Beschluss vom Oberlandesgericht Stuttgart - 17 WF 22/17

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 bis 3 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart vom 28.12.2016, Az. 12 F 2383/16, in Ziff. 3 (Verfahrenswertfestsetzung) dahingehend abgeändert, dass der Wert des Verfahrens auf 135.000 EUR festgesetzt wird.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Beteiligten zurückgewiesen.

3. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

 
I.
Die Beteiligten Ziff. 1 bis 3 sind die minderjährigen Kinder des weiteren Beteiligten und seiner 2012 verstorbenen Ehefrau, nach deren Tod gesetzliche Erbfolge eintrat. Die verstorbene Ehefrau war Eigentümerin einer Wohnung in Konstanz, welche die Beteiligten mit notariellem Vertrag vom 2.12.2016 zu einem Kaufpreis von 270.000 EUR verkauften. Mit notarieller Urkunde vom gleichen Tag haben die Beteiligten eine Grundschuld auf dem Wohnungseigentum bewilligt, die Voraussetzung zum Vollzug des Kaufvertrages war.
Mit Beschluss vom 28.12.2016 hat das Amtsgericht die Erklärungen der Beteiligten Ziff. 1 bis 3 über den Verkauf der Wohnung familiengerichtlich genehmigt und den Verfahrenswert hierfür auf 270.000 EUR festgesetzt.
Gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts wenden sich die Beteiligten Ziff. 1 bis 3 mit einem als Widerspruch bezeichneten Schreiben vom 18.1.2017, welches beim Amtsgericht am 20.1.2017 eingegangen ist. Sie gehen davon aus, dass der Verfahrenswert sich nur nach dem Anteil der minderjährigen Kinder an der Wohnung richte und errechnen einen Wert von 101.250 EUR.
Das Amtsgericht hat das Schreiben als Beschwerde ausgelegt und dieser mit Beschluss vom 7.2.2017 unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Senats nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 bis 3 ist gemäß § 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Sie führt zu einer Herabsetzung des Verfahrenswerts.
1. Die Beschwerdeführer gehen zutreffend davon aus, dass sich der Verfahrenswert nur nach ihrem Anteil am Wohnungseigentum richtet. Zwar hat der Senat für die vorliegende Konstellation mehrfach entschieden, dass sich der Wert bei einem Miteigentumsanteil des Minderjährigen nach dem Gesamtkaufpreis richte (Beschluss vom 24.1.2014, Az. 17 WF 237/13; Beschluss vom 27.7.2016, Az. 17 WF 68/16). An dieser Rechtsprechung hält der Senat jedoch nicht mehr fest.
Der Verfahrenswert der familiengerichtlichen Genehmigung der Erklärungen der Beteiligten Ziff. 1 bis 3 richtet sich nach § 36 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Maßgeblich ist der Wert des zugrundeliegenden Rechtsgeschäftes. Dabei versteht der Senat die Vorschrift nunmehr so, dass sie nicht auf den Wert des Kaufvertrages insgesamt abstellt, sondern ausschließlich auf den Miteigentumsanteil der minderjährigen Miteigentümer, deren Erklärungen familiengerichtlich zu genehmigen sind (ebenso für § 36 Abs. 1 S. 1 FamGKG OLG Frankfurt, Beschluss vom 9.9.2016, Az. 5 WF 168/16, Familienrecht kompakt 2017, 3; die Kommentarliteratur äußert sich zu der Frage nach Recherche des Senats nicht). Eine weitere Stütze findet die Auslegung in § 36 Abs. 1 S. 2 FamGKG i.V.m. § 98 Abs. 2 GNotKG (früher: § 40 Abs. 2 KostO). In der von der Interessenlage vergleichbaren Konstellation einer Zustimmung oder Vollmacht zu einem entsprechenden Rechtsgeschäft ist ausdrücklich gesetzlich geregelt, dass lediglich der jeweilige Anteil am Mitteigentum verfahrenswertbestimmend ist.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Wirksamkeit des gesamten Vertrages von der familiengerichtlichen Genehmigung abhängig ist, da die Teilbarkeit auf einen Miteigentumsanteil von den Parteien des Kaufvertrags regelmäßig nicht gewollt ist (§ 139 BGB). Allerdings ist zu beachten, dass sich die Prüfung des Familiengerichts, ob die Genehmigung nach §§ 1643 Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB erteilt wird, ausschließlich am Kindeswohl orientiert (Palandt/Götz, BGB, 76. Aufl., § 1643, Rn. 3), weswegen die Auswirkungen der Erklärung des Minderjährigen auf den gesamten Vertrag und dessen Parteien für die Entscheidung des Familiengerichts irrelevant sind. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass Verfahrenswerte zur vereinfachten Festsetzung einer gewissen Pauschalierung unterliegen (müssen), könnten sich bei Außerachtlassung des jeweiligen Miteigentumsanteils Verfahrenswerte ergeben, die sich vollständig von der wirtschaftlichen Bedeutung für den Minderjährigen entfernen. So sind Konstellationen vorstellbar, in denen beispielsweise aufgrund einer größeren Erbengemeinschaft Miteigentumsanteile von deutlich weniger als 10% entstehen. Würde der Verfahrenswert sich nach dem Gesamtkaufpreis richten, stünden die Kosten der familiengerichtlichen Genehmigung außer Verhältnis zum auf den Minderjährigen entfallenden Verkaufserlös und würden den Minderjährigen übermäßig belasten, was die vorstehend dargestellte Auslegung unterstützt.
2. Die Mitberechtigung der Beteiligten Ziff. 1 bis 3 an der verkauften Wohnung lag bei der Hälfte. Durch die gesetzliche Erbfolge nach der Mutter der Beteiligten Ziff. 1 bis 3 wurde deren Ehemann zur Hälfte Miterbe (§§ 1931 Abs. 1, 3, 1371 Abs. 1 BGB), die Beteiligten Ziff. 1 bis 3 zur anderen Hälfte. Für die Verfahrenswertfestsetzung ist der Kaufpreis demnach zu halbieren.
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Die weitergehende Beschwerde konnte demnach keinen Erfolg haben.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 59 Abs. 3 FamGKG.

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