, a. a. O., § 38, Rn. 51). Maßgeblich ist also, dass die manipulative Handlung des Täters kausal ist für den fraglichen Preis eines Finanzinstrumentes, wobei der Erfolg der Preiseinwirkung vom Vorsatz umfasst sein muss. |
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| Einer Manipulationsabsicht bedarf es entgegen der Auffassung des Angeklagten N. hingegen nicht. Allerdings erscheint es nach den Feststellungen naheliegend, dass es dem Angeklagten N. gerade darauf ankam, den Preis der von ihm gehandelten Aktien auf ein bestimmtes Niveau festzulegen, um seine Verkauf- und Rückkaufgeschäfte zum gleichen Preis und damit ohne das Risiko eines eventuellen Verlustes aufgrund geänderter Marktpreise durchführen zu können. |
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| Das Gesetz legt nicht fest, welchen aus der Vielzahl von Börsen- oder Marktpreisen, die für ein Finanzinstrument erzielt werden, der Täter herbeiführen muss. § 38 Absatz 2 WpHG begnügt sich mit irgendeinem Börsen- oder Marktpreis, wenn er nur durch das Verhalten des Täters verursacht worden ist (Altenhain in Kölner Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz, 2007, § 38 Rn. 93). Wird ein Finanzinstrument an verschiedenen Börsen oder Märkten gehandelt, so ist jeder einzelne der dort ermittelten Preise ein tauglicher Erfolg. Insbesondere bedarf es nicht einer Einwirkung auf den Schlusskurs eines Finanzinstruments. Es genügt die Einwirkung auf irgendeinen festgestellten Preis im laufenden Handel (Altenhain, a. a. O., Rn. 94). Eine - andauernde - Beeinflussung des weiteren Kursverlaufs nach einer bereits erfolgten Einwirkung ist nicht erforderlich. |
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| Nach dem Wortlaut der Vorschrift bedarf es auch keiner erheblichen Einwirkung (Altenhain, a. a. O., Rn. 94; a. A. bis zur 4. Auflage Vogel, § 38 Rn. 21, jetzt relativierend § 20a Rn. 116, § 38 Rn. 51; zum Fehlen verfassungsrechtlicher Bedenken im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz bei §§ 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 38 Absatz 2, 39 Absatz 2 Nr. 11 WpHG vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011, 3 StR 506/10, zitiert nach juris). Bagatellhafte Preisbeeinflussungen, bei denen unter Umständen der Nachweis des Taterfolgs mit Schwierigkeiten behaftet ist, liegen allerdings nicht schon deshalb vor, weil es sich um Aktien mit geringem Stückpreis handelt, und die mögliche Preiseinwirkung in absoluten Zahlen lediglich kleinere Differenzbeträge ausmacht. |
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| Die Feststellung einer Kausalität zwischen dem Manipulationsverhalten und der Preiseinwirkung bedarf einer Gesamtbewertung der erlangbaren Erkenntnisse und Indiztatsachen, wobei an die Kausalitätsfeststellung keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2003, 1 StR 24/03, Rn. 30, zitiert nach juris; Vogel, a. a. O., § 38 Rn. 54). Folgende Kriterien sind geeignet, eine Preiseinwirkung hinreichend zu belegen: Vergleich des Kursverlaufs und Umsatzes vor und nach der Manipulationshandlung, Analyse der Preis- und Umsatzentwicklung an dem Börsentag, in den die Manipulationshandlung fällt, Analyse des Volumens der Order, die der Manipulator im Zusammenhang mit der Manipulation tätigt, und Zeitabstand zwischen dem Manipulationsverhalten und der Preiseinwirkung; je zeitnäher der Markt auf eine Manipulation reagiert, desto näher liegt die Feststellung der Kausalität (BGH a. a. O., Rn. 30, Vogel, a. a. O., § 38 Rn. 54). |
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| Nach den Feststellungen des Amtsgericht erscheint es nicht völlig fernliegend, dass der Angeklagte N. durch Abgabe von wechselseitig übereinstimmenden Kauf- und Verkaufsangeboten, die sich wegen der identischen Limitangaben ausführbar gegenüberstanden und einen erheblichen Anteil am Tagesumsatz der jeweiligen Aktie hatten, auf den Preis der Aktien eingewirkt hat. Irrig ist das Amtsgericht davon ausgegangen, als Tathandlung des Angeklagten komme ausschließlich die Tatbestandsvariante der Vornahme eines Geschäftes in Betracht. Bereits die Abgabe der abgestimmten Kauf- und Verkaufsorder, von denen der Angeklagte als Bankkaufmann mit Tätigkeitsschwerpunkt im Wertpapierhandel wusste, dass sie sich ausführbar gegenüberstanden und wegen des hohen Anteils am Gesamttagesumsatz mit großer Wahrscheinlichkeit zum genannten Limit zur Durchführung gelangen würden, kann eine Tathandlung sein (§ 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 2. Alternative WpHG). Die daraus resultierende Kursfestsetzung, also die Bestimmung des Börsenpreises eines Wertpapiers, kann - unter Feststellung der Kausalität nach den oben genannten Kriterien - eine Preiseinwirkung darstellen. Darauf, ob die Kursfestsetzung der Geschäftsdurchführung vorangeht oder - wovon das Amtsgericht ausgeht - die Folge der Durchführung eines Wertpapiergeschäftes ist, kommt es in dieser Fallgestaltung nicht an. |
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| Rechtsfehlerhaft hat das Amtsgericht angenommen, die Manipulationshandlungen müssten eine Auswirkung auf den weiteren Kursverlauf haben. Dass sich der Kursverlauf nach der manipulativen Handlung später im marktüblichen Bereich weiterentwickelt hat, spricht schon deshalb nicht von vorne herein gegen eine tatsächliche Einwirkung, weil - wie bereits dargelegt - je nach Fallgestaltung die Einwirkung auf einen (Einzel-)Preis im Laufe des fortlaufenden Handels ausreichend sein kann. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts bedarf es bei Manipulationen gemäß § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG keiner Täuschung oder Irrtumserregung (die Ausführungen in BGH, a. a. O., Rn. 21, beziehen sich auf § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG in der bis zum 29. Oktober 2004 geltenden Fassung; jetzt und zum Tatzeitpunkt § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG). Vielmehr normiert § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 WpHG die konkrete Ausgestaltung einer Täuschungshandlung, während § 20a Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 WpHG als Auffangtatbestand die sonstigen Täuschungshandlungen - mit entsprechenden Tatbestandsmerkmalen - abdeckt. |
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| Die im amtsgerichtlichen Urteil geäußerte Befürchtung, der Ordnungswidrigkeitstatbestand des § 39 Absatz 1 Nr. 1 WpHG laufe in den Fällen der Tatbestandsvariante „ein Geschäft durchführt“ deshalb leer, weil mit dem durchgeführten Geschäft grundsätzlich eine Kursfestsetzung einhergehe, greift schon deshalb nicht, weil nicht vom vorliegenden Einzelfall mit der Besonderheit des großen Volumens der Geschäfte auf andere Fallgestaltungen geschlossen werden kann. Das Amtsgericht verkennt, dass in Fällen mit liquide gehandelten Wertpapieren oder bei Aufträgen mit geringeren Aktienvolumina eine Preiseinwirkung nicht zwingend vorliegen muss und es dann bei einer bloßen Eignung im Sinne des Ordnungswidrigkeitstatbestands verbleibt. Ein Anwendungsbereich bleibt auch in den Fällen, in denen der Erfolg einer (vom Täter gewünschten) Einwirkung ausbleibt oder - praktisch häufiger - nicht nachweisbar ist (Vogel, a. a. O., § 39 Rn. 6). |
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| Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass es - unter Anwendung der genannten Kausalitätskriterien - zumindest der Feststellung des unmittelbar vor der Abgabe der tatbestandsmäßigen Kauf- und Verkaufangebote geltenden Kurspreises der jeweiligen Aktie bedarf, auf den möglicherweise durch Festsetzung eines neuen Kurses infolge der sich einander ausführbar gegenüberstehenden Order eingewirkt worden ist. Daneben ist es erforderlich, unabhängig von dem Umstand, dass das Amtsgericht die an ein und demselben Tag durchgeführten Aktiengeschäfte als einheitliche Tat im Sinne von § 52 StGB gewertet hat, die Volumina der einzelnen Geschäfte in Bezug auf den jeweiligen Gesamttagesumsatz der Aktien zu bestimmen. Den Urteilsfeststellungen lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die dargestellten Umsätze sich auf die einzelnen Geschäfte des Angeklagten an den Tattagen beziehen, oder auf die Gesamtsumme seiner am jeweiligen Tag getätigten Umsätze. Außerdem kann es geboten sein, die genauen Abläufe der Kursbildung am jeweiligen Markt, auch unter Berücksichtigung der Kursfestsetzung im elektronischen Handelssystem Xetra, festzustellen. |
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| Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auch insoweit begründet, als sie sich dagegen wendet, dass gegen beide Angeklagte kein Verfall von Wertersatz angeordnet wurde. Die Feststellungen tragen die Annahme nicht, die Angeklagten hätten aus der Tatbegehung nichts erlangt. Bei der Anordnung des Verfalls von Wertersatz ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen der §§ 73, 73a StGB vom gesetzlich normierten Bruttoprinzip auszugehen (vgl. Fischer, Strafgesetzbuch, 58. Auflage 2011, § 73 Rn. 3, 4 m. w. N.). Der Umfang des Erlangten ist zwingend nach Maßgabe dieses Prinzips zu bemessen. Hiernach sind Vermögenswerte, die der Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs unmittelbar erlangt hat, in ihrer Gesamtheit abzuschöpfen, ohne dass Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen in Abzug gebracht werden. Das gilt auch für den Drittbegünstigten im Sinne von § 73 Absatz 3 StGB, zumal dann, wenn er Nutznießer der Tat ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 30. Mai 2008, 1 StR 166/07, Rn.101, m. w. N., zitiert nach juris). Müsste der von der Verfallsanordnung Betroffene lediglich die Abschöpfung des Nettogewinns fürchten, so würde sich die Tatbegehung für ihn als weitgehend risikolos erweisen. Den Drittbegünstigten soll das Bruttoprinzip veranlassen, zur Verhinderung solcher Taten wirksame Kontrollmechanismen zu errichten oder aufrechtzuerhalten (BGH a. a. O.). Hieraus folgt, dass es nicht - wie der Angeklagte N. annimmt - darauf ankommt, ob die jeweiligen Vermögensverhältnisse vor und nach den Wertpapiergeschäften gleich sind, sondern darauf, was die Angeklagten bei den jeweiligen Geschäften an Aktienwerten oder Verkaufserlösen erlangt haben. Gegebenenfalls ist über § 73c StGB eine Berücksichtigung von Härten möglich. |
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| Da die sachlich-rechtliche Überprüfung aufgrund lückenhafter Feststellungen, insbesondere zu den Wertpapierpreisen unmittelbar vor der möglichen Einwirkungshandlung durch den Angeklagten N., nicht möglich ist, beruht das Urteil auf dem Darstellungsmangel und damit auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 337 StPO). Der Senat hebt das Urteil in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang einschließlich der Feststellungen auf, so dass der Tatrichter die erforderlichen Feststellungen insgesamt neu zu treffen hat. |
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