Beschluss vom Hamburgisches Oberverwaltungsgericht (6. Senat) - 6 Bf 42/21.AZ
Tenor
1. Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren zweiter Instanz Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des von ihm benannten Prozessbevollmächtigten zu bewilligen, wird abgelehnt.
2. Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Oktober 2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg zuzulassen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
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Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrages als unzulässig sowie die Androhung der Abschiebung nach Bulgarien.
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Der xxxx geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger. Nach eigenen Angaben verließ er im September 2014 Syrien. Er reiste zunächst nach Bulgarien. Nach Mitteilung der bulgarischen staatlichen Agentur für Flüchtlinge bei dem Ministerrat ist der Kläger am 6. Februar 2015 als Flüchtling („refugee status“) anerkannt worden. Der Kläger reiste im März 2015 in das Bundesgebiet ein und beantragte im Mai 2015 Asyl. Mit Schreiben vom 15. Juli 2015 lud die Beklagte den Kläger zum persönlichen Gespräch im Dublin-Verfahren („Zweitbefragung“) ein. Das Schreiben wurde dem Kläger ausweislich des von ihm unterzeichneten Empfangsbekenntnisses am 20. Juli 2015 übergeben. Eine Reaktion des Klägers auf dieses Schreiben ist nicht aktenkundig.
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Mit Bescheid vom 8. Oktober 2015 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Antrag des Klägers als unzulässig ab, forderte ihn unter Androhung der Abschiebung nach Bulgarien auf, das Bundesgebiet innerhalb von 30 Tagen zu verlassen und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Der Bescheid wurde dem Kläger am 20. Oktober 2015 ausgehändigt.
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Der Kläger hat am 28. Oktober 2015 Klage erhoben. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, dass ihm in Bulgarien eine menschenrechtswidrige Behandlung drohe. Er hat im weiteren Verfahren ergänzend vorgetragen, dass es auch in Bulgarien aufgrund der Corona-Pandemie zu einer schwerwiegenden wirtschaftlichen Krise gekommen sei, was zu einem erheblichen Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt habe.
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Mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. Oktober 2020 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Der Asylantrag des Klägers sei im Hinblick auf die in Bulgarien erfolgte Zuerkennung des Flüchtlingsstatus im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgelehnt worden. Die Ablehnung finde ihre Rechtsgrundlage in § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG. Die Anwendung der Unzulässigkeitsbestimmung in § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG sei bezogen auf den Kläger auch nicht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ausgeschlossen. Dem Kläger sei Gelegenheit zu einer persönlichen Anhörung zu seinem Antrag auf internationalen Schutz durch einen nach nationalem Recht für die Durchführung einer solchen Anhörung zuständigen Bediensteten gegeben worden, in dem die Beklagte den Kläger zum persönlichen Gespräch für den 29. Juli 2015 eingeladen habe. Die ihm gebotene Gelegenheit zur Anhörung habe er indes nicht wahrgenommen. Davon abgesehen könne eine unterbliebene Gelegenheit zur persönlichen Anhörung dann als unbeachtlich angesehen werden, wenn die Möglichkeit zum persönlichen Vortrag im Rechtsbehelfsverfahren den Garantien der EU-Verfahrensrichtlinie entspreche. Eine diesen Anforderungen entsprechende persönliche Anhörung habe in der mündlichen Verhandlung vor Gericht am 21. Oktober 2020 stattgefunden. Dem Kläger drohe als gesundem, arbeitsfähigem, alleinstehendem Mann bei Rückkehr nach Bulgarien auch nicht beachtlich wahrscheinlich eine gegen Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh verstoßende menschenunwürdige Verelendung. Es bestünden gegenwärtig auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass sich die Verhältnisse in Bulgarien durch die Corona-Pandemie in einer Weise verschlechtert hätten, dass der Kläger mit seiner beruflichen Erfahrung nunmehr unabhängig von seinem Willen dort der Verelendung anheimfallen würde. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten am 6. Januar 2021 zugestellt.
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Der Kläger hat am 8. Februar 2021, einem Montag, die Zulassung der Berufung beantragt und den Antrag zugleich begründet. Er hat ferner beantragt, ihm unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für das Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
II.
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Die Anträge des Klägers bleiben ohne Erfolg.
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1. Dem Kläger ist keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil sein Antrag auf Zulassung der Berufung auch nach dem für die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe geltenden Prüfungsmaßstab (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 5.1.1994, 1 A 14.92, Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 33, juris Rn. 3; BVerfG, Beschl. v. 29.8.2017, 2 BvR 351/17 u.a., Asylmagazin 2017, 404, juris Rn. 11) aus den nachfolgenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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2. Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die im Zulassungsantrag dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Gericht vorliegend beschränkt ist, rechtfertigen es nicht, die Berufung wegen der vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe zuzulassen.
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a) Die Berufung ist nicht wegen der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) hinsichtlich der Frage, ob der Kläger (noch) anerkannter Flüchtling in Bulgarien sei, zuzulassen.
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Der Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) gewährleistet (vgl. insgesamt: Funke-Kaiser in: GK-AsylG, Stand: Nov. 2020, § 78 AsylG Rn. 259), dass die Verfahrensbeteiligten auf das Verfahren und sein Ergebnis dadurch Einfluss nehmen können, dass sie sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt (Tatsachen und Beweismittel) und der entscheidungserheblichen Rechtslage äußern können (Äußerungsrecht; vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.5.1991, 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188, juris Rn. 7), und verpflichtet die Gerichte, das entscheidungserhebliche tatsächliche und rechtliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen (Kenntnisnahme- und Verarbeitungspflicht; vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.1.1985, 1 BvR 393/84, BVerfGE 69, 141, juris Rn. 10). Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgen grundsätzlich keine verfassungsunmittelbaren richterlichen Hinweis- oder Belehrungspflichten. Das rechtliche Gehör ist daher grundsätzlich auch dann nicht verletzt, wenn das Gericht einer durch einfaches Verfahrensrecht begründeten Frage- oder Aufklärungspflicht nicht nachkommt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.1.1984, 1 BvR 272/81, BVerfGE 66, 116, juris Rn. 77; zu § 139 ZPO: BVerfG, Kammerbeschl. v. 23.7.1992, 1 BvR 14/90, NJW 1993, 1699, juris Rn. 10; Funke-Kaiser, a.a.O., § 78 Rn. 282 m.w.N.; vgl. Marx, AsylG, 10. Auflage 2019, § 78 Rn. 152 ff.). Eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht des § 86 Abs. 1 VwGO kann - anders als nach § 124 Abs. 2 Satz 4 VwGO - gemäß § 78 Abs. 3 AsylG nicht gerügt werden (vgl. Berlit, in: GK-AsylG, Stand: Nov. 2020, § 78 Rn. 68 ff.). Eine Verletzung der Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs ist in diesem Zusammenhang regelmäßig nur dann begründet, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte („Überraschungsentscheidung“; vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.5.1991, 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188, juris Rn. 7; zur Zurückweisung eines Beweisantrags als Gehörsverletzung vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.3.2020, 2 BvR 113/20, Asylmagazin 2020, 229, juris Rn. 45; BVerwG, Beschl. v. 21.1.2020, 1 B 65.19, Buchholz 310 § 86 VwGO Nr. 382 juris Rn. 17).
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Nach diesen Maßstäben hat der Kläger das Vorliegen eines Gehörsverstoßes nicht dargelegt.
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Soweit der Kläger geltend macht, für das Gericht hätte Anlass bestanden, vom Amts wegen - und ohne dass der dies erstinstanzlich geltend gemacht hat - aufzuklären, ob die Flüchtlingsanerkennung in Bulgarien zum Entscheidungszeitpunkt noch Bestand gehabt habe, rügt er in der Sache eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht, die - wie bereits ausgeführt - keinen Gehörsverstoß in einem gerichtlichen Asylverfahren begründen kann. Der Kläger hat insoweit auch weder dargetan noch ist sonst ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht insoweit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hätte, mit der der Kläger nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte. Es konnten im Hinblick auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides des Bundesamtes, wonach der Asylantrag des Klägers unzulässig sei, weil ihm in Bulgarien internationaler Schutzes gewährt worden sei, schon im Ausgangspunkt keine Zweifel bestehen, dass es auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Bulgarien und gegebenenfalls auch den Bestand des Schutzstatus im gerichtlichen Verfahren maßgeblich ankommen würde.
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b) Das Verwaltungsgericht hat ferner nicht das rechtliche Gehör des Klägers verletzt, soweit es festgestellt hat, dass der Kläger zu einem persönlichen Gespräch für den 29. Juli 2015 geladen worden sei und er die ihm gebotene Gelegenheit zur Anhörung nicht wahrgenommen habe.
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Der Kläger macht geltend, dass es für die Annahme des Gerichts an einer verlässlichen Tatsachengrundlage fehle. Die Anhörung sei von der Beklagten nicht durchgeführt, sondern abgesagt worden. Das ergebe sich aus dem Aktenverlauf. Nach der Absendung der Ladung sei bei der Beklagten die Mitteilung der bulgarischen Behörden eingegangen, dass er - der Kläger - dort als Flüchtling anerkannt gewesen sei. Es entspreche der damaligen Praxis der Beklagten, einen bereits anberaumten Anhörungstermin, der sich insbesondere auf ein Dublin-Verfahren beziehe, nach Eingang der entsprechenden Mitteilung des europäischen Drittstaates, dass ein Dublin-Verfahren nicht durchzuführen sei, aufzuheben. Zwar finde sich kein ausdrücklicher Vermerk in der Akte. Der Sachverhalt ergebe sich aber bereits daraus, dass sich die Ladung auf ein persönliches Gespräch im Dublin-Verfahren bezogen habe und nach Eingang der Mitteilung der bulgarischen Behörden ein Dublin-Verfahren nicht mehr durchzuführen gewesen sei. Zum anderen ergebe sich dieser Sachverhalt auch aus dem Umstand, dass bereits am 30. Juli 2015 - einen Tag nach der für den 29. Juli 2015 terminierten Anhörung - ein erster Entwurf für eine Unzulässigkeitsentscheidung im Hinblick auf die Flüchtlingsanerkennung in Bulgarien gefertigt worden sei. Er - der Kläger - habe deshalb nicht damit rechnen müssen, dass das Gericht nach Aktenlage davon ausgehe, er wäre aus eigener Entscheidung ferngeblieben. Wäre er hierauf im Rahmen der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden, hätte er beantragt, eine amtliche Auskunft seitens der Beklagten einzuholen, dass im Jahr 2015 tatsächlich in sogenannten Drittstaatsverfahren keine Anhörung stattgefunden habe.
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Der Kläger macht insoweit eine Verletzung rechtlichen Gehörs unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Überraschungsentscheidung geltend. Von einer Überraschungsentscheidung kann aber nicht schon deshalb gesprochen werden, weil ein Gericht Tatsachen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten, in einer Weise würdigt, die nicht den subjektiven Erwartungen eines Prozessbeteiligten entspricht oder von ihm für unrichtig gehalten wird. Aus dem Gebot des rechtlichen Gehörs folgt grundsätzlich keine Hinweis- oder Aufklärungspflicht in Bezug auf die Rechtsansicht des Gerichts. Das Gericht ist auch nicht verpflichtet, bereits in der mündlichen Verhandlung das mögliche oder voraussichtliche Ergebnis der Sachverhalts- oder Beweiswürdigung bekannt zu geben, weil sich die tatsächliche und rechtliche Einschätzung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Entscheidungsfindung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergibt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 16.4.2020, 4 Bf 418/18.AZ, n.v.; OVG Münster, Beschl. v. 17.10.2017, 13 A 2346/17.A, juris Rn. 3).
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Gemessen daran konnte es den Kläger nicht überraschen, dass das Verwaltungsgericht annehmen würde, dass er der zuvor terminierten und zwischenzeitlich auch nicht abgesagten Anhörung ferngeblieben sei. Ausdrückliche Hinweise darauf, dass der für den 29. Juli 2015 vorgesehene Anhörungstermin seitens der Beklagten aufgehoben worden sein könnte, finden sich in den Verwaltungsvorgängen nicht. Der Kläger macht auch nicht geltend, die Absage des Termins erstinstanzlich vorgetragen zu haben. Die von dem Kläger mit seinem Zulassungsantrag angeführten Umstände - die Mitteilung der bulgarischen Behörden vom 28. Juli 2015 wie auch das Abfassen eines Entwurfes eines ablehnenden Bescheides einen Tag nach dem Anhörungstermin - lassen ebenfalls keine so eindeutigen Rückschlüsse auf den tatsächlichen Geschehensablauf zu, dass der Kläger nicht mehr mit einer anderen Sachverhaltswürdigung hätte rechnen müssen. Die engen zeitlichen Abläufe dürften im konkreten Fall eher gegen eine zwischenzeitliche Absage des Termins sprechen. Die von dem Kläger mit dem Zulassungsantrag behauptete Praxis der Beklagten, bereits anberaumte Anhörungstermine in Dublin-Verfahren nach Eingang entsprechender Mitteilungen des europäischen Drittstaates, dass ein Dublin-Verfahren nicht durchzuführen sei, aufzuheben, wird in keiner Weise belegt. Erst recht ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass dem Verwaltungsgericht eine solche Praxis der Beklagten jedenfalls hätte bekannt sein müssen und sich ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter daher auf eine entsprechende Würdigung des Sachverhalts hätten verlassen dürfen.
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c) Die Berufung ist nicht - weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch wegen Divergenz - im Hinblick auf die von dem Kläger aufgeworfene Frage zuzulassen, ob die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht den Anforderungen entspreche, wie sie der Europäische Gerichtshof in der Entscheidung vom 16. Juli 2020 (C-517/17) wie auch das Bundesverwaltungsgericht in dem Urteil vom 30. März 2021 (1 C 41.20) an eine Anhörung im Rechtsmittelverfahren stelle. Die insoweit von dem Kläger aufgeworfene Frage ist nicht entscheidungserheblich (allgemein zu diesem Erfordernis im Zulassungsverfahren Berlit in: GK-AsylG, Stand: Nov. 2020, § 78 Rn. 77). Der Kläger hat mit seinem Zulassungsantrag nicht erfolgreich die selbständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichts, die Beklagte habe den Anforderungen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs an eine persönliche Anhörung bereits dadurch entsprochen, dass sie den Kläger zu einem persönlichen Gespräch am 29. Juli 2015 eingeladen, der Kläger von dieser Gelegenheit aber keinen Gebrauch gemacht habe, mit beachtlichen Zulassungsgründen angegriffen (siehe dazu II. 2. b]). Daher kommt es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob „davon abgesehen“ eine unterbliebene Gelegenheit zur persönlichen Stellungnahme dann als unbeachtlich angesehen werden kann, wenn eine persönliche Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor Gericht stattfindet.
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d) Aus dem Zulassungsvorbringen ergibt sich nicht, dass die von dem Kläger weiter aufgeworfene Frage, ob sich aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung in Bulgarien in Folge der Covid-19-Pandemie nunmehr für zurückkehrende Schutzberechtigte dort eine Lage ergebe, die nicht mehr den Anforderungen des Art. 4 der Grundrechtecharta entspreche, grundsätzlich bedeutsam ist.
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Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Berufungsentscheidung erhebliche tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG verlangt die Bezeichnung einer konkreten Frage, die für die Berufungsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 16.4.2012, 5 Bf 241/10.Z, juris Rn. 32). Bei als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichneten Tatsachenfragen verlangt das Darlegungserfordernis gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass die tatsächliche Frage nicht nur aufgeworfen wird, sondern dass im Wege der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil und mit den wichtigsten Erkenntnismitteln herausgearbeitet wird, warum ein allgemeiner Klärungsbedarf bestehen soll. Dabei ist es Aufgabe des Zulassungsantragstellers, durch die Benennung von Anhaltspunkten für eine andere Tatsacheneinschätzung, also insbesondere durch das Anführen bestimmter (neuerer) Erkenntnisquellen, darzutun, dass hierfür zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Es reicht deshalb nicht, wenn der Zulassungsantragsteller sich lediglich gegen die Würdigung seines Vorbringens durch das Verwaltungsgericht wendet und eine bloße Neubewertung der vom Verwaltungsgericht berücksichtigten Erkenntnismittel verlangt (Berlit in: GK-AsylG, Stand: Nov. 2020, § 78 Rn. 609 ff. m.w.N.; OVG Hamburg, Beschl. v. 11.9.2020, 6 Bf 116/20.AZ, n.v.).
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Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen des Klägers nicht.
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Der Kläger legt nicht dar, dass die auch nach seinem Vorbringen vorübergehenden Auswirkungen der Corona-Pandemie überhaupt einer grundsätzlichen Klärung zugänglich sind. Darüber hinaus arbeitet der Kläger den Klärungsbedarf der von ihm aufgeworfenen Tatsachenfrage jedenfalls nicht in Auseinandersetzung mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts hinreichend heraus. Das Verwaltungsgericht hat seine Annahme, es bestünden keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass sich die Verhältnisse in Bulgarien durch die Corona-Pandemie in einer Weise verschlechtert hätten, dass der Kläger mit seiner beruflichen Erfahrung nunmehr unabhängig von seinem Willen dort der Verelendung anheimfallen würde, zunächst mit der allgemeinen Infektionslage in Bulgarien begründet. Es hat hierzu festgestellt, dass das Infektionsgeschehen in Bulgarien nicht signifikant stärker ausgeprägt sei als in anderen EU-Mitgliedsstaaten. Es verweist hierzu auf die auf der Internetseite der Deutschen Botschaft verlinkte Seite des bulgarischen Gesundheitsministeriums. Zu den im Einzelnen vom Verwaltungsgericht hierzu wiedergegebenen Angaben zum Infektionsgeschehen in Bulgarien verhält sich der Zulassungsantrag, wie es aber nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG erforderlich gewesen wäre, nicht.
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Eine grundsätzliche Bedeutung der von ihm aufgeworfenen Frage hat der Kläger auch nicht im Hinblick auf die Annahmen des Verwaltungsgerichts betreffend den Zugang zum Arbeitsmarkt für anerkannt Schutzberechtigte in Bulgarien dargelegt. Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass sich die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt durch die Pandemie zwar verschlechtert hätten. Während die saisonbereinigte Arbeitslosigkeit vor der Pandemie im Jahr 2019 noch bei rund 4,2 % gelegen habe, sei die Arbeitslosigkeit - nach den Erkenntnissen des zitierten Online-Portals für Statistik - von Mai 2020 bis September 2020 von 5,9 % auf 6,2 % gestiegen. Die Arbeitslosenquote in Bulgarien sei danach im Verhältnis zu den anderen EU-Mitgliedstaaten mit 7,6 % aber immer noch deutlich unterdurchschnittlich. Die Arbeitslosenquote lassen daher nicht erkennen, dass sich der Arbeitsmarkt infolge der Corona-Pandemie derart nachhaltig und durchgreifend verändert hätte, dass gering qualifizierte Arbeitssuchende absehbar mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit keine Erwerbstätigkeit mehr finden könnten. Insbesondere sei nicht ersichtlich, so das Verwaltungsgericht unter Verweis auf eine Entscheidung des Berufungsgerichts, dass z.B. die Nachfrage an geringqualifizierten Arbeitskräften in der bulgarischen Landwirtschaft durch die aktuelle Pandemie betroffen wäre.
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Auch auf diese Argumentation und die von dem Verwaltungsgericht insoweit berücksichtigten Erkenntnismittel geht der Kläger mit seinem Zulassungsantrag nicht weiter ein. Die Rüge, das Verwaltungsgericht stütze sich „fast durchgehend auf Entscheidungen aus dem Jahr 2019 und Januar 2020“, lässt die konkrete Argumentation des Verwaltungsgerichts und die aktuelleren, in der Entscheidung berücksichtigten Erkenntnismittel außer Acht. Zudem bietet das Zulassungsvorbringen keine (neuen) Anhaltspunkte für eine abweichende Tatsacheneinschätzung. Allein aus dem Umstand, dass ein anderes Verwaltungsgericht in einer Entscheidung, auf die der Kläger erstinstanzlich bereits Bezug genommen hatte, zu einer abweichenden Einschätzung gekommen ist, folgt in der Sache noch kein allgemeiner Klärungsbedarf der aufgeworfenen Frage. Vorliegend kommt noch hinzu, dass die von dem Kläger angeführte Entscheidung - wie auch das Zulassungsvorbringen insgesamt - nicht weiter auf die von dem Verwaltungsgericht unter Verweis auf eine Entscheidung des Berufungsgerichts hervorgehobenen Arbeitsmöglichkeiten in der Landwirtschaft eingeht.
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Schließlich verhilft auch der Verweis des Klägers darauf, dass die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung in Hamburg die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie in Bulgarien noch nicht habe berücksichtigen können, dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. So deutet allein der Umstand, dass sich das Berufungsgericht noch nicht mit einer als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfenen Frage beschäftigt hat, für sich genommen nicht auf die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage (Berlit in: GK-AsylG, Stand: Nov. 2020, § 78 Rn. 138). Selbst wenn sich eine Tatsachenfrage, wie vom Kläger geltend gemacht, in einer Vielzahl von Verfahren stellen könnte, belegt dies die Klärungsbedürftigkeit jedenfalls dann nicht, wenn - wie hier - keine gewichtigen Anhaltspunkte dafür vorliegen bzw. dargelegt werden, dass das Verwaltungsgericht die tatsächlichen Verhältnisse im Ergebnis fehlerhaft eingeschätzt haben könnte (vgl. Berlit in: GK-AsylG, a.a.O., § 78 Rn. 140 m.w.N.).
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
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